Drei Frauenleben
Das Geheimnis von DikholmenMichaela Abresch entführt uns in ihrem Frauenroman “Das Geheimnis von Dikholmen” auf eine kleine schwedische Schäreninsel. Die Erzählung beginnt im Jahre 1960 mit einer geheimnisvollen Frau, die ihren ...
Michaela Abresch entführt uns in ihrem Frauenroman “Das Geheimnis von Dikholmen” auf eine kleine schwedische Schäreninsel. Die Erzählung beginnt im Jahre 1960 mit einer geheimnisvollen Frau, die ihren Mann und ihre Kinder verlässt, um diese zu schützen. Offenbar leidet sie an einer psychischen Krankheit: sie hört schon seit ihrer Kindheit Stimmen.
"Niemals wirst du uns entkommen. Wir bleiben bei dir, in dir, wohin auch immer du fliehst” (S. 35)
Dann ist da Inga, die 1968 ziemlich blauäugig die Flucht nach Dikholmen angetreten ist. Aus einer wohlhabenden Familie im städtischen Umfeld stammend hat sie keine Vorstellung vom Leben auf einer Schären-Insel, ist aber mutig genug, dieses Leben anzutreten, um dort ihr Kind zur Welt zu bringen.
Und zuletzt Lillemor, die an der Lahn wohnt, aber aus Schweden stammt. Sie hat einen schweren Verlust erlitten, über den sie trotz langjähriger Therapie noch nicht hinweg gekommen ist. Ihre Geschichte wird auf zwei Zeitebenen erzählt, was ich sehr stimmig finde. So erfahren wir nach und nach ihre Lebensgeschichte und erleben gleichzeitig, wie sie sich im Jahre 2019 zu einer mehrtägigen Wanderung aufmacht.
Michaela Abresch gelingt es, diese drei Frauenschicksale mit jeweils eigenen komplexen Handlungssträngen nach und nach zu verbinden. Sie hat einen angenehmen Erzählstil, schafft auch durch ihre Landschaftsbeschreibungen eine schöne Atmosphäre und führt uns durch die Lebensgeschichten ihrer drei Protagonistinnen.
Hier setzt aber mein leichtes Unbehagen mit dem Buch ein. Die Frauen in diesem Buch nehmen die Männer in ihrem Leben so hin, wie sie sind und arrangieren sich mit ihrer jeweiligen Situation. Den Schmerz des Lebens und die Last des Alltags alleine tragen sie alleine. So müssen sich die Männer nicht aus ihrer Komfortzone herausbewegen. Sätze wie dieser formuliert die Autorin nur als Gedanken:
“Hinausfahren zu können, weg von Stegesund, von Dikholmen, raus aufs Meer. Frei zu sein, selbst Entscheidungen zu treffen, von niemandem abhängig zu sein, nie wieder.” (S. 404)
Ein Diskurs erwächst daraus nicht. So bleibt die Geschichte beständig auf einer individualisierenden Ebene.
Gut hat mir gefallen, dass das Altern und Kranksein hier nicht keinem Tabu unterliegen, sondern realistisch dargestellt werden.
Am Ende werden alle Stränge aufgelöst, ohne dass offene Enden bleiben. Allerdings wirkt manches dabei etwas konstruiert und vorhersehbar, es gibt für meinen Geschmack zu viele Zufälle und etwas zu viel Melodramatik.