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Veröffentlicht am 08.12.2019

Von der Erhabenheit des Vorlesens

Die verzauberte Stunde
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Die Amerikanerin Megan Cox Gurdon, Kinderbuchkritikerin und selbst Mutter von fünf Kindern, schreibt über den Mehrwert des Vorlesens im "Zeitalter der Zerstreuung" (S. 16). Wenn vor allem Bildschirme und ...

Die Amerikanerin Megan Cox Gurdon, Kinderbuchkritikerin und selbst Mutter von fünf Kindern, schreibt über den Mehrwert des Vorlesens im "Zeitalter der Zerstreuung" (S. 16). Wenn vor allem Bildschirme und unser konstanter Umgang damit unser menschliches Zusammenleben und unsere kognitive Wahrnehmung bestimmen, ist das von Mensch zu Mensch gesprochene Wort umso wertvoller geworden. In einer Zeit, in der wir durch den Einfluss der Smartphones und des Internets eine immer geringere Aufmerksamkeitsspanne haben, sind Bücher wieder der Königsweg zu einer umfassenden Bildung von klein an.

Auf Basis fundierter wissenschaftlicher Erkenntnisse aus der Neurologie und Hirnforschung einerseits und andererseits aus Sicht der Mutter von fünf Kindern will dieses Buch uns die enorme Wichtigkeit des Vorlesens (nicht nur, aber vor allem des Vorlesens für Kinder) nahebringen. Natürlich ist das in gewisser Weise ein schwieriges Unterfangen, da gerade die bildungsfernen Familien bzw. die "wortarmen Haushalte" (S. 140), die diese Erkenntnis verinnerlichen sollten, wohl eher nicht zu einem Buch über das Vorlesen greifen werden. Andererseits werden die Familien, die ohnehin schon regelmäßig vorlesen, nach der Lektüre vielleicht noch öfter und passionierter das Vorlesebuch in die Hand nehmen.

Nicht nur der Status Quo des Vorlesens und seiner Bedeutung, auch die Geschichte der oralen Vermittlung von Sprache wird im Buch ausführlich beleuchtet. Die Tradition des Geschichtenerzählens sei so alt wie die Menschheit, so Gurdon. Erst später kam die Verschriftlichung von Geschichten auf und schließlich das gedruckte Wort.

Die Autorin zitiert sehr viel, sowohl aus der Primär- als auch aus der Sekundärliteratur, weshalb dem Buch auch ein umfangreiches Quellenverzeichnis zugefügt ist. Das Buch hat demnach einen dezidiert wissenschaftlichen Anspruch. An manchen Stellen wird es auch literaturwissenschaftlich, z.B. wenn die Autorin in die Analyse von Texten aus der Kinderliteratur geht. Andererseits geht es um empirische Beobachtungen, die sie oder andere gemacht haben, wenn Kinder vorgelesene Bücher rezipiert und darauf reagiert haben.

Immer wieder illustriert Cox Gurdon an Beispielen, wie wichtig ein großer Wortschatz für Kinder, ja bereits für Babys, ist, damit sie sich die Welt erschließen können. Die Eltern sind in der Verantwortung. Sie müssen für ihre Kinder den Grundstein des Wortschatzaufbaus legen und eine geeignete "Sprachumgebung" (S. 138) schaffen. Dafür gibt uns die Autorin auch konkrete Tipps an die Hand, wie z.B. "dialogische Techniken" (S. 148). Diese bilden auch abseits des Vorlesens eine wunderbare Möglichkeit, den Sprachschatz unserer Kinder anzureichern.

Auch dass es wichtig ist die Kinder ab einem gewissen Alter mit Märchen und Klassikern aus der "großen kulturellen Schatztruhe" (S. 200) der Menschheit zu konfrontieren, betont die Autorin.

Cox Gudron lehrt uns schließlich, wie man die titelgebende "verzauberte Stunde" durchführen, ja zelebrieren kann. So können wir uns wenigstens einmal am Tag eine Auszeit nehmen in diesem Zeitalter der Zerstreuungen. Und das tut nicht nur unseren Kindern, sondern auch uns selbst gut.

Kritisch anmerken muss ich aber dennoch, dass die Autorin sich oft sehr in (manchmal redundante) Detailanalysen und Zitate flüchtet. Darüberhinaus ist dieses populärwissenschaftliche Sachbuch sehr eklektizistisch. Die Autorin pickt sich mal hier mal da etwas heraus, um ihre Grundthese von der Bedeutung des Vorlesens, die tatsächlich unbestritten ist, zu illustrieren. Sie springt sehr viel in ihrer Argumentationskette. Mir fehlte manchmal etwas der rote Faden, an dem ich mich beim Lesen festhalten konnte. Der sprachliche Duktus, den Cox Gurdon verwendet, ist mir für ein Sachbuch auch teilweise zu pathetisch und die Argumentationslinie nicht objektiv genug. Man spürt zuweilen einen bildungsbürgerlichen Impetus im Subtext und fühlt sich dadurch beim Lesen auch etwas unzulänglich, wenn man es als Elternteil bislang versäumt hat seinem Kind "Die Chroniken von Narnia" vorzulesen oder es kein Interesse an kunstgeschichtlichen Fühlbüchern zeigt.

Cox Gurdon hat dennoch ein sehr wertvolles Buch geschrieben, das uns die Wichtigkeit des (Vor-)Lesens vor Augen hält. Eltern lernen daraus, wie kindliche Gehirne ticken, indem sie neue Worte wie Schwämme aufsaugen. Allen werdenden Eltern oder Eltern kleiner Kinder sei dieses Buch deshalb wärmstens empfohlen. Es ist in seiner Aussage besser als so mancher Erziehungsratgeber.

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Veröffentlicht am 08.12.2019

Universelles Traditionsbackbuch

Von Oma mit Liebe
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Manches Wissen vererbt sich von Generation zu Generation. Diese Erkenntnis hat sich das Münchner Unternehmen "Kuchentratsch", gegründet von Katharina Mayer, zu Herzen genommen. Mayer gibt SeniorInnen ...

Manches Wissen vererbt sich von Generation zu Generation. Diese Erkenntnis hat sich das Münchner Unternehmen "Kuchentratsch", gegründet von Katharina Mayer, zu Herzen genommen. Mayer gibt SeniorInnen einen Job in ihrer High-End-Bäckerei und erschafft damit eine klassische Win-win-Situation: Die älteren Menschen haben eine neue, sie erfüllende Aufgabe und "Kuchentratsch" kann Kuchen "von Oma" anbieten und damit wiederum seine Kunden glücklich machen.

Was liegt nun näher als das gesammelte Backwissen der älteren Generation, also in diesem Fall der bei "Kuchentratsch" beschäftigten "Back-Omas" (es gibt auch einen "Back-Opa" sowie 2 “Liefer-Opas” und eine Oma), zu bündeln und in Buchform herauszubringen. In diesem Fall hat der marktführende Verlag im Ratgeber- und Food-Bereich, GU, mit "Kuchentratsch" kooperiert und herausgekommen ist dabei das Buch "Von Oma mit Liebe. Die 96 besten Kuchentratsch-Rezepte".

Die Aufmachung in Vintage-Leinenoptik ist ebenso bestechend wie die Food-Bilder in klassisch hochwertiger GU-Qualität. Das besondere visuelle Extra bei diesem Buch sind allerdings die People-Fotografien, mittels derer die Omas und Opas liebevoll portraitiert wurden. Zudem gibt es kleine gezeichnete Portraits der BäckerInnen, die sowohl das Vorsatzpapier als auch die dem Rezept zugefügten "Tipps" illustrieren. Ein Vorwort der Gründerin, “Fun-Facts” über das Unternehmen sowie Interviews mit ein paar der SeniorInnen, runden den Teil des Buches ab, in dem es nicht um das Gebäck an sich geht.

Der sehr umfangreiche Rezeptteil gliedert sich in 4 Unterkapitel (“Kleine Leckerbissen”, “Lieblingskuchen für jeden Tag”, “Torten für jeden Anlass”, “Trendig & aus aller Welt”). Pro Kapitel gibt es jeweils einmal ein Rezept, dem eine bebilderte “Schritt-für-Schritt”-Anleitung auf 2 Seiten angefügt ist.

Im Bereich des Kleingebäcks, der uns zuerst ins Auge fällt, befinden sich die ersten Klassiker, die fast jeder von der eigenen Oma kennen dürfte. Manche Rezepte wurden durch exotische Zutaten wie Cranberries, Chai-Tee oder Macadamianüsse modernisiert, andere kommen in ihrer klassischen Gestalt daher (Baumkuchenspitzen, Quarkbällchen, Kirchweihnudeln, Spritzgebäck). Während man für Rezepte wie Zitronen-Muffins nur wenig Backkenntnisse braucht, sind z.B. “Brandteigkringel mit Vanillefüllung” eher etwas für fortgeschrittene “TeigverarbeiterInnen”.

Beim Kapitel “Lieblingskuchen für jeden Tag” hätte ich vielleicht den Zusatz weggelassen, denn manche der Kuchen firmieren bei mir eher unter dem Begriff “Sonntagskuchen”, weil sie in der Machart schon eher aufwändig sind. Darunter würde ich z.B. einen Florentiner Kirschkuchen, einen Zimtschneckenkuchen oder Rohrnudeln mit Zwetschgenfüllung zählen, die sich im gehetzten Alltag wohl nur schwer umsetzen lassen. Einen Marmor-, Rotwein- oder Zitronenkuchen kann man dagegen wohl schon eher mal zwischendurch kreieren.

Dass die Torten im dritten Kapitel schon mehr Fingerspitzengefühl erfordern, dürfte auch klar sein, immerhin sind sie für besondere Anlässe gedacht. Hier wurde in den Rezepten auch mal an die unter Zöliakie oder Glutenunverträglichkeit leidenden Tortenliebhaber gedacht mit Rezepten wie Glutenfreie Eierlikörtorte oder Buchweizen-Preiselbeertorte. Aber natürlich dürfen auch hier “Oma-Klassiker” wie die Schwarzwälder Kirschtorte nicht fehlen.

Auch im letzten Kapitel wird mit den “trendigen” und internationalen Rezepten nochmal speziellen Bedürfnissen wie vegan oder glutenfrei Tribut gezollt. Auch Kinderaugen dürften beim Anblick einer Piñata-Smarties-Torte, Regenbogentorte oder eines Zahlenkuchens auf dem Geburtstagstisch, leuchten.

Auch wenn ich kein Backkünstler bin, werde ich mich demnächst wohl an das ein oder andere Rezept heranwagen. Vor allem der Irische Apple Pie von Oma Kate hat es mir angetan.

Wenn man sich aus Gründen z.B. der Platzknappheit nur noch ein Backbuch anschaffen wollen würde, dann würde ich dieses hier guten Gewissens empfehlen.

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Veröffentlicht am 05.12.2019

Der "Veggie-Cop" ermittelt im Kunstmilieu

Der achtsame Mr. Caine und die Tote im Tank
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Um im Krimigenre hervorstechen, muss man sich heutzutage schon etwas Besonderes ausdenken, um nicht in der Masse unterzugehen. Laurence Anholt, seines Zeichens Kinderbuch-Autor und Illustrator, hat sich ...

Um im Krimigenre hervorstechen, muss man sich heutzutage schon etwas Besonderes ausdenken, um nicht in der Masse unterzugehen. Laurence Anholt, seines Zeichens Kinderbuch-Autor und Illustrator, hat sich nun an diese Aufgabe herangewagt und ich würde sagen: mit Erfolg.
Sein Ermittler Detective Vincent Caine ist so ganz anders als alle anderen, die diesen Job in der Kriminalliteratur je gemacht haben (zumindest soweit es mir bekannt ist). Caine ist praktizierender Buddhist, er wohnt wie ein Eremit in einer einsamen Hütte in der Natur, seine Credos heißen Achtsamkeit, Karma, Meditation, Serendipität und Symbiose, statt eines Handys verlässt er sich auf seinen "Boten" und er isst bevorzugt selbst angebautes Gemüse aus dem Garten. Darüberhinaus ist er noch überaus belesen und clever. Gutes Aussehen (lange Haare und durchtrainierter Körper) gehört ebenfalls zu seinen Vorzügen.
Seine Kollegin, DI Shanti Joyce, ist das vermeintliche Gegenteil vom in sich ruhenden Caine. Nachdem sie von London nach Südwestengland "strafversetzt" wurde, muss sie sich nun an Caines alter Position erneut beweisen. Neu in Somerset, frisch geschieden und alleinerziehend, hat sie keine Zeit, sich auch noch um gesunde Ernährung, ein aufgeräumtes Büro und inneren Frieden zu kümmern.
Der Fall ist dann ähnlich skurril wie der Ermittler Caine, der eigentlich krank geschrieben ist, weil er eine Zeit der inneren Reinigung durchmacht. Die kurz vor ihrem großen Comeback stehende Performance-Künstlerin Kristal Havruen wurde in ihrer eigenen Installation - einem mit Formaldehyd gefüllten Glastank - ermordet aufgefunden.
Anholt hat eine herrlich skurrile Ansammlung von Figuren erschaffen, die alle irgendwie verdächtig sind. Vom dürren Kurator mit einer Vorliebe für karierte Anzüge, der kettenrauchenden alten Kunstlehrerin, über den ewig in das Opfer verliebten "tumben Tor", der gerne Tauben füttert bis hin zum lebenden Kunstwerk ("A boy named Art"), dessen hervorstechendste Eigenschaft zum Leidwesen seiner Künstler-Mutter die Gewöhnlichkeit ist, ist an markanten Charakteren alles dabei.
Besonders gefallen hat mir - neben dem ungewöhnlichen Ermittlerduo, den skurrilen Charakteren und der Story an sich - die Struktur dieses Krimis. Die Kapitelüberschriften sind zum Großteil allegorisch ("Die tödliche Sirene", "Das Haus der Knochen", etc.). Sie geben den Inhalt des jeweiligen Kapitels auf metaphorische Art und Weise wieder.
Bei dem sehr linearen Aufbau und den malerischen Schauplätzen in Südwestengland sowie den eingängigen Charakteren, hatte der Autor sicher schon eine Verfilmung im Hinterkopf, was für mich auch stimmig wäre.
Dieser Whodunit-Krimi ist außerdem voll von Zwischentönen und zwischen den Zeilen gestellten, indirekten Fragen: Wo verläuft die Grenze zwischen Kunst und Personenkult? Kann ein Mensch ein Kunstwerk sein? Wie "human" darf ein Polizist - der Arm des Gesetzes - sein?
Objektiv gesehen hat der Fall an sich eine sehr bizarre, wenn man so will "unrealistische" Komponente, die nicht bei allen Lesern auf Gefallen stoßen dürfte. Ich persönlich konnte damit sehr gut umgehen, wollte es aber dennoch erwähnen, dass der Krimi doch etwas speziell und abseits des Mainstream ist.
Ich jedenfalls freue mich sehr auf den nächsten Fall des "Veggie-Cops" und seiner Kollegin Shantala, der im Sommer 2020 erscheinen wird. Bislang sind 3 Bände geplant. Das Buch kann ich allen empfehlen, die “Cosy crime”, schräge Krimis und ungewöhnliche Ermittler mögen.

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Veröffentlicht am 02.12.2019

Feelgood-Literatur ohne große Ansprüche

Die kleine Buchhandlung am Ufer der Themse
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Ja, dieses Buch ist absolut vorhersehbar und voller Frauenroman-Klischees. Wir haben eine skandinavisch nüchterne Protagonistin mit einer Phobie vor Keimen, Thirtysomething, attraktiv. Sie, Charlotte, ...

Ja, dieses Buch ist absolut vorhersehbar und voller Frauenroman-Klischees. Wir haben eine skandinavisch nüchterne Protagonistin mit einer Phobie vor Keimen, Thirtysomething, attraktiv. Sie, Charlotte, ist eine erfolgreiche Selfmade-Geschäftsfrau, aber ihr Herz ist verschlossen, seit die Liebe ihres Lebens, Alex, verstorben ist.
Dann bekommt sie von einer Tante, über die sie bisher nichts wusste, eine Buchhandlung in Londoner Bestlage vererbt. Diese Buchhandlung hat auch zwei Wohnungen, von denen sie die eine bewohnen könnte - wenn sie das in Erwägung zöge - und die andere wird von einem sehr gut aussehenden, alleinstehenden und scheinbar mürrischen Schriftsteller mit Schreibblockade bewohnt (wäre Hugh Grant nicht schon zu alt, würde er natürlich die Rolle in der Verfilmung spielen). Es gibt auch noch eine Buchhandlungs-Katze mit Schriftstellernamen (Tennyson), die warmherzige langjährige Angestellte Martinique, die nicht “Nein” sagen kann und die vorlaut-schlagfertige junge Teilzeitangestellte Sam. Dem Setting Leben einhauchende Randfiguren (Kunden) wie der alte, aber adrett gekleidete Herbert, "Opfer" einer ihn mit Essen "stalkenden" Altersgenossin, das Mädchen Calliope oder die ewig krächzende Parnella, lassen dieses Buch vollends zu einem literarischen Wohlfühl-Accessoire werden.
Obwohl Bücher und Literatur eigentlich gar nicht ihr Metier sind, kommt die kühle Schwedin langsam auf den Geschmack dieses "hyggeligen" - wenn auch wenig hygienischen - Lebens in der britischen Metropole. Auch William - wer hätte das gedacht - übt eine gewisse Anziehungskraft auf sie aus. Es könnte alles so schön sein, wären da nicht die finanziellen Probleme der Buchhandlung und die Frage, warum ihre ihr unbekannte Tante ihr diese vererbt hat.
Die Gegenwartshandlung (ohne Jahresangabe) wird durch alternierend erzählte Ereignisse aus den Jahren 1982-1983 durchbrochen. In diesen Vergangenheitskapiteln geht es um die Geschichte der Schwestern Kristina und Sara, Charlottes Mutter bzw. Tante. Nach und nach wird das Geheimnis gelüftet, was deren Erlebnisse im London der Achtziger Jahre mit Charlottes Gegenwart zu tun haben.
Die Rückblenden sind tatsächlich sehr spannend. Man kann sich zwar schon früh ein wenig denken, was das große "Geheimnis" um Charlottes Existenz ist, aber die Innenwelt sowohl Kristinas als auch Saras wird hier sehr transparent und man bleibt als Leser dadurch an der Handlung dran.
Charlotte finde ich für eine Protagonistin aber dann doch wieder eher flach, an manchen Stellen sogar naiv. Die Nebenfiguren und auch die Figuren der Vergangenheitshandlung sind weitaus differenzierter ausgearbeitet worden.
Was die Bekehrung Charlottes zum “Büchermenschen” betrifft: auch das ist ganz nett gemacht. Literarische Referenzen sind geschickt eingebaut worden, nur die Geschichte mit J.K. Rowling wirkt sehr finde ich dann doch sehr unglaubwürdig - selbst für einen “Wohlfühl-Frauenroman”.
Nichtsdestotrotz:: Das Buch hat mir als Ganzes sehr gut gefallen. So wie einem ein alter Pulli oder ein bequemes Sofa gefällt mit einer heißen Tasse Tee daneben: einfach, nichts Neues, aber warm und kuschelig. Echte "Feelgood-Literatur" eben, wie sie im Buch auch an einer Stelle erwähnt wird.



Veröffentlicht am 27.11.2019

Oh, du Unspannende!

Eisige Weihnachten
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Ein verschneites, abgelegenes Hotel im Thüringer Wald, das gerade den Betrieb eingestellt hat. Das ist der Schauplatz von Ella Danz' Krimi "Eisige Weihnachten". Weil die Familie der erfolgreichen Geschäftsfrau ...

Ein verschneites, abgelegenes Hotel im Thüringer Wald, das gerade den Betrieb eingestellt hat. Das ist der Schauplatz von Ella Danz' Krimi "Eisige Weihnachten". Weil die Familie der erfolgreichen Geschäftsfrau Kerstin (der Protagonistin, aus deren Sicht erzählt wird) nicht darüber informiert wurde, dass das Hotel, das sie über die Weihnachtstage gebucht hatten, kurz vorher geschlossen wurde, fasst sich die ehemalige Hotelchefin mit dem sprechenden Namen "Frau Winter" ein Herz und lässt die gestrandeten Leute dort über Heiligabend residieren - ohne Aufsicht, Personal, etc. Ein eher unrealistisches Szenario in unserem von Reglementierungen und Verordnungen geprägten Land. Aber was soll's: man kann ja mal ein Auge zudrücken und sich auf die Story einlassen, schließlich sollte es gleich spannend werden. Naja, sagen wir mal so: erst muss man sich einprägen, wer hier wer ist. Immerhin beabsichtigen 13 (!) Leute, die irgendwie miteinander bzw. mit Kerstin verwandt sind, in dem verlassenen Hotel zu nächtigen und Weihnachten zu feiern.
Es gibt Kerstins Mann, mit dem sie erst seit kurzem verheiratet ist: André, sowie dessen Mutter. Dann ist da auch ihr Exmann Burkhard, mit dem sie bis vor kurzem noch zusammengelebt hat und mit dem sie den ebenfalls anwesenden, gemeinsamen Sohn Lukas hat. Kerstins Schwester Anke mit Ehemann Helmut und den zwei Töchtern im Teenager-Alter sind auch mit von der Partie. Auch Kerstins Bruder und dessen Frau Pamela sind anwesend. Zu guter Letzt: Kerstins Vater mit seiner neuen Freundin Lilo.
Die Einführung der Personen dauert ziemlich lang und man wartet immer darauf, dass jetzt der Krimi losgeht. Das Setting mit dem verschneiten, abgelegenen Hotel ohne WLAN ist jetzt auch nicht gerade innovativ, um es mal vorsichtig zu formulieren. Bietet aber normalerweise Potenzial für Spannung - normalerweise!
Als auch nach 67 % des Buches immer noch nicht wirklich etwas Spannendes passiert war, außer dass Kerstin schon des Öfteren in eine brenzlige Situation geraten ist und mehrere ihrer Familienangehörigen in und um das große Hotel verschwunden waren (Spoiler: um kurz danach ohne Kratzer und Probleme wieder aufzutauchen), begann ich zu zweifeln: ist das hier wirklich ein Krimi? Die ganzen "Vorkommnisse" sind nämlich kein wirklicher Katalysator für den Plot.
Erst kurz vor Schluss beginnt sich die - sehr kurze - "Krimihandlung" zu entfalten - meines Erachtens viel zu spät. Außerdem war das Ende absolut lahm und vorhersehbar. Durch die Gespräche vorher konnte man schon erahnen, wer hier Dreck am Stecken hat.
Wer einen spannenden "Weihnachtskrimi", wie es auf dem Cover steht, erwartet hat, wird hier leider enttäuscht werden. Wer eine unglaubwürdige Story über den merkwürdigen Verlauf eines Weihnachtsabends lesen möchte - mit ein paar netten Rezepten im Anhang - der möge gerne zugreifen.