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Veröffentlicht am 21.12.2021

Eine bewegende, intensive und authentische Liebesgeschichte!

Blue – Wo immer du mich findest
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Seit der Blakely-Brüder-Reihe bin ich ein großer Fan von Nikola Hotel und hatte deshalb große Hoffnungen auf ihre neue Paper-Love-Dulogie gesetzt, die im Juni mit "Ever - Wann immer du mich berührst" gestartet ...

Seit der Blakely-Brüder-Reihe bin ich ein großer Fan von Nikola Hotel und hatte deshalb große Hoffnungen auf ihre neue Paper-Love-Dulogie gesetzt, die im Juni mit "Ever - Wann immer du mich berührst" gestartet ist. Und auch wenn hohe Erwartungen häufig enttäuscht werden, konnte mich die Autorin mit ihrer neuen Reihe wieder vollkommen überzeugen. So ist es auch keine Überraschung, dass die Fortsetzung "Blue - Wo immer du mich findest“ ebenso wieder alles hat, was man sich als schmachtender Leser nur wünschen kann: ein anbetungswürdiger Love-Interest, der abseits der typischen Klischees überzeugt, eine sympathische, verletzliche aber auf ihre Weise starke Protagonistin, eine prickelnde Dynamik zwischen den beiden und natürlich dramatische Umstände, die ihnen im Weg stehen....


Alex: "Du hast mir Stille geschenkt, als ich dachte, im Lärm der Welt ertrinken zu müssen."


Genau wie schon "It was always you", "It was always love" und auch "Ever" ist "Blue" mal wieder einfach hinreißend und hochwertig gestaltet. Passend zum Reihennamen ist die Klappbroschur aus dickerem Papier, auf welchem sich der blau-goldene Titel und der Origami-Fuchs haptisch hervorheben. Der türkisblaue-Farbklecks, die Wasserfarbenschlieren und die Veredelung mit Goldfolie geben dem Cover noch einen zusätzlichen Glow. Die Wasserfarben- und Origami-Motive ziehen sich auch innen durch Buch. Jeder Kapitelanfang beginnt mit einer Farbwolke und jede Seite ist mit einem kleinen Origami-Koi unten im Eck verziert, welcher über die Seiten schwimmt, wenn man das Buch schnell durchblättert. Neben dem tollen Daumenkino sind auch die Anleitungen am Ende des Buches ein weiters Plus der Gestaltung. Diese laden dazu ein, sich selbst an das ein oder andere im Buch vorkommende Origami-Tier zu wagen.


Erster Satz: "Wo warst du letzte Nacht."


Wir steigen ohne große Umschweife nach Ende von Band 1 in Janes Geschichte ein. Das bedeutet, sie hat erst kürzlich durch ihren Bruder David erfahren, dass der reiche Erbe einer Papier-Dynastie und Gouverneur-Anwärter William Hayden ihr leiblicher Vater ist und ihre verstorbene Mutter sie ihr Leben lang belogen hat. Wütend auf ihre gesamte Familie verkriecht sie sich deshalb auf dem Sofa von Chases Diner, in dem sie arbeitet, um David in seinem Studium finanziell zu unterstützen. Niemals hätte sie gedacht, dass sie ausgerechnet in dem einen Menschen Trost findet, der sie systematisch auf die Palme bringt: der gutaussehende Politikstudent und Stammgast im Diner, alias der "Poloshit-Idiot"....


Alex: "Das Problem ist doch nicht diese Linie. Das Problem ist die Linie in meinem Kopf. Trotzdem sage ich sofort: "Okay." Weil mich nichts auf der Welt davon abhalten könnte, mich mit Jane in den Abgrund zu stürzen."


Dem Klapptext zufolge hätte ich hier mit einem typischen Enemies-to-Lovers-Plot gerechnet. Nikola Hotel hat sich hier aber was ganz anderes für ihre beiden Figuren ausgedacht. Statt Jane und Alex gegeneinander aufzuhetzen und dann aus einem großen Bündel Wut und Hass Lust und Liebe entstehen zu lassen, erzählt sie sehr behutsam davon, wie die beiden ihr gegenseitiges Unverständnis Schritt für Schritt ablegen und sich zur Stütze werden. Wie in Nikola Hotels vorheriger Blakely-Reihe passiert dabei auf den 432 Seiten auf der reinen Handlungsebene nicht viel Spektakuläres, dennoch wurde ich von der ersten Seite an in die Geschichte gesogen. Die Autorin nimmt sich hier viel Zeit, ihre Figuren vorzustellen, lässt uns Alex´ Arbeit an seiner Bachelorarbeit, Janes Arbeit im Diner und ihre gemeinsamen Ausflüge zu einem Tiny House am Pemi miterleben. Auf diese Weise haben wir ganz viel Raum, die sich langsam verändernde Dynamik zwischen den beiden zu beobachten.

Und diese ist von einer überraschenden Sanftheit, die ich aufgrund des Enemies-to-Lovers-Tropes überhaupt nicht erwartet hatte. Obwohl es keine "klassische Sexszene" gibt und die Liebe zwischen den beiden sich mehr als "slow burn" entwickelt, konnte ich das Knistern durch die Seiten hindurch zwischen meinen Fingern spüren (woran die ein oder andere Fantasie bestimmt nicht unbeteiligt gewesen ist - Nikola, was hast du nur mit Duschszenen...?). Neben der prickelnden Anziehungskraft, und den unterdrückten Gefühlen sorgen hier auch die Geheimnisse und neue und alte Wunden für eine unterschwellige Spannung, die einen nicht mehr loslässt. Obwohl sowohl Jane und Alex abwechselnd aus der Ich-Perspektive erzählen, werden viele der Fragen, die wir uns beim Lesen stellen, erst nach und nach gelüftet, sodass die Spannung hoch bleibt.


Alex: "Du kannst alles von mir haben. Alles, was von mir übrig ist, Jane. Ist... ist das genug?"


Wunderbar ist auch, dass die beiden Hauptfiguren von Anfang an nicht in typische Klischees passen und mit ihrer Widersprüchlichkeit ein lebendiges, rundes Bild abgegeben haben. Besonders Alex hat es mir hier angetan, da seine gesamte Charakterisierung ein Zeichen gegen toxische Männlichkeit setzt, die leider auch in modernen Liebesgeschichten noch ab und zu propagiert wird. Zwar dürfen Männer in den allermeisten Romanen gerne mal weinen und sich verletzlich zeigen, aber dann müssen sie aber dafür mindestens ein Sixpack haben und Frauen wild knurrend gegen die Wand drücken, um dennoch "männlich" dazustehen. Alex hingegen ist weder mit übertriebenen Muskeln bestückt noch ein dominanter Playboy, sondern einfach nur... realistisch und lebensnah. Er hat wenig Erfahrung mit Liebe, Beziehungen und Sexualität und weiß nur, dass das, was ihm sein Vater und sein Bruder vorgelebt und eingebläut haben, nicht das sein kann, was er will. Nikola Hotel beweist hier mal wieder, dass in Liebesgeschichten nicht Figuren, die eine möglichst schicke Projektionsfläche bieten, sondern solche, die möglichst authentisch sind, am meisten Gefühle transportieren können. Ich würde in Zukunft gerne viel öfter von solchen Love Interests lesen!


Jane: "Ich hasse es, dass wir immer so viele Dinge bedenken müssen. Wie wir uns anziehen, wie wir uns verhalten, welche Straßen wir langgehen, wenn es dunkel ist. Sachen, dir für uns so selbstverständlich sind, über die die meisten Männer aber nie nachdenken müssen. Es sei denn, sie sind trans oder homosexuell, dann sind sie noch viel schlimmeren Anfeindungen ausgesetzt. Ich hasse es, dass ich nachts unter den Straßenlaternen langgehen muss, um mich sicherer zu führen, oder extra einen Umweg mache, weil der besser ausgeleuchtet ist. (...) Wie gruselig ist es eigentlich, dass das unsere tägliche Routine ist und man das gar nicht mehr groß in Frage stellt?"


Auch abseits der viel realistischeren Darstellung fand ich Alex sehr liebenswert. Da wir aus seiner Perspektive viele seiner Gedanken und Gefühle offengelegt bekommen, können wir seine Beweggründe von Beginn an gut nachvollziehen und verstehen, was wirklich dahintersteckt, wenn er mal wieder ruppig zu Jane ist. Wenn er nicht mehr weiterweiß, flüchtet er sich nämlich gerne mal in die Ironie und scheint in seiner Unsicherheit oft verletzend oder arrogant. Nachdem Jane das verstanden hat, kann sie damit besser umgehen und versucht durch sanften Nachdruck herauszufinden, was ihn so sehr verletzt hat, dass er eine derart schlechte Meinung von sich selbst hat. Auch wenn ich gerade zu Beginn ein wenig Schwierigkeiten hatte, ihren Charakter zu fassen zu bekommen, da sie so vielseitig und wandelbar ist, habe ich sie sehr ins Herz geschlossen und gerade für diese geduldige Art mit Alex umzugehen, bewundert. Zwar macht auch Jane ab und zu Fehler, geht aber immer wieder auf Alex zu, lässt sich von dem ein oder anderen Streit nicht aus der Ruhe bringen und versucht seine Schale mit viel Fingerspitzengefühl zu knacken. Wenn etwas mal nicht funktioniert, sprechen die beiden einfach darüber oder helfen sich mit etwas Humor aus. Besonders die süßen Flüche, die sie sich scherzhaft gegenseitig an den Hals wünschen sind einfach nur herzallerliebst!


Alex: "Niemand darf dir jemals wieder so weh tun." Okay, ihre Stimme ist nur ein Flüstern, aber die Worte hallen trotzdem in meinem Körper wider, stoßen etwas an, verzweigen sich, bis ich das, was sie gesagt hat, wirklich in jeder Zelle spüren kann. ich wusste gar nicht, dass etwas gleichzeitig weh- und guttun kann. Schmerz und Heilung. "Niemals wieder, Alex. Das hätte überhaupt nicht passieren dürfen. Ich... ich werde dich wertschätzen, dich respektieren und dir immer zuhören. Ich halte dich fest. Wenn du willst, halte ich dich fest."


Obendrauf gibt es hier (wie immer) eine Menge toller Nebenfiguren, die mich immer wieder zum Lächeln gebracht haben. Nikola Hotels Figuren sind direkt aus dem Leben gegriffen und in ihrer leichten Schrägheit wahnsinnig liebenswert. Eine große Rollen spielen natürlich wieder Janes Halbschwester Abbi und ihr Bruder David, es tauchen aber auch Nebenfiguren anderer Werke auf. Neben Abbi und David schlägt die Autorin durch den Doppelauftritt von Barbesitzer Chase und Therapeutin Kadence den Bogen zur Blakely-Reihe und lässt somit Noah, Aubree, Ivy und Asher nochmal kurz auftauchen.

Addiert man nun noch Nikola Hotels spritzigen Schreibstil zur Gleichung hinzu, ist ein emotionales Auf und Ab garantiert. Sie scheut zwar nicht das große Drama, hat durch ihre sensible und zart romantische Art, die Gefühle der Protagonisten auszudrücken aber trotzdem mein Herz gewonnen. Mir gefällt die Leichtigkeit, die zwischen den Seiten zu finden ist, die aber dennoch nicht mit Oberflächlichkeit einhergeht. Denn auch hier hat die Autorin mal wieder ein paar ernstere Themen verpackt, geht diese aber so emotional, sensibel und zart romantisch an, dass einem als Leser das Herz aufgeht. Zwar bleibt einiges nur angerissen und von anderen Aspekten wie zum Beispiel Janes Krankheit oder Alex´ Studium hätte ich mir mehr erwartet, dennoch wirkt diese Geschichte bedeutungsvoller, wichtiger und tiefgründiger als man es der Verpackung zutraut. Ein bisschen Ironie, Humor, viele Anspielungen auf Filme und Serien und natürlich auch ein paar erotische Szenen dürfen nicht fehlen... So entsteht ein atmosphärisches, lebendiges, authentisches Gesamtbild, in das ich mich einfach verlieben musste.


Jane: "Es kann so vieles schiefgehen. Man kann krank werden oder einen Unfall haben. Man kann an sich selbst verzweifeln. Man kann alles vermasseln, wenn man anfängt. Aber wenn man gar nicht erst anfängt, wird man sich irgendwann fragen, was passiert wäre, wenn man es wenigstens versucht hätte. Ich muss mein Leben anfangen. Mit wild pochendem Herzen und wackligen Knien. Nur so läuft das."


"Blue" ist eines der Bücher, die man in einem Rutsch wegliest und danach kaum glauben kann, dass das wirklich über 400 Seiten waren, da es sich wie maximal die Hälfte angefühlt hat. Das Ende von Janes und Alex´ Reise durch Angst, Vertrauen und Liebe kam demnach wieder viel zu schnell. Ein leiser Trost ist nur, dass wir auf eine neue Reihe der Autorin nur bis zum 19. Juli 2022 warten müssen. Dort erscheint dann nämlich mit "Dark Ivy - Wenn ich falle" der Auftakt des erst kürzlich angekündigten Dark-Academia-Duetts.



Fazit:


Auch mit "Blue - Wo immer du mich findest" hat Nikola Hotel mal wieder eine bewegende, intensive und authentische Liebesgeschichte geschrieben, die man einfach wegsuchten und aus tiefstem Herzen lieben muss. Neben den vielschichtigen Figuren überzeugen hier auch der sensible Schreibstil und die toll verpackten Botschaften!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 21.12.2021

Eine bewegende, intensive und authentische Liebesgeschichte!

Blue – Wo immer du mich findest
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Seit der Blakely-Brüder-Reihe bin ich ein großer Fan von Nikola Hotel und hatte deshalb große Hoffnungen auf ihre neue Paper-Love-Dulogie gesetzt, die im Juni mit "Ever - Wann immer du mich berührst" gestartet ...

Seit der Blakely-Brüder-Reihe bin ich ein großer Fan von Nikola Hotel und hatte deshalb große Hoffnungen auf ihre neue Paper-Love-Dulogie gesetzt, die im Juni mit "Ever - Wann immer du mich berührst" gestartet ist. Und auch wenn hohe Erwartungen häufig enttäuscht werden, konnte mich die Autorin mit ihrer neuen Reihe wieder vollkommen überzeugen. So ist es auch keine Überraschung, dass die Fortsetzung "Blue - Wo immer du mich findest“ ebenso wieder alles hat, was man sich als schmachtender Leser nur wünschen kann: ein anbetungswürdiger Love-Interest, der abseits der typischen Klischees überzeugt, eine sympathische, verletzliche aber auf ihre Weise starke Protagonistin, eine prickelnde Dynamik zwischen den beiden und natürlich dramatische Umstände, die ihnen im Weg stehen....


Alex: "Du hast mir Stille geschenkt, als ich dachte, im Lärm der Welt ertrinken zu müssen."


Genau wie schon "It was always you", "It was always love" und auch "Ever" ist "Blue" mal wieder einfach hinreißend und hochwertig gestaltet. Passend zum Reihennamen ist die Klappbroschur aus dickerem Papier, auf welchem sich der blau-goldene Titel und der Origami-Fuchs haptisch hervorheben. Der türkisblaue-Farbklecks, die Wasserfarbenschlieren und die Veredelung mit Goldfolie geben dem Cover noch einen zusätzlichen Glow. Die Wasserfarben- und Origami-Motive ziehen sich auch innen durch Buch. Jeder Kapitelanfang beginnt mit einer Farbwolke und jede Seite ist mit einem kleinen Origami-Koi unten im Eck verziert, welcher über die Seiten schwimmt, wenn man das Buch schnell durchblättert. Neben dem tollen Daumenkino sind auch die Anleitungen am Ende des Buches ein weiters Plus der Gestaltung. Diese laden dazu ein, sich selbst an das ein oder andere im Buch vorkommende Origami-Tier zu wagen.


Erster Satz: "Wo warst du letzte Nacht."


Wir steigen ohne große Umschweife nach Ende von Band 1 in Janes Geschichte ein. Das bedeutet, sie hat erst kürzlich durch ihren Bruder David erfahren, dass der reiche Erbe einer Papier-Dynastie und Gouverneur-Anwärter William Hayden ihr leiblicher Vater ist und ihre verstorbene Mutter sie ihr Leben lang belogen hat. Wütend auf ihre gesamte Familie verkriecht sie sich deshalb auf dem Sofa von Chases Diner, in dem sie arbeitet, um David in seinem Studium finanziell zu unterstützen. Niemals hätte sie gedacht, dass sie ausgerechnet in dem einen Menschen Trost findet, der sie systematisch auf die Palme bringt: der gutaussehende Politikstudent und Stammgast im Diner, alias der "Poloshit-Idiot"....


Alex: "Das Problem ist doch nicht diese Linie. Das Problem ist die Linie in meinem Kopf. Trotzdem sage ich sofort: "Okay." Weil mich nichts auf der Welt davon abhalten könnte, mich mit Jane in den Abgrund zu stürzen."


Dem Klapptext zufolge hätte ich hier mit einem typischen Enemies-to-Lovers-Plot gerechnet. Nikola Hotel hat sich hier aber was ganz anderes für ihre beiden Figuren ausgedacht. Statt Jane und Alex gegeneinander aufzuhetzen und dann aus einem großen Bündel Wut und Hass Lust und Liebe entstehen zu lassen, erzählt sie sehr behutsam davon, wie die beiden ihr gegenseitiges Unverständnis Schritt für Schritt ablegen und sich zur Stütze werden. Wie in Nikola Hotels vorheriger Blakely-Reihe passiert dabei auf den 432 Seiten auf der reinen Handlungsebene nicht viel Spektakuläres, dennoch wurde ich von der ersten Seite an in die Geschichte gesogen. Die Autorin nimmt sich hier viel Zeit, ihre Figuren vorzustellen, lässt uns Alex´ Arbeit an seiner Bachelorarbeit, Janes Arbeit im Diner und ihre gemeinsamen Ausflüge zu einem Tiny House am Pemi miterleben. Auf diese Weise haben wir ganz viel Raum, die sich langsam verändernde Dynamik zwischen den beiden zu beobachten.

Und diese ist von einer überraschenden Sanftheit, die ich aufgrund des Enemies-to-Lovers-Tropes überhaupt nicht erwartet hatte. Obwohl es keine "klassische Sexszene" gibt und die Liebe zwischen den beiden sich mehr als "slow burn" entwickelt, konnte ich das Knistern durch die Seiten hindurch zwischen meinen Fingern spüren (woran die ein oder andere Fantasie bestimmt nicht unbeteiligt gewesen ist - Nikola, was hast du nur mit Duschszenen...?). Neben der prickelnden Anziehungskraft, und den unterdrückten Gefühlen sorgen hier auch die Geheimnisse und neue und alte Wunden für eine unterschwellige Spannung, die einen nicht mehr loslässt. Obwohl sowohl Jane und Alex abwechselnd aus der Ich-Perspektive erzählen, werden viele der Fragen, die wir uns beim Lesen stellen, erst nach und nach gelüftet, sodass die Spannung hoch bleibt.


Alex: "Du kannst alles von mir haben. Alles, was von mir übrig ist, Jane. Ist... ist das genug?"


Wunderbar ist auch, dass die beiden Hauptfiguren von Anfang an nicht in typische Klischees passen und mit ihrer Widersprüchlichkeit ein lebendiges, rundes Bild abgegeben haben. Besonders Alex hat es mir hier angetan, da seine gesamte Charakterisierung ein Zeichen gegen toxische Männlichkeit setzt, die leider auch in modernen Liebesgeschichten noch ab und zu propagiert wird. Zwar dürfen Männer in den allermeisten Romanen gerne mal weinen und sich verletzlich zeigen, aber dann müssen sie aber dafür mindestens ein Sixpack haben und Frauen wild knurrend gegen die Wand drücken, um dennoch "männlich" dazustehen. Alex hingegen ist weder mit übertriebenen Muskeln bestückt noch ein dominanter Playboy, sondern einfach nur... realistisch und lebensnah. Er hat wenig Erfahrung mit Liebe, Beziehungen und Sexualität und weiß nur, dass das, was ihm sein Vater und sein Bruder vorgelebt und eingebläut haben, nicht das sein kann, was er will. Nikola Hotel beweist hier mal wieder, dass in Liebesgeschichten nicht Figuren, die eine möglichst schicke Projektionsfläche bieten, sondern solche, die möglichst authentisch sind, am meisten Gefühle transportieren können. Ich würde in Zukunft gerne viel öfter von solchen Love Interests lesen!


Jane: "Ich hasse es, dass wir immer so viele Dinge bedenken müssen. Wie wir uns anziehen, wie wir uns verhalten, welche Straßen wir langgehen, wenn es dunkel ist. Sachen, dir für uns so selbstverständlich sind, über die die meisten Männer aber nie nachdenken müssen. Es sei denn, sie sind trans oder homosexuell, dann sind sie noch viel schlimmeren Anfeindungen ausgesetzt. Ich hasse es, dass ich nachts unter den Straßenlaternen langgehen muss, um mich sicherer zu führen, oder extra einen Umweg mache, weil der besser ausgeleuchtet ist. (...) Wie gruselig ist es eigentlich, dass das unsere tägliche Routine ist und man das gar nicht mehr groß in Frage stellt?"


Auch abseits der viel realistischeren Darstellung fand ich Alex sehr liebenswert. Da wir aus seiner Perspektive viele seiner Gedanken und Gefühle offengelegt bekommen, können wir seine Beweggründe von Beginn an gut nachvollziehen und verstehen, was wirklich dahintersteckt, wenn er mal wieder ruppig zu Jane ist. Wenn er nicht mehr weiterweiß, flüchtet er sich nämlich gerne mal in die Ironie und scheint in seiner Unsicherheit oft verletzend oder arrogant. Nachdem Jane das verstanden hat, kann sie damit besser umgehen und versucht durch sanften Nachdruck herauszufinden, was ihn so sehr verletzt hat, dass er eine derart schlechte Meinung von sich selbst hat. Auch wenn ich gerade zu Beginn ein wenig Schwierigkeiten hatte, ihren Charakter zu fassen zu bekommen, da sie so vielseitig und wandelbar ist, habe ich sie sehr ins Herz geschlossen und gerade für diese geduldige Art mit Alex umzugehen, bewundert. Zwar macht auch Jane ab und zu Fehler, geht aber immer wieder auf Alex zu, lässt sich von dem ein oder anderen Streit nicht aus der Ruhe bringen und versucht seine Schale mit viel Fingerspitzengefühl zu knacken. Wenn etwas mal nicht funktioniert, sprechen die beiden einfach darüber oder helfen sich mit etwas Humor aus. Besonders die süßen Flüche, die sie sich scherzhaft gegenseitig an den Hals wünschen sind einfach nur herzallerliebst!


Alex: "Niemand darf dir jemals wieder so weh tun." Okay, ihre Stimme ist nur ein Flüstern, aber die Worte hallen trotzdem in meinem Körper wider, stoßen etwas an, verzweigen sich, bis ich das, was sie gesagt hat, wirklich in jeder Zelle spüren kann. ich wusste gar nicht, dass etwas gleichzeitig weh- und guttun kann. Schmerz und Heilung. "Niemals wieder, Alex. Das hätte überhaupt nicht passieren dürfen. Ich... ich werde dich wertschätzen, dich respektieren und dir immer zuhören. Ich halte dich fest. Wenn du willst, halte ich dich fest."


Obendrauf gibt es hier (wie immer) eine Menge toller Nebenfiguren, die mich immer wieder zum Lächeln gebracht haben. Nikola Hotels Figuren sind direkt aus dem Leben gegriffen und in ihrer leichten Schrägheit wahnsinnig liebenswert. Eine große Rollen spielen natürlich wieder Janes Halbschwester Abbi und ihr Bruder David, es tauchen aber auch Nebenfiguren anderer Werke auf. Neben Abbi und David schlägt die Autorin durch den Doppelauftritt von Barbesitzer Chase und Therapeutin Kadence den Bogen zur Blakely-Reihe und lässt somit Noah, Aubree, Ivy und Asher nochmal kurz auftauchen.

Addiert man nun noch Nikola Hotels spritzigen Schreibstil zur Gleichung hinzu, ist ein emotionales Auf und Ab garantiert. Sie scheut zwar nicht das große Drama, hat durch ihre sensible und zart romantische Art, die Gefühle der Protagonisten auszudrücken aber trotzdem mein Herz gewonnen. Mir gefällt die Leichtigkeit, die zwischen den Seiten zu finden ist, die aber dennoch nicht mit Oberflächlichkeit einhergeht. Denn auch hier hat die Autorin mal wieder ein paar ernstere Themen verpackt, geht diese aber so emotional, sensibel und zart romantisch an, dass einem als Leser das Herz aufgeht. Zwar bleibt einiges nur angerissen und von anderen Aspekten wie zum Beispiel Janes Krankheit oder Alex´ Studium hätte ich mir mehr erwartet, dennoch wirkt diese Geschichte bedeutungsvoller, wichtiger und tiefgründiger als man es der Verpackung zutraut. Ein bisschen Ironie, Humor, viele Anspielungen auf Filme und Serien und natürlich auch ein paar erotische Szenen dürfen nicht fehlen... So entsteht ein atmosphärisches, lebendiges, authentisches Gesamtbild, in das ich mich einfach verlieben musste.


Jane: "Es kann so vieles schiefgehen. Man kann krank werden oder einen Unfall haben. Man kann an sich selbst verzweifeln. Man kann alles vermasseln, wenn man anfängt. Aber wenn man gar nicht erst anfängt, wird man sich irgendwann fragen, was passiert wäre, wenn man es wenigstens versucht hätte. Ich muss mein Leben anfangen. Mit wild pochendem Herzen und wackligen Knien. Nur so läuft das."


"Blue" ist eines der Bücher, die man in einem Rutsch wegliest und danach kaum glauben kann, dass das wirklich über 400 Seiten waren, da es sich wie maximal die Hälfte angefühlt hat. Das Ende von Janes und Alex´ Reise durch Angst, Vertrauen und Liebe kam demnach wieder viel zu schnell. Ein leiser Trost ist nur, dass wir auf eine neue Reihe der Autorin nur bis zum 19. Juli 2022 warten müssen. Dort erscheint dann nämlich mit "Dark Ivy - Wenn ich falle" der Auftakt des erst kürzlich angekündigten Dark-Academia-Duetts.



Fazit:


Auch mit "Blue - Wo immer du mich findest" hat Nikola Hotel mal wieder eine bewegende, intensive und authentische Liebesgeschichte geschrieben, die man einfach wegsuchten und aus tiefstem Herzen lieben muss. Neben den vielschichtigen Figuren überzeugen hier auch der sensible Schreibstil und die toll verpackten Botschaften!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 15.12.2021

Überzeugt mit intensiver "Enemies-to-Lovers"-Geschichte, Humor und starker Charakterentwicklung!

Where the Waves Rise Higher
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Auf "Where the Waves Rise Higher" habe ich mich über Monate riesig gefreut, da ich nach der "Love is..." und der "Believe in Seconds Chances"-Reihe (und wegen ihres Katzen-Contents auf Instagram, haha) ...

Auf "Where the Waves Rise Higher" habe ich mich über Monate riesig gefreut, da ich nach der "Love is..." und der "Believe in Seconds Chances"-Reihe (und wegen ihres Katzen-Contents auf Instagram, haha) ein großer Fan von Kathinka Engel bin und mich schon Band 1 der Shetland-Love-Reihe wieder überzeugen konnte. Genau wie der Auftakt "Where the Roots Grow Stronger" thematisiert auch Nessas Geschichte wieder auf warmherzige Art und Weise die Themen Heimat, Wurzeln und Liebe umgeben von Shetlands rauer Landschaft.

Bei der Gestaltung der Geschichte hat der Piper Verlag sich mal wieder selbst übertroffen. Ich habe mich schon beim Cover Reveal total in die Gestaltung der drei Bände verliebt, als ich das Buch mit dem schimmernd blauem Blatt auf creme-weißem Grund, dem geschwungenen Titel und den goldenen geprägten Linien dann aber das erste Mal in der Hand hielt, war ich endgültig hin und weg. Das Cover ist zart, bodenständig, edel und ein kleines bisschen magisch - also das perfekte Kleid für diese Geschichte, die mit genau diesen Adjektiven auch treffend beschrieben werden kann. Auch die Gestaltungen der anderen beiden Bänden der Reihe gefallen mir wahnsinnig gut, weshalb ich es kaum erwarten kann, die drei Teile gemeinsam im Schrank stehen zu sehen. Toll ist auch die Karte von den Shetlandinseln und genauer der Stadt Lerwick, welche in der inneren Leselasche des Buches abgebildet ist. Die 40 Kapitelanfänge werden jeweils von einer der goldenen Blätterranken geziert, welche auch auf dem Cover abgebildet sind und sind ab und zu von einem kurzen Ausschnitt aus einem Interview eingerahmt, welches den roten Faden der Geschichte bildet und den Roman auch einläutet.


Erster Satz: "Ich habe einen wiederkehrenden Traum"


Schon in Band 1, "Where the Roots Grow Stronger", habe ich die rationale, kühle Nessa lieben und den arroganten Whisky-Erben Boyd hassen gelernt, sodass ich mir für Band 2 eine explosive Aneinanderreihung von Begegnungen versprochen habe, bis die beiden zusammenfinden. Tatsächlich ist Kathinka Engels Interpretation von "Enemies to lovers", welcher übrigens einer meiner absoluten Lieblings-Tropes ist, jedoch deutlich ruhiger als gedacht. Nessa und Boyd gestehen sich ihre Gefühle für sehr lange Zeit nicht ein, sodass die Atmosphäre zwischen ihnen im ersten Drittel eher von Verachtung geprägt ist statt von anderen Gefühlen und als es dann schließlich "klick" macht, werden die ganzen destruktiven Emotionen sehr schnell abgebaut (in einer übrigens wahnsinnig lesenswerten Szene, seufz!!!!), bevor wir in eher gemütliches Fahrwasser übergehen. Das Potential des Erzählschemas "Enemies to lovers" wurde also nicht bis zum Ende ausgenutzt, da die Übergänge zwischen "Unbeteiligte entfernte Bekannte" zu "Enemies" zu "Lovers" relativ schnell passieren und gerade der prickelnde Zwischenbereich "Ich hasse dich, aber ich will dich" auf mehr oder weniger ein Kapitel fällt. Davor ist es nur Hass und danach sehr schnell nur Liebe. Eben von "null auf hundert", wie Nessa es in Kapitel 27 beschreibt.


"Sein Gesicht. Es ist unbeweglich. Undeutbar. Dieser Augenblick ist noch verwirrender als alles andere. Das Zwischenstadium zwischen einem Kuss und dem Danach, von dem noch niemand sagen kann, wie es aussieht."


Dennoch hat mir Kathinka Engels Umsetzung des Tropes sehr gut gefallen. Das liegt zum Einen daran, dass die Emotionen durch die schnellen Übergänge sehr intensiv sind (deutlich mitreißender als in Band 1) und zum Anderen, dass trotz der fortlaufenden Begegnungen von Nessa und Boyd die Liebesgeschichte auch hier wieder deutlich weniger im Vordergrund steht als in anderen New Adult Reihen. Dadurch dass die Handlung hier nicht komplett von der Liebesgeschichte dominiert wird, bleibt viel Platz für die Vorstellung der Inseln, der Nebenfiguren, der Familiendynamik und Nessas großem Traum: dem Whisky-Brennen. Auch wenn mich wirklich überhaupt nichts mit dem traditionell gebrauten, hochprozentigen Alkohol verbindet, fand ich die gemeinsame Begeisterung von Nessa und Boyd sehr mitreißend und fand die Ausführungen rund um den Whisky-Contest, Mikrodestillerien und Innovationen überraschend spannend.


"Wir sind alle drei so unterschiedlich und dann doch wieder so ähnlich. So tief verwurzelt auf Shetland, so sehr Teil dieser rauen, wilden, schönen Welt. So sehr aufeinander angewiesen, auf Effie für die gute Laune, auf Fiona für die tiefen Gedanken, auf mich für die Beständigkeit, als Fels in der Brandung. Ich hoffe von ganzem Herzen, dass keine von uns je wieder auf die anderen verzichten muss."


Neben den deutlich intensiveren Emotionen der Liebesgeschichte hat mir auch die allgemeine Stimmung in Band 2 besser gefallen als in Band 1. Während Fionas Geschichte von einer melancholischen und schwermütigen Atmosphäre durchzogen wurde, geht es in "Where the Waves Rise Higher" deutlich kämpferischer, leidenschaftlicher und auch humorvoller zu. Dafür sorgen natürlich zum Teil die Schlagabtausche zwischen Nessa und Boyd, zum Schmunzeln gebracht haben mich aber auch immer wieder die Kabbeleien der drei Schwestern untereinander. Sehr gut gefällt mir auch, wie die Autorin mit den äußeren Bedingungen der Erzählung spielt und zum Beispiel in einem wiederkehrenden Traum Nessas das Wellenmotiv des Titels aufgreift, einige Anspielungen über den Reihentitel "Shetland-Love" einbaut und Witze zum "Enemies-To-Lovers"-Motiv fallen lässt. Trotz der humorvolleren, teilweise auch hitzigeren Herangehensweise und den einzelnen Erzähltricks handelt es sich aber in erster Linie wieder um ein Wohlfühlbuch mit alles in allem vorhersehbarem Verlauf, herzerwärmender Story und gütigen Versprechen auf ein Happy End.


"Schade. Das hätte echt Potential. Die ultimative Enemies-to-Lovers-Romanze." Effie seufzt theatralisch. Wenn dies ein Cartoon wäre, hätte sie Herzen in den Augen. "Es tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen, aber das hier ist die Realität, und da heißt es nun mal Unbeteiligte-entfernte-Bekannte-to-Enemies-to-ein-Moment-der-ausgesprochenen-Seltsamheit-back-to-Enemies-für-immer-ohne-auch-nur-die-leiseste-Ähnlichkeit-mit-einer-Romanze". "Das wird sich nicht durchsetzen", sagt Effie. "Das ist wirklich sperrig."


Große Überraschungen kann man hier also nicht erwarten. Womit man aber wieder rechnen kann, ist eine tolle Protagonistin mit interessanter Entwicklung. Wie gesagt dreht sich die Geschichte um die eher kühle, verkopfte Nessa, die für ihre Schwestern nach dem Tod ihrer Mutter und der alkohol- und trauerinduzierten Abwesenheit ihres Vaters immer rational und erwachsen sein musste und erst durch ungeahnte Spannungen mit Boyd ihre wilderen, spontanen, emotionalen Seiten ausleben kann. Er bringt zugleich das Beste und das Schlechteste in ihr hervor und lässt sie vor allem endlich zu 100 Prozent lebendig fühlen. Genau wie Fiona in Band 1 erscheint Nessa dabei so menschlich, so durchschnittlich und dennoch in ihrer Einzigartigkeit so wunderbar, dass man sie am liebsten durch die Seiten hinweg fest drücken und zur besten Freundin machen würde.


"Es fühlt sich an wie Macht. Aber gleichzeitig wie Geborgenheit, weil er so sehr um mich herum ist wie sonst nur Badewasser oder Luft oder Duft."


Auch die weiteren Figuren der Geschichte sind wie gewohnt mit viel Tiefe und einer nachvollziehbaren Entwicklung ausgestattet. Besonders Nessas Schwestern stechen dabei positiv hervor. Über die melancholische Fiona haben wir in Band 1 schon mehr erfahren, der Geschichte der lebensfrohen Effie wird der dritte Band der Reihe gewidmet, in der sie ebenfalls zwischen grünen Hügeln, wolligen Schafen und stürmischen Wellen ihre Liebe findet. Auch wenn die beiden besonders in ihren eigenen Geschichten vertieft werden, ging die Charakterisierung von Effie und Fiona schon hier weit über die zweiter Nebenfiguren hinaus und die beiden sind mir sehr ans Herz gewachsen. Tolle neue Nebenfiguren sind Nessas bester Freund und Arbeitspartner Henry und Boyds bissige, aber einsame kleine Schwester Jamielee. Im Vergleich zu den zwei Schwestern bleibt Boyd selbst jedoch - genau wie Connal im Vorgängerband auch schon - leider ein bisschen zu blass. Anders als bei Nessa, die als Ich-Erzählerin auftritt, fließen seine Gedanken und Gefühle nur durch Nessas Beschreibungen mit ein. Zwar haben wir zusätzlich die kurzen Ausschnitte aus seinem Interview mit dem Magazin "World of Whiskey" die uns einen Hinweis darauf geben, wie es in seinem Inneren aussieht, seine Konflikte werden aber nur angedeutet und wir fiebern nicht so mit wie bei Nessas Ringen um Vergebung, Liebe, Zugehörigkeit und Heimat.

Genau wie die anderen Bücher der Autorin ist "Where the Waves Rise Higher" zusätzlich mal wieder wunderschön geschrieben. Kathinka Engels Schreibstil ist gewohnt lebendig, ehrlich und emotional, verliert dabei aber nie die Charakterentwicklung und ihre Themen aus dem Blick. Neben inhaltlichen Schwerpunkten wie Whiskey, Träume, Verantwortung, Heimat, Existenzsorgen und Angst, wird auch das Setting auf den Shetland Inseln stark miteingebunden. Ich selbst war noch nie in Schottland, geschweige denn auf den Shetland Inseln, dennoch konnte ich mir die weite, baumleere Landschaft mit den grünen Büschen, wolligen Schafen, robusten Ponys unter einem windigen, regennassen Himmel bildlich vorstellen. Neben der rauen Schönheit der Natur führt uns Kathinka Engel auch die Herzlichkeit der Bewohner Lerwicks und den inspirierenden Familienzusammenhalt vor Augen. Kurzum: ich habe mich verliebt und habe dank der Autorin ein neues Wunschreiseziel (aber unbedingt für den Sommer!).


"Shetland-Love", rufen wir lachend im Chor und lassen erneut unsere Gläser aneinanderklirren."


Das Ende bildet mit seiner Offenheit und Schlichtheit dann einen perfekten Abschluss für die Geschichte und lässt uns zufrieden, aber auch neugierig auf den letzten Band zurück, in dem Effies Geschichte erzählt wird. Allzulange müssen wir darauf auch nicht mehr warten: "Where the Clouds Move Faster" erscheint am 24. Februar 2022.




Fazit:

Band 2 der "Shetland-Love"-Reihe überzeugt mit einer intensiven "Enemies-to-Lovers"-Geschichte, einer humorvolleren Atmosphäre und einer starken Charakterentwicklung. Zusätzlich thematisiert auch Nessas Geschichte genau wie "Where the Roots Grow Stronger auf warmherzige Art und Weise die Themen Heimat, Wurzeln und Liebe umgeben von Shetlands rauer Landschaft.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 09.12.2021

Der perfekte Abschluss und gleichzeitig der Höhepunkt der Montana-Arts-Trilogie!

Chasing Hope
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Julia K. Stein überzeugte mich in schon in "Chasing Dreams" und "Chasing Fame" mit einem atmosphärischen Setting, liebenswerten Figuren, einem jugendlichen Schreibstil und einer facettenreichen Handlung, ...

Julia K. Stein überzeugte mich in schon in "Chasing Dreams" und "Chasing Fame" mit einem atmosphärischen Setting, liebenswerten Figuren, einem jugendlichen Schreibstil und einer facettenreichen Handlung, sodass ich seit Oktober mit Spannung auf den Abschluss der Montana-Arts-Trilogie gewartet habe. Am 2. Dezember war es nun endlich so weit und ich durfte mit "Chasing Hope" ein drittes und letztes Mal ans Montana College of Performing Arts reisen und die Liebesgeschichte von zwei weiteren Künstlern verfolgen. Das Setting, der Schreibstil und das Kunst-Thema sind wie gewohnt bezaubernd, besonders angetan haben es mir aber die beiden Hauptfiguren, sodass dieser Abschlussteil mein liebster der Reihe geworden ist!

Das Cover von "Chasing Hope" passt ganz hervorragend zu dem des ersten und zweiten Teils und erinnert ebenfalls wieder mit den hellen Lichtpunkten und den goldenen Sprenkeln an einen Sommerhimmel, über den ein seidenes Tuch flattert und Blätter ihre Schatten werfen. Nach dem strahlend-hellblauen Hintergrundes des ersten Teils und dem türkis-grünen des zweiten ist dieses Cover hier in einem zarten Rosaton gehalten. Zusammen mit dem weißen Titel gibt das ein sehr hübsches, aber wenig sagendes Gesamtbild ab. Auch der Titel, "Chasing Hope", passt grundsätzlich gut, ist aber auch nicht wirklich ein Alleinstellungsmerkmal. Begeistert hat mich da schon eher die tolle Gestaltung der Innenseiten der Leselaschen der broschierten Ausgabe. Hier ist nämlich eine sehr süße, grob gezeichnete Karte des College Campus und der Umgeben zu sehen, der nicht nur toll aussieht, sondern auch beim Lesen weiterhilft.


Erster Satz: "Alle Blicke sind auf mich gerichtet, was sich anfühlt als würde jemand ein Feuer unter mir anzünden."


In meiner Rezension zu Band 2 habe ich bemängelt, dass der Mittelteil recht handlungsarm ist, die Nebenfiguren nur am Rande auftauchen und mir emotionale Tiefe gefehlt hat. Gerade die immense Verbesserung des letzten Punkts lässt "Chasing Hope" von Band 1 und Band 2 abheben und in meinen Augen besonders gelungen scheinen. Auch wenn (oder vielleicht auch gerade weil) ich mir Nate und Julie vor Beginn des Buches so GAR nicht als Paar vorstellen konnte, war ich bereits nach wenigen Kapiteln der größte Fan dieses Ships. Die zurückhaltende, in sich ruhende Julie, die in einer Hippie-Kommune auf Hawaii aufgewachsen ist, hat auf den ersten Blick nur äußerst wenig mit dem partywütigen Nate zu tun, der aus altem New Yorker Geldadel entstammt und kaum eine Sekunde stillhalten kann. Auch auf den zweiten und dritten Blick fällt es schwer, die beiden zusammen zu sehen und doch ist da von Anfang an etwas zwischen ihnen, das einem beim Lesen das Herz aufgehen und nicht den kleinsten Zweifel daran bestehen lässt, dass diese zwei genau richtig füreinander sind. Zwar mochte ich auch Yuna und Miles sowie Hazel und Langdon aus Band 1 und 2 sehr gerne, so sehr berührt und emotional abgeholt wie Julie und Nate haben sie mich jedoch nicht. Angesichts der besonderen Liebesgeschichte hätte ich gerne 5 Sterne vergeben. Davon sehe ich nur ab, weil das vor dem Happy End stehende Drama ein klein wenig konstruiert erscheint und schnell aufgelöst wurde.

Auch abseits ihrer ganz besonderen Beziehung sind die beiden wahnsinnig tolle Figuren, die ich schnell sehr ins Herz geschlossen habe. Das Spannende an Abschlussbänden von Trilogien ist es, dass wir die Protagonisten schon über längere Zeit als Nebenfiguren in den anderen Bänden kennenlernen durften, also schonmal eine grobe Vorstellung von ihnen im Kopf haben. Julia K. Stein arbeitet sehr gelungen mit den schon vorgefertigten Meinungsbildern ihrer LeserInnen und gibt ihr Bestes, diese im Laufe der Handlung nochmal nachzuschärfen und ab und zu auch überraschenderweise zu widerlegen. So müssen wir feststellen, dass Julie zwar ruhig und unerfahren ist, dabei aber keineswegs unschuldig, während wir erkennen, dass Nate kein gedankenloser Playboy ist, sondern erstaunlich sensibel sein kann. Ebenfalls eine deutliche Verbesserung zu Band 2 sehe ich darin, dass die Nebenfiguren wieder stärker eingebunden werden und "Chasing Hope" so in etwas handlungsärmeren Abschnitten davon profitiert, dass wir das Setting und die Figuren ohnehin schon lieben und es sich anfühlt, wie nach Hause zu kommen.


"Keine Ahnung, was es ist, das sie umstimmt - die Frequenz, in die wir uns heute eingeloggt haben, der magische Tag auf der Ranch, der erfrischend kalte See vorhin, das Gefühl, irgendwie ein Teil von diesem College geworden zu sein. Oder es ist der weite Himmel über ihr, das sanfte Licht, das sie milde stimmt. Aber in diesem Moment sagt sie ja."


Diese warmherzige Wohlfühlatmosphäre wird auch wieder von Julia K. Steins lebendiger, leichter und sehr bildhaften Art zu schreiben befeuert. Die vorliegende Reihe war meine erste Begegnung mit der Autorin, die ich bislang nur von Instagram kenne, ich habe mich aber schon in Band 1 schnell in ihren jugendlichen, spritzigen Stil verliebt, der der eher langsamen und behutsamen Entwicklung von Figuren und Handlung gegenübersteht. Auch ihren Humor und ihre Fähigkeit, wichtige Statements nebenbei ganz natürlich einzufügen, habe ich schnell zu schätzen gelernt. Auch in "Chasing Hope" bringen die beiden Ich-Erzähler wieder ein paar Probleme und Altlasten mit, weshalb die Stimmung ab und an ins Melancholische tendiert. Während Julie dabei ist, ihre Vergangenheit auf Hawaii mit all ihren Licht- und Schattenseiten zu verarbeiten und in Worte zu fassen, muss Nate einen Weg finden, aus seiner Prokrastination-Selbstsabotage-Schleife zu entkommen und eine gesunde Einstellung gegenüber Beziehungen zu entwickeln. Auch wenn Julia K. Stein das ganze Gefühlsspektrum ausnutzt, dominieren hier aber Stärke, Mut und Hoffnung, welche diese Geschichte über Kunst, Liebe und das Loslassen der Vergangenheit so viel einladender machen als Band 2.


"Wir sollen alles wertungsfrei beobachten. Alles ist Material." Nate zuckt zusammen. "Julie, ganz ehrlich? Ausnahmsweise hoffe ich, dass ich nicht nur Material bin. Das wir nicht nur Material sind. Ich habe schon zu viel gesammelt."


Die Geschichte hat also viel mehr Facetten, die es schwer machen, ihr ein klares Label aufzudrücken, auch wenn sich "Chasing Hope" zunächst als typischer College-Roman inklusive wilder Studentenpartys, speziellen Mitbewohnern und Lernstress präsentiert. Ein wichtiges Standbein der Story ist wieder einmal die darstellende Kunst in all ihren Formen. Im Montana Arts College werden grundsätzlich Tanz, Schauspiel, Film und Kreatives Schreiben gefördert und durch die verschiedenen Figuren der dreiteiligen Reihe nacheinander verkörpert. Während in "Chasing Dreams" der Schwerpunkt auf Yunas Tanzen und Miles´ Kunst gelegt wurde und die Autorin in "Chasing Fame" in die Welt des Schauspiels eintauchte, bringen Hazel und Nate nun noch das Kreative Schreiben und die Filmproduktion mit ein. Besonders die Entstehung von Nates filmischem Abschlussprojekt und Julies künstlerischer Entwicklungsprozess werden dabei sehr lebensnah und detailliert beschrieben, was nebenbei nochmal die Theorie bekräftigt, dass Bücher über Künstlerseelen einfach die beiden Liebesgeschichten abgeben.


"Ich glaube, er ist es wert, Julie. Lass es nicht an deinem Dickkopf scheitern. Du bist so gut darin, anderen Ratschläge zu geben, und so schlecht darin, welche von anderen anzunehmen."


Neben der hervorstechenden Rolle der Kunst ist vor allem auch das Setting ein wichtiger Faktor für das Entstehen der ruhigen, aber magischen Atmosphäre, in der alles möglich scheint. Julia K. Stein gelingt es hier das Setting am Montana Arts College weiter auszubauen, in dem sie die ruhige Geordnetheit Montanas gleichzeitig mit dem sommerlichen Hawaii und Nates Heimatstadt New York vergleicht. Während wir die Silverfall Colony auf der Insel Kauai nur aus Rückblicken und Erinnerungen kennenlernen, dürfen wir mit den beiden Figuren New York selbst erkunden. Zwischendurch gibt es auch wieder den ein oder anderen Ausflug in Montanas Landschaft mit der Einsamkeit, der Weite und der rauen Schönheit der Natur, die ich schon in Band 1 als perfekteren Schauplatz für diese ruhige, aber ausdrucksstarke Geschichte schätzen gelernt habe. Nach insgesamt etwa 1250 fiel es mir deshalb trotz tollem und abgeschlossenem Ende ziemlich schwer, das MCPA zu verlassen und hoffe sehr, dass die Autorin vielleicht in einem Spin-Off nochmal dorthin zurückkehrt. Genügend spannende Nebenfiguren gäbe es auf jeden Fall noch (Layla, Eduardo, Iris, ...).




Fazit:

In "Chasing Hope" bezauberten mich vor allem die beiden Hauptfiguren und deren besondere Beziehung zueinander. Nates und Julies Geschichte bildet einen perfekten Abschluss und gleichzeitig in meinen Augen den Höhepunkt der Montana-Arts-Trilogie und lässt mich gespannt auf weitere Werke der Autorin wartend zurück!

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Veröffentlicht am 06.12.2021

Eine urkomische LGBTQIA+-Komödie

Heartbreak Boys
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"Heartbreak Boys" war mal wieder ein Buddyread mit Sofia von @SofiasworldofBooks und mit Abstand der Witzigste, den wir jemals hatten. Zu verdanken hatten wir das dem grandiosen Humor des Autors, der etwas ...

"Heartbreak Boys" war mal wieder ein Buddyread mit Sofia von @SofiasworldofBooks und mit Abstand der Witzigste, den wir jemals hatten. Zu verdanken hatten wir das dem grandiosen Humor des Autors, der etwas überdrehten Handlung und den legendären Charakteren. Ich hatte eine süße LGBTQIA+-Liebesgeschichte erwartet und ein zum Brüllen komisches zum Leben erwecktes Meme bekommen. Ihr wollt eine unterhaltsame Sommer-Komödie lesen, die zusätzlich noch ein paar wichtige Themen behandelt? Lest unbedingt dieses Buch!

Das Cover lässt mit dem türkisenen Hintergrund, dem großen weißen Titel und den zwei Jungs im Comic-Format schon auf eine unbeschwerte YA-Geschichte schließen. Der blonde Junge mit dem Regenbogen-Anstecker ist dabei sehr treffend Jack nachempfunden, während der braunhaarige, am Social-Media-Icon-bastelnde Junge wohl Nate nachempfunden ist. Somit gefällt mir die deutsche Interpretation des Covers sogar ausnahmsweise mal besser als das Originalcover, dass mit dem gelben Hintergrund und den zwei sehr jungen Figuren noch sehr kindlich erscheint.

Innerhalb der Buchdeckel erzählen Jack und Nate abwechselnd in 51 Kapiteln von ihrem Abenteuer, das dort startet, wo oftmals YA-Romances enden: auf dem Abschlussball. Denn die jeweiligen festen Freunde der beiden haben sich den denkbar schlechtesten Zeitpunkt ausgesucht, um ihre Affäre offiziell zu machen und ein Paar zu werden und so enden Jack und Nate mit einem gebrochenen Herzen, anstatt wie geplant nach dem Abschluss der Mittelstufe den Sommer ihres Lebens zu verbringen. Um sich zu rächen, beschließen die zwei, einfach trotzdem so zu tun, als würden sie die Zeit ihres Lebens verbringen und starten einen Instagram-Account auf dem sie den Roadtrip, den sie mit Nates Familie in einem klapprigen Camper unternehmen, möglichst instagrammable festhalten. Doch wer hätte gedacht, dass eine unerwartete Freundschaft ein gebrochenes Herz besser heilen kann als Rache...?


Jack: "Ich werde im September nicht als Verlierer an die Schule zurückkehren. Auf gar keinen Fall. Dylan oder nicht Dylan, ich werde glücklicher, erfüllter und erfolgreicher denn je sein. Selbst wenn ich so tun muss, als ob. Sie werden einen schönen Sommer haben? Tja, mag sein, aber unserer wird SPEKTAKULÄR!"


Anders als gedacht, liegt der Fokus der Handlung in "Heartbreak Boys" weniger auf der Liebesgeschichte - über den Aufbau einer zarten Freundschaft und die ersten aufflatternden Schmetterlinge kommen wir hier gar nicht hinaus -, sondern viel mehr auf dem Überwinden des Herzschmerzes, der Akzeptanz der eigenen Identität und dem Öffnen für neues Glück. So sind die kurzen stillen Momente, zwischenmenschliche Entwicklungen und persönliche Erkenntnisse das Herzstück, das die Geschichte um Jack und Nate lebendig macht. Bis die beiden Figuren sich einander das erste Mal öffnen vergeht aber eine ganz schön lange Zeit. Denn gegensätzlicher als Nate und Jack kann man gar nicht sein. Während Jack ein wahrer Paradiesvogel ist, jedes Klischee über Homosexuelle lebt, seine Meinung stolz in die Welt hinausschreit und vor keinem Drama zurückschreckt ("Es ist ein privater, schrecklicher, schwuler Notfall"), ist Nate leise, zurückhaltend, unbeholfen in sozialen Situationen ("MÖCHTEST DU EINE LIMO") und fühlt sich am wohlsten, wenn er in der Menge untergeht und nicht auffällt. Obwohl die beiden die perfekte Personifikationen der Kategorien "extrovertiert" und "introvertiert" sind, kommt die Charakterisierung der beiden ohne jedes Klischee aus und sie bekommen während der 416 Seiten genügend Zeit, auch andere Seiten an sich zu entdecken oder zu präsentieren.


Nate: "Er spielt Ukulele und ist einer LGBTQIA+-Jugendgruppe beigetreten." "Okay, nur eins davon weist eindeutig darauf hin, dass er schwul ist, Mum. In die Jugendgruppe könnte er auch einfach gehen, um einen Freund zu unterstützen."


Auffallend ist, dass auch andere Charaktere häufig genau das Gegenteil von dem tun, was man von ihnen erwarten würde und für viele freudige Überraschungsmomente sorgen. Sei es die bösen Jungs auf Bewährung, die zusammen "Homo Love Boat" zur Melodie von Love Shack von den B-52s singen, als sich der Teamleiter herabwürdigend über unsere Protagonisten äußert, die scheinbar zickige Influencerin Leila, die sich als ökologischer Gutmensch entpuppt, oder zwei zwölfjährige Bulldoggen-Menschen, die zu Jacks großer Überraschung doch nicht sein teures Smartphone klauen, sondern sich als "super nette schwule Kids" herausstellen - der Autor gibt sein Bestes, immer wieder Klischees auf die Spitze zu treiben, umzudrehen und uns unsere eigenen Vorurteile vor die Füße zu werfen. In dem Zug spricht Simon James Green auch einige wichtige Themen an und verpackt auch die ein oder andere tolle Message übers Erwachsenwerden, übers Schwulsein oder über Influencer.


Jack: "Verdammt, wieso leben wir immer noch in einer Welt, in der manche Leute so ein verfluchtes Problem damit haben, wen andere Menschen lieben. Das ist doch totaler Irrsinn!"


Neben dem Fakt, dass die Figuren überraschend viel Tiefgründigkeit und Authentizität aufweisen, sind sie auch einfach zum Knuddeln. Besonders Elliott, der Hühner mag, leicht glücklich zu machen ist und ziemlich starke ADHS-Chihuahua Energie verströmt (mein Lieblingszitat von ihm ist übrigens: "HUH! HA! HUH! BUMSEN!"), ist mir sofort ans Herz gewachsen und passt perfekt in die schräge Reisegesellschaft (von Rose ganz treffend als "Würstchenparty" betitelt) bestehend aus zwei Jungs mit gebrochenem Herzen, ein Hippie-Vater, die strukturierte Supermom, die vor ihrem Tupperkurs die ganze Zeit angeben will und der kleinen Schwester Rose. Letztere ist jedoch ohne Frage und mit großen Abstand die heimliche Heldin des Buches. Mit ihrem unvergleichlich trockenen Humor und ihren leicht bedenklich psychopathisch angehauchten Zügen ist die sechsjährige kleine Schwester von Nate einfach eine lebende Legende. Ich meine, ein Mädchen, das Dinge sagt wie "man sollte sich immer gut anziehen", jeden fragt, ob er Nate heiraten wird und nach seiner schmerzhaften Trennung eine Vodoo-Figur von seinem Ex-Freund feierlich verbuddelt, muss man einfach lieben!


Nate: "Ich denke, wir waren schon irgendwie die Richtigen füreinander - nur vielleicht in einem Paralleluniversum, in dem wir uns zu leicht unterschiedlichen Zeiten in unserem Leben getroffen hätten. Oder wo unsere verkorkste Welt schulen Teenagern das Leben nicht so extrem schwer macht."


Rund um seine Figuren und deren auffallend tolle Entwicklung hat sich Simon James Green eine sehr verrückte, schrille Handlung ausgedacht, die ein perfektes Gegengewicht zum Herzschmerz und Beziehungschaos bildet. Die große Stärke der Geschehnisse: Unvorhersehbarkeit! Jack und Nate stolpern von einer absurden Situation in die nächste und was sich der Autor da teilweise ausgedacht hat, hätte man nicht in tausend Jahren vorhergesehen. So besuchen wir zusammen mit unseren beiden Ich-Erzählern explosive Militärübungen, brennende Frühstücksbüffets, vegetarische Festivals, homophobe Survival-Camps, schicke Influencer Galas und auch kuriose Einfälle wie ein spontaner Filzlausbefall, Boote namens "Gay Ship Lollipop" oder eine interaktive Gurkenausstellung dürfen nicht fehlen, um den Wahnsinn komplett zu machen. Dass die Situationskomik an einigen Stellen etwas übers Ziel hinausschießt und natürlich nicht immer alles realistisch oder natürlich wirkt, war mir nach einigen Kapiteln komplett egal. Die Geschichte hat langsam, aber stetig mein Gehirn weichgekocht, bis ich über wirklich JEDEN SCHEISS gekichert habe. Die schräge, überdrehte Stimmung macht einfach unfassbar viel Spaß!


Jack: "Du hast so viele verborgene Schichten, Nate!" Er starrte mich wütend an. "Wie eine Zwiebel!"
"Jack!"
"So komplex und..."
"Oh Mann, du bist echt ein..."
"Was bin ich, Nate? Oh, bitte such etwas Zweideutiges aus! Eine Aubergine?"
"Nein..."
"Eine Banane?" Ich tue, als würde ich aufkeuchen. "Oder vielleicht etwas Exotisches? Eine Kiwi? Eine Cantaloupe-Melone?"
Schließlich lacht Nate auf. "Du bist ein Albtraum."


Um den aus meiner Sicht großartigen Humor von Simon James Green aber zu schätzen zu wissen, muss man als LeserIn schon die Fähigkeit mitbringen, über Absurdes zu lachen. Auch wenn man das ein oder andere Internetmeme kennt, wäre das nicht schlecht. Ich habe sehr gelacht über "Okay, Boomer", die unvergleichliche zum Leben erwachte Karen (nachdem Sofie mich aufgeklärt hat, was es mit dem Namen auf sich hat, höhö) und den Auftritt eines vagen Instagrampoeten namens Atticus.
Das Ende haben Sofia und ich dann in einer ziemlich unterhaltsamen Lesenacht in einem Rutsch durchgelesen und für einen runden Abschluss einer witzigen, süßen und empowernden Geschichte befunden!




Fazit

Eine urkomische LGBTQIA+-Komödie mit magischen Sommervibes, einer leicht überdrehten Handlung, einem grandiosen Humor und legendären Charakteren. Wer auch über Absurdes lachen kann, wird sein Herz (und vor Lachen eventuell auch das Zwerchfell) an die "Heartbreak Boys" verlieren.

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