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Veröffentlicht am 27.08.2023

Dichte Beschreibung um ein gestohlenes surrealistisches Gemälde

Die Akte Madrid
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Welche Verbindung gibt es zwischen einem surrealistischen Gemälde aus der Franco-Zeit und einem deutschen Verteidigungsminister im Jahre 2016? Der Kunsthistoriker Lennard Lomberg ermittelt in seinem zweiten ...

Welche Verbindung gibt es zwischen einem surrealistischen Gemälde aus der Franco-Zeit und einem deutschen Verteidigungsminister im Jahre 2016? Der Kunsthistoriker Lennard Lomberg ermittelt in seinem zweiten Fall “Die Akte Madrid” und stößt dabei auf deutsch-spanische Verstrickungen, alte Nazi-Seilschaften, politische Intrigen der Bonner Republik, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und das Thema Beutekunst.

Autor Andreas Storm hat einen sehr komplexen, anspruchsvollen und detailreichen Roman geschrieben, der sich souverän auf verschiedenen Zeitebenen bewegt und unterschiedliche Handlungsstränge und Handlungsorte aufweist, ohne sich dabei zu verheddern. Mir hat diese dichte Beschreibung sehr gut gefallen, denn ich mag Bücher mit einem gewissen Anspruch. Gerade deshalb ist “Die Akte Madrid” aber kein Krimi, den man mal eben nebenbei weglesen kann. Dabei spielt Storm mit den Genres, ist mal Krimi, mal Politthriller, mal ein historischer Roman. Kurze Unterkapitel im Stil eines Thrillers erhöhen die Spannung, aber auch die Anforderungen an die Aufmerksamkeit der Leserschaft. Sie sind jedoch immer mit genauen Orts- und Zeitangaben versehen. Orientierung gibt zudem ein Figurenverzeichnis am Ende des Buches ebenso wie Überblickspläne im Innencover, welche die wichtigsten Handlungsorte in Granada und Bonn anschaulich werden lassen. Man merkt dem Buch mit seinen vielen Details an, dass Storm sehr gut und intensiv recherchiert hat.

Bei alledem bleibt “Die Akte Madrid” aber immer eine fiktive Geschichte, die sich so oder ähnlich hätte zutragen können. Deshalb macht es trotz der Spannung auch immer wieder sehr nachdenklich und hat bei mir zu Gänsehaut-Momenten geführt. Gut gefallen hat mir, dass uns Andreas Storm am Ende seine Beweggründe zum Schreiben dieses Buches erzählt hat und dass der Anhang dabei hilft, Fiktion und Realität wieder zu trennen.

Das Cover ähnelt dem des ersten Bandes der Lomberg-Reihe und ist sehr schön und mit einem gewissen Wiedererkennungswert designt. Rundum also ein sehr gelungenes Buch, welches man auch sehr gut lesen kann, ohne Band eins zu kennen. Mich hat es neugierig gemacht auf den Vorgängerband, den ich mir auf jeden Fall noch kaufen werde. Und natürlich hoffe ich auf eine Fortsetzung, die sich am Ende bereits ankündigt.

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Veröffentlicht am 16.08.2023

Willkommen im Wohlfühlparadies

Meine Auszeiten - Westerwald
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Nicole Steffens lädt uns ein, uns eine Auszeit im Westerwald zu nehmen. Wer wie ich im Einzugsgebiet der Region wohnt und sich nach genau dem sehnt, was der Untertitel verspricht - nämlich "Durchatmen ...

Nicole Steffens lädt uns ein, uns eine Auszeit im Westerwald zu nehmen. Wer wie ich im Einzugsgebiet der Region wohnt und sich nach genau dem sehnt, was der Untertitel verspricht - nämlich "Durchatmen & Kraft schöpfen" , der hält mit diesem Band der Reihe Auszeiten einen kleinen Schlüssel zum Wohlergehen in den Händen. Weitere Bände der Reihe sind im Droste-Verlag von anderen Autorinnen zu den Regionen Ruhrgebiet, Chiemgau, Hamburg, Pfalz und München erschienen, und ich bin neugierig, auch diese in Urlauben auszuprobieren.

Der Westerwald ist die Region zwischen Dill, Lahn, Rhein, Sieg und Heller und erstreckt sich über die Bundesländer Hessen, NRW und Rheinland-Pfalz. Ein waldiges deutsches Mittelgebirge, durchzogen von tiefen Flusstälern und alten Verkehrs- und Handelswegen, und trotzdem heute eher abseits des allgemeinen touristischen Interesses gelegen; vielleicht auch, weil es keine klare Umgrenzung und geteilte politische Zuständigkeiten gibt. Umso beachtenswerter ist die schöne Sammlung, die Nicole Steffens uns in diesem Band präsentiert. Aufgeteilt in vier Kapitel mit den Überschriften " Meine Atempause", "Meine Kraftquelle", "Mein tag Urlaub" und "Meine Frei-Zeit" bieten sich der Leserschaft Möglichkeiten von unterschiedlicher Länge und Intensität, um aus dem Alltag auszubrechen, durchzuatmen und Kraft zu schöpfen. Dies kann kreativ, besinnlich, sportlich, kulinarisch, voller Kunstgenuss oder wissensbegierig geschehen. Alles ist möglich im Westerwald. Unterbrochen werden die 70 Vorschläge, die jeweils mit Kontaktdaten, Webseiten oder Anschriften versehen sind, von Achtsamkeitsübungen. Alles kann, nichts muss. Es ist für jeden etwas dabei. In der hinteren Buchklappe findet sich eine Übersichtskarte, so dass man eine regionale Zuordnung hat. Ich hätte mir ergänzend noch einen Kalender gewünscht, wann sich welcher Tipp besonders lohnt oder eher nicht.

Einige der Tipps kannte ich schon, aber durch das Durchblättern und neu betrachten kam mir die Idee, das eine oder andere neu zu entdecken, neu zu kombinieren oder einfach mal um die Seele baumeln zu lassen in der eigenen Verbandsgemeinde einen Wochenendurlaub zu verbringen.

Fazit: Ein Reise- und Erholungsführer für die Bedürfnisse unserer Zeit.

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Veröffentlicht am 16.08.2023

Gartenkrimi? - Ein Buch für alle Sinne

Perle vom Wienerwald
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Was bitte ist ein Gartenkrimi? Ein Krimi für Gartenliebhaber*innen? Ein Roman, in dem der Tatort in einem garten situiert ist? Und ist nicht am Ende sowieso der Gärtner immer der Mörder (m/w/d)?

"Die ...

Was bitte ist ein Gartenkrimi? Ein Krimi für Gartenliebhaber*innen? Ein Roman, in dem der Tatort in einem garten situiert ist? Und ist nicht am Ende sowieso der Gärtner immer der Mörder (m/w/d)?

"Die Perle vom Wienerwald" entpuppt sich nicht nur als eine historische österreichische Prachtrosenzüchtung, sondern liefert auch den Titel für den ersten Band einer neuen österreichischen Gartenkrimireihe um die Gärtnerin Toni und ihren Familienclan. Ein Wiener Cozy Crime mit vielen spannenden und liebenswerten Charakteren, bei dem es die Autorin Barbara Smrzka problemlos schafft, weder in die Kitschfallen des Cozy Crime noch in die Oberflächlichkeiten mancher Regionalkrimis hineinzutappen, die nur aus einer Aneinanderreihung regionaler Stereotypen in Kombination mit Straßen- und Restaurantnamen zu bestehen. Frau Smrzka kann mehr! Und sie hat die Pandemie dazu genutzt, dies unter Beweis zu stellen. Sie brilliert mit ihrem Debütroman vollkommen überzeugend und präsentiert der Leserschaft einen durch und durch gelungen Kriminalroman. Die Handlung ist stimmig. schlüssig und durchdacht, die Hintergründe sind erkennbar gut recherchiert, so wie man es sich von einer Ingenieurin und Bibliothekarin erhofft. Es ist ein spannender Krimi zum Miträtseln - das klassische Whodunit - und doch zugleich ein Wohlfühlkrimi.

Die Hauptperson Toni Schubert ist Teil einer Mehrgenerationen-Patchwork-Familie mit starken Frauen, interessanten Konstellationen und wirklich liebenswerten und lebensechten Charakteren, in der es aber natürlich auch Differenzen und zum teil ungelöste Konflikte gibt. Hier ist nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen. Die Familienkonstellation ist modern, und auch das Thema der sexuellen Orientierung nimmt einen Raum ein, der der heutigen Lebensrealität entspricht. Der klassische Bruderzwist kommt ebenso vor wie der Konflikt zwischen Generationen, und auch ein Nachbarschaftsstreit darf nicht fehlen. Es gibt historische Bezüge, botanische und kulturelle Wissensvermittlung und das ganze immer getragen von einer angenehmen Portion Humor und Wiener Schmäh.

An mancher Stelle hätte mir als "Piefke" (gibt es dafür eigentliche eine weibliche Form?) ein Glossar gewünscht, aber zumeist hat sich der Sinn aus dem Zusammenhang erschlossen. Dafür gibt es sowohl ein Personenverzeichnis, was anfangs recht hilfreich ist, als auch einen Faktencheck am Ende des Buches, was ich hervorragend finde, um aus der Romanfiktion wieder in die Realität zurückzukehren. Rein optisch und gestalterisch möchte ich das Cover erwähnen, welches tatsächlich zum Buchtitel und -inhalt passt, ebenso wie die schöne Idee der Kapiteluntertitel, die jeweils eine im Text vorkommende Pflanzenart beinhalten. So ist die "Perle vom Wienerwald" ein Buch für alle Sinne, optisch, linguistisch, kulinarisch, mit einer Idee vom Duft der Gartenwelt.

Voller Überzeugung vergebe ich 5 Sterne und freue mich auf einen Nachfolgeband.

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Veröffentlicht am 03.08.2023

Elbmarsch-Krimi Nummer sechs

Düstergrab
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Es fällt schwer, ein Buch zu bewerten, auf das mit großer Vorfreude gewartet hat, und das dann die hohen Erwartungen nicht ganz so erfüllt, wie erhofft. "Düstergrab" ist der sechste Band der Elbmarsch-Krimireihe ...

Es fällt schwer, ein Buch zu bewerten, auf das mit großer Vorfreude gewartet hat, und das dann die hohen Erwartungen nicht ganz so erfüllt, wie erhofft. "Düstergrab" ist der sechste Band der Elbmarsch-Krimireihe um Frida Paulsen und Bjarne Haverkorn. Als Fan der Reihe und der Autorin weiß ich, dass ich bei Romy Fölck sehr gute und spannende Unterhaltung erwarten kann. Ich mag ihre Beschreibungen von Land und Leuten, ihre gekonnten Plots, die immer bis zum Ende spannend sind und die gut recherchierte Darstellung der polizeilichen Ermittlungsarbeit. All das begegnet uns auch in diesem Band. Romy Fölck spielt mit unterschiedlichen Zeit- und Handlungssträngen und schafft es immer wieder, die Leserschaft auf falsche Fährten zu führen. Auch die Erzählstränge zum Privatleben der beiden Hauptprotagonisten sind, wie gewohnt, gut in die Geschichte integriert. Frida und Bjarne sind sympathische Menschen, und wenn man die Vorbände gelesen hat, dann ist es ein bisschen wie ein Treffen mit alten Bekannten.
Aber leider kommt "Düstergrab" aus meiner Sicht nicht an die fünf Vorgänger heran. Der Plot wirkt mir zu konstruiert und die Auflösung kommt mir dann einfach zu schnell und überraschend. Ein bisschen wirkt es so, als ob das Buch unter Zeitdruck fertig werden musste. Außerdem gibt es diesmal einige Redundanzen im Text, die durch ein sorgfältigeres Lektorat hätten vermieden werden können.
Zudem bleibt ein wichtiger Charakter bis zum Ende für mich zu unscharf, seine inneren Konflikte und Beweggründe erschließen sich mir nicht.
Das macht "Düstergrab" nicht zu einem schlechten Buch, und ich vergebe vier Sterne. Ich freue mich auf Band 7 und werde ihn auf jeden Fall lesen.
Neulingen empfehle ich zuerst die anderen fünf Bände zu lesen und verspreche ihnen großartige Krimiunterhaltung.

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Veröffentlicht am 23.07.2023

Geschichten, die die Armut schrieb

Dienstmädel in Bella Italia
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Sabine Peer hat erneut vier Lebensgeschichten aus Südtirol zu einem lesenswerten Buch zusammengefasst. Wie schon im ersten Band von "Dienstmädel in Bella Italia - Südtirolerinnen erzählen" begegnen wir ...

Sabine Peer hat erneut vier Lebensgeschichten aus Südtirol zu einem lesenswerten Buch zusammengefasst. Wie schon im ersten Band von "Dienstmädel in Bella Italia - Südtirolerinnen erzählen" begegnen wir in "Dienstmädel in Bella Italia - von den Bergdörfern in die Palazzi" jungen Frauen, die in den 50er und 60er Jahren als Haus- und Kindermädchen in die "Walsch" gegangen sind. "Walsch" ist der nicht freundliche gemeinte südtirolerische Ausdruck für das italienischsprachige Italien. Dank eines ausführlichen Glossars erklären sich solche Begriffe ebenso wie italienische Wörter, die in den Text eingeflossen sind. Schon allein dadurch wirken die Lebensgeschichte authentisch. Vor jeder Geschichte findet sich ein Foto aus der damaligen Zeit, so dass ich mir als Leserin auch optisch ein Bild von Rosa H., Waltraut, Lena und Rosa O. machen kann. Die Kapiteluntertitel verraten mir das Geburtsjahr und die Herkunft der jungen Frauen ebenso wie Zeitraum und Ort ihrer Dienstjahre.

So unterschiedlich die Lebensgeschichten auch sind, gemeinsam sind ihnen die Ausgangsbedingungen. Die Mädchen kamen allesamt aus armen Bergregionen Südtirols, aus kinderreichen Familien und waren an ein hartes bäuerliches Leben gewöhnt. Sie haben kaum eine Schulbildung erhalten, die den Namen verdient, sind dafür aber tief im katholischen Glauben verwurzelt und zu Gehorsam den Eltern gegenüber erzogen worden. Von Kindesbeinen an mussten sie in Haus und Hof mithelfen und sehr früh ihren eigenen Lebensunterhalt verdienen. Gerade die Beschreibung dieses sozialen Hintergrunds ist eine der großen Stärken des Buches. Außerdem wird die Geschichte Südtirols, die damalige politische Lage aus zeitgenössischer Sicht erfahrbar.

Wie schon im ersten Band verdient auch hier eine jede Geschichte meine ganze Aufmerksamkeit und ich habe mir Zeit gelassen, diese nachwirken zu lassen. Ich würde mich sehr freuen, wenn es einen weiteren Folgeband geben würde.

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