Genial banal und bitterböse
Der Zopf meiner GroßmutterBei „Der Zopf meiner Großmutter“ handelt es sich um einen Entwicklungsroman, in dem die Erlebnisse des Kindes Maxim in der Ich-Perspektive erzählt werden. Die Erzählung beginnt im Grundschulalter und endet ...
Bei „Der Zopf meiner Großmutter“ handelt es sich um einen Entwicklungsroman, in dem die Erlebnisse des Kindes Maxim in der Ich-Perspektive erzählt werden. Die Erzählung beginnt im Grundschulalter und endet im Teenageralter Maxims. Der Roman ist dabei sehr episodisch angelegt, was beim Lesen für mich sehr angenehm war, weil man nach jedem Kapitel Pause machen und das Gelesene Revue passieren lassen konnte. Da der Roman nur wenige Hauptcharaktere umfasst und eben sehr szenisch aufgebaut ist, könnte man sich gut vorstellen, dass man daraus auch ein Drehbuch und einen Film machen könnte.
Was mir sehr gefallen hat ist der Erzählton des Ganzen – die Autorin spielt mit Mitteln der Groteske und Satire in der Darstellung ihrer Personen. Die teils eher ernsten und tragischen Elemente der Handlung werden durch die Figur der Großmutter und ihre sarkastische Haltung zum Leben überlagert. Man denkt beim Lesen oft, „Das hat sie jetzt nicht wirklich gesagt in dieser Situation“ und ähnliches. Die ganze Figur ist natürlich sehr konstruiert, aber gleichzeitig auch erschreckend lebensecht und real. Die Geschichte ist ebenfalls so normal wie gleichzeitig absurd. Diese Diskrepanz und das Spiel der Autorin mit dem Absurden und dem Gewöhnlichen machen diesen Roman so genial.
Die Handlung ist trotz in ihrer Banalität spannend. Wir begleiten Maxim und seine Großeltern durch die erste Zeit im Wohnheim in Deutschland und erleben die Dreiecksbeziehung der Großeltern und der jüdischen Klavierlehrerin Nina staunend mit. Wir fragen uns, ob Maxim wirklich so krank ist, wie es die Großmutter darstellt, was es mit dem „rothaarigen Juden“ auf sich hat und was eigentlich mit Maya passiert ist. War die Großmutter wirklich mal berühmt?
Alina Bronsky ist eine großartige Autorin, die es mit ihrer Prosa schafft, dass der Leser in der kleinen Wohnung der Familie sozusagen mitlebt, ihre Enge spürt und sich über den nächsten narzisstischen Ausbruch der Großmutter gleichzeitig freut und fürchtet.