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Veröffentlicht am 11.02.2023

Mein Lieblingsband der Sturm-Reihe!

Gewitterleuchten
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Mit "Gewitterleuchten" ging am 31. Januar geht die Sturm-Trilogie um drei Freundinnen und drei Städte im Norden Deutschlands von Anya Omah zu Ende. Schon die ersten beiden Bände der Reihe, "Regenglanz" ...

Mit "Gewitterleuchten" ging am 31. Januar geht die Sturm-Trilogie um drei Freundinnen und drei Städte im Norden Deutschlands von Anya Omah zu Ende. Schon die ersten beiden Bände der Reihe, "Regenglanz" und "Nebelschimmer", haben mir sehr gut gefallen, weshalb ich sehr gespannt auf die Geschichte von Leo und Aaron war! Genau wie die vorherigen Bände hat auch die Geschichte um Leo und Aaron deutlich mehr Dramatik und Tiefe entwickelt, als man das auf den ersten Blick annehmen würde und mich in kürzester Zeit um den Finger gewickelt, sodass Band 3 zum Lieblingsband meiner Reihe geworden ist.

Die Sturm-Trilogie sticht geschlossen durch die wunderschöne Gestaltung hervor. Abgebildet auf den drei Bänden ist immer ein ähnliches geometrisches Motiv, welches die drei Freundinnen Calla, Leo und Alissa als Symbol ihrer Freundschaft als Tattoo über dem Herzen tragen. Variiert wird die Gestaltung durch einen anderen Hintergrund und unterschiedliche Farbgebungen. Auf "Gewitterleuchten" ist ganz nach dem Titel ein dunkles Wolkenmeer zu sehen, über dem die Sonne durchbricht und den Himmel in ein zartviolettes Schimmern versetzt schimmert. Abgerundet wird dieses stimmungsvolle Gesamtbild durch den violetten Buchschnitt, der die erste Ausgabe verziert. Geht also unbedingt bald los, um Euch noch ein Exemplar der ersten Ausgabe zu sichern!

Erster Satz: "Ich tauche meinen Zeigefinger in den cremigen Teig und lecke ihn mit geschlossenen Augen ab."

Mit "Gewitterleuchten" setzt die Autorin einige Zeit nach Band 2 an und erzählt von Leos überstürzter Rückkehr in ihre Heimatstadt Lüneburg, als sie die Nachricht bekommt, dass ihr Ziehvater und Mentor Teddy einen Unfall hatte. Zurück am Ort ihrer Kindheit, muss sie nicht nur um einen lieben Menschen bangen, sondern trifft auch ihren Erzfeind Aaron wieder, der sie aus für sie unklaren Gründen schon ihre gesamte Kindheit mit Gemeinheiten von sich stößt. Doch als die beiden sich in gemeinsamer Trauer geeint näherkommen, muss Leo sich fragen, weshalb Aaron sie überhaupt immer auf Abstand gehalten hat und ob die Wahrheit vielleicht ihr Herz brechen könnte... Obwohl von ihrer ersten Begegnung an eine eindeutige Anziehungskraft zwischen den beiden zu spüren ist, lässt sich Anya Omah eine Menge Zeit für die langsame Annäherung von Leo und Aaron. Was die beiden verbindet, aber was vielleicht auch zwischen ihnen steht, lernen wir durch Leos Briefe an ihren verstorbenen Vater, die zwischen den einzelnen Kapitel beigefügt sind (zum Teil mit süßen kindlichen Rechtschreibfehlern) und ihre Vorgeschichte mit Aaron reflektieren.

Neben der Annäherung der beiden, gemeinsamen Backaktionen und Warten am Krankenhausbett passiert auf der reinen Handlungsebene nicht viel in dem Buch. Durch den drohenden Verlust und die angestauten Gefühle zwischen den beiden liest sich die Geschichte aber trotzdem intensiv und atmosphärisch. Da ich rund um den Erscheinungstermin der Geschichte leider selbst einen Verlust in der Familie zu beklagen hatte, musste ich das Buch kurzzeitig pausieren, habe "Gewitterleuchten" beim Wiederaufnehmen aber in einem Rutsch durchgelesen. Denn neben Teddys Unfall, seinem Koma, dem zurückliegenden Verlust von Leos Vater, dunklen Zeiten im Leben und gebrochene Herzen, geht es hier genau wie in den vorherigen Bänden der Sturm-Trilogie ebenfalls um Familie, Freundschaft, Liebe und hoffnungsvolle zweite Chancen. Damit erhält die Geschichte eine überraschende Tiefe, ohne dabei zu deprimierend zu werden.

Leo: "Ich folge seinem Blick, damit ich nicht verpasse, wie die Sonne langsam hinter den Baumkronen verschwindet, die sich wie Scherenschnitte vom purpurnen Himmel abheben. Eine kühle Brise weht eine holzig süße Note zu uns herüber. Ich hole ganz tief Luft und lasse sie langsam wieder entweichen. "Weißt du, was das Beste an dieser Aussicht ist?", fragt Aaron, noch immer in die Ferne schauend. "Das Farbspiel am Himmel?" "Die Weite. Wenn man den Blick über die endlosen Heideflächen schweifen lässt, scheinen die Gedanken zu fliegen. Sie werden schwerelos und hören auf, einen zu belasten."

Sehr begeistert war ich von Anya Omahs Schreibstil. Dieser wirkt auf den ersten Blick gar nicht mal so spektakulär und fällt nicht durch Besonderheiten, sprachliche Kniffe oder andere Auffälligkeiten des Ausdrucks aus der Reihe. Bemerkenswert ist stattdessen, wie effizient sie ihrem Roman Leben einhaucht und man schon nach wenigen Sätzen Zugang zu der Geschichte und den Figuren findet. Egal ob bei nervzehrendem Ausharren im Krankenhaus, in stillen, freundschaftlichen Momenten in der WG Küche, oder in den lauten, schmerzhaften Konfrontationen gegen Ende - man ist einfach ohne große Umschweife dabei und lebt, fühlt und fiebert mit. Toll fand ich auch den Schauplatz in Lüneburg, der hier mal wieder zeigt, wie schön der Norden Deutschlands sein kann. Anya Omah zeigt mit ihrer Settingwahl mal wieder, dass man als deutsche AutorIn die eigene Geschichte nicht an ferne, exotische Orte verlegen muss, um eine Atmosphäre von Urlaub, Entdeckung und Zuhause zu schaffen und auch deutsche Schauplätze ihren Charme haben! Nach den etlichen Geschichten, die in den USA oder Großbritannien spielen, bot "Gewitterleuchten" also mal eine tolle Abwechslung!

Leo: "Wir schauen uns in die Augen, und ich ertappe mich bei der Frage, ob Aaron dieser Jemand sein könnte. Trotz unserer Streitereien und Diskussionen in der Vergangenheit verstehen wir uns momentan besser denn je. Besser, als mir lieb ist, weil in mir die Angst schlummert, dass es nicht so bleiben wird. Dass diese Harmonie zwischen uns nur wieder die Stille - eine ziemlich lange Stille - vor dem Sturm ist."

Spannend ist dabei wieder, dass man der Geschichte, dem Hauptkonflikt und den Figuren definitiv anmerkt, dass die Autorin Psychologin ist. Nicht nur, dass immer wieder einige Stichworte oder Theorien auftauchen, bei der sofort mein "Psychologie"-Detektor aufleuchtet - auch die Plausibilität und Tiefe, mit der die Probleme, Konflikte und zum Teil auch Störungen der Haupt- und Nebenfiguren geschildert sind sprechen für die fachliche Kompetenz der Autorin. Das sage ich leider immer wieder, aber im New Adult Genre, in dem es ja mittlerweile üblich ist, dass mindestens einer der Hauptprotagonisten einen mentalen Knacks in Form einer traumatischen Vergangenheit, einer Beziehungsstörung oder einem zerrütteten Familienverhältnis hat, ist es nicht selbstverständlich, dass diese Themen auch realistisch bearbeitet werden. Auch ganz von den Problemen abgesehen sind die Figuren sehr vielschichtig gestaltet und wachsen beim Lesen schnell ans Herz. Vor allem Leo hat mir als Protagonistin sehr gut gefallen, auch wenn neben ihr und der Auseinandersetzung mit ihrem Innenleben Aaron ein wenig zu sehr im Hintergrund bleibt. Dafür und angesichts der Tatsache, dass natürlich auch hier die Grenzen des Genres nicht neu erfunden werden, ziehe ich in der Gesamtbewertung einen Stern ab.

Aaron: "Wenn die Luft entladen ist, sich die Wolken zurückgezogen haben und die Sonne wieder rauskommt. Dieses Licht nach dem Sturm", zärtlich streiche ich ihr eine Strähne hinters Ohr, "ist eines der schönsten Lichter, die es gibt. Es ist wie ein Leuchten. Ein Leuchten, das dunkle Wolken bricht und den Himmel erhellt."


Fazit:


"Gewitterleuchten" ist ein intensiver, tiefgründiger und behutsam erzählter New-Adult-Roman über Verlust, Familie, Freundschaft, Liebe, gebrochene Herzen, dunkle Zeiten im Leben und hoffnungsvolle zweite Chancen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 11.02.2023

Mein Lieblingsband der Sturm-Reihe!

Gewitterleuchten
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Mit "Gewitterleuchten" ging am 31. Januar geht die Sturm-Trilogie um drei Freundinnen und drei Städte im Norden Deutschlands von Anya Omah zu Ende. Schon die ersten beiden Bände der Reihe, "Regenglanz" ...

Mit "Gewitterleuchten" ging am 31. Januar geht die Sturm-Trilogie um drei Freundinnen und drei Städte im Norden Deutschlands von Anya Omah zu Ende. Schon die ersten beiden Bände der Reihe, "Regenglanz" und "Nebelschimmer", haben mir sehr gut gefallen, weshalb ich sehr gespannt auf die Geschichte von Leo und Aaron war! Genau wie die vorherigen Bände hat auch die Geschichte um Leo und Aaron deutlich mehr Dramatik und Tiefe entwickelt, als man das auf den ersten Blick annehmen würde und mich in kürzester Zeit um den Finger gewickelt, sodass Band 3 zum Lieblingsband meiner Reihe geworden ist.

Die Sturm-Trilogie sticht geschlossen durch die wunderschöne Gestaltung hervor. Abgebildet auf den drei Bänden ist immer ein ähnliches geometrisches Motiv, welches die drei Freundinnen Calla, Leo und Alissa als Symbol ihrer Freundschaft als Tattoo über dem Herzen tragen. Variiert wird die Gestaltung durch einen anderen Hintergrund und unterschiedliche Farbgebungen. Auf "Gewitterleuchten" ist ganz nach dem Titel ein dunkles Wolkenmeer zu sehen, über dem die Sonne durchbricht und den Himmel in ein zartviolettes Schimmern versetzt schimmert. Abgerundet wird dieses stimmungsvolle Gesamtbild durch den violetten Buchschnitt, der die erste Ausgabe verziert. Geht also unbedingt bald los, um Euch noch ein Exemplar der ersten Ausgabe zu sichern!

Erster Satz: "Ich tauche meinen Zeigefinger in den cremigen Teig und lecke ihn mit geschlossenen Augen ab."

Mit "Gewitterleuchten" setzt die Autorin einige Zeit nach Band 2 an und erzählt von Leos überstürzter Rückkehr in ihre Heimatstadt Lüneburg, als sie die Nachricht bekommt, dass ihr Ziehvater und Mentor Teddy einen Unfall hatte. Zurück am Ort ihrer Kindheit, muss sie nicht nur um einen lieben Menschen bangen, sondern trifft auch ihren Erzfeind Aaron wieder, der sie aus für sie unklaren Gründen schon ihre gesamte Kindheit mit Gemeinheiten von sich stößt. Doch als die beiden sich in gemeinsamer Trauer geeint näherkommen, muss Leo sich fragen, weshalb Aaron sie überhaupt immer auf Abstand gehalten hat und ob die Wahrheit vielleicht ihr Herz brechen könnte... Obwohl von ihrer ersten Begegnung an eine eindeutige Anziehungskraft zwischen den beiden zu spüren ist, lässt sich Anya Omah eine Menge Zeit für die langsame Annäherung von Leo und Aaron. Was die beiden verbindet, aber was vielleicht auch zwischen ihnen steht, lernen wir durch Leos Briefe an ihren verstorbenen Vater, die zwischen den einzelnen Kapitel beigefügt sind (zum Teil mit süßen kindlichen Rechtschreibfehlern) und ihre Vorgeschichte mit Aaron reflektieren.

Neben der Annäherung der beiden, gemeinsamen Backaktionen und Warten am Krankenhausbett passiert auf der reinen Handlungsebene nicht viel in dem Buch. Durch den drohenden Verlust und die angestauten Gefühle zwischen den beiden liest sich die Geschichte aber trotzdem intensiv und atmosphärisch. Da ich rund um den Erscheinungstermin der Geschichte leider selbst einen Verlust in der Familie zu beklagen hatte, musste ich das Buch kurzzeitig pausieren, habe "Gewitterleuchten" beim Wiederaufnehmen aber in einem Rutsch durchgelesen. Denn neben Teddys Unfall, seinem Koma, dem zurückliegenden Verlust von Leos Vater, dunklen Zeiten im Leben und gebrochene Herzen, geht es hier genau wie in den vorherigen Bänden der Sturm-Trilogie ebenfalls um Familie, Freundschaft, Liebe und hoffnungsvolle zweite Chancen. Damit erhält die Geschichte eine überraschende Tiefe, ohne dabei zu deprimierend zu werden.

Leo: "Ich folge seinem Blick, damit ich nicht verpasse, wie die Sonne langsam hinter den Baumkronen verschwindet, die sich wie Scherenschnitte vom purpurnen Himmel abheben. Eine kühle Brise weht eine holzig süße Note zu uns herüber. Ich hole ganz tief Luft und lasse sie langsam wieder entweichen. "Weißt du, was das Beste an dieser Aussicht ist?", fragt Aaron, noch immer in die Ferne schauend. "Das Farbspiel am Himmel?" "Die Weite. Wenn man den Blick über die endlosen Heideflächen schweifen lässt, scheinen die Gedanken zu fliegen. Sie werden schwerelos und hören auf, einen zu belasten."

Sehr begeistert war ich von Anya Omahs Schreibstil. Dieser wirkt auf den ersten Blick gar nicht mal so spektakulär und fällt nicht durch Besonderheiten, sprachliche Kniffe oder andere Auffälligkeiten des Ausdrucks aus der Reihe. Bemerkenswert ist stattdessen, wie effizient sie ihrem Roman Leben einhaucht und man schon nach wenigen Sätzen Zugang zu der Geschichte und den Figuren findet. Egal ob bei nervzehrendem Ausharren im Krankenhaus, in stillen, freundschaftlichen Momenten in der WG Küche, oder in den lauten, schmerzhaften Konfrontationen gegen Ende - man ist einfach ohne große Umschweife dabei und lebt, fühlt und fiebert mit. Toll fand ich auch den Schauplatz in Lüneburg, der hier mal wieder zeigt, wie schön der Norden Deutschlands sein kann. Anya Omah zeigt mit ihrer Settingwahl mal wieder, dass man als deutsche AutorIn die eigene Geschichte nicht an ferne, exotische Orte verlegen muss, um eine Atmosphäre von Urlaub, Entdeckung und Zuhause zu schaffen und auch deutsche Schauplätze ihren Charme haben! Nach den etlichen Geschichten, die in den USA oder Großbritannien spielen, bot "Gewitterleuchten" also mal eine tolle Abwechslung!

Leo: "Wir schauen uns in die Augen, und ich ertappe mich bei der Frage, ob Aaron dieser Jemand sein könnte. Trotz unserer Streitereien und Diskussionen in der Vergangenheit verstehen wir uns momentan besser denn je. Besser, als mir lieb ist, weil in mir die Angst schlummert, dass es nicht so bleiben wird. Dass diese Harmonie zwischen uns nur wieder die Stille - eine ziemlich lange Stille - vor dem Sturm ist."

Spannend ist dabei wieder, dass man der Geschichte, dem Hauptkonflikt und den Figuren definitiv anmerkt, dass die Autorin Psychologin ist. Nicht nur, dass immer wieder einige Stichworte oder Theorien auftauchen, bei der sofort mein "Psychologie"-Detektor aufleuchtet - auch die Plausibilität und Tiefe, mit der die Probleme, Konflikte und zum Teil auch Störungen der Haupt- und Nebenfiguren geschildert sind sprechen für die fachliche Kompetenz der Autorin. Das sage ich leider immer wieder, aber im New Adult Genre, in dem es ja mittlerweile üblich ist, dass mindestens einer der Hauptprotagonisten einen mentalen Knacks in Form einer traumatischen Vergangenheit, einer Beziehungsstörung oder einem zerrütteten Familienverhältnis hat, ist es nicht selbstverständlich, dass diese Themen auch realistisch bearbeitet werden. Auch ganz von den Problemen abgesehen sind die Figuren sehr vielschichtig gestaltet und wachsen beim Lesen schnell ans Herz. Vor allem Leo hat mir als Protagonistin sehr gut gefallen, auch wenn neben ihr und der Auseinandersetzung mit ihrem Innenleben Aaron ein wenig zu sehr im Hintergrund bleibt. Dafür und angesichts der Tatsache, dass natürlich auch hier die Grenzen des Genres nicht neu erfunden werden, ziehe ich in der Gesamtbewertung einen Stern ab.

Aaron: "Wenn die Luft entladen ist, sich die Wolken zurückgezogen haben und die Sonne wieder rauskommt. Dieses Licht nach dem Sturm", zärtlich streiche ich ihr eine Strähne hinters Ohr, "ist eines der schönsten Lichter, die es gibt. Es ist wie ein Leuchten. Ein Leuchten, das dunkle Wolken bricht und den Himmel erhellt."


Fazit:


"Gewitterleuchten" ist ein intensiver, tiefgründiger und behutsam erzählter New-Adult-Roman über Verlust, Familie, Freundschaft, Liebe, gebrochene Herzen, dunkle Zeiten im Leben und hoffnungsvolle zweite Chancen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 11.02.2023

Mein Lieblingsband der Sturm-Reihe!

Gewitterleuchten
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Mit "Gewitterleuchten" ging am 31. Januar geht die Sturm-Trilogie um drei Freundinnen und drei Städte im Norden Deutschlands von Anya Omah zu Ende. Schon die ersten beiden Bände der Reihe, "Regenglanz" ...

Mit "Gewitterleuchten" ging am 31. Januar geht die Sturm-Trilogie um drei Freundinnen und drei Städte im Norden Deutschlands von Anya Omah zu Ende. Schon die ersten beiden Bände der Reihe, "Regenglanz" und "Nebelschimmer", haben mir sehr gut gefallen, weshalb ich sehr gespannt auf die Geschichte von Leo und Aaron war! Genau wie die vorherigen Bände hat auch die Geschichte um Leo und Aaron deutlich mehr Dramatik und Tiefe entwickelt, als man das auf den ersten Blick annehmen würde und mich in kürzester Zeit um den Finger gewickelt, sodass Band 3 zum Lieblingsband meiner Reihe geworden ist.

Die Sturm-Trilogie sticht geschlossen durch die wunderschöne Gestaltung hervor. Abgebildet auf den drei Bänden ist immer ein ähnliches geometrisches Motiv, welches die drei Freundinnen Calla, Leo und Alissa als Symbol ihrer Freundschaft als Tattoo über dem Herzen tragen. Variiert wird die Gestaltung durch einen anderen Hintergrund und unterschiedliche Farbgebungen. Auf "Gewitterleuchten" ist ganz nach dem Titel ein dunkles Wolkenmeer zu sehen, über dem die Sonne durchbricht und den Himmel in ein zartviolettes Schimmern versetzt schimmert. Abgerundet wird dieses stimmungsvolle Gesamtbild durch den violetten Buchschnitt, der die erste Ausgabe verziert. Geht also unbedingt bald los, um Euch noch ein Exemplar der ersten Ausgabe zu sichern!

Erster Satz: "Ich tauche meinen Zeigefinger in den cremigen Teig und lecke ihn mit geschlossenen Augen ab."

Mit "Gewitterleuchten" setzt die Autorin einige Zeit nach Band 2 an und erzählt von Leos überstürzter Rückkehr in ihre Heimatstadt Lüneburg, als sie die Nachricht bekommt, dass ihr Ziehvater und Mentor Teddy einen Unfall hatte. Zurück am Ort ihrer Kindheit, muss sie nicht nur um einen lieben Menschen bangen, sondern trifft auch ihren Erzfeind Aaron wieder, der sie aus für sie unklaren Gründen schon ihre gesamte Kindheit mit Gemeinheiten von sich stößt. Doch als die beiden sich in gemeinsamer Trauer geeint näherkommen, muss Leo sich fragen, weshalb Aaron sie überhaupt immer auf Abstand gehalten hat und ob die Wahrheit vielleicht ihr Herz brechen könnte... Obwohl von ihrer ersten Begegnung an eine eindeutige Anziehungskraft zwischen den beiden zu spüren ist, lässt sich Anya Omah eine Menge Zeit für die langsame Annäherung von Leo und Aaron. Was die beiden verbindet, aber was vielleicht auch zwischen ihnen steht, lernen wir durch Leos Briefe an ihren verstorbenen Vater, die zwischen den einzelnen Kapitel beigefügt sind (zum Teil mit süßen kindlichen Rechtschreibfehlern) und ihre Vorgeschichte mit Aaron reflektieren.

Neben der Annäherung der beiden, gemeinsamen Backaktionen und Warten am Krankenhausbett passiert auf der reinen Handlungsebene nicht viel in dem Buch. Durch den drohenden Verlust und die angestauten Gefühle zwischen den beiden liest sich die Geschichte aber trotzdem intensiv und atmosphärisch. Da ich rund um den Erscheinungstermin der Geschichte leider selbst einen Verlust in der Familie zu beklagen hatte, musste ich das Buch kurzzeitig pausieren, habe "Gewitterleuchten" beim Wiederaufnehmen aber in einem Rutsch durchgelesen. Denn neben Teddys Unfall, seinem Koma, dem zurückliegenden Verlust von Leos Vater, dunklen Zeiten im Leben und gebrochene Herzen, geht es hier genau wie in den vorherigen Bänden der Sturm-Trilogie ebenfalls um Familie, Freundschaft, Liebe und hoffnungsvolle zweite Chancen. Damit erhält die Geschichte eine überraschende Tiefe, ohne dabei zu deprimierend zu werden.

Leo: "Ich folge seinem Blick, damit ich nicht verpasse, wie die Sonne langsam hinter den Baumkronen verschwindet, die sich wie Scherenschnitte vom purpurnen Himmel abheben. Eine kühle Brise weht eine holzig süße Note zu uns herüber. Ich hole ganz tief Luft und lasse sie langsam wieder entweichen. "Weißt du, was das Beste an dieser Aussicht ist?", fragt Aaron, noch immer in die Ferne schauend. "Das Farbspiel am Himmel?" "Die Weite. Wenn man den Blick über die endlosen Heideflächen schweifen lässt, scheinen die Gedanken zu fliegen. Sie werden schwerelos und hören auf, einen zu belasten."

Sehr begeistert war ich von Anya Omahs Schreibstil. Dieser wirkt auf den ersten Blick gar nicht mal so spektakulär und fällt nicht durch Besonderheiten, sprachliche Kniffe oder andere Auffälligkeiten des Ausdrucks aus der Reihe. Bemerkenswert ist stattdessen, wie effizient sie ihrem Roman Leben einhaucht und man schon nach wenigen Sätzen Zugang zu der Geschichte und den Figuren findet. Egal ob bei nervzehrendem Ausharren im Krankenhaus, in stillen, freundschaftlichen Momenten in der WG Küche, oder in den lauten, schmerzhaften Konfrontationen gegen Ende - man ist einfach ohne große Umschweife dabei und lebt, fühlt und fiebert mit. Toll fand ich auch den Schauplatz in Lüneburg, der hier mal wieder zeigt, wie schön der Norden Deutschlands sein kann. Anya Omah zeigt mit ihrer Settingwahl mal wieder, dass man als deutsche AutorIn die eigene Geschichte nicht an ferne, exotische Orte verlegen muss, um eine Atmosphäre von Urlaub, Entdeckung und Zuhause zu schaffen und auch deutsche Schauplätze ihren Charme haben! Nach den etlichen Geschichten, die in den USA oder Großbritannien spielen, bot "Gewitterleuchten" also mal eine tolle Abwechslung!

Leo: "Wir schauen uns in die Augen, und ich ertappe mich bei der Frage, ob Aaron dieser Jemand sein könnte. Trotz unserer Streitereien und Diskussionen in der Vergangenheit verstehen wir uns momentan besser denn je. Besser, als mir lieb ist, weil in mir die Angst schlummert, dass es nicht so bleiben wird. Dass diese Harmonie zwischen uns nur wieder die Stille - eine ziemlich lange Stille - vor dem Sturm ist."

Spannend ist dabei wieder, dass man der Geschichte, dem Hauptkonflikt und den Figuren definitiv anmerkt, dass die Autorin Psychologin ist. Nicht nur, dass immer wieder einige Stichworte oder Theorien auftauchen, bei der sofort mein "Psychologie"-Detektor aufleuchtet - auch die Plausibilität und Tiefe, mit der die Probleme, Konflikte und zum Teil auch Störungen der Haupt- und Nebenfiguren geschildert sind sprechen für die fachliche Kompetenz der Autorin. Das sage ich leider immer wieder, aber im New Adult Genre, in dem es ja mittlerweile üblich ist, dass mindestens einer der Hauptprotagonisten einen mentalen Knacks in Form einer traumatischen Vergangenheit, einer Beziehungsstörung oder einem zerrütteten Familienverhältnis hat, ist es nicht selbstverständlich, dass diese Themen auch realistisch bearbeitet werden. Auch ganz von den Problemen abgesehen sind die Figuren sehr vielschichtig gestaltet und wachsen beim Lesen schnell ans Herz. Vor allem Leo hat mir als Protagonistin sehr gut gefallen, auch wenn neben ihr und der Auseinandersetzung mit ihrem Innenleben Aaron ein wenig zu sehr im Hintergrund bleibt. Dafür und angesichts der Tatsache, dass natürlich auch hier die Grenzen des Genres nicht neu erfunden werden, ziehe ich in der Gesamtbewertung einen Stern ab.

Aaron: "Wenn die Luft entladen ist, sich die Wolken zurückgezogen haben und die Sonne wieder rauskommt. Dieses Licht nach dem Sturm", zärtlich streiche ich ihr eine Strähne hinters Ohr, "ist eines der schönsten Lichter, die es gibt. Es ist wie ein Leuchten. Ein Leuchten, das dunkle Wolken bricht und den Himmel erhellt."


Fazit:


"Gewitterleuchten" ist ein intensiver, tiefgründiger und behutsam erzählter New-Adult-Roman über Verlust, Familie, Freundschaft, Liebe, gebrochene Herzen, dunkle Zeiten im Leben und hoffnungsvolle zweite Chancen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 11.02.2023

Ein komplexer Mystery-Thriller, der erst auf den letzten Meter überzeugt...

Das neunte Haus
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Handlung: "Das neunte Haus" stand lange Zeit auf meiner Wunschliste, da ich aufgrund der Grishaverse-Bücher ein großer Fan von Leigh Bardugo geworden bin. Anlässlich des Erscheinungstermins der Fortsetzung ...

Handlung: "Das neunte Haus" stand lange Zeit auf meiner Wunschliste, da ich aufgrund der Grishaverse-Bücher ein großer Fan von Leigh Bardugo geworden bin. Anlässlich des Erscheinungstermins der Fortsetzung "Wer die Hölle kennt" Mitte Januar haben Sofia und ich deshalb beschlossen, die Alex-Stern-Reihe als Buddyread anzugehen. Mein erster Eindruck von "Das neunte Haus" war aber leider sehr gemischt, was vor allem daran lag, dass ich nach einem sehr düsteren Prolog nur schwer in die Geschichte gefunden habe. Die etwa 500seitige Geschichte braucht über die Hälfte ihrer Seitenzahl, um richtig in Schwung zu kommen. Erst nach 250-300 Seiten entfaltet sich mühselig ein komplexer Kriminalfall und ein Spannungsbogen wird erkennbar. Zuvor wird die Erzählung immer wieder durch geheimnisvolle Rückblicke und Alex´ holpriges Eingewöhnen in Yale unterbrochen, was mich so gestört hat, dass ich während der ersten 100 Seiten immer mal überlegt, das Buch abzubrechen. Rückblickend bin ich allerdings sehr froh, das nicht getan zu haben. Denn so hätte ich ein grandioses letztes Drittel und ein glamouröses Ende verpasst, in dem die Autorin zeigt, dass sie eben doch eine Größe der Fantasy-Literatur ist, mit der man rechnen muss...!

Schreibstil:
Leigh Bardugo nutzt wie schon bei ihren vorherigen Geschichten einen personalen Er-Erzähler und erzählt zu Beginn auf zwei Zeitebenen von Alex´ Verstrickungen als Abgesandte Lethes. Damit haben sich die Parallelen zu den Grisha-Verse Büchern aber auch schon wieder erschöpft. Denn was wir hier vorgesetzt bekommen, ist deutlich düsterer, blutiger und auch von der Sprache expliziter als die verträumten Jugendbücher, die Leigh Bardugo zuvor geschrieben hat. Auch das undurchsichtige Worldbuilding konnte mich zunächst nur in Teilen überzeugen. Während die Gebäude und die Architektur von Yale auf jeder zweiten Seite erschöpfend beschrieben werden, werden die einzelnen magischen Verbindungshäuser und das Magiesystem nur beiläufig erwähnt und nicht wirklich erklärt, sodass man sich vieles aus dem Zusammenhang erschließen muss. Die am Kapitelende beigefügten Auszüge aus Büchern, Tagebüchern und Aufzeichnungen über Lethe helfen dabei nur wenig und tragen eher zur weiteren Verwirrung bei. Die grundlegende Idee hinter dem Buch, einen College Campus als Schauplatz für okkulte Studentenverbindungen zu nutzen, finde ich allerdings großartig. Über die 500 Seiten wird das Urban Fantasy Setting durch magische Artefakte, lebendige Häuser, mächtige Drogen, tiefe Abgründe, jahrzehntealte Geister und blutige Rituale lebendig gemacht. Im Verlauf der Handlung tauchen jede Menge tolle, originelle Ideen, düstere Gothic-Ideen und viele unerwarteten Wendungen auf, meinen persönlichen Lesegeschmack hat die Autorin mit "Das neunte Haus" aber trotzdem nicht getroffen.

Figuren
: Zu dem sehr holprigen Einstieg beigetragen hat auch die Hauptfigur Galaxy -Alex- Stern, welche mir auf den ersten Blick als Charakter überhaupt nicht zugänglich erschien und eine mehr als schwierige Vergangenheit mit sich bringt. Entgegen meiner ursprünglichen Erwartung ist sie mir mit der Zeit aber doch noch ans Herz gewachsen und hat mich langsam, aber sicher überrascht und eines Besseren belehrt. Zuerst hat sie mein Mitleid errungen, dann ein wenig Sympathie und schließlich sogar Bewunderung für ihre Stärke, ihr Durchhaltevermögen und ihre taktische Gewitztheit. Meine bisherigen Lieblingsfiguren bleiben jedoch trotzdem Darlington und Dawes, welche hoffentlich im zweiten Band noch mehr Auftritte haben werden. Auf die Fortsetzung, die schon bei mir im Regal wartet, bin ich nun nach dem vielversprechenden Ende sehr gespannt, hoffe aber inständig, dass diese weniger zäh beginnt als Band 1.


Die Zitate:


Erster Satz: "Bis es Alex gelungen war, das Blut aus ihrem guten Wollmantel zu waschen, war es bereits zu warm, um ihn zu tragen."

"Du wirst Dinge sehen, die du am liebsten schnell vergessen werden willst. Wunder auch. Aber niemand begreift ganz, was hinter dem Schleier liegt oder was geschehen könnte, wenn es zu uns herüberkommt."

"Sie hat Entsetzliches mit angesehen. Aber sie hat nie Magie erlebt. Deshalb hatte er es getan, nicht aus Schuld oder Stolz, sondern weil dies der Moment war, auf den er gewartet hatte: die Gelegenheit, jemand anderem das Wunder zu zeigen, dabei zuzusehen, wie sie erkannte, dass man sie nicht belogen hatte, dass die Welt, die man ihnen als Kinder versprochen hatte, nicht verlassen werden musste, dass es wirklich etwas gab, was in den Wäldern lauerte, unter den Treppenabsätzen, zwischen den Sternen, dass alles voller Rätsel war."

"Da lächelte Alex - ein kurzer Blick auf das Mädchen, das in ihr war, ein glückliches Mädchen, nicht so rastlos. Das war es, was Magie bewirkte. Es enthüllte das Herz desjenigen, der man zuvor gewesen war, bevor das Leben einem den Glauben an das Mögliche nahm. Es gab einem die Welt zurück, nach der sich alle einsamen Kinder sehnten."

"Die meisten Städte sind Palimpseste", hatte Darlington einmal zu ihr gesagt. Auf der Suche nach der Bedeutung des Worts hatte sie drei Anläufe gebraucht, um die richtige Schreibweise zu finden. "Immer und immer wieder erbaut, sodass man sich nicht mehr daran erinnert, was zuvor wo stand. Aber New Haven trägt die Narben. Die großen Highways, die den falschen Weg nehmen, die toten Büroanlagen, die Ausblicke, die sich auf nichts als Stromleitungen erstrecken. Niemand merkt, wie viel Leben zwischen den Wunden existiert, wie viel die Stadt zu bieten hat. Es ist eine Stadt, die den Wunsch weckt, ihr den Rücken zu kehren und immer weiter wegzufahren."

"Sie wollte Frieden. Lügnerin. Frieden war wie high sein. Er war eine Illusion, etwas, das in einem Augenblick zerbrechen und für immer verloren gehen konnte. Nur zwei Dinge sorgten für Sicherheit: Geld und Macht."

"Vielleicht war es mit guten Dingen genau wie mit schlechten. Manchmal musste man sie einfach zulassen."



Das Urteil:


"Das neunte Haus" ist ein komplexer Mystery-Thriller mit einem vielschichtigen Worldbuilding und einer grandiosen Grundidee, welcher jedoch zu Beginn nur sehr schleppend in Gang kommt und erst im letzten Drittel wirklich überzeugen kann. Um mehr als 3 Sterne für diese Geschichte vergeben zu können, hätte mir ein durchgängiger Spannungsbogen, ein konkreteres Worldbuilding und ein konsequenterer Erzählstrang gefehlt, sodass diese neue Reihe bisher lange nicht an den Zauber von Leigh Bardugos anderen Geschichten heranreichen kann!

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Veröffentlicht am 11.02.2023

Ein komplexer Mystery-Thriller, der erst auf den letzten Meter überzeugt...

Das neunte Haus
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Handlung: "Das neunte Haus" stand lange Zeit auf meiner Wunschliste, da ich aufgrund der Grishaverse-Bücher ein großer Fan von Leigh Bardugo geworden bin. Anlässlich des Erscheinungstermins der Fortsetzung ...

Handlung: "Das neunte Haus" stand lange Zeit auf meiner Wunschliste, da ich aufgrund der Grishaverse-Bücher ein großer Fan von Leigh Bardugo geworden bin. Anlässlich des Erscheinungstermins der Fortsetzung "Wer die Hölle kennt" Mitte Januar haben Sofia und ich deshalb beschlossen, die Alex-Stern-Reihe als Buddyread anzugehen. Mein erster Eindruck von "Das neunte Haus" war aber leider sehr gemischt, was vor allem daran lag, dass ich nach einem sehr düsteren Prolog nur schwer in die Geschichte gefunden habe. Die etwa 500seitige Geschichte braucht über die Hälfte ihrer Seitenzahl, um richtig in Schwung zu kommen. Erst nach 250-300 Seiten entfaltet sich mühselig ein komplexer Kriminalfall und ein Spannungsbogen wird erkennbar. Zuvor wird die Erzählung immer wieder durch geheimnisvolle Rückblicke und Alex´ holpriges Eingewöhnen in Yale unterbrochen, was mich so gestört hat, dass ich während der ersten 100 Seiten immer mal überlegt, das Buch abzubrechen. Rückblickend bin ich allerdings sehr froh, das nicht getan zu haben. Denn so hätte ich ein grandioses letztes Drittel und ein glamouröses Ende verpasst, in dem die Autorin zeigt, dass sie eben doch eine Größe der Fantasy-Literatur ist, mit der man rechnen muss...!

Schreibstil:
Leigh Bardugo nutzt wie schon bei ihren vorherigen Geschichten einen personalen Er-Erzähler und erzählt zu Beginn auf zwei Zeitebenen von Alex´ Verstrickungen als Abgesandte Lethes. Damit haben sich die Parallelen zu den Grisha-Verse Büchern aber auch schon wieder erschöpft. Denn was wir hier vorgesetzt bekommen, ist deutlich düsterer, blutiger und auch von der Sprache expliziter als die verträumten Jugendbücher, die Leigh Bardugo zuvor geschrieben hat. Auch das undurchsichtige Worldbuilding konnte mich zunächst nur in Teilen überzeugen. Während die Gebäude und die Architektur von Yale auf jeder zweiten Seite erschöpfend beschrieben werden, werden die einzelnen magischen Verbindungshäuser und das Magiesystem nur beiläufig erwähnt und nicht wirklich erklärt, sodass man sich vieles aus dem Zusammenhang erschließen muss. Die am Kapitelende beigefügten Auszüge aus Büchern, Tagebüchern und Aufzeichnungen über Lethe helfen dabei nur wenig und tragen eher zur weiteren Verwirrung bei. Die grundlegende Idee hinter dem Buch, einen College Campus als Schauplatz für okkulte Studentenverbindungen zu nutzen, finde ich allerdings großartig. Über die 500 Seiten wird das Urban Fantasy Setting durch magische Artefakte, lebendige Häuser, mächtige Drogen, tiefe Abgründe, jahrzehntealte Geister und blutige Rituale lebendig gemacht. Im Verlauf der Handlung tauchen jede Menge tolle, originelle Ideen, düstere Gothic-Ideen und viele unerwarteten Wendungen auf, meinen persönlichen Lesegeschmack hat die Autorin mit "Das neunte Haus" aber trotzdem nicht getroffen.

Figuren
: Zu dem sehr holprigen Einstieg beigetragen hat auch die Hauptfigur Galaxy -Alex- Stern, welche mir auf den ersten Blick als Charakter überhaupt nicht zugänglich erschien und eine mehr als schwierige Vergangenheit mit sich bringt. Entgegen meiner ursprünglichen Erwartung ist sie mir mit der Zeit aber doch noch ans Herz gewachsen und hat mich langsam, aber sicher überrascht und eines Besseren belehrt. Zuerst hat sie mein Mitleid errungen, dann ein wenig Sympathie und schließlich sogar Bewunderung für ihre Stärke, ihr Durchhaltevermögen und ihre taktische Gewitztheit. Meine bisherigen Lieblingsfiguren bleiben jedoch trotzdem Darlington und Dawes, welche hoffentlich im zweiten Band noch mehr Auftritte haben werden. Auf die Fortsetzung, die schon bei mir im Regal wartet, bin ich nun nach dem vielversprechenden Ende sehr gespannt, hoffe aber inständig, dass diese weniger zäh beginnt als Band 1.


Die Zitate:


Erster Satz: "Bis es Alex gelungen war, das Blut aus ihrem guten Wollmantel zu waschen, war es bereits zu warm, um ihn zu tragen."

"Du wirst Dinge sehen, die du am liebsten schnell vergessen werden willst. Wunder auch. Aber niemand begreift ganz, was hinter dem Schleier liegt oder was geschehen könnte, wenn es zu uns herüberkommt."

"Sie hat Entsetzliches mit angesehen. Aber sie hat nie Magie erlebt. Deshalb hatte er es getan, nicht aus Schuld oder Stolz, sondern weil dies der Moment war, auf den er gewartet hatte: die Gelegenheit, jemand anderem das Wunder zu zeigen, dabei zuzusehen, wie sie erkannte, dass man sie nicht belogen hatte, dass die Welt, die man ihnen als Kinder versprochen hatte, nicht verlassen werden musste, dass es wirklich etwas gab, was in den Wäldern lauerte, unter den Treppenabsätzen, zwischen den Sternen, dass alles voller Rätsel war."

"Da lächelte Alex - ein kurzer Blick auf das Mädchen, das in ihr war, ein glückliches Mädchen, nicht so rastlos. Das war es, was Magie bewirkte. Es enthüllte das Herz desjenigen, der man zuvor gewesen war, bevor das Leben einem den Glauben an das Mögliche nahm. Es gab einem die Welt zurück, nach der sich alle einsamen Kinder sehnten."

"Die meisten Städte sind Palimpseste", hatte Darlington einmal zu ihr gesagt. Auf der Suche nach der Bedeutung des Worts hatte sie drei Anläufe gebraucht, um die richtige Schreibweise zu finden. "Immer und immer wieder erbaut, sodass man sich nicht mehr daran erinnert, was zuvor wo stand. Aber New Haven trägt die Narben. Die großen Highways, die den falschen Weg nehmen, die toten Büroanlagen, die Ausblicke, die sich auf nichts als Stromleitungen erstrecken. Niemand merkt, wie viel Leben zwischen den Wunden existiert, wie viel die Stadt zu bieten hat. Es ist eine Stadt, die den Wunsch weckt, ihr den Rücken zu kehren und immer weiter wegzufahren."

"Sie wollte Frieden. Lügnerin. Frieden war wie high sein. Er war eine Illusion, etwas, das in einem Augenblick zerbrechen und für immer verloren gehen konnte. Nur zwei Dinge sorgten für Sicherheit: Geld und Macht."

"Vielleicht war es mit guten Dingen genau wie mit schlechten. Manchmal musste man sie einfach zulassen."



Das Urteil:


"Das neunte Haus" ist ein komplexer Mystery-Thriller mit einem vielschichtigen Worldbuilding und einer grandiosen Grundidee, welcher jedoch zu Beginn nur sehr schleppend in Gang kommt und erst im letzten Drittel wirklich überzeugen kann. Um mehr als 3 Sterne für diese Geschichte vergeben zu können, hätte mir ein durchgängiger Spannungsbogen, ein konkreteres Worldbuilding und ein konsequenterer Erzählstrang gefehlt, sodass diese neue Reihe bisher lange nicht an den Zauber von Leigh Bardugos anderen Geschichten heranreichen kann!

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