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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.10.2016

Und jetzt was ganz Neues: LCF

Life changing Food
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Schon seit längerem kursieren im Essens- und Kochbereich der gesunden Küche jede Menge englischsprachige Wortkreationen, deren Sinn oft mehr im Schein als Sein zu finden sein mag: Superfood, Powerdrinks, ...

Schon seit längerem kursieren im Essens- und Kochbereich der gesunden Küche jede Menge englischsprachige Wortkreationen, deren Sinn oft mehr im Schein als Sein zu finden sein mag: Superfood, Powerdrinks, LowCarb - mit Life changing food scheint wohl nun eine neue Kreation dazu gekommen zu sein. Ich muss gestehen: Hätte ich dieses Kochbuch nicht gratis bekommen, wäre es nie in meiner Küche gelandet.
Doch wider Erwarten bin ich nun doch recht angetan davon. Die Aufmachung entspricht den in Art und Preis vergleichbaren Büchern, die gesundes Kochen zum Thema haben: pro Seite ein Rezept oder farbiges, appetitanregendes Bild. Positiv empfand ich, dass sich die Autorin auf 19 Seiten Vorwort beschränkt hat, was bei dieser Art von Büchern nicht selbstverständlich ist. Dazu kommt noch ein 3-Wochen-Plan, wonach sich bei Einhaltung dieser Vorgaben das Leben wohl geändert haben sollte. Dies kann ich bedauerlicherweise nicht bestätigen, aber ich kann dem ebensowenig widersprechen, da ich nur einzelne Rezepte nachgekocht habe.
Die, die ich versucht habe, waren durchweg schmackhaft und auch nicht allzu kompliziert. Beispielsweise Kräutercrêpes mit Räucherlachs und Frischkäse, Chili sin Carne mit Kakao und Pistazien und Zucchini-Frühstückspizza. Weshalb es trotzdem nicht zu völliger Begeisterung reichte, war zum Einen das wiederholte Auftauchen von Kokosöl oder Kokosblütenzucker (Grund?) und zum Zweiten, dass regionale Lebensmittel eher wenig vorkamen. Quinoa, Gojibeeren, Chiasamen - ja, man bekommt zwar mittlerweile beinahe Alles auch beim Discounter in Bioqualität, aber wären Sachen wie Dinkel oder Hirse nicht noch besser?
Alles in allem aber ist es ein praktisches Kochbuch mit gesunden und eher kalorienarmen Rezepten, die bei entsprechender Verwendung von Lebensmitteln auch für gluten- und/oder laktosefreie Ernährung geeignet sind.

Veröffentlicht am 27.10.2016

Gesund leben mit und durch Philosophie

Denken heilt!
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Von Stress, Burnout und Depressionen ist in unserer Gesellschaft eine große Zahl von Menschen betroffen. Parallel dazu steigt die Menge der Ratgeber, die vorgeben DAS bzw. DIE Heilmittel dagegen zu haben. ...

Von Stress, Burnout und Depressionen ist in unserer Gesellschaft eine große Zahl von Menschen betroffen. Parallel dazu steigt die Menge der Ratgeber, die vorgeben DAS bzw. DIE Heilmittel dagegen zu haben. Achtsamkeit, Entschleunigung, Meditation sind als Begriffe allgegenwärtig in diesem Sachbuchbereich ebenso wie in der Presse und werden unter anderen als die Methoden gehandelt, die richtig angewandt in fast jedem Falle helfen.
Albert Kitzlers neues Buch hebt sich dagegen ab, obwohl sein Thema sozusagen das gleiche ist, wenn auch nicht auf den ersten Blick. Denn wenn wir glauben, Krankheiten wie Burnout und Depression seien charakteristische Zeichen unserer Zeit, irren wir gewaltig. Der Autor zeigt, dass bereits vor vielen tausend Jahren die Menschen darunter litten, doch im Gegensatz zu heute machten sich damals Philosophen Gedanken darüber, wie die Betroffenen davon zu heilen sind. Man nannte es Überlastung, Überforderung, Ängste, Sorgen, Kummer, Zorn, Wut, Hass, Ärger, Trauer, Entfremdung usw. und die alten Weisen in Ost und West waren überzeugt, dass man mit den richtigen Gedanken sich gegen diese Leiden der Seele wappnen konnte und sie sogar heilen.
Albert Kitzler erläutert und beschreibt die einzelnen Leiden mit Zitaten von Sokrates, Konfuzius, Cicero, Zhuangzi, Seneca und vielen anderen und stellt sie in Zusammenhang mit unserem heutigen Leben, alles in einer leicht zu lesenden und gut verständlichen Sprache (Philosophieunkundige müssen keine Scheu haben ). Ebenso die dazugehörigen Heilmittel, die damals zwar anders bezeichnet wurden, doch letzten Endes im Großen und Ganzen das Gleiche sind, was in den heutigen Ratgebern empfohlen wird.
Was mich beim Lesen immer wieder überraschte, wie wenig sich an den Problemen der Menschen offenbar seit den Zeiten der großen Denker doch geändert hat. Und wie noch immer mit den gleichen Methoden von damals viele Probleme einfach, aber nicht ohne Mühe, geändert werden könnten. Wenn man nur will...
Ein Buch, das ich mit Sicherheit immer wieder zur Hand nehmen werde. Denn die darin genannten Leiden der Seele werden vermutlich immer wieder mal erscheinen.

Veröffentlicht am 27.10.2016

Was für ein Ende!

DNA
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Das Buch beginnt mit einem grausamen Prolog, auch wenn er nicht mit Blut, Tod und den sonst üblichen Zutaten des Krimi-/Thrillergenres daherkommt. Drei Waisen, drei, vier und sechs Jahre alt, die ganz ...

Das Buch beginnt mit einem grausamen Prolog, auch wenn er nicht mit Blut, Tod und den sonst üblichen Zutaten des Krimi-/Thrillergenres daherkommt. Drei Waisen, drei, vier und sechs Jahre alt, die ganz offensichtlich sehr aneinander hängen, werden durch das Jugendamt auseinandergerissen und auf verschiedene Familien verteilt. Das war es dann auch schon und die eigentliche Geschichte beginnt 28 Jahre später, 2015. Eine junge Frau, Mutter von drei Kindern, wird tot in ihrem Haus aufgefunden, brutal ermordet mit einem Haushaltsgerät. Nicht viel später findet man eine weitere Tote, eine ältere, alleinstehende Frau, die ebenfalls mit einem Haushaltsgerät auf entsetzliche Weise umgebracht wurde. Kommissar Huldar, dem mehr oder weniger nur zufällig die Leitung dieser Mordermittlung zugefallen ist (alle Anderen waren in einen Skandal verwickelt), ist ratlos, denn es sind keine Gemeinsamkeiten oder Zusammenhänge zwischen den Opfern festzustellen.
Obwohl die Mordarten ausgesprochen eklig sind, ist es keines der Bücher, in denen sich der Übelfaktor von Seite zu Seite steigert. Die Tötungsarten werden so beschrieben, dass die eigene Vorstellung (zumindest meine) mehr als genügend schockiert war, doch nach einer, spätestens zwei Seiten war es das dann auch. Die weitere Ermittlungsarbeit bzw. parallel laufenden Handlungsstränge vermitteln eher subtil eine stets weiter wachsende Spannung, was sicherlich auch mit der detaillierten Beschreibung des Innenlebens der Hauptfiguren zusammenhängt. Obwohl ich bereits relativ schnell recht sicher war, um wen es sich bei dem Täter handelt (die Autorin legt es vermutlich auch darauf an, die Spur in diese Richtung zu führen, auch wenn es an keiner Stelle offensichtlich ist), konnte ich das Buch dennoch nicht aus der Hand legen. Denn die Merkwürdigkeiten, die mit den Morden verbunden sind, sind so seltsam, dass ich mir noch nicht einmal ansatzweise einen Reim darauf machen konnte.
Und was gehört auch zu einem gelungenen Krimi/Thriller? Dass es am Ende doch ganz anders kommt als erwartet. Und das ist bei diesem Buch auf jeden Fall gelungen. MIt DIESER Auflösung hatte ich nun überhaupt nicht gerechnet - was natürlich auch an meinem mangelnden Spürsinn liegen kann.
Einen kleinen Kritikpunkt habe ich dann aber doch noch: Mir persönlich war es zeitweilig etwas zuviel mit der Beschreibung der Hauptfiguren, deren Innenleben so exakt durchleuchtet wurde, dass ich gelegentlich dachte: 'Jaja, ich hab's verstanden.' Aber das ist wirklich nur ein kleiner Makel. Ansonsten ein toller Auftakt für eine neue Krimi-/Thrillerreihe von einer Autorin, deren andere Bücher ich mir wohl auch noch anschauen werde.

Veröffentlicht am 27.10.2016

Das Alter macht keinen Spaß - wenn man nichts tut

Eierlikörtage
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Habe ich schon mal beiläufig erwähnt, wie wenig ich von Klappentexten halte? Egal, ich mache es hier jetzt auch noch mal. Denn liest man diesen sowie diverse Auszüge aus Kritiken, dürfte man sich beim ...

Habe ich schon mal beiläufig erwähnt, wie wenig ich von Klappentexten halte? Egal, ich mache es hier jetzt auch noch mal. Denn liest man diesen sowie diverse Auszüge aus Kritiken, dürfte man sich beim Kauf recht sicher sein, ein richtig lustiges und witziges Buch erworben zu haben. Wenn es aber eines nicht ist, dann witzig. Finde ich zumindest, aber vielleicht liegt es auch an mir...
Ein Jahr lang schreibt Hendrik Groen (übrigens ein Pseudonym), 83 1/4 Jahre alt, fast jeden Tag einen Tagebucheintrag. Vom Alltäglichen und Besonderen, wobei ersteres deutlich überwiegt, zumindest zu Beginn. Das Leben im Altenheim, in dem Hendrik wohnt (leben wage ich nicht zu schreiben), folgt einem klar reglementierten Ablauf, der sich in erster Linie an den Essenszeiten orientiert. Dazwischen ist schlicht - so gut wie Nichts. Zumindest kam mir das als Aussenstehende so vor, doch auch Hendrik zeigt sich gelangweilt und frustiert. Wenn da nicht sein recht unkonventioneller Freund Evert wäre, dem es so ziemlich egal ist, was der Rest der Welt von ihm denkt, würden die einzigen Höhepunkte in Hendriks restlichem Leben wohl die Bingoabende im Heim bleiben bzw. die immer wiederkehrenden zwangsläufigen Todesfälle. Doch eines Abends, als im Altenheim ungewöhnlicherweise ein wirklich schöner Konzertabend stattfindet, beschließen die Freunde mit vier weiteren BewohnerInnen, eine Gruppe zu gründen, in der jede/r abwechselnd alle zwei Wochen eine Aktivität organisiert - und durchaus nicht immer alterstypisch. Dies wird zu einem vollen Erfolg, doch die Heimleitung wie auch andere BewohnerInnen beäugen das Ganze misstrauisch.
Was Hendrik Groen hier beschreibt, ist das nackte Grauen. Es ist kein Leben in einem Luxusaltenheim, sondern in einem vom Staat finanzierten, was wohl die Meisten von uns erwartet, die diesen Weg gehen müssen/dürfen/sollen. Die Menschen werden hier versorgt mit Obdach, Essen und Trinken, doch Alles, was darüber hinausgeht - Fehlanzeige. Ohne Eigeninitiative wartet man einfach ab, dass die freie Zeit, von der es mehr als genug gibt, vergeht : Kartenspielen, zum Fenster hinausschauen, lesen. Was für ein trostloses Bild. Doch Hendrik macht deutlich, dass auch die BewohnerInnen selbst zum Teil dafür verantwortlich sind. Sie haben sich in der Bequemlichkeit dieses Alltages eingerichtet und wehe, etwas wagt sie zu stören. Das Essen mal später wegen einer Unternehmung? Um Himmels willen, bloß nicht! Man wird nicht bis vor die Tür gefahren, sondern muss vielleicht sogar noch laufen? Das darf ja bloß nicht wahr sein. Und bei drohendem Regen nach draußen? Auf gar keinen Fall, man könnte sich ja erkälten. So jammert man über die Eintönigkeit des Daseins, beneidet und missgönnt den Unternehmungslustigen ihre Erlebnisse und fängt sofort an zu stöhnen, wenn die eigene Bequemlichkeit unterbrochen wird.
Doch Hendrik beschreibt nicht nur das Innenleben des Heimes. Er bringt auch das aktuelle Tagesgeschehen ein und die Reaktionen darauf. Und das ist fast noch erschreckender. Denn so wie die körperliche Bequemlichkeit die Oberhand gewonnen hat, ist es auch mit dem geistigen Zustand. Zeitungen werden hauptsächlich gelesen, um etwas über das Königshaus zu erfahren oder den neuesten Klatsch und Tratsch. Wird über Politik doch einmal geredet, dann nur abfällig und ernsthafte Gespräche finden praktisch nie statt. Aber in gewisser Weise ist auch das zu verstehen: Denn sind die Alten einmal Thema in der Politik, geht es nur um Sparen und dass deren Pflege zu viel Geld kostet. Roboter sollen eingeführt werden, alte Gefängnisse etwas aufgehübscht und in Altenheime umgewandelt (entpuppte sich als Scherz, fand aber anfänglich keinen allzu großen Widerspruch) usw. Wie sollte man da nicht über Politik schimpfen? Aber warum kein Widerstand? Es herrscht die pure Resignation.
So deprimierend sich das anhört und es auch tatsächlich ist, Hendrik Groen (bzw. Peter de Smet) gelingt es dennoch, diese Eindrücke meistens so zu schreiben, dass ich doch immer wieder schmunzeln musste. Brüllend komisch, wie beispielsweise 'Die Rheinpfalz' geschrieben hat, ist es jedoch bestimmt nicht. Es zeigt die in vielen Bereichen sehr unschöne Realtiät des Alterns, aber ebenso, dass nur wenig dazu gehört, daraus eine lebenswerte Phase seines Daseins zu gestalten. Freundschaften, ein bisschen Aktivität, Neugier. Nur Mut!

Veröffentlicht am 27.10.2016

Ein wunderbares Büchlein

Baba Dunjas letzte Liebe
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Baba Dunja, die nun wirklich keine 82 Jahre mehr ist kehrt zurück in ihr Heimatdorf Tschernowo, das in der Todeszone von Tschernobyl liegt. Sie ist die Erste, die sich dort, in ihrem alten Haus, wieder ...

Baba Dunja, die nun wirklich keine 82 Jahre mehr ist kehrt zurück in ihr Heimatdorf Tschernowo, das in der Todeszone von Tschernobyl liegt. Sie ist die Erste, die sich dort, in ihrem alten Haus, wieder niederlässt, doch nach und nach steigt die Zahl der BewohnerInnen. Es sind meist Alte, die Jüngsten um die 60 Jahre, zum Teil schwer krank, die nichts fürchten, auch nicht den Tod. Jede/r lebt dort sein Leben, eine wirkliche Gemeinschaft gibt es nicht. Gemüse und Obst werden im eigenen Garten angebaut, was man sonst so braucht und nicht selbst herstellen kann, wird von der kärglichen Rente im nächsten Städtchen Malyschi gekauft. Es könnte ein Idyll sein, doch Baba Dunja, die Ich-Erzählerin, ist sich der prekären Situation durchaus bewusst: Sie (wie auch der Rest in Tschernowo) strahlt mittlerweile selbst wie ein kleines Atomkraftwerk und ein Happy End ist bestimmt nicht zu erwarten. Wie sollte es in ihrem Alter auch aussehen? Denn eines ist gewiss: der Tod. Und diesem in Tschernowo zu begegnen, ist das Schlechteste nicht.
Baba Dunja erzählt nicht nur von ihrem Leben im Dorf, sie erinnert sich auch an ihr Leben davor, das voller Mühsal war und darin bestand, für andere da zu sein: ihre Kinder Irina und Alexej; ihren Mann Jegor; die Kranken, die sie als medizinische Hilfsschwester behandelt hat. Nun kann sie zum erstem Mal in ihrem Leben das tun, was sie will: leben und sterben in Tschernowo. Ihrer Tochter Irina, die als Chirurgin in Deutschland lebt, ein Kind hat und nicht verstehen kann, weshalb ihre Mutter dorthin zurückgekehrt ist, schreibt sie beruhigende Briefe.
Zitat: "Mädchen", sagte ich, "guck mich an. Siehst Du, wie alt ich bin? Und das alles ohne Vitamine und Operationen und Vorsorgeuntersuchungen. Wenn sich jetzt irgendetwas Schlechtes in mir einnistet, dann lasse ich es in Ruhe. Niemand soll mich mehr anfassen und mit Nadeln pieksen, wenigstens das habe ich mir verdient."
Alina Bronskys Schreibstil trifft den Tonfall dieser alten Baba Dunja wunderbar: gelassen, durch nichts zu erschüttern und immer noch voller Lebensfreude. Sie weiß um die guten und schlechten Seiten der Menschen, verurteilt niemanden und nimmt das Leben wie es kommt - doch ohne sich sagen zu lassen, was sie zu tun hat. Zufälligerweise habe ich gerade zuvor das Buch Eierlikörtage: Das geheime Tagebuch des Hendrik Groen, 83 1/4 Jahre gelesen - das genaue Gegenteil eines Lebens im Alter. Dort wohl versorgt im Altenheim, alles läuft nach Plan: Essen, Trinken, Unterhaltungsprogramm, sofern es eines gibt. Ohne Eigeninitiative (die nicht unbedingt gerne gesehen wird) nichts als gepflegte Langeweile. Wie erfrischend hingegen das Leben in der Todeszone, ohne dass es verklärt wird. Wenn man mich fragen würde, wo ich lieber meine letzten Tage verbringen möchte, wäre die Antwort klar: Tschernowo