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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.05.2018

Gelungener spannender Erstling

Der Kreidemann
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Wow, für ein Erstlingswerk ist dieses Buch ziemlich gelungen. Kein platter Thriller, bei dem ein Serienmörder ein Opfer nach dem anderen niedermetzelt, sondern eine sich langsam entwickelnde Geschichte, ...

Wow, für ein Erstlingswerk ist dieses Buch ziemlich gelungen. Kein platter Thriller, bei dem ein Serienmörder ein Opfer nach dem anderen niedermetzelt, sondern eine sich langsam entwickelnde Geschichte, die neben einer Reihe von Spannungsmomenten durchaus auch fast schon horrormäßige Elemente aufzuweisen hat.
Eddie ist ein 42jähriger Englischlehrer, der sein trostloses Dasein viel zu häufig mit Alkohol zu bekämpfen versucht. Einziger Lichtblick ist seine erst seit kurzem bei ihm wohnende, deutlich jüngere Untermieterin Chloe. Als er eines Tages einen Brief mit gezeichneten Kreidemännchen bekommt, muss er sich zwangsläufig mit der Vergangenheit auseinandersetzen, in der es zu grauenhaften Unglücken kam und am Ende gar zu einem Mord. Der Mörder schien gefasst, doch der Brief deutet auf etwas Anderes hin.
Erzählt wird in zwei Handlungssträngen, die sich abwechseln: Die Gegenwart, als Eddie den Brief erhält und 30 Jahre zuvor, als das Unheil begann. Während Ersterer (natürlich) auf die Lösung des Falles zusteuert, schildert der Zweite die Geschichte von Eddie und seinen Freunden, deren unbeschwerte Kindheit in diesem Jahr zu Ende ging. Es ist ein komplexes Geflecht einer Kleinstadt, in der Fanatismus ebenso wie Verrohung Fuß fassten und Gerüchte als Beweise ausreichten. Ich war mir sicher, dass das Alles EINEN Ursprung haben musste, aber wie steht es in diesem Buch: "Nichts als gegeben annehmen. Alles in Zweifel ziehen. Immer hinter das Offensichtliche blicken."
Ich fand das Buch durchweg spannend und durchaus *****würdig, wenn nicht dieses Ende gewesen wäre. Von der subtilen Gruselatmosphäre ist nichts mehr zu spüren, statt dessen wird es zum Splattermovieverschnitt. Schade darum, aber bei einem Erstlingswerk will ich nochmal großzügig darüber hinwegschauen

Veröffentlicht am 18.05.2018

Für Surferinnen und Surfer ein Muss - für den Rest eine abwechslungsreiche, ungewohnte Lektüre

Barbarentage
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William Finnegan ist seit seiner Kindheit ein obsessiver Surfer. Jahre seines Lebens hat er dieser Leidenschaft gewidmet, und obwohl zeitweise Privates und Beruf es in den Hintergrund drängten, eroberte ...

William Finnegan ist seit seiner Kindheit ein obsessiver Surfer. Jahre seines Lebens hat er dieser Leidenschaft gewidmet, und obwohl zeitweise Privates und Beruf es in den Hintergrund drängten, eroberte das Surfen sich immer wieder einen Platz in seinem Leben.
Davon handelt dieses Buch, wenn auch nicht ausschließlich. Doch man sollte die Bereitschaft mitbringen, sich auf völlig unbekanntes Terrain zu begeben (für den Fall, man hat vom Surfen nur wenig oder sogar überhaupt keine Ahnung, so wie ich) und wahrhaft exzessive Beschreibungen über Wellen, Wellen und nochmals Wellen zu ertragen mit einer Flut von Fachausdrücken, die man außerhalb dieser Szene vermutlich noch nie gehört hat (zur Beruhigung: es gibt ein Glossar als Anhang). Ein Beispiel (von vielen): "Wenn man sie (Wellen) früh anstartete, einen Top Turn machte, gerade so viel Tempo aufbaute, dass man den Hook nicht verpasste, und die Line dann richtig wählte, war es, als würde die Welle das Tail in die Höhe heben und das Board down the line schleudern, immer weiter und weiter, während die Lippe einem auf den Rücken prasselte ...".
Trotzdem (oder vielleicht gerade deshalb) macht es diese 560 Seiten starke Autobiographie auch für NichtsurferInnen lesenswert. Finnegan gelingt es seine Begeisterung so gut zu vermitteln, dass ich zutiefst bedaure, nie diese Schönheit der Wellen gesehen und erlebt zu haben.
Die Beschreibungen seines 'restlichen' Lebens fallen gefühlsmäßig deutlich kürzer aus, obwohl das nicht unbedingt der Wahrheit entsprechen muss. Vielleicht wirkt es so, weil Finnegan nicht nur von sich, sondern auch von den Ländern und Menschen erzählt, die er bereist und trifft. Seine eigene Familie, Frau und Kind, ebenso wie sein Beruf werden vergleichsweise kurz abgehandelt, gegen Ende hin gibt es zudem immer mehr Abschnitte mit fast schon philosophischem Inhalt.
Alles in allem trotz des deutlichen Surf-Schwerpunktes eine abwechslungsreiche Lektüre mit gelegentlichen kleinen Längen.

Veröffentlicht am 16.05.2018

Tolle Sprache für eine chaotische Geschichte

Außer sich
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Die Zwillinge Alissa und Anton kommen als kleine Kinder gemeinsam mit ihren Eltern aus Russland nach Westdeutschland, wo sie aufwachsen. Irgendwann verschwindet Anton und geraume Zeit später kommt eine ...

Die Zwillinge Alissa und Anton kommen als kleine Kinder gemeinsam mit ihren Eltern aus Russland nach Westdeutschland, wo sie aufwachsen. Irgendwann verschwindet Anton und geraume Zeit später kommt eine Karte aus Istanbul. Alissa macht sich sofort auf die Reise, um ihren Bruder zu suchen. Doch es scheint immer mehr zu einer Reise zu sich selbst und der Vergangenheit ihrer Familie zu werden.
Die Geschichte beginnt in Istanbul, wo Alissa bereits auf der Suche nach Anton ist. Doch statt einer fortlaufenden Erzählung werden mit jedem Kapitel die Vergangenheiten diverser Familienmitglieder geschildert - Vater, Mutter, Oma, Opa, Urgroßoma, Urgroßopa usw. Aber auch hier gibt es keine chronologische Erzählweise: Der Fokus wechselt vom Alter zur Jugend zum Erwachsenensein zur Kindheit undundund. Bleibt man nicht konzentriert bei der Sache, ist man schnell völlig verloren in den verschiedenen Abschnitten. Erschwerend kommt die weit verzweigte Verwandtschaft der Hauptfigur hinzu, die immer wieder an den unterschiedlichsten Stellen auftaucht. Ich muss gestehen, dass ich zusehends den Überblick verlor, wer wer ist. Da die Suche nach Anton eigentlich nur der Aufhänger ist, um die Geschichte der Familie und diverser anderer Personen zu erzählen (zumindest habe ich es so empfunden), fiel es mir schwer, zwischen den Personen der einzelnen Kapitel eine Verbundenheit herzustellen. So waren es für mich eher einzelne Erzählungen, lose verknüpft durch Alissa, die gerade ihren Bruder sucht.
Doch was wirklich grandios ist, ist die Sprache der Autorin. Sie beschreibt die Verhältnisse in der Sowjetunion und in den Familien, die aussiedelten so, dass man diese Situationen buchstäblich vor Augen hat: "Valja war getrieben von der Angst, nicht genug Zeit zu haben, all das Wissen in ihre Kinder hineinzustopfen, das sie brauchten, um es raus zu schaffen, dafür musste man sich schnell bewegen, schnell, schnell raus hier, lest, lernt, sonst seid ihr verloren." oder "Man kann sagen, die Menschen starben wie die Fliegen, aber sie starben nicht wie Fliegen, Menschen sterben langsam, Blut spuckend, die Kinder mit großen, flehenden Augen, in die Etina nicht schaute."
Wenn es ihr jetzt noch gelingt, diese Sprache mit einer ebenso tollen Geschichte zu verbinden, wird es wohl ein Meisterwerk werden

Veröffentlicht am 16.05.2018

Spannender Ruhrpottkrimi mit viel Bergwerkskolorit

Tiefer denn die Hölle (Ein Martin-Bauer-Krimi 2)
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Polizeiseelsorger Martin Bauer steckt wieder mittendrin in Ermittlungen, obwohl er seiner hochschwangeren Frau versprochen hat, seine Arbeit künftig ruhiger angehen zu lassen. Doch als ein mit Honig übergossener ...

Polizeiseelsorger Martin Bauer steckt wieder mittendrin in Ermittlungen, obwohl er seiner hochschwangeren Frau versprochen hat, seine Arbeit künftig ruhiger angehen zu lassen. Doch als ein mit Honig übergossener Toter in einem stillgelegtem Bergwerk gefunden wird und Monsignore Vals, Bauers katholischer Kollege, bei dessen Anblick einen Herzinfarkt erleidet, macht sich Bauer auf die Suche nach den Hintergründen.
Im Gegensatz zum ersten Band führen die Nachforschungen des Polizeiseelsorgers ihn dieses Mal alleine in eine bestimmte Richtung; die Hauptkommissarin Dohr, fast schon eine Freundin, ist währenddessen mit den Ermittlungen nach dem Mörder des Honigtoten vollauf beschäftigt. Zudem muss sie sich massiv gegen die Intrigen eines Kollegen zur Wehr setzen. Somit gibt es zwei Handlungsstränge, die lange Zeit scheinbar ohne Berührungspunkte nebeneinander herlaufen. Spannend sind Beide und schnell ging das Rätseln los, wie das Alles miteinander zusammenhängen könnte.
Die Geschichte ist klug angelegt und die Auflösung lässt nur wenig offen (Weshalb die vielen Schnitte? Besessenheit? Oder einfach nur das Böse?). Nur war mir leider zu schnell klar, wer hinter dem Ganzen steckte - mir war die Person viel zu eindeutig in dieser Hinsicht. Und wie schon im ersten Band kam mir die Figur des Protagonisten nicht so richtig nahe, ohne dass ich es an etwas Konkretem festmachen kann. Vielleicht, weil er einfach etwas zu perfekt ist. Seine Schwächen sind praktisch keine wie beispielsweise, dass er sich zu wenig um Frau und Tochter kümmert. Denn tatsächlich ist er auf der Suche nach der Wahrheit bzw. einem Mörder, einem eigentlich höheren Ziel.
Sei's drum. Spannend ist das Buch allemal und durchaus eine Lektüre wert.

Veröffentlicht am 16.05.2018

Langatmiger Beginn mit spannendem Ende

Das Eis
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Die Leiche eines seit mehreren Jahren verschollenen Antarktisforscher taucht wieder auf. Es beginnt eine gerichtliche Untersuchung um festzustellen, wie sich das Unglück ereignete, bei dem er verschwand. ...

Die Leiche eines seit mehreren Jahren verschollenen Antarktisforscher taucht wieder auf. Es beginnt eine gerichtliche Untersuchung um festzustellen, wie sich das Unglück ereignete, bei dem er verschwand. Für seinen besten Freund Sean, der dabei war, wird es eine unangenehme Reise in die Vergangenheit.
Das rund 450 Seiten starke Buch beginnt mit einem vielversprechenden zehnseitigem Kapitel: satirisch-gesellschaftskritisch wird über eine Antarktis-Kreuzfahrt berichtet, die Zeuge der Kalbung eines Eisgletschers wird und der damit verbundenen Freisetzung der Leiche. Das machte so richtig Lust auf mehr und so waren die Erwartungen auf das Folgende entsprechend hoch. Doch die ersten 200 Seiten schleppt sich die Geschichte nur mühsam dahin: Erinnerungen und Befindlichkeiten der Hauptfigur Sean werden stellenweise ermüdend lange ausgebreitet und immer öfter fragte ich mich, was das eigentlich alles mit dem Toten zu tun hat. Dann, ab ungefähr Seite 200, 220 beginnt die Geschichte wirklich spannend zu werden, bis sie zuguterletzt in einem Spektakel endet, das ich teilweise zumindest recht unglaubwürdig finde.
Ein intelligenter, ungemein erfolgreicher Mann, der sich jahrelang an der Nase herumführen lies? Eine ebenso intelligente wie erfolgreiche Frau, die unfähig ist, ihre Emotionen im Griff zu halten wenn es an ihre Eitelkeit geht?
Nicht so schön fand ich zudem, dass einige der Figuren, die anfangs vergleichsweise wenig klischeehaft dargestellt wurden, gegen Ende ihre 'Maske' fallen ließen und sich dann doch nur als das entpuppten, was ich schon zu Beginn vermutet hatte.
Mit einer deutlichen Kürzung und weniger happyendmäßigem Schwarzweiß-Ende hätte das ein richtig tolles Buch werden können. Schade drum!