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Veröffentlicht am 25.04.2021

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INFINITUM - Die Ewigkeit der Sterne
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Allgemeines:

Infinitum – Die Ewigkeit der Sterne ist am 15.09.2020 in der Verlagsgruppe Droemer Knaur als gebundenes Buch erschienen. Autor des 960 seitigen Romanes ist niemand anderes als Christopher ...

Allgemeines:

Infinitum – Die Ewigkeit der Sterne ist am 15.09.2020 in der Verlagsgruppe Droemer Knaur als gebundenes Buch erschienen. Autor des 960 seitigen Romanes ist niemand anderes als Christopher Paoloni.

Leserinnen seiner bisherigen Bücher müssen sich mit Infinitum auf ein neues Genre einlassen. Anders als die bekannte Eragon-Reihe des Bestseller-Auroren ist Infinitum der Science Fiction zuzuordnen. Es handelt sich zudem um ein Buch für erwachsene Leserinnen.

Inhalt:

„Neue Welten zu untersuchen ist alles, wovon die junge Forscherin Kira Navarez jemals geträumt hat. Doch ein harmloser Auftrag auf einem fernen Planeten lässt Kiras Traum zum größten Albtraum der Menschheit werden:
Bei der abschließenden Untersuchung des Planeten, der in Kürze kolonialisiert werden soll, stürzt Kira in eine Felsspalte – und entdeckt etwas, das kein menschliches Auge zuvor erblickt hat. Es wird sie vollständig und für immer verwandeln.
Kira ist allein. Wir sind es nicht. Und wir müssen einen Weg finden, um zu überleben.“ (Quelle: Verlagsgruppe Droemer Knaur)

Meine Meinung:

Wie fange ich diese Rezension bloß an?

Vielleicht erzähle ich euch einfach meine persönliche Geschichte zu Infinitum und Paolini. Paolini begleitet mich schon seit meiner Kindheit. Ich habe die Bücher verschlungen. Nicht nur ich, meine ganze Familie hat sie alle gelesen. Dadurch hatten wir viel Gesprächspotential, denn obwohl wir alle gerne lesen, lesen wir doch häufig eher in unterschiedlichen Genres. Die Welt von Eragon bot uns so viele Möglichkeiten, wir träumten, malten uns neue Abenteuer aus und besprachen verschiedenste Theorien.

Natürlich war in Stein gemeißelt, dass ich jedes neue Buch von Paolini lesen musste. Und so fieberte ich dem Erscheinen von Infinitum voller Spannung entgegen. Mit Sicherheit würde es ganz anders werden, aber bei diesem Autor muss einfach etwas Gutes herauskommen.

Ich habe das Buch im September begonnen zu lesen. Nach etwa 300 Seiten konnte ich einfach nicht mehr. Paolini hat eine interessante Welt geschaffen. Obwohl wir uns in einem anderen Genre befinden, konnte ich mich aber einfach nicht mit dem Roman und seinen Geschehnissen identifizieren. Auf mich wirkte alles zu komplex, dabei aber in vielen Entwicklungen dennoch vorhersehbar. Diese Kombination passte für mich überhaupt nicht zusammen.

Ich tat dann etwas, was ich von mir niemals erwartet hätte: Ich habe das Buch zur Seite gelegt und aufgegeben. Wenn man in der Bookstagram-Welt unterwegs ist, tauscht man sich häufig über Gelesenes aus. So auch dieses Mal. Ich war tatsächlich nicht alleine. Vielen erging es so wie mir. Als alte Paoloni-Fans waren die Erwartungen wohl einfach zu anders und nicht unbedingt mit dem neuen Buch in Einklang zu bringen. Vielleicht wäre es jemandem, der das Buch als Science Fiction-Fan gekauft hat, völlig anders ergangen als mir und meinen Kolleginnen?

Im Februar/März diesen Jahres war ich so weit, dass ich dem Buch gerne noch eine Chance geben wollte. Manchmal gibt es die richtige Zeit für das richtige Buch. Und so war es auch bei mir. Die Geschichte erfasste mich wie ein Sog, ich saugte die Handlung auf und wollte unbedingt wissen, wie es weitergeht.

Paolini entwickelt eine so andere Geschichte, ist viel erwachsener geworden. So auch seine Protagonisten, die unaussprechliche Dinge erleben. Gewalt, das Universum und ein Wille zu überleben, prägen die Entwicklungen der Geschichte. An mancher Stelle hätte ich mir jedoch noch mehr Handlung gewünscht. Langatmigkeit ist etwas, das ich von Paoloni bisher nicht kannte. Eine gefühlte Ewigkeit reisen die Gefährten einfach nur durch den Weltraum. Obwohl sie ein Ziel haben, passiert kaum etwas. Während dieser endlosen Reisen entwickelt sich Protagonistin Kira zwar enorm weiter, diese Entwicklung hätte in meinen Augen aber auch weniger detailliert dargestellt werden können.

Die Crew bildet dabei eine gekonnte Abwechslung. Mein persönliches Highlight war das Bordschwein (eine Katze gibt es auch), tatsächlich ist das aber nicht einmal das ungewöhnlichste Crewmitglied. Paolini hat hier mit viel Fingerspitzengefühl Charaktere zusammengeführt, die ein wildes, aber stimmiges Gesamtbild ergeben. Vor allem, da sie verschiedener nicht sein könnten, aber dennoch eine Familie bilden.

Ein kritisch zu sehender Punkt ist das Ende der Geschichte. Ich empfand das Ende etwa 250 Seiten vor Schluss bereits vorhersehbar, obwohl ich nie in diesem Genre lese. Auch Paoloni selbst ist nicht vollständig zufrieden mit Infinitum. Sein Nachwort ist sehr reflektiert und spannend zu lesen.

Er hat auch die ein oder andere Parallele zu Eragon in die Geschichte eingebaut, eine Parallele konnte ich im Nachhinein entdecken, vielleicht fallen euch noch andere auf. Ich wünsche mir, dass Paolini sich zukünftig wieder zurück in die Fantasy begibt. Vielleicht stimmt ihr mir zu, vielleicht nicht. Aber ich glaube, dass er sich dort in seinem nächsten Roman vertrauter und gekonnter bewegen wird.

Fazit:

Eine faszinierend komplexe Geschichte, die jede/n Leser
in herausfordert und auf die man sich einlassen muss. Wenn man das tut, zieht sie einen größtenteils mit, weist aber auch Längen auf.

Veröffentlicht am 02.04.2021

Ich freue mich auf den dritten Band!

Code: Elektra
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Allgemeines:

Code Elektra – Die Geheimnisbewahrer ist als zweiter Band einer Trilogie im August 2020 bei Mixtvision erschienen. Das gebundene Buch hat 384 Seiten und ist erneut schwarzweiß illustriert. ...

Allgemeines:

Code Elektra – Die Geheimnisbewahrer ist als zweiter Band einer Trilogie im August 2020 bei Mixtvision erschienen. Das gebundene Buch hat 384 Seiten und ist erneut schwarzweiß illustriert. Es wird ab einem Lesealter von 11 Jahren empfohlen. Meine Rezension zum Auftaktband Code Orestes findet ihr hier.

Auch auf dem Cover des zweiten Bandes könnt ihr viele Kleinigkeiten entdecken, die im Laufe der Geschichte eine Rolle spielen werden. Schaut doch einfach mal, was es dort zu sehen gibt.

Inhalt:

„Unheimliche Ereignisse, neue Rätsel und ein verschwundenes Mädchen

Ausgerechnet an Halloween finden Malin und Orestes einen weiteren alten Brief und die Suche nach dem Rutenkind wird immer mysteriöser. Unheimliche Dinge geschehen, unerklärliche Ereignisse nehmen ihren Lauf …
Dieses Mal ist Orestes’ kleine Schwester Elektra in ein Geheimnis verstrickt. Kann sie Teil der Lösung sein oder ist sie Teil des Rätsels?

Mystik pur! Der zweite Teil der Schweden-Trilogie – zum Mitfiebern und Miträtseln.“ (Quelle: Verlagsseite Mixtvision)

Meine Meinung:

Nicht nur der erste, sondern auch der zweite Teil dieser Reihe ist für große und kleinere Leserinnen, die auf der Suche nach Abenteuern, kniffligen Rätseln und zu knackenden Codes sind, perfekt geeignet.

Abenteuerlich geht die Geschichte rund um Malin, Orestes und das Rutenkind weiter. Als Leser
in ist man sofort wieder mittendrin in der spannenden Erzählung. Erneut müssen Malin und Orestes ihre Qualitäten als Detektive unter Beweis stellen. Dabei bekommen sie in diesem Band von mehreren Seiten Verstärkung. Von wem? Das verrate ich euch an dieser Stelle nicht.

Immer komplizierter, mysteriöser und beeindruckender erscheint die Geschichte, der die beiden so ungleichen Freunde auf der Spur sind. Doch was steckt dahinter? Stammen die Hinweise, Codes und Rätsel wirklich aus der Vergangenheit? Entdecken die beiden am Ende etwas Großes? Oder verbirgt sich womöglich ein Hochstapler hinter alledem?

Seid darauf vorbereitet: Natürlich werden all diese (und ähnliche) Fragen im zweiten Teil nicht zufriedenstellend beantwortet. Genau das macht wohl auch einen zweiten Teil einer Trilogie aus. Während die Geschichte sich weiter entwickelt, entstehen im Kopf des Lesers immer mehr Fragen, deren Lösung sehnsuchtsvoll erwartet wird. Ich hoffe, dass der abschließende Band der Reihe hier ganz viele Lösungen liefert. In einem Kinderbuch, das als Ermittlung eines großen Geheimnisses angelegt ist, erwartet man das einfach automatisch.

Vielleicht ist es mir im ersten Teil der Reihe nicht so sehr aufgefallen, in meiner Rezension zum vorliegenden Band möchte ich es jedoch gerne erwähnen: Sprachlich ist Code Elektra für unerfahrenere Leserinnen eine Herausforderung. Viele Fachwörter und spezielle (wissenschaftliche) Begriffe werden verwendet. Einige, aber nicht alle werden erklärt. Dabei werden Begriffe vorausgesetzt, die in meinen Augen nicht allen 11-jährigen bekannt sein werden. Für einige Leserinnen wird das nicht weiter ins Gewicht fallen, aber vielleicht müssen sich einige Eltern diesbezüglich auf neugierige Nachfragen einstellen. Für andere Leser*innen macht vielleicht genau das den Reiz dieses Buches aus. Mir hat es jedenfalls sehr gut gefallen, dass Maria Engstrand Wert auf eine bildliche und gleichzeitig wissenschaftliche Sprache legt.

Außerdem tritt der Alltag der Kinder stärker in den Vordergrund. Beinahe wie von selbst tritt die Spannung, die im ersten Band durchweg hoch war, dadurch teilweise in den Hintergrund. In meinen Augen war das Verhältnis noch ausbalanciert, die Autorin bewegt sich aber auf einem schmalen Grat, sich in der Alltäglichkeit zu verlieren. Für den nächsten Band wünsche ich mir wieder mehr Geschichte und weniger Alltag. Ich kann mir aber auch vorstellen, dass genau für diesen Wechsel zwischen rasanter Entwicklung und der Weiterentwicklung des Alltags der beiden Familien der zweite Band als Mittelteil gut geeignet war. Insgesamt ist eine breite Basis entstanden, auf der die weiteren Ereignisse leichter stattfinden können. Ihr merkt, dass ich den Schritt der Autorin zwar nachvollziehen kann, aber die Spannung und vielleicht auch einen Hauch der Magie des ersten Teiles vermisst habe.

Dennoch möchte ich gerne möglichst bald nach Lerum zurückkehren und gemeinsam mit Malin und Orestes die Lösung aller Geheimnisse erleben. Ich bin mir sicher, dass die beiden bis dahin noch eine Menge Codes und Rätsel knacken müssen. Mit Sicherheit wird ihre Freundschaft auf eine harte Probe gestellt werden. Glaubt ihr, dass sie das alles schaffen?

Fazit:

Wer an Code Orestes Freude hatte, wird auch Code Elektra verschlingen und sich nach dem abschließenden Band mit der Auflösung aller Ereignisse verzehren.

Veröffentlicht am 21.03.2021

Noch nicht beendet?

Insel der Waisen
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Allgemeines:

Die Insel der Waisen ist am 18. August 2021 als gebundenes Buch von 300 Seiten bei Mixtvision erschienen. Das Jugendbuch wird ab einem Lesealter von 12 Jahren empfohlen.

Dem Buch ein eindeutiges ...

Allgemeines:

Die Insel der Waisen ist am 18. August 2021 als gebundenes Buch von 300 Seiten bei Mixtvision erschienen. Das Jugendbuch wird ab einem Lesealter von 12 Jahren empfohlen.

Dem Buch ein eindeutiges Genre zuordnen zu wollen, erscheint schwierig, da es sich sozusagen um eine modernere Version des Herrn der Fliegen handelt. Der Verlag hat deshalb auf seiner Homepage den beschreibenden Ausdruck „Robinsonade für starke Mädchen“ gefunden. Starke Jungen dürfend das Buch aber auch gerne lesen.

Inhalt:

„Zehn sind einer zu viel

“Neun Waisen auf eine Insel,
allein auf der Welt,
einer mehr
und der Himmel fällt …”

Neun Kinder leben allein auf einer paradiesischen Insel. Woher sie kommen und wohin sie gehen, wenn die Glocke ertönt, weiß niemand. Die Insel versorgt die Kinder mit allem, was sie brauchen. Jeder weiß, wofür er verantwortlich ist und es gibt klare Regeln. Doch als Jinny, die Ältestes, die wichtigste Regel bricht und als zehntes Kind auf der Insel bleibt, wendet sich diese gegen sie …

Eine Robinsonade mit Lieblingsseller-Potenzial: Magisch wie Marion Zimmer Bradley, utopisch wie Margaret Atwood und abenteuerlich wie Daniel Defoe.“ (Quelle: Mixtvision)

Meine Meinung:

Protagonistin Jinny ist an der Reihe. Die Glocke ertönt, jemand hat die Insel verlassen. Ein neues Kind kommt. Jinny ist nun die Älteste und das Kind ihr Mündel. Sie ist jedoch nicht im Mindesten bereit für diese Aufgabe. Sie möchte sie nicht bewältigen. Sie bewältigt sie nicht. Und sie ist unsympathisch dabei.

Rebellion gegen das bestehende System, sich wehren gegen grausam erscheinende Praktiken, das sind Verhaltensweisen, die wir als Leserinnen mögen, von denen wir gerne lesen. Jinny wehrt sich gegen die feststehenden Regeln der Insel. Aber sie tut das nicht für die anderen neun Kinder, die dort leben. Sie tut das für sich, aus eigennützigen Gründen.

Lange Zeit war mir nicht klar, was mich an dieser Protagonistin so gestört hat. Aber genau diese Eigennützigkeit war es, die das Buch für mich geschmälert hat. Jinnys Beweggründe hätten „ehrenvoll“ sein können. So rebelliert sie zwar und bringt einen Stein ins Rollen, verändert für sich etwas. Aber alle Szenen mit ihr waren irgendwie nervig zu lesen. Und das, obwohl die Geschichte des Buches, die an Herr der Fliegen erinnert, durchaus spannend aufgebaut ist. Die Grundidee der Erzählung ist dabei nicht neu. Kinder, die nicht wissen, woher sie kommen oder wo sie sind, das erinnert nicht nur an Maze Runner, sondern an viele bereits gelesene Geschichten. Der Autorin gelingt es aber, der Insel und den Kindern Leben zu verleihen. Die Magie der Insel zu vermitteln und Identifikation mit der Geschichte zu erschaffen.

Nach den Regeln der Insel leben die Kinder instinktiv. Sie tun das, was sie gut können und erfüllen so ihre Rollen. Jegliche Vorstellung von Moral wird ihnen höchstens auf der Insel durch ihre eigenen Erlebnisse vermittelt. Da sie als kleine Kinder auf die Insel kommen und niemand Erwachsenes dort lebt, kennen sie die Außenwelt nicht. Sie sind abhängig, werden zunächst als Mündel bezeichnet und lernen von den jeweiligen Ältesten zu überleben. Aus diesem Grund weiß auch niemand, wie er sich nach Jinnys Regelbruch verhalten soll.

Was wird passieren? Wird die Insel die Kinder weiterhin mit Essen versorgen, sie vor gefährlichen Winden beschützen? Werden die Tiere zahm bleiben oder wird gar jemand mit dem Boot kommen? Fragen über Fragen. Und ein Ende, das viele Fragen offen lässt. In meinen Augen zu viele. Mir bleibt zu vieles unklar und eigentlich muss es eine Fortsetzung geben. Es wirkt nicht so, als ob diese Geschichte beendet ist. Leser
innen wissen schließlich auch nach dem Beenden der Geschichte nicht, warum die Kinder auf der Insel sind. Eine Information, die in meiner Erwartungshaltung eindeutig beantwortet werden müsste. Es müsste eigentlich noch so vieles zu erzählen geben. Ich würde es mir jedenfalls wünschen.

Fazit:

Eine Geschichte mit Potential, die in meinen Augen noch nicht beendet ist.

Veröffentlicht am 06.03.2021

Bist du ein digitaler Zwilling?

Der Zwillingscode
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Allgemeines:

Der Zwillingscode ist am 13. Januar 2021 als Taschenbuch bei Loewe erschienen. Empfohlen wird das 320-seitige Buch ab einem Lesealter von 14 Jahren.

Autorin Margit Ruile arbeitete zunächst ...

Allgemeines:

Der Zwillingscode ist am 13. Januar 2021 als Taschenbuch bei Loewe erschienen. Empfohlen wird das 320-seitige Buch ab einem Lesealter von 14 Jahren.

Autorin Margit Ruile arbeitete zunächst als Drehbuchlektorin und widmet sich nun auch dem Schreiben eigener Bücher. Das Jugendbuch ist der Kategorie Thriller zugeordnet und enthält viele technische Elemente, sodass es für mich auch vom Genre der Science Fiction geprägt ist.

Inhalt:

Was passiert, wenn die Dinge, die wir erschaffen, uns gar nicht mehr brauchen?

Vincent ist siebzehn und eine Doppel-C-Seele. Sein Sozialpunktestand ist so niedrig, dass an ein Studium nicht zu denken ist. Stattdessen repariert er heimlich die mechanischen Haustiere der Firma Copypet.
Eines Tages bringt eine alte Frau eine Katze zur Reparatur. Und die führt Vincent geradewegs in die Simulation – eine virtuelle Welt, in der alle unsere Gegenstände ihr digitales Leben führen. Verborgen in dieser Zwillingswelt aber liegt ein Code. Vincent muss ihn finden, denn davon hängt die Zukunft der Menschheit ab.

Margit Ruile erzählt vom Internet der Dinge, einer Welt, in der die digitalen Zwillinge unserer Maschinen und Alltagsgegenstände miteinander vernetzt sind zu einer gigantischen K.I. Ein Thriller mit einem außergewöhnlichen Zukunftsszenario im Stil von Black Mirror.

Meine Meinung:

Ich muss ehrlich gestehen, dass ich Der Zwillingscode nicht unbedingt auf meiner Leseliste stehen hatte. Ich habe das Buch nicht als präsent in Vorschauen oder den sozialen Medien wahrgenommen. Umso mehr hat mich die Anfrage des Loewe-Verlags gefreut. Die Beschreibung des Buches hat mich sofort gefesselt und der Vergleich mit Black Mirror hat mich zum einen den Inhalt fürchten und zum anderen gespannt auf ebendiesen blicken lassen.

Mit gemischten Erwartungen begann ich die Lektüre und ich kann euch bereits an dieser Stelle sagen, dass Der Zwillingscode mich mitgerissen hat. Margit Ruile erschafft eine Welt, die zunächst nicht unmittelbar neu erscheint. Technik ist in den Mittelpunkt der Menschen getreten und ersetzt an vielen Stellen das tägliche Leben, das wir kennen. Katzen, die keine Katzen mehr sind, ein Sozialpunktesystem, das dem in China zumindest zu ähneln scheint. Ruile gelingt es jedoch, diesen Grundvoraussetzungen ihren ganz eigenen Charakter zu verleihen. Sie verleiht den schon heute existierenden Strukturen Tiefe, geht jeweils noch einen Schritt weiter und erzählt ihren Lesern von den Schrecken, die solche Szenarien in der Zukunft auslösen könnten. Von Klassifizierungen echter Menschen bis hin zu künstlichen Menschen, die die Positionen echter Menschen einnehmen, ist hier alles Denkbare dabei. Vieles erscheint mehr als glaubhaft und man sagt sich an mehr als einer Stelle, dass sich unsere Zukunft so hoffentlich nicht entwickeln wird. Hier möchte ich euch nicht noch mehr verraten, weil auch der Klappentext euch ein Detail vorenthält, das letzten Endes eine große Rolle spielt.

Für die Menschen scheint das erschreckende Zukunftsszenario akzeptierte Realität zu sein. Zumindest denkt das unser Protagonist Vincent zunächst. Dass dem nicht so ist, haben aufmerksame Leser des Klappentexts bereits bemerkt. Vincent geht dem System auf den Grund, entdeckt dabei gemeinsam mit seinen Freunden erschreckende Dinge und versucht nebenbei einfach nur zu überleben. Sie verstricken sich schnell immer tiefer in die Thematik und lange Zeit habe ich nicht geglaubt, dass die Autorin die Handlung plausibel auflösen kann. Das gelingt ihr jedoch relativ zufriedenstellend, wenn auch mit dem Ausblick auf einen zweiten Band, in dem die Geschichte vollständig aufgelöst werden könnte. Dabei bleiben in meinen Augen die Charaktere auf der Strecke. Der Zwillingscode bietet nicht ausreichend Raum, um hier wirklich jedem Detail den nötigen Platz zu geben. Hinsichtlich der Charaktere hätte ich mir mehr Entwicklung und weniger Nüchternheit gewünscht.

Ruile gelingt es gut, ihre Leser zum Nachdenken anzuregen. Ist es wirklich so wichtig, wie viele Likes mein Bild auf Instagram erhält? Spielt es eine Rolle, wie viele Menschen meine Rezension lesen werden? Macht das den Inhalt besser oder schlechter? In der Welt von Vincent gibt es darauf eine klare Antwort. Der Algorithmus bestimmt dort alles. Sogar, was für ein Mensch du bist, wo du lebst oder ob du einen Autounfall haben wirst. Mir persönlich fiel es leichter, von einem solchen Szenario zu lesen, als es verfilmt zu sehen. Black Mirror ist eine Serie, die ich nicht weiterverfolgen konnte. Ruile erzählt ihre Geschichte jedoch nicht für Erwachsene, sondern entwickelt ein dystopisches Szenario, das ab 14 Jahren gelesen werden kann. Sie gibt ihren Lesern eine Antwort auf die Frage, die das Buch prägt: Hat der Mensch in der neuen Welt, die er sich erschafft, selbst überhaupt noch einen Platz? Ich hoffe, dass ihr nun neugierig seid und euch auf die Suche nach der Antwort macht!

Fazit:

Ein überraschend spannendes Buch, das mit einer von moderner Technik geprägten Geschichte zum Nachdenken anregt.

Veröffentlicht am 12.02.2021

Hat es in sich!

Der weiße Abgrund
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Allgemeines:

Henning Boëtius hat Romane, Essays, Lyrik und Sachbücher verfasst. Er wuchs auf der Insel Föhr auf und lebt heute in Berlin. Einem breiteren Publikum wurde er durch seine Kriminalromane um ...

Allgemeines:

Henning Boëtius hat Romane, Essays, Lyrik und Sachbücher verfasst. Er wuchs auf der Insel Föhr auf und lebt heute in Berlin. Einem breiteren Publikum wurde er durch seine Kriminalromane um den niederländischen Kommissar Piet Hieronymus bekannt. Der weiße Abgrund, eine Mischung aus Fakten und Fiktion, ist als Hardcover im Juli 2020 bei btb erschienen und umfasst 190 Seiten.

Inhalt:

„Paris, um 1850. Durch eine unheilbare Krankheit ans Bett gefesselt, versucht Heinrich Heine seinem bevorstehenden Tod ein letztes Werk abzutrotzen: seine Memoiren, die sein Opus Magnum werden sollen. An den illustren Diners der Pariser Bohème kann er schon lange nicht mehr teilnehmen. Stattdessen empfängt er gelegentliche Besuche deutscher Exilanten oder französischer Künstlerfreunde. Dann sucht überraschend Elise Krinitz seine Bekanntschaft: eine junge Frau, die Heine bewundert und zugleich hofft, in ihm einen Mentor für ihre eigenen literarischen Ambitionen zu finden. Mit ihr, die er zärtlich-ironisch „Mouche“ nennt, hat er bald darauf eine zwar platonische, aber nicht minder leidenschaftliche „Affäre“. Seine Memoiren aber werden, nachdem Heine am 17. Februar 1856 stirbt, für alle Zeit verschollen bleiben. Eingebettet in ein faszinierendes Panorama des Paris seiner Zeit, zeichnet Boëtius‘ Roman das einzigartige Porträt der letzten Lebensjahre des großen deutschen Dichters Heine.“ (Quelle: Verlagsgruppe Penguin Random House)

Meine Meinung:

Henning Boëtius ist ein Schriftsteller, der sehr vielseitig ist. Er hat Krimis geschrieben und auch viele historische Romane. Der Heinrich Heine Roman Der weiße Abgrund ist ein kleines feines Buch, das man behutsam behandeln möchte. Das Cover ist wunderschön gestaltet. Man fühlt sich sofort in die Zeit Heines hineinversetzt. Das ist dem Verlag wunderbar gelungen.

Der schmale Roman ist in viele Unterkapitel unterteilt. Im ersten Kapitel „Das blaue Wrack I sitzt der Ich-Erzähler am Ufer des Meeres und lässt sich treiben von seinen Gedanken. Er sitzt auf einem alten Bootswrack und wartet auf einen Freund, mit dem er Gedichte lesen möchte, Gedichte aus einem alten Buch, das er in Händen hält. Anschließend verflüchtigt sich dieses Buch, indem alle Seiten durch die Gegend wirbeln. Auch Heinrich Heine liebte Zeit seines Lebens das Meer, war auf Helgoland und auf Norderney. Daher denke ich, dass Boëtius ganz bewusst diesen Einstieg in das Buch gewählt hat. Danach geht es mit einem Szenenwechsel nach Paris weiter, wohin Heine emigriert ist. Ich selber bin kein großer Kenner Heinrich Heines, daher kann ich nicht beurteilen, was an diesem Roman auf realen Hintergründen beruht und was reine Fiktion ist. Eines aber weiß ich, dass die Sprache von Boëtius wunderbar ist. Kein Wort zu viel, Bilder, die einem eindrücklich fast schon unter die Haut gehen. Gerade im ersten Kapitel fühlt man sich ans Meer versetzt und lässt sich den Wind um die Nase wehen.

Boëtius beschreibt in seinem Roman die letzten Lebensjahre des Dichters Heinrich Heine, der in Paris im Exil lebte. Es ist schon schwierig für einen Leser, der sich kulturell für diese Zeit bisher noch nicht so vertiefend interessiert hat, die Personen, die auftreten, zeitlich richtig einzuordnen. Liszt und Chopin sind einem durchaus bekannt, aber viele anderen Personen eher nur am Rande. Man kann dieses Buch aber auch lesen, ohne über historisches Wissen in großem Ausmaß. Denn das Buch an sich ist ein wahrer Lesegenuss. Heinrich Heine scheint ein richtiger Schürzenjäger gewesen zu sein. Als er seine Frau Mathilde, die eigentlich Augustiner heißt, kennenlernt, ist ihm bewusst dass sie ungebildet, kulturell uninteressiert und somit ein Mensch ist, der eigentlich gar nicht zu ihm passt. Dennoch heiratet er sie und bleibt bis zu seinem Tode mit ihr zusammen. Das Buch ist eine Aneinanderreihung von Kapiteln aus Heines letzten Lebensjahren. Von seiner Krankheit gezeichnet ist der soziale Abstieg deutlich erkennbar. Heine lebt in sehr einfachen Verhältnissen. Heinrich Heine selber ist dem Leser als Reiseschriftsteller, Feuilletonist, Lyriker – einfach als großartiger deutscher Dichter bekannt. Wer kennt nicht das Wintermärchen oder die Loreley…

Fazit:

Dieses schmale Buch hat es in sich. Wenn man Lust hat, auch einmal Fakten zu recherchieren, kann man es besonders gut lesen und ein bisschen interessieren muss man sich auch für den großen Heinrich Heine.