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Veröffentlicht am 04.01.2022

"Gott schuf, Linné ordnete."

Der Mann, der die Welt ordnete
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Allgemeines:

Axel Meyer ist den Leserinnen und Lesern als Autor historischer Romane bekannt. Mit seiner Hakon-Reihe, die die Christianisierung des Nordens thematisiert, war er sehr erfolgreich und hatte ...

Allgemeines:

Axel Meyer ist den Leserinnen und Lesern als Autor historischer Romane bekannt. Mit seiner Hakon-Reihe, die die Christianisierung des Nordens thematisiert, war er sehr erfolgreich und hatte seinen Durchbruch als Schriftsteller. Meyer lebt heute in Rostock, wo er als Journalist und Redakteur für die Ostseezeitung tätig ist.

Der Mann, der die Welt ordnete erschien am 14.12.2021 als Hardcover bei Rowohlt und umfasst 414 Seiten.

Inhalt:

„«Gott schuf, Linné ordnete»: ein faszinierender Roman über den schwedischen Botaniker Carl von Linné


Von Leidenschaft, Ehrgeiz und Besessenheit getrieben, ringen zwei Forscher in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts um Anerkennung. Carl von Linné will Gottes Schöpfung, die Flora und Fauna, nach einem von ihm entwickelten System ordnen und zum berühmtesten Botaniker aller Zeiten werden. Zunächst wird der Schwede verkannt, publiziert aber schließlich bahnbrechende Schriften und unternimmt abenteuerliche Forschungsreisen. Erbittert bekämpft wird er dabei von dem deutschen Arzt Johann Georg Siegesbeck. Der Wissenschaftler hat sich einen bescheidenen Namen gemacht und verfasst selbst botanische Schriften. Schriften, die hinfällig werden, sollte sich Linnés Sexualsystem zur Pflanzenbestimmung durchsetzen – in Siegesbecks Augen nichts als Ketzerei …“ (Quelle: Verlagsseite des Rowohlt Verlags)

Meine Meinung:

Axel Meyer hat mit seinem Roman Der Mann, der die Welt ordnete ein Buch über den Botaniker Carl von Linné geschrieben.

Es ist bemerkenswert, wie gut es ihm gelingt, das Leben Linnés in diese romanhafte Form zu gießen. Historische Romane sind oft entweder langatmig und mit Fakten überladen, so dass eher ein Sachbuch dabei herauskommt, als wirklich spannend geschrieben. Genau dieses ist Meyer aber gelungen. Bereits die ersten Seiten lassen einen nicht los, da sie unmittelbar in das Geschehen einsteigen lassen und so die Aufmerksamkeit des Lesers sofort fesseln.

Es ist nicht klar, zumindest für mich nicht, welche Fakten zutreffen und was Fiktion ist. Das finde ich persönlich nicht schlimm, da ich mir bewusst bin, dass, wenn es sich um einen Roman handelt, niemals alle Fakten stimmen können und sollen. Die Geschichte ist einfach gut erzählt und man kann sich vorstellen, dass alles genauso passiert ist. Erinnerungen werden an Daniel Kehlmanns Die Vermessung der Welt geweckt. In seinem Buch geht es auch um zwei Männer aus der Wissenschaft, die miteinander nicht gerade im Guten konkurrieren -wie so oft, wenn es um Entdeckungen oder Erfindungen geht.

Die Handlung beginnt im Jahr 1753, Linnés 46stem Geburtstag. Meyer lässt ihn aus der Ich-Perspektive erzählen und man merkt schnell, dass Linné auf der einen Seite überheblich ist, auf der anderen Seite aber auch als Vater von sechs Kindern durchaus bemerkt, dass er seine Frau mit der Erziehung vollkommen allein lässt. (Was natürlich für die damalige Zeit völlig normal war.) Daher ist es bemerkenswert, dass er darüber überhaupt nachdenkt. Zudem erfährt man schnell, dass seine Frau Sara mit seiner Arbeit nichts

anfangen kann beziehungsweise über diese genervt ist. Sie bezeichnet ihn als Unkrautsammler. So viel zum Prolog, an dessen Ende man allerdings nicht weiß, ob Linné das alles nur geträumt hat oder ob das Erlebte der Wahrheit entspricht. Auf jeden Fall endet dieser mit einem großen Schrecken. Der Leser fragt sich, ob bereits ein Ausblick auf die Handlung stattfindet…

Es geht zurück ins Jahr 1736. Carl von Linné ist in einem Dauerstreit mit dem deutschen Botaniker Johann Georg Siegesberg, der in Russland lehrt und auch dort lebt. Als dieser von dem jungen Linné einen Brief erhält, fühlt er sich zunächst geschmeichelt, weil er ihn sehr lobt. Als er dann aber dessen Abhandlung über einen biologischen Prozess liest, ist er tief erschüttert, warum wird man später erfahren. Siegesberg ist es auch, der im Prolog des Buches eine Rolle spielt, die Linné zutiefst erschüttert zurücklässt.

Die Charaktere in diesem Buch sind gut ausgestaltet, sie passen zu fanatischen und verschrobenen Wissenschaftlern. Der Stil ist oft ironisch humorvoll, das passt gut zu Handlung und Figuren. Das Nachwort sollte man unbedingt lesen. Es enthält sehr interessante Fakten, beispielsweise, dass Goethe ein großer Bewunderer Linnés war. Außerdem erfährt man, wie bedeutsam Carl von Linnés Klassifizierung der Pflanzen für die Botanik war und ist.

Fazit:

Ein Buch, das man richtig gut weglesen kann. Man sollte sich allerdings für die Thematik interessieren, sonst ist die Lesefreude nur halb so groß.

Veröffentlicht am 06.10.2021

Vorhang auf!

Die Füchse von Hampstead Heath
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Allgemeines:

Am 17.09.2021 ist eine neue Kurzgeschichte in der Reihe um den Londoner Bobby Peter Grant erschienen: Die Füchse von Hampstead Heath. Es handelt sich um die erste Kurzgeschichte aus Perspektive ...

Allgemeines:

Am 17.09.2021 ist eine neue Kurzgeschichte in der Reihe um den Londoner Bobby Peter Grant erschienen: Die Füchse von Hampstead Heath. Es handelt sich um die erste Kurzgeschichte aus Perspektive seiner Cousine Abigail. Auf 224 Seiten könnten Fans der Reihe nun auch dieses Abenteuer nachverfolgen.

Inhalt:

„Eine magisch begabte Cousine Es ist Ferienzeit in London und Abigail, Peter Grants lästige Cousine, kann mehr oder weniger tun und lassen, was sie will. Was bei allen, die sie kennen, eigentlich die Alarmglocken schrillen lassen sollte. Doch Peter ist irgendwo auf dem Land auf Einhornjagd, sodass niemand Abigail davon abhält, magischen Unfug zu treiben – und einem Geheimnis auf die Spur zu kommen: In der Gegend von Hampstead Heath verschwinden immer wieder Teenager. Nach kurzer Zeit tauchen sie wieder auf, unverletzt, aber ohne eine Erinnerung, wo sie waren. Wer hat sie fortgelockt – und warum? Unterstützt von einer Bande sprechender (und ziemlich eingebildeter) Füchse stürzt sich Abigail ins magische Abenteuer.“ (Quelle: Verlagsseite dtv)

Meine Meinung:

Mehr oder weniger unterwartet erreichte mich die Geschichte über die Füchse von Hampstead Heath aus dem dtv Verlag. Eigentlich verfolge ich nur noch die Hauptreihe der Bücher aus der Feder von Ben Aaronovitch. Ich empfinde die Nebenstorys nach wie vor als unterhaltende Bücher, möchte mich aber auf die Fälle von Peter Grant persönlich konzentrieren, da ich diese als gewinnbringender empfinde.
Da mich die erste Geschichte rund um die junge Abigail aber nun einmal erreicht hat, wollte ich ihr dennoch eine Chance geben.

Die erste Abigail-Kamara-Story liest sich luftig leicht wie eine Feder vom Fleck weg. Abigail ist die junge Cousine von Protagonist Peter. Sie wird ab und an in der Hauptstory erwähnt, scheint ein kluges Köpfchen zu sein und spielte auch schon das ein oder andere Mal eine kleine, jedoch bedeutsame Rolle innerhalb der Lösung der Fälle. Nun wenden wir uns ihr mit voller Aufmerksamkeit zu. Das hat Vor- und Nachteile. Als störend empfand ich ihr tatsächliches Alter. Sie verhält sich schlicht und ergreifend nicht wie eine 13-Jährige. Auch nicht wie eine kluge 13-Jährige. Sie müsste meiner Meinung nach ungefähr 15 sein.

Wenn wir uns auf dieses Alter einigen können, dann lesen wir eine realistisch/magische Kriminalgeschichte, die von Spannung geprägt ist. Anders als Peter kann Abigail mit Füchsen reden. Und genau wie Peter macht sie gerne ihr eigenes Ding, geht voll aufs Ganze und möchte am liebsten schon bei den Großen mitspielen. Deshalb passt es ihr sehr gut in den Kram, dass Peter außerhalb der Stadt beschäftigt ist und sie sich sozusagen als inoffizieller Lehrling des Follys ein wenig austoben kann.

Ihr Kriminalfall ist geprägt von einer etwas anderen Sprache. Ben Aaronovitch erklärt diese Jugendsprache an einigen Stellen. Das wirkt manchmal ein wenig gewollt und ist in meinen Augen auch nicht notwendig, da Abigail Begriffe verwendet, die im heutigen Sprachgebrauch geläufig sein sollten.

Ich möchte noch einmal auf diese Fuchs-Sache eingehen. Füchse tauchen in der bisherigen Reihe häufiger auf, allerdings kann nur Abigail mit ihnen reden. Es wird auch erklärt, warum Füchse sprechen können und ich glaube auch zu ahnen, weshalb Abigail mit ihnen spricht. Ich hoffe, dass sich meine Theorie an dieser Stelle einmal nicht bestätigt, da es sonst bald aus ist mit dem neuen witzigen, magischen Element, das ein ganzes Netzwerk in London bildet, von dem die Menschen mal wieder nichts ahnen.

Abigail gelingt es in ihrem Debüt Kontakte zu knüpfen, die wichtiger nicht sein könnten. Diese Kontakte könnte Aaronovitch in seiner Hauptreihe aufnehmen und sie zu einem weiteren interessanten Handlungsstrang der Geschichte machen. Ich hoffe sehr, dass er das nutzt, Abigail wachsen und älter werden lässt. Vielleicht hat Aaronovitch mich mit diesem Buch auch davon überzeugt, wieder seine Kurzgeschichten zu lesen. Denn ich möchte gerne mehr von Abigail erleben!

Fazit:

Vorhang auf für Abigail Kamara!

Veröffentlicht am 06.10.2021

Sankta!

Die Leben der Heiligen
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Allgemeines:

Am 01.09.21 ist ein besonderes Büchlein bei Knaur Hardcover erschienen. Die Leben der Heiligen von Leigh Bardugo. Auf 144 aufwändig illustrierten Seiten erzählt die Autorin Geschichten zu ...

Allgemeines:

Am 01.09.21 ist ein besonderes Büchlein bei Knaur Hardcover erschienen. Die Leben der Heiligen von Leigh Bardugo. Auf 144 aufwändig illustrierten Seiten erzählt die Autorin Geschichten zu der Entstehung der in ihren Büchern häufig erwähnten Heiligen, die so manches Detail des Grishaverse aufnehmen oder vertiefen.

Inhalt:

„Die Geschichten in »Die Leben der Heiligen« bieten Alina Starkov, Nina Zenik oder Nikolai Lantsov immer wieder Trost und Rat in schwierigen Situationen, gerne wird in den »Grisha«-Romanen aus dem mythischen Buch zitiert.
Jetzt können alle Fans der Grisha die Legenden von bekannten Heiligen wie Sankta Lizabeta der Rosen und Sankt Ilya in Ketten oder die eher düsteren Sagen von Sankta Maradi und dem Sternenlosen Heiligen selbst nachlesen – in einer wunderschön illustrierten Ausgabe, die an mittelalterliche Stundenbücher erinnert.“ (Quelle: Verlagsseite Droemer Knaur)

Meine Meinung:

Wer Lust hat, noch tiefer in das Grishaverse einzutauchen, sollte dringend zu Die Leben der Heiligen greifen und sich von den kleinen Geschichten in die Welt Alina Starkovs hineinziehen lassen. Obwohl die Bücher rund um Alina für mich schon eine Weile her sind, steht sie mir noch immer vor Augen als sei es gestern gewesen. Eventuell hat eine gewisse Netflix-Serie daran einen kleinen Anteil gehabt.

So war es für mich beinahe, als könnte ich Alina erneut auf ihrer Suche nach dem Licht, den heiligen Tieren und bei der Entdeckung der Welt der Grisha begleiten. In vielen Geschichten wurden sowohl Figuren, die wir durch Erwähnungen kennen, aber auch Figuren, die wir noch nicht kennen, beleuchtet. All diese Geschichten waren kurz, aber dabei sehr prägnant. Bardugo gelingt es, auf wenigen Seiten die Quintessenz der jeweiligen Heiligen genau zu treffen und ihre Entstehungsgeschichte so geschickt zu erzählen, dass man nach der Lektüre viele neue Eindrücke im Kopf hat, die erst einmal sacken müssen.

Bitte bedenkt, dass Menschen, die heilig gesprochen werden, oft Märtyrer sind, deren Schicksal ein gar Grausames war. So geschieht es auch in der Welt der Heiligen von Ravka. So manch eine Erzählung hat ein fürchterliches Ende, das man als Leserin aber beinahe genau so erwartet oder vielmehr befürchtet.

An manchen Stellen denkt man an die Trilogie zurück, aber auch an die weiteren Reihen, in denen so oft Sankta oder Sankt … erwähnt werden. Ich kann mir vorstellen, dass es schön wäre, immer direkt nachzuschauen, um welchen Heiligen es geht, während man innerhalb des Grishaverse voranschreitet. An manchen Stellen hat man das Gefühl, dass auch Alina einen Blick in dieses Buch geworfen hat. So wird dieser Eindruck beispielsweise durch die sehr gelungene Gestaltung des Buches verstärkt. Der Einband wirkt wie ein Ledereinband, insgesamt entsteht dadurch das Gefühl, ein deutlich älteres Buch in Händen zu halten. Optisch ist es an das Buch, das Alina in der Netflix-Serie in Händen hält, angepasst.

Natürlich findet man auch die Geschichte, die man eigentlich gar nicht finden möchte. Ebendiese ist aber nicht so geschrieben, wie man es erwartet. Ganz anders und nicht vorhersehbar gelingt es Bardugo eine kleine, aber feine Erzählung über die bei ihren Leser
innen wohl beliebteste Sankta zu schreiben.

Ein Blick nach innen lohnt sich nicht nur der Texte wegen. Wie bereits von Die Sprache der Dornen (Rezi hier) gewohnt, ist das Büchlein aufwändig illustriert. Passend zum Einband wird die Farbe Gold aufgenommen. Zu jeder Erzählung gibt es ein stimmiges Titelbild, das grauenvoll, aber auch wunderschön sein kann. Ich kann mir vorstellen, dass einige der Bilder auch als Inspiration für kreatives Schreiben oder freies Erzählen dienen könnten.

Ihr wisst, dass ich für immer ein Fan der Bücher sein werde. Ich habe die Serie zwar gerne geschaut, für mich sind aber nur die Bücher das Medium, das Bardugos Universum so darstellt, wie es wirklich ist. Ein kleiner Wehrmutstropfen ist für mich daher, dass das Buch als ideale Begleitung der Netflixserie beworben wird. Ich empfinde die Serie nicht als tiefgründig und glaube, dass man dem „Nutzen“ des Buches mit einer solchen Werbung leider nicht gerecht wird.

Fazit:

Alles in allem ist Die Leben der Heiligen eine gelungene Ergänzung zum Grishaverse, die ich mit Sicherheit heute nicht zum letzten Mal in Händen gehalten habe. Durch solche kleinen Bücher und Erzählungen macht Bardugo ihr Werk noch einzigartiger und lesenswerter als es ohnehin schon ist. Bitte in angemessenen Abständen mehr davon.

Veröffentlicht am 19.09.2021

Erfordert Durchhaltevermögen

Ein frommer Mörder
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Liam McIlvanney stammt aus der Region Ayreshire, Schottland. Für seine Thriller wurde er mit zahlreichen Preisen geehrt. Er arbeitet als Professor für Schottland-Studien an der Universität von Otago, Neuseeland. ...

Liam McIlvanney stammt aus der Region Ayreshire, Schottland. Für seine Thriller wurde er mit zahlreichen Preisen geehrt. Er arbeitet als Professor für Schottland-Studien an der Universität von Otago, Neuseeland. Ein frommer Mörder ist das erste Buch mit dem Ermittler Duncan McCormack.

Es ist bei Heyne als Klappenbroschur am 12.Juli 2021 erschienen und umfasst 448 Seiten.

Inhalt:

„Glasgow, 1969. Ein brutaler Serienkiller versetzt die Stadt in Angst. Als die Behörden beschließen, die Öffentlichkeit in die Suche einzubeziehen, gerät die Lage vollends außer Kontrolle. Während die Bürger in Panik geraten, versinkt die Polizei in nutzlosen Hinweisen. Ein Hilferuf erreicht den talentierten Ermittler DI McCormack. Er soll die Ermittlungen wieder in geordnete Bahnen lenken. Doch die Beamten aus der Stadt stehen dem Neuankömmling aus den Highlands ablehnend gegenüber. Gegen alle Widerstände kämpft McCormack für die Wahrheit.“ (Quelle: Verlagsseite Random House)

Meine Meinung:

Ein frommer Mörder von Liam McIlvanney ist zunächst einmal schwierig zu lesen, weil die Namen der Protagonisten einander häufig sehr ähneln und man dadurch schnell verwirrt ist. Man merkt allerdings ebenso schnell, dass dieses Buch wirklich gut gemacht ist. Der Autor versteht es, die Spannung sehr langsam aufzubauen, was für einen guten Krimi unabdingbar ist. Ein frommer Mörder ist neben dem Genre des Krimis auch ein Buch, das einen Einblick in die Polizeiarbeit und in die Gesellschaft der 1950er und 60er Jahre in Schottland gibt. Im Fokus der Handlung steht der Ermittler Duncan McCormack. Man erfährt über ihn nach und nach Einzelheiten über sein Leben, und zwar nicht nur über sein Leben als Polizist, sondern auch über seinen familiären Hintergrund. Dadurch erfährt man wiederum auch eine Menge über das Leben in Schottland der 1950er Jahre, über das wirklich harte Leben der Arbeiterschicht und die damit verbundenen gesundheitlichen Einschränkungen. McCormack selber hätte auch so ein Leben bevor gestanden wenn er in seiner Heimatstadt geblieben wäre. Er ist aber nach Glasgow, in die Geburtsstadt seiner Mutter, gezogen und dort Polizist geworden.

McCormack ist im Polizeirevier in Glasgow als Sonderermittler eingesetzt, weil die Ermittlungen in einer Mordserie nicht vorangehen. Wie in vielen Kriminalfällen gibt es immer Probleme, wenn Ermittler aus verschiedenen der Dienststellen von oben verordnet zusammenarbeiten müssen. Genauso ist es in diesem Buch. McCormack wird von allen kritisch beäugt und angefeindet und

fühlt sich alles andere als wohl in seiner neuen Rolle. Andererseits weiß er, dass die Ermittlungen sich festgefahren haben und ein neuer Ansatz her muss. Die bisher ermittelnden Polizisten davon zu überzeugen, ist eine schwierige Aufgabe.

Ich kann verstehen, dass dieses Buch den schottischen Krimipreis bekommen hat. In Schottland wird es sicherlich noch lieber gelesen werden als in der deutschen Übersetzung. Hier in Deutschland aber ist es wirklich anstrengend dieses Buch zu lesen, weil man eigentlich sehr ortskundig sein müsste. Mir sagen viele der schottischen Städte, Orte und Plätze nichts und ich müsste per Atlas oder Google erkunden, wo alle Schauplätze zu finden sind. Das macht das Lesen manchmal anstrengend. Nach ungefähr 100 Seiten, durch die muss man durch, nimmt die Handlung an Fahrt auf und wird zunächst spannend. Man erfährt etwas völlig Neues über die private Seite von McCormack und ist erstaunt.

Der Autor wendet einen weiteren spannenden Kniff an, er lässt die getöteten Opfer aus dem Off sprechen. Dadurch weiß der Leser manchmal mehr als die Ermittler, aber nie so viel, dass er auf die korrekte Lösung kommt. Schwierig bleibt das Buch trotzdem, denn es gibt immer wieder diverse Nebenschauplätze, die wiederum Ortskenntnis benötigen um wirklich zu verstehen, worum es hier geht. Mein Eindruck, den ich am Anfang hatte, bestätigt sich beim weiteren Lesen.

Im weiteren Verlauf werden zwei Erzählstränge, die zunächst überhaupt nichts miteinander zu tun haben, sehr gekonnt miteinander verknüpft. So richtig, richtig spannend fand ich das Buch tatsächlich erst ab etwa Seite 300 und das ist natürlich eigentlich nicht gut.

Dieses Buch ist wirklich nur sehr aufmerksam zu lesen, wenn man sich in Schottland überhaupt nicht auskennt. Ich mag Krimis wirklich sehr gerne, dieser gehört allerdings zu denen, die mir zwar gefallen, aber nicht so nebenbei zu lesen sind.

Der Titel steht übrigens in einem anderen Kontext als man zunächst vermuten könnte.

Fazit:

Nur zu empfehlen, wenn man ein gutes Durchhaltevermögen hat und auch bei schwierigen Namen nicht aufgibt.

Veröffentlicht am 19.09.2021

Keine Tat ist je vergessen

Wer das Feuer entfacht - Keine Tat ist je vergessen
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Allgemeines:

Wer das Feuer entfacht ist der dritte Thriller von Paula Hawkins. Mit ihrem ersten Buch Girl on the train landete sie einen weltweiten Bestseller, der verfilmt und ein großer Kinoerfolg wurde. ...

Allgemeines:

Wer das Feuer entfacht ist der dritte Thriller von Paula Hawkins. Mit ihrem ersten Buch Girl on the train landete sie einen weltweiten Bestseller, der verfilmt und ein großer Kinoerfolg wurde. Hawkins arbeitete als Journalistin, bevor sie sich dem Schreiben von Romanen widmete. Seit 1989 lebt sie in London.

Wer das Feuer entfacht ist am 31. August 2021 bei Blanvalet als Hardcover erschienen und umfasst 411 Seiten.

Inhalt:

„Auf einem Hausboot in London wird die Leiche eines brutal ermordeten jungen Mannes gefunden. Besonders drei Frauen geraten danach ins Visier der Ermittlungen.

Laura, die aufgewühlt wirkende junge Frau, die nach einem One-Night-Stand mit dem Opfer zuletzt am Tatort gesehen wurde. Carla, die Tante des Opfers, bereits in tiefer Trauer, weil sie nur Wochen zuvor eine Angehörige verlor. Und Miriam, die neugierige Nachbarin, die als Erste auf die blutige Leiche stieß und etwas vor der Polizei zu verbergen scheint.

Drei Frauen, die einander kaum kennen, mit ganz unterschiedlichen Beziehungen zum Opfer. Drei Frauen, die aus verschiedenen Gründen zutiefst verbittert sind. Die auf unterschiedliche Weise Vergeltung suchen für das ihnen angetane Unrecht. Wenn es um Rache geht, sind selbst gute Menschen zu schrecklichen Taten fähig.“ (Quelle: Verlagsseite Random House)

Meine Meinung:

Paula Hawkins legt mit ihrem Thriller Wer das Feuer entfacht ihr drittes Buch vor. Vielen wird sie durch ihr erstes Buch Girl on the train bekannt sein. Hawkins schafft es auch hier wieder, unglaublich spannend in ihren Plot einzusteigen. Auf dem Klappentext schreibt die New York Times „Nur ein Hellseher könnte das Ende dieses Buches vorhersehen.“ Und damit hat sie aus meiner Sicht total recht.

Im Mittelpunkt stehen drei Frauen, Laura Miriam und Carla und natürlich ein Mord. Die Nebenfiguren sind allerdings auch nicht zu vernachlässigen, da sie durchaus eine wichtige Rolle bei der Informationsbeschaffung einnehmen. Wie auch in Girl on the train ist es auf den ersten Blick so, dass man überhaupt nicht erahnt, wie alles zusammenhängt. Aber wenn man Paula Hawkins kennt, weiß man, dass ihre Bücher häufig so beginnen und sie im weiteren Verlauf alle Erzählstränge in irgendeiner Weise verknüpft. Nichts bleibt dem Zufall überlassen. Dabei führt sie den Leser immer wieder ein bisschen weg vom eigentlichen Plot und lässt ihn selber denken, das macht das Lesen umso spannender.

Wir haben weder einen echten Pageturner vor uns, den man unbedingt schnell bis zum Ende lesen will. Andererseits aber weiß man auch genau, dass man enttäuscht sein wird, wenn das Buch zu Ende ist. Das ist einfach die große Stärke von Paula Hawkins. Sie schafft es auch in diesem Buch wieder, obwohl man eigentlich weiß, wie ihre Schreibweise tickt, den Leser absolut in ihren Bann zu ziehen.

Dem Buch vorangestellt ist eine Karte, auf der die Lebensmittelpunkte der Protagonisten eingezeichnet sind. So kann man ihre Wege gut verfolgen und sich auch auf diese Art und Weise ein Bild von der Glaubwürdigkeit ihrer Aussagen zu dem am Anfang stehenden Mordfall machen. Hawkins schafft es, dass man zu jedem der Protagonisten eine Art von Beziehung entwickelt. Diese ist manchmal positiv, manchmal aber auch negativ. Je nachdem, wie weit Hawkins einen in die Gedankenwelt und Handlungen der Figur lässt. Je weiter man liest, desto häufiger fragt man sich, wer dem Titel des Buches quasi entspricht.

Wer das Feuer entfacht, das weiß man bis zum Schluss nicht. Man vermutet, man verwirft seine Ideen, man vermutet neu, man verwirft auch diese Vermutungen wieder und so geht es immer weiter. Das könnte durchaus langweilig werden, ist es aber dank Hawkins Erzählweise überhaupt nicht. Innerhalb der Handlung gibt es noch eine Binnenhandlung, die ich teilweise verwirrend finde. Aber auch diese hat ihren durchdachten Platz in der Geschichte. Ich möchte an dieser Stelle aber nicht mehr darüber verraten, da sonst die Gefahr des Spoilerns bestünde.

Der Untertitel des Buches lautet Keine Tat ist je vergessen. Auch das trifft auf dieses Buch in ganz besonderer Weise zu und ist ein weiterer Spannungsmoment beim Lesen. Das übergeordnete Motiv der Rache ist vielschichtig – wie im echten Leben.

Fazit:

Spannend bis zur letzten Sekunde. Das erwartet man allerdings auch bei Hawkins. Mir sind ihre Bücher insgesamt zu ähnlich aufgebaut, daher gibt es nur vier Herzen.