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Veröffentlicht am 03.02.2020

Erwachsen werden im Hotel - Eine wunderschöne Geschichte!

Ein Hummerleben
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Der 13jährige Sedd wächst bei seinen Großeltern in einem mondänen Hotel in den norwegischen Bergen auf. Doch der Betrieb hat schon deutlich bessere Zeiten gesehen, was jedoch nach außen hin mit allen Mitteln ...

Der 13jährige Sedd wächst bei seinen Großeltern in einem mondänen Hotel in den norwegischen Bergen auf. Doch der Betrieb hat schon deutlich bessere Zeiten gesehen, was jedoch nach außen hin mit allen Mitteln verborgen wird.
Für Sedds Großeltern ist eine gepflegte Ausdrucksweise und ein ebensolches Auftreten das Wichtigste überhaupt in ihrer Berufung als Hoteliers und ihr Enkel hat dies verinnerlicht. Er ist der (schon etwas ältere) Ich-Erzähler dieser Geschichte und macht dies in einer derart gewählten Sprache, dass ich mir öfter ein Grinsen nicht verbergen konnte. "Doch die Wahrheit drängt zum Licht, wie geschrieben steht, irgendwann verschafft sie sich freie Bahn, erst tröpfelnd, dann immer kraftvoller, bis sie als hymnisch triumphierender Gesang hervorströmt, ganz zum Beispiel wie in 'Wir leben' von Wencke Myhre." (Die Sedds Großmutter liebt und verehrt und deren Platten sie ständig spielt).
Sedd beschreibt zwei Jahre seines Lebens, in denen er unter anderem feststellt, dass seine geliebten Großeltern einige Geheimnisse vor ihm haben. Der Großvater weigert sich, die desolate Situation in der sich das Hotel befindet, anzuerkennen, auch wenn es immer mehr Anzeichen dafür gibt, die selbst Sedd erkennt. Und Fragen zu seinen Eltern werden, wenn überhaupt, nur sehr knapp beantwortet, sodass er detektivische Fähigkeiten entwickelt, um an Informationen zu gelangen. Auch für uns Lesende gibt es so manchen Aha-Effekt, wenn man plötzlich feststellt: Ach so, so ist das weiter vorne gemeint.
Überhaupt vermittelt der Autor derart gekonnt während der gesamten Lektüre das Gefühl, dass die Geschichte kein gutes Ende nehmen wird, was bei mir dazu führte, dass ich in dem Buch immer langsamer vorankam. Denn während ich voller Zuneigung und Interesse die Geschichte des jungen Sedd las, wollte ich dieses unschöne Ende, das ja kommen musste, gar nicht wissen. Doch auch hier gelingt Erik Fosnes Hansen eine Überraschung: Zwar traurig, doch völlig anders als erwartet endet das Buch. Und es lässt noch Raum für eine eventuelle Fortsetzung. Ich hätte nichts dagegen 😉

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Veröffentlicht am 21.12.2019

Typisch Fox - spannend bis zur letzten Seite

Missing Boy
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Sehr zum Missfallen der örtlichen Polizei bittet eine verzweifelte Mutter Ted um Hilfe bei der Suche nach ihrem Sohn. Der achtjährige Junge ist auf unerklärliche Weise aus einem Hotelzimmer verschwunden. ...

Sehr zum Missfallen der örtlichen Polizei bittet eine verzweifelte Mutter Ted um Hilfe bei der Suche nach ihrem Sohn. Der achtjährige Junge ist auf unerklärliche Weise aus einem Hotelzimmer verschwunden. Gemeinsam mit seiner Chefin Amanda macht Ted sich auf die Suche - und so ganz nebenbei gibt es noch völlig andere Probleme zu lösen. Denn unter anderem ist Amanda in den Fokus einer rachsüchtigen Polizistin geraten.
Vergleicht man die Handlung des Buches mit der Spannung, die sie erzeugt, bleibt erstere bemerkenswert unspektakulär. Blut fließt vergleichsweise wenig und auch gewalttätige Szenen sind eher rar gesät. Die Suche nach dem Jungen ist intensiv und durchaus packend, doch bemerkenswerter ist die stets angespannte Atmosphäre, in der die beiden Ermittler sich bewegen. Es ist kaum vorstellbar, wie die Beiden in einem solch feindlichen Umfeld leben geschweige denn arbeiten können.
Wie bereits in den beiden Vorgängerbänden (die man für diesen Band nicht gelesen haben muss) macht es den beiden Privatdetektiven ihre Aussenseiterstellung äußerst schwer, ihre Arbeit durchzuführen. Und ebenso zeigt sich wieder, wie schnell das Leben von Menschen durch Vorverurteilungen zerstört werden kann. Ein kleiner Verdacht genügt, und die Meute stürzt sich mit Begierde darauf, das Opfer zu zerreißen.
Auch wenn der Titel die Geschichte des vermissten Jungen in den Mittelpunkt stellt, empfand ich sie eher als eine von mehreren gleichrangigen Handlungen. Denn ohne das Privatleben von Amanda und Ted wäre es wohl nur eine durchschnittliche Geschichte um die Suche nach einem vermissten Jungen, obwohl die Auflösung wirklich überrascht. So aber ist es alles in allem eine richtig gelungene Fortsetzung einer Thrillerreihe, bei der ich mich schon jetzt auf den nächsten Band freue.

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Veröffentlicht am 02.11.2019

Voller Mystik und Leid - aber wunderschön!

Die Glocke im See
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Norwegen 1880: Die junge Agnes Hekne lebt in einem abgeschiedenen Tal, wo sich der Fortschritt der Welt nur sehr langsam und zögerlich zeigt. Wie seit Jahrhunderten kämpft die dortige Bevölkerung damit, ...

Norwegen 1880: Die junge Agnes Hekne lebt in einem abgeschiedenen Tal, wo sich der Fortschritt der Welt nur sehr langsam und zögerlich zeigt. Wie seit Jahrhunderten kämpft die dortige Bevölkerung damit, im viel zu kurzen Sommer das Überleben für die lange Winterzeit zu sichern - nicht immer mit Erfolg. Das Leben ist hart und karg, mühsam muss dem Boden das Lebensnotwendige abgerungen werden. Doch Agnes will mehr als solch ein Leben wie ihre Vorfahren. Der neue Pastor Schweigaard ist für sie ein Symbol der modernen Zeit: er kennt die Welt, liest Zeitungen aus der Stadt und hat neue Ideen und die Energie, diese zu verwirklichen. Da die alte Kirche zu klein und sehr renovierungsbedürftig ist, plant er den Bau einer neuen und verkauft die alte nach Deutschland. Um den Abbau zu begleiten und zu protokollieren, kommt der junge Architekturstudent Schönauer aus Dresden in das ferne Tal. Wie der Pastor verliebt auch er sich in Agnes und sie fühlt sich ebenfalls zu ihm hingezogen.
Nein, das ist keine billige HerzSchmerzliebesgeschichte, sondern ein wundervoller Roman über eine Zeit, in der die Menschen gezwungenermaßen in Einklang mit der Natur leben mussten. Dies zeigt auch der Glaube an mystische Wesen, der weit verbreitet war, wie dieses Buch an vielen Stellen beschreibt: "... die den Kindern von klein auf eingeredet wurden. Die Arbeit erlaubt es den Erwachsenen nicht, die spielenden Kinder zu beaufsichtigen, und da war es besser, solche Geschöpfe auf Jauchegruben, Dachböden und Brunnen aufpassen zu lassen, denn selbst wenn die Kleinen sich dorthin wagen und vorsichtig über den Rand blicken sollten, so hielten sie sich dann wenigstens zurück."
Der Autor beschreibt sehr ausdrucksvoll und anschaulich nicht nur die Schönheiten dieser Gegend, sondern auch die teils elenden Verhältnisse, unter denen die Menschen zu leiden hatten. Schlechtes Wetter und Krankheiten konnten jederzeit den Tod bedeuten; ein zu langer, kalter Winter stürzte die Menschen in eine Hungersnot oder ließ sie erfrieren.
Es ist eine schöne, etwas altertümlich klingende Sprache, die offenbar herausragend ins Deutsche übersetzt wurde. Beate Rysopp als Vorleserin macht ihre Sache wundervoll und versteht es, mit wenigen Nuancen jeder Person ihren eigenen charakteristischen Klang zu geben. Ruhig, häufig etwas melancholisch, aber auch voller Freude gibt sie sehr überzeugend die jeweiligen Stimmungen wider. Eine tolle Wahl!
Trotz der eher düsteren Grundstimmung und einem höchstens Viertel-Happyend ist es eine wundervolle Lektüre, die auch (etwas) Hoffnung verleiht. Es werden bessere Zeiten kommen!

Veröffentlicht am 31.10.2019

Abenteuer und Thriller in einem

Der Fluss
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Die beiden Freunde Wynn und Jack sind mehrere Wochen unterwegs auf einem Fluss in der kanadischen Wildnis, als sie eine schwer verletzte Frau finden. Doch damit nicht genug der Überraschungen: ein verheerender ...

Die beiden Freunde Wynn und Jack sind mehrere Wochen unterwegs auf einem Fluss in der kanadischen Wildnis, als sie eine schwer verletzte Frau finden. Doch damit nicht genug der Überraschungen: ein verheerender Waldbrand rückt immer näher und zudem ist es unklar, ob der geflohene Ehemann ihnen auflauern wird. Nicht gerade die günstigsten Bedingungen für einen idyllischen Kanuurlaub.
Die Geschichte hat deutlich mehr Abenteuer- als Thrilleranteile aufzuweisen, dennoch ist es bis zum Ende spannend. Dass der Autor vom Fach ist was das 'Paddeln', Angeln und sonstige Outdoordinge angeht, ist deutlich zu merken. Die Mühen und Anstrengungen die diese Kanufahrt kostet, sind bildhaft und fast schon fühlbar dargestellt, ebenso wie die Schönheiten und der Genuss, die die Strapazen wieder wett machen. Nur manchmal war es (zumindest für mich) fast ein bisschen zuviel der Fachsprache, die hier genutzt wurde - ein Glossar wäre hilfreich gewesen bei Sätzen wie "..., stoppte den Rückwurf bei ein Uhr auf dem Ziffernblatt und den Vorwurf zwischen zehn und zwei, der klassische Cast. Sein Rollwurf war wie aus dem Lehrbuch, und der Doppelzug gelang ihm auch bei stärkstem Wind ...". Immerhin habe ich in der Zwischenzeit zumindest verstanden, was eine Portage ist
Neben den beeindruckenden Naturschilderungen gelingen dem Autor auch ausdrucksvolle Personendarstellungen. Obwohl sich die Freunde in Vielem sehr ähnlich sind (ihre Liebe zur Natur und Literatur), sind ihre Charaktere sehr unterschiedlich, was durch Hellers Beschreibungen der Beiden überdeutlich wird. Sie stellen den Gegensatz dar vom Glauben an das Gute bzw. das Böse im Menschen; von Angriff und Rückzug; von Geist und Materie. Toll gemacht und toll beschrieben; diese Beiden wirkten so sympathisch, dass ich sie gerne kennengelernt hätte.
Das Einzige, was mich etwas störte war angesichts dieses Themas, dass es mir stellenweise auf etwas zu poetische Abwege geriet. Doch alles in allem habe ich mich gut unterhalten.

Veröffentlicht am 15.09.2019

Schöne Weihnachten mit der Familie

Der Ausflug
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Eine schöne Zeit mit der Familie sollte es werden: Claire und Matt mit ihren jeweils neuen Partnern und der gemeinsamen Tochter Scarlett. Doch schnell wird klar, dass es viel zu viel Ungesagtes gibt, sowohl ...

Eine schöne Zeit mit der Familie sollte es werden: Claire und Matt mit ihren jeweils neuen Partnern und der gemeinsamen Tochter Scarlett. Doch schnell wird klar, dass es viel zu viel Ungesagtes gibt, sowohl zwischen den ehemaligen wie auch den aktuellen Paaren. Das Ganze steuert auf einen verhängnisvollen Höhepunkt zu.
Zwar ist gleich zu Beginn klar, dass dieser Höhepunkt ein dramatisches Unglück ist, aber das nun Folgende lässt allmählich leichte Zweifel daran aufkommen. Geschickt nutzt die Autorin verschiedene Zeitebenen wie auch Perspektiven, die immer wieder in den Hauptstrang der Geschichte eingeflochten werden. Während man als Lesende die Tage mit der Patchwork-Familie verbringt, werden immer wieder kurze Protokolle eingeschoben in denen Zeugen schildern, was vor dem Unglück geschah bzw. welchen Eindruck diese von der Familie haben. Kurz gesagt: Es sind nicht die Besten. Auch die Rückblicke, die man durch die einzelnen Mitglieder der 'Familie' erhält, bereiten einen darauf vor, dass es im Laufe der Ferientage noch zu einem heftigen Knall kommen wird, von dem bereits auf den ersten Seiten zu lesen ist.
Hier geht es nicht um ein heimtückisches Verbrechen oder Intrigen und Geheimnistuerei, aber trotzdem empfand ich diese Lektüre als so spannend, dass ich dreiviertel des Buches (rund 330 Seiten) in einem Rutsch durchgelesen habe um zu erfahren, wie es zu dem Unglück am Anfang kam. Je deutlicher die Charaktere der vier Hauptfiguren wurden (insbesondere ihre Schwierigkeiten), desto weniger klar schien plötzlich alles.
Es mag vielleicht keine große Literatur sein, aber für mich war es eine sehr gelungene Unterhaltung. Familiendrama, Liebesgeschichte und ein bisschen Krimifeeling - ein richtig geglückte Mischung!