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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 03.03.2019

Ein Jugendbuch, das Mut machen will

Ein wirklich erstaunliches Ding
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Mitten in der Nacht entdeckt die Hauptperson und Ich-Erzählerin April im Zentrum New Yorks plötzlich eine riesige metallische Roboterstatue. Gemeinsam mit ihrem besten Freund Andy macht sie ein Video, ...

Mitten in der Nacht entdeckt die Hauptperson und Ich-Erzählerin April im Zentrum New Yorks plötzlich eine riesige metallische Roboterstatue. Gemeinsam mit ihrem besten Freund Andy macht sie ein Video, sie stellen es ins Netz und gehen schlafen. Als April am nächsten Mittag erwacht, ist sie bereits ein Star: die junge Frau und Carl, die Statue, die auch in 63 weiteren Städten weltweit aufgetaucht ist. Fortan hat sie eine Mission, die sie versucht der Welt zu vermitteln: Wer immer Carl ist, er ist friedlich und will nur das Beste für die Menschen. Doch bald gibt es Gegner und als Carl ungewöhnliche Dinge bewirkt, werden die Dispute immer gefährlicher, nicht nur für April.
Auch wenn es nirgendwo auf dem Buch vermerkt ist (zumindest habe ich nichts gefunden), es ist ein Jugendbuch. Die Protagonistin ist 23 Jahre alt und hat den für ihr Alter (vielleicht eher etwas jünger) flapsigen Ton, den ich zu Beginn recht erfrischend und amüsant fand. Doch nach ca. 250 Seiten wiederholt sich so Manches einfach zu häufig, sodass ich begann, gewisse Ermüdungserscheinungen zu entwickeln. Was aber durchaus damit zu tun haben könnte, dass ich schlicht nicht die Zielgruppe dieser Lektüre bin Auch die Verhaltensweisen von April und ihren FreundInnen entsprechen sicherlich dem Bild, was man sich von VertreterInnen dieser Altergruppe aktuell macht: schlecht bezahltes Arbeiten in einem der unzähligen Startups; idealistisch, aber auch nicht zu sehr; konsumkritisch, doch nicht abgeneigt; und selbst Minderheiten und ihre Schwierigkeiten finden Erwähnung.
Die Geschichte selbst ist mehr unterhaltsam als spannend und zeigt mir etwas zu oft, wie ich finde, den erhobenen Zeigefinger. Schnell wird deutlich, dass es in diesem Buch um die Spaltung der Gesellschaft geht, wie sie sich aktuell in vielen Staaten zeigt, insbesondere in den USA. Immer wieder wird unmissverständlich dargestellt, wie wichtig und von welchem Vorteil es ist, wenn die Menschen gemeinsam und nicht gegeneinander ihre Ziele verfolgen. Vielleicht ist es in einem Jugendbuch notwendig, dies mehrfach zu wiederholen. Als erwachsene Leserin ging es mir irgendwann jedoch auf die Nerven.
Nichtsdestotrotz hat die Geschichte ihren Reiz und ich als Nichtzielgruppenmitglied würde gerne wissen, wie es weitergeht. Denn bei so einem Cliffhanger muss ja ein zweiter Band folgen.

Veröffentlicht am 17.02.2019

Faszinierende Geschichten, die Abgründe offenbaren

Cat Person
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12 Geschichten, die teilweise unterschiedlicher nicht sein könnten. Der Großteil sind überaus realitätsgetreue Erzählungen, wie sie sich jederzeit in unserer unmittelbaren Umgebung ereignen könnten; daneben ...

12 Geschichten, die teilweise unterschiedlicher nicht sein könnten. Der Großteil sind überaus realitätsgetreue Erzählungen, wie sie sich jederzeit in unserer unmittelbaren Umgebung ereignen könnten; daneben gibt es ein Märchen sowie Geschichten, die gekonnt die Balance zwischen Phantasie und Realität halten. Das Bemerkenswerte an den Meisten ist die unglaubliche Dynamik, die entwickelt wird, sodass man atemlos Seite um Seite liest und kaum glauben kann, was sich hier ereignet. Meist jüngere Menschen, die überzeugt davon scheinen zu wissen, was ihr Gegenüber denkt und ihr Handeln danach ausrichten, sodass sie sich in Situationen hineinmanövrieren, aus denen sie kaum noch herauskommen bzw. deren Nachwirkungen sie auch noch nach Jahren spüren. Die Dinge tun, von denen sie nie gedacht hätten, dass sie dazu nie in der Lage wären, aber durch welche Umstände auch immer dazu gebracht wurden.
Die Autorin schildert das Innenleben ihrer jeweiligen ProtagonistInnen derart intensiv und detailliert, dass man die Angst, Furcht und den Ekel regelrecht miterlebt. Und in den 'normalen' Geschichten beschreibt sie so überzeugend die Geschehnisse, dass wohl fast Alle das Geschriebene bis ins Detail nachvollziehen können.
Für empfindsame Gemüter ist dieses Buch vermutlich nicht so ganz geeignet, aber für mich war es eine richtig klasse Sammlung von Kurzgeschichten, einem Genre, mit dem ich bisher nur wenig anfangen konnte.

Veröffentlicht am 17.02.2019

Atmosphärischer Krimi ohne Schwarz-Weiß-Denken

Nacht über dem Bayou
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Ein verurteilter Mörder bittet Dave Robicheaux um Hilfe, da er zu Unrecht verurteilt worden sei. Gleichzeitig beginnt ein Filmteam eine Dokumentation über diesen Fall zu drehen, da es offenbar Ungereimtheiten ...

Ein verurteilter Mörder bittet Dave Robicheaux um Hilfe, da er zu Unrecht verurteilt worden sei. Gleichzeitig beginnt ein Filmteam eine Dokumentation über diesen Fall zu drehen, da es offenbar Ungereimtheiten gibt. Schnell ist klar, dass der kommende Gouverneur LaRose alles andere als begeistert über dieses Engagement ist, was Daves Interesse erst richtig weckt. Als er sich intensiver mit LaRose beschäftigt, begegnet er einer früheren Geliebten wieder, die offenbar noch eine Rechnung offen hat mit ihm und mit ihrem Ehemann LaRose einiges zu verbergen scheint.
Auch dieser 9. Band spielt im tiefen Süden der USA, in den Sümpfen Louisianas. Wie zu erwarten gelingt es Burke erneut, die spezielle Atmosphäre dieser Gegend so intensiv zu vermitteln, dass man sie beim Lesen praktisch vor sich sieht (sollte ich jemals in dieser Gegend Urlaub machen, werde ich die Bücher Burkes im Handgepäck haben). Seine Beschreibungen sind intensiv und bildhaft, aber nie ausufernd oder langatmig ("Die Bogenfenster waren noch mit den ursprünglichen Eisenläden verschlossen, an denen orangefarbene Rostschlieren herunterliefen wie Blut aus einer Wunde."), was sich auch auf die Darstellung der Menschen bezieht, die in seinen Romanen eine Rolle spielen ("Er hatte lange Haare, wie ein Indianer aus dem 19. Jahrhundert, das Gesicht war unrasiert, die Haut dunkel und körnig, wie mit schwarzem Pfeffer eingerieben.").
Bemerkenswert ist, dass Burke seine Figuren stets so differenziert beschreibt, dass eine klare Schuldzuweisung selbst am Ende nicht einfach ist. Immer wieder wird deutlich gemacht, dass es nicht nur Gutes und Böses, Schwarz oder Weiß gibt, sondern eine Menge an Zwischentönen, die allzu häufig nicht beachtet werden.
Ach ja, der Fall selbst ist natürlich packend und spannend mit schnellen Szenewechseln, die konzentriertes Lesen voraussetzen. Ansonsten muss man sich einen Abschnitt nochmal vornehmen - was bei einer solchen Lektüre aber wohl nicht so schlimm ist

Veröffentlicht am 17.02.2019

Atmosphärisch gelungen, aber zu viele Handlungsfäden, die ins Nirgendwo führen

Roter Rabe. Ein Fall für Max Heller
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Dresden 1951. Max Heller, Kommissar, verabschiedet seine Frau nach Köln, wo sie den gemeinsamen Sohn besuchen wird. Viel Zeit sie zu vermissen hat er nicht, denn kurz danach gibt es einen neuen Fall: Zwei ...

Dresden 1951. Max Heller, Kommissar, verabschiedet seine Frau nach Köln, wo sie den gemeinsamen Sohn besuchen wird. Viel Zeit sie zu vermissen hat er nicht, denn kurz danach gibt es einen neuen Fall: Zwei Zeugen Jehovas sind in ihrer Untersuchungszelle gestorben - Selbstmord? Heller beginnt mit seinen Nachforschungen und plötzlich scheint es jeden Tag Tote zu geben - alles wirklich nur Selbstmorde? Er selbst scheint überwacht zu werden, sein Chef wirkt verängstigt, und ein Freund von früher, der nun beim Geheimdienst ist, deutet an, dass die Gefahr einer Atombombenzündung bestehe.
Die Geschichte ist derart verwickelt, dass ich fast bis zum Ende keine Zusammenhänge herstellen konnte. Da sterben Zeugen Jehovas, ein Notar, ein Grundbuchbeamter, ein Ingenieur, ein altes Ehepaar undundund - und nirgendwo ein roter Faden (vom Raben ganz zu schweigen ). Vielleicht gestaltet es sich beim Lesen etwas einfacher, beim Hören war ich auf jeden Fall sehr gefordert, um den ganzen Todesfällen, möglichen Verdächtigen und diversen Spekulationen noch folgen zu können. Eine richtige Herausforderung, die von Heikko Deutschmann durchaus spannend vorgetragen wurde.
Bemerkenswert ist die Darstellung Dresdens in jener Zeit. Dem Autor gelingt es, die Atmophäre der damaligen DDR überzeugend und bildhaft zu übermitteln, sodass ich während des Hörens geradezu das Gefühl hatte, diese Zeit gemeinsam mit den Handelnden zu erleben.
Doch es sind ein bisschen viele lose Fäden, die in dieser Geschichte miteinander verwoben werden. Nicht nur die große Zahl an Todesfällen, die zu klären sind und ein eventueller Uranerzschmuggel; hinzu kommen noch jede Menge Schwierigkeiten im privaten Bereich von Max Heller sowie die Probleme seines Kollegen Oldenbusch. Fiel es mir schon schwer, nicht den Überblick über all die Geschehnisse zu verlieren, war es am Ende dann jedoch endgültig vorbei. Mir fehlten schlicht einige Aufklärungen über das Wie, Warum und Weshalb, wobei es natürlich auch sein kann, dass ich es einfach überhört habe. Doch all die verschiedenen Baustellen, auf denen Heller zu kämpfen hatte, waren für meinen Geschmack ein paar zuviel. Mal wieder gilt: Etwas weniger wäre deutlich mehr gewesen.

Veröffentlicht am 17.02.2019

Gerechtigkeit für Alfred Russell Wallace

Wallace
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Den meisten Menschen der Welt, die das Glück hatten und haben, eine Schule besuchen zu dürfen, ist Charles Darwin vermutlich ein Begriff. Der Begründer der Evolutionstheorie. Weniger bekannt dürfte den ...

Den meisten Menschen der Welt, die das Glück hatten und haben, eine Schule besuchen zu dürfen, ist Charles Darwin vermutlich ein Begriff. Der Begründer der Evolutionstheorie. Weniger bekannt dürfte den Meisten hingegen Alfred Russell Wallace sein, der praktisch parallel zu den gleichen Ergebnissen gelangte, mit denen zeitlebens Charles Darwin verbunden ist.
Als Alfred Bromberg, Nachtwächter im Museum für Natur- und Menschheitsgeschichte, zufällig auf ein Foto von Wallace stößt und von einem befreundeten Antiquar dessen Lebensgeschichte erfährt, beginnt er auf eigene Faust Nachforschungen anzustellen, ob Darwins Ruhm nicht eigentlich Wallace zusteht. Kann er, Bromberg, ihm Gerechtigkeit widerfahren lassen?
Abwechselnd zu Brombergs Geschichte wird auch von Wallaces Leben erzählt, seinen Reisen nach Südamerika wie auch Asien. Der Autor besitzt einen herrlichen, leicht altertümlich liebenswürdigen Stil, der einem praktisch die gesamte Lesezeit ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Ein richtiger Lesegenuss! („Umringt von den Kindern räumte er seine Kisten an Land. Ein kleines, langhaariges Mädchen befühlte zaghaft den groben Stoff seiner Hose, ein anderes grub, während er sich nach unten beugte, vorsichtig ihr dünnes Händchen in das haarige Knäuel unter seinem Kinn.“ Oder „… (er) wünschte, es würde sich in diesem Moment seine Diarrhö bemerkbar machen. Mit jenem Grummeln im Unterleib, das von außen so klang und sich von innen so anfühlte, als braue sich ein Gewitter zusammen.“)
In den Erzählungen über die beiden Männer finden sich neben manch naturwissenschaftlichen Abhandlungen (die problemlos zu lesen und zu verstehen sind) auch Exkurse zu philosophischen Gedanken: Was ist Gerechtigkeit? Gibt es sie überhaupt? Ist ein Mensch mehr wert als der andere? Stets sehr anschaulich und unterhaltsam geschrieben, was bei solchen Themen nicht unbedingt selbstverständlich ist.
Dennoch störte mich etwas. Die Beziehung Brombergs zu Wallace leuchtete mir während des Lesens immer weniger ein. Mir blieb unklar, weshalb diese historische Persönlichkeit einen solch großen Einfluss auf Brombergs Leben zu nehmen beginnt. Und so empfand ich den Zusammenhang der beiden Geschichten immer weniger glaubwürdig, fast schon aufgesetzt. Schade, denn beide Teile für sich genommen sind überaus lesenswert! Nichtsdestotrotz bleibt es eine empfehlenswerte Lektüre.