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Veröffentlicht am 30.07.2019

Gut erzählte Geschichte und viele historische Zusammenhänge

Das goldene Palais
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Allgemeines:

Natasha Solomons legt mit Das goldene Palais ihren fünften Roman vor. Ihre Großeltern sind 1936 vor dem Naziregime von Berlin nach England geflüchtet. Ihren ersten Roman schrieb sie über ...

Allgemeines:

Natasha Solomons legt mit Das goldene Palais ihren fünften Roman vor. Ihre Großeltern sind 1936 vor dem Naziregime von Berlin nach England geflüchtet. Ihren ersten Roman schrieb sie über die Integration jüdischer Flüchtlinge in die englische Gesellschaft; für ihn erhielt sie 2010 den „Galaxy Book Award New Writer of the Year‘“. Der Roman wies autobiografische Züge auf, denn ihrem Großvater gelang diese Integration. Das goldene Palais ist ein Familienroman, der das Leben der Familie Goldbaum im beginnenden 20. Jahrhundert und während des Ersten Weltkriegs erzählt. Das goldene Palais erschien am 23.07.2019 im Rowohlt Verlag als Hardcover und umfasst 605 Seiten.

Inhalt:

„Ein opulenter Roman über eine jüdische Bankiersfamilie, die nicht zufällig an die Rothschilds denken lässt. Eine packende Saga über Macht, Liebe und Familienbande.

Wien, 1910. Die alte, über ganz Europa verteilte Familie Goldbaum hat ihren enormen Reichtum Bankgeschäften zu verdanken. Greta, das jüngste Kind, ist ein eigenwilliges Wesen. Ihr droht eine Ehe mit Albert, dem Spross des englischen Zweigs der Familie, von dem es heißt, er sei spröde und sauertöpfisch, noch dazu ein leidenschaftlicher Schmetterlingsjäger. Doch Greta beschließt, die Sache auf sich zukommen zu lassen – und tut gut daran.

Während das private Glück unverhofft über Greta hereinbricht, zeigen sich immer bedrohlicher die Vorboten eines großen kriegerischen Konflikts. Ein Konflikt, in den die Goldbaums als Teil der politischen Aristokratie und Finanziers von Waffengeschäften tief verstrickt sind …“ (Quelle: Rowohlt Verlagsseite)

Meine Meinung:

Natasha Solomon legt mit ihrem Roman eine Geschichte vor, die das Leben der jüdischen Bankiersfamilie Goldbaum zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Wien und dem übrigen Europa zum Inhalt hat.

Im Mittelpunkt steht die junge Wienerin Greta, die mit dem aus England stammenden Albert, der zu dem britischen Teil der Goldbaums gehört, verheiratet werden soll. Greta ist eine für die damalige Zeit emanzipierte Frau, die sich traut, sich gegen die herrschenden Konventionen aufzulehnen. Sie entscheidet sich sehr bewusst für die Ehe mit dem ihr völlig unbekannten Albert.

Das für mich eigentlich Interessante an Solomons Roman ist der historische Kontext, der rund um die erzählte Handlung eine wichtige Rolle spielt. Solomon hat genau recherchiert und gibt einen guten Einblick in das jüdische Leben des ausgehenden 19. und des beginnenden 20. Jahrhunderts. Als Bankiers und Geldgeber hoch geachtet, in anderen Belangen aber gesellschaftlich oft unerwünscht und zurückgewiesen, so sieht das Leben der Familie Goldbaum – stellvertretend für das vieler jüdischer Familien – aus. Das folgende Zitat sei hierfür ein Beispiel (Henri, Banker und ein Mitglied der Familie Goldbaum möchte nach Russland reisen, um den Winterpalast zu sehen. Zudem haben die Goldbaums geschäftliche Beziehungen zu Russland.):

„Am folgenden Nachmittag erhielt Henri einen unangenehmen Besuch vom russischen Botschafter. Claire Bouchard [Anm.: Henris Lebensgefährtin] wäre als Gast von Nikolaus, dank der Gnade Gottes Herrscher und Regent aller Russen, willkommen. Henri Louis David Goldbaum allerdings nicht. Juden, und seien sie noch so reich, war die Einreise nach Russland nicht gestattet.“ (S. 74)

Schauplätze des Romans sind Österreich, Frankreich, die Schweiz, Russland und England. Bis auf Russland Länder, in denen die weitverzweigte Familie Goldbaum lebt. Solomons erzählt chronologisch, lässt aber unterschiedlich viel Zeit zwischen den unterschiedlichen Kapiteln vergehen, das ist ein wohltuender Stil, da die erzählte Geschichte sich so auf Wesentliche Ereignisse fokussiert. Mit Beginn der Kriegshandlungen 1914 bis hin zum Eintritt der Vereinigten Staaten von Amerika verdüstert sich das Schicksal der Goldbaums parallel zum Kriegsgeschehen: Der Antisemitismus nimmt zu. Die Fremdenfeindlichkeit der Engländer gegen die Deutschen aber auch, was Greta, obwohl Österreicherin, empfindlich zu spüren bekommt. Die Geschichte der Goldbaums ist wirklich bewegend, zeigt sie doch, dass das Schicksal dieser großen Bankiersfamilie mit dem Zeitgeschehen eng verquickt ist. Das alles erzählt Solomons, ohne Schuldzuweisungen vorzunehmen. Sie hat vielmehr intensiv bezüglich der historischen Geschehnisse recherchiert und baut auf Fakten, die sie ausgesprochen glaubwürdig als Rahmen ihres Romans nutzt. Somit liest man nicht nur ein wirklich packendes Buch, sondern lernt eine Menge über finanzielle Verstrickungen von Bankhäusern und Politik, gegenseitige Ausbeutung und auch Verrat. Die Einblicke in das jüdische Alltagsleben und die damit zunehmend verbundenen Ängste, haben mich sehr beeindruckt. Zudem sind die verschiedenen Lebensentwürfe der Goldbaums ein gutes Beispiel für gegenseitigen Respekt und Toleranz.

Fazit:

Ein Buch, das ich jedem empfehlen kann, der sich nicht nur für eine gut erzählte Geschichte, sondern auch für historische Zusammenhänge interessiert.

Veröffentlicht am 29.07.2019

Unglaublich brutal

Opfer
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Allgemeines:

Bo Svernström ist promovierter Literaturwissenschaftler. Er hat lange Zeit bei der renommierten schwedischen Zeitung „Aftonbladet“ als Journalist gearbeitet. Opfer ist sein Debüt, das gleichzeitig ...

Allgemeines:

Bo Svernström ist promovierter Literaturwissenschaftler. Er hat lange Zeit bei der renommierten schwedischen Zeitung „Aftonbladet“ als Journalist gearbeitet. Opfer ist sein Debüt, das gleichzeitig in acht Ländern erscheint. In Deutschland wird es bei Rowohlt als Taschenbuch verlegt, erschien am 23. Juli 2019 und umfasst 587 Seiten.

Inhalt:

„Täter oder Opfer?

Nördlich von Stockholm findet ein Bauer einen Mann in seiner Scheune, nackt und brutal gefoltert. Als Kommissar Carl Edson von der Reichsmordkommission mit seinem Team eintrifft, stellen sie schockiert fest, dass der Mann noch lebt. Noch bevor Edson tiefer in die Ermittlungen einsteigen kann, berichtet Reporterin Alexandra Bengtsson über den Fall. Das Opfer, Marco Holst, ist ein Krimineller, er hatte viele Feinde. Persönliche Rache? Ein blutiger Krieg in der Unterwelt? Doch bevor Holst eine Aussage machen kann, stirbt er im Krankenhaus. Als scheinbar wahllos weitere Morde an Kriminellen begangen werden, sucht die Reichsmordkommission fieberhaft nach einem Muster. Bis eine Spur Carl Edson und Alexandra Bengtsson in die Vergangenheit führt, zu äußerst düsteren, gewalttätigen Ereignissen.“ (Quelle: Rowohlt Taschenbuch Verlag)

Meine Meinung:

Wieder ein Krimi, den man lesen kann, er liest sich gut weg. Aber das Vorablob – insbesondere der schwedischen Presse – kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Svernström wird dort als in der Tradition von Stieg Larsson und Sjöwall/Wahlöö stehend gesehen. Oder als würdiger Nachfolger von Lars Kepler. Am ehesten ist noch letzteres zu akzeptieren, denn Svernströms Opfer ist ähnlich brutal, „psycho“ und blutig wie die Thriller von Kepler.

In Teil eins des Buches geht es um unfassbar grausame Morde, die bis ins kleinste Detail beschrieben werden. Da denkt man schon, was ist das für ein Autor, der sich so etwas ausdenkt? Mir ist jedenfalls regelrecht übel geworden. Weiter liest man eigentlich nur, weil man denkt, das kann doch nicht alles sein. Ist es natürlich auch nicht. Svernström stellt ein Team von Ermittlern vor, in dem nahezu jeder seine Macken hat. Wir haben alle prototypischen Charaktere, die besonders in skandinavischen Krimis und Thrillern vorkommen: den melancholischen geschiedenen Kommissar, den mürrischen Forensiker, den nicht wirklich teamfähigen Kollegen, die junge strebsame und sympathische Berufsanfängerin. Für die Seite der Presse gilt Ähnliches. Im Fokus steht die Journalistin Alexandra Bengtsson, die der Polizei immer ein Stück voraus ist, nahezu an jedem Tatort als erste erscheint und jede neue Spur begierig inhaliert. Fast zu begierig… . Im Verlauf der Handlung ändert sich die Sicht des Lesers auf sie mehrmals, das macht Svernström wirklich gut. Im zweiten Teil steht Bengtsson im Fokus, ihre Lebensgeschichte spielt eine wichtige Rolle für den Verlauf der Ereignisse. Hier wird aus ihrer Perspektive berichtet. Teil drei dient der Auflösung des Falls. Es gibt immer wieder falsche Spuren und Wendungen in diesem Thriller, das ist schon gut gemacht. Die Auflösung überrascht, sodass man fürs Durchhalten als Leser belohnt wird. Andererseits packt Svernström alles, aber auch wirklich alles, was an psychologischen Varianten möglich ist, in seine Geschichte. Dadurch ist die Handlung total überfrachtet und für mich nicht mehr glaubwürdig.

Es ist sicher nicht leicht, in Skandinavien sein Debüt als Autor von Thrillern zu geben, denn man tritt in große Fußstapfen. Hier scheint es mir, als würde von jedem der großen Autoren das Beste genommen und neu zusammengebaut. Das ist sehr schade, denn so entwickelt man keinen eigenen Stil.

Betrachtet man den Charakter von Alexandra Bengtsson, erfährt man viel über Prägungen in der Kindheit, Verdrängungsmechanismen, Traumata und sich auf das eigene Leben übertragende Muster, die man sich oft nicht eingestehen will. Diese Aspekte machen das Buch durchaus lesenswert. Ich kann mir vorstellen, dass Svernström sehr gute Thriller schreiben könnte, wenn er sich von dem löst, was bisher in vielen schwedischen Thrillern zu finden ist. Denn Spannung aufbauen und in den Charakter der Menschen blicken, das kann er wirklich sehr gut!

Fazit:

Die unglaubliche Brutalität ist nichts für mich. Daher kann ich diesem Buch nur drei Herzen geben.

Veröffentlicht am 26.07.2019

Ein toller Thriller, den man in einem Rutsch wegliest!

Zu Staub
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Allgemeines:

Jane Harper wurde in England geboren und wanderte mit ihren Eltern im Alter von acht Jahren nach Australien aus. Sie kehrte als Teenager nach England zurück, studierte dort, ging aber als ...

Allgemeines:

Jane Harper wurde in England geboren und wanderte mit ihren Eltern im Alter von acht Jahren nach Australien aus. Sie kehrte als Teenager nach England zurück, studierte dort, ging aber als Erwachsene erneut nach Australien. Dort arbeitet sie als Journalistin beim Herald Sun. Sie lebt in Melbourne. Für ihren ersten Thriller Hitze erhielt sie den renommierten „Gold Dagger“. Zu Staub ist ihr drittes Buch. Es ist am 23.07.2019 als Paperback bei Rowohlt erschienen und umfasst 416 Seiten.

Inhalt:

„Der neue Roman von der «Queen of Crime» (Sunday Times). Eindringlich schreibt Jane Harper über die gnadenlose australische Wildnis und über Menschen, die grausamer sein können als jede Natur. Zwei Brüder treffen sich am Zaun, der ihre Farmen voneinander trennt. Tief im Outback sind sie einander die einzigen Nachbarn. Ihre Häuser liegen vier Stunden Autofahrt voneinander entfernt. Cam, der mittlere Bruder, der die Familienranch verwaltete, liegt tot zu ihren Füßen. Er ist allein in der Hitze gestorben. Die beiden Männer bringen ihren Bruder heim auf die Ranch. Aber in der tiefen Trauer wächst das Misstrauen. Was, wenn Cam keines natürlichen Todes gestorben ist? Was, wenn Isolation und Einsamkeit hier im Nirgendwo die Menschen verändern – zum Bösen?“ (Quelle: Rowohlt Verlagsseite)

Meine Meinung:

Jane Harper hat auch mit ihrem dritten Thriller wieder ein großartiges Buch vorgelegt. Sie versteht es einfach, einen unglaublich spannenden Plot zu entwickeln, der vordergründig gar nicht so viel hermacht: Ein Toter, eine Familie, deren Geschichte sich um diesen Tod rankt, also eigentlich nichts Besonderes. Aber wie die Handlung erzählt wird, das ist wirklich besonders – besonders beeindruckend. Harper schreibt aus einer nicht wertenden Perspektive, sie beschreibt, was passiert, ist quasi ein stiller Beobachter. Sie wendet sich den wichtigen Ereignissen und Charakteren zu und lässt dabei die verschiedenen Positionen und Denkweisen ihrer Protagonisten zu, indem sie diese entweder zu Wort kommen oder durch Rückblicke Erklärungen reifen lässt. Der Leser muss sich selber positionieren: Wem will er glauben? Zu wem will er halten? Wen verurteilt er? Wen versteht er?

Ort der Handlung ist das australische Outback, die oft unbesiedelten und hauptsächlich trockenen Regionen im australischen Inland. (Derartige Handlungsorte scheinen ein Steckenpferd von Harper zu sein. Ihre beiden andere Thriller Hitze und Ins Dunkel sind ebenfalls in Australien angesiedelt. Allerdings gibt es hier einen Ermittler, anders als in Zu Staub.)

Harper schafft eine Atmosphäre, die einen beim Lesen in die Hitze und Einsamkeit des Outbacks entführt, man spürt die Einsamkeit, den Staub, die Trockenheit geradezu und bekommt eindrücklich vor Augen geführt, wie schnell ein Leben dort zu Ende sein kann, wenn man sich nicht an die Regeln des Lebens dort hält. Man erfährt ganz nebenbei eine Menge über das harte Leben im Outback, über die Entbehrungen, die technischen Probleme, das alltägliche Leben. Wer dort lebt, muss damit klarkommen, auf sich gestellt überleben zu können.

Zur Handlung: Am Grab einer Legende, dem sogenannten „Stockmann-Grab“, mitten in der Einöde, wird die Leiche Camerons von dessen Bruder Bub gefunden. Zunächst scheint alles eindeutig, Cameron scheint in der Hitze Australiens verdurstet zu sein. Schon bald aber kommen Nathan, dem anderen Bruder, Zweifel, denn Cameron ist ein erfahrener Rancher, der niemals ohne Wasser unterwegs sein würde. Cameron ist in der Nachbarschaft ausgesprochen beliebt, jeder weiß nur Gutes über ihn zu sagen. Im Gegensatz dazu stehen seine Brüder, die von ihren Mitmenschen nicht so geschätzt werden wie er. Alle drei sind Rancher mit sehr unterschiedlichen Vorlieben und Prinzipien. Nach und nach entwickelt sich die Geschichte der Familie mit all ihren Facetten. Sämtliche Personen, die Berührungspunkte mit Cameron haben, werden eine Rolle spielen. Der Leser erfährt immer mehr Einzelheiten und beginnt, sein Bild, das er von Cameron hat, zu verändern: Wie steht er zu seinen Brüdern? Was ist er für ein Vater? Wie sorgt er für seine Familie? Wie behandelt er sein Personal? Wer ist Cameron wirklich? Immer wieder muss man seine Einschätzung revidieren, bis man letztendlich alle Informationen richtig zusammengesetzt hat. Nicht ist vorhersehbar, vieles ist möglich!

Das einzige Manko des Buches ist die sehr schnelle und überhastete Auflösung am Ende. Dafür gibt es einen Abzug in der Bewertung.

Fazit:

Ein toller Thriller, den man in einem Rutsch wegliest.

Veröffentlicht am 23.07.2019

Faszinierende Grundidee!

Project Jane 1. Ein Wort verändert die Welt
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Allgemeines:

Project Jane – Ein Wort verändert die Welt ist am 22.07.2019 in der Verlagsgruppe Oetinger erschienen. Das Taschenbuch hat 352 Seiten und eine Leseempfehlung ab 14 Jahren. Persönlich würde ...

Allgemeines:

Project Jane – Ein Wort verändert die Welt ist am 22.07.2019 in der Verlagsgruppe Oetinger erschienen. Das Taschenbuch hat 352 Seiten und eine Leseempfehlung ab 14 Jahren. Persönlich würde ich das Jugendbuch in die Kategorie Dystopie einordnen.

Project Jane ist als Auftaktband einer Reihe erschienen. Es handelt sich um das erste Buch der englischsprachigen Autorin Lynette Noni, welches ins Deutsche übersetzt worden ist.

Inhalt:

„Ein Wort ist der Anfang. Oder das Ende.

Sie nennen sie Jane Doe, und sie spricht nicht. Egal, was sie mit ihr anstellen, dort in der geheimen Forschungsanstalt Lengard. Denn ein Wort von Jane kann den Lauf der Welt verändern. Und so schweigt sie. Bis der geheimnisvolle Landon Ward ihr Vertrauen gewinnt. Vorsichtig öffnet sich Jane, doch sie muss schnell erkennen, dass ihre Fähigkeiten der Schlüssel zu einem finsteren Plan sind.“ (Quelle: Verlagsgruppe Oetinger)

Meine Meinung:

Project Jane trägt den falschen Titel. Im Original heißt das Jugendbuch Whisper, was in meinen Augen wesentlich besser zur Handlung der Geschichte passt. Denn bereits ein Flüstern genügt, um die Welt zu verändern… Und es geht im Buch mitnichten um ein Projekt mit dem Namen Jane. Manchmal kann ich die Entscheidung, Titel derartig zu verändern, nicht nachvollziehen. Geht es euch da ähnlich?

Es gab einen Moment in Project Jane, der mich wirklich überrascht hat. Dieser Moment war besonders und diesen Moment habe ich so noch nicht erlebt. Aufgrund dieses Moments habe ich das Buch nicht weggelegt, sondern innerhalb eines Tages gelesen.

Noni spielt mit der Macht der Worte und das tut sie in diesem Moment sehr eindrucksvoll. Für mich ein völliger Plottwist, nicht unrealistisch, aber doch überraschend. Ich war danach so sehr im Buch drin und gespannt wie ein Flitzebogen, was da noch kommen würde. Davor habe ich lediglich das Setting der Geschichte, das an viele Dystopien erinnert, kennengelernt. Und etwa 50 Seiten danach ging es ebenfalls nach Schema F weiter. Plötzlich tauchen die X-men auf und auch die Erklärung hinter der ganzen Sache scheint wenig innovativ, wenn man ab und zu mal ein Buch im Genre liest. Natürlich gibt es jemanden, in den sich verliebt wird. Selbstverständlich bleibt das keine normale Lovestory, es taucht immer ein Dritter auf. Das wäre doch sonst kein gutes Jugendbuch???

Ihr merkt.. leider ist es Noni in meinen Augen nicht gelungen, aus ihrer wahnsinnig guten Grundidee mehr als ein normales Buch zu machen. Ein normales Buch mit einigen unstimmigen Details. Die Handlung wirkt dadurch stark konstruiert und ich konnte sowohl das Ende als auch den Mittelteil des Buches beinahe haargenau vorhersehen. Möglicherweise liegt das an meiner großen Leseerfahrung, trotzdem finde ich das schade!

Ähnlich wie die Handlung entwickeln sich auch die anfangs sehr spannenden Charaktere. Jane konnte ich zu Beginn der Handlung so gut verstehen, ihre Ängste, ihr Schweigen und ihr Verhalten. Nach und nach verändert sich dieses Verständnis, sie wirkt beinahe blauäugig und man möchte sie zwischendurch gerne gehörig anstupsen, um ihr zu sagen, was eigentlich gerade Sache ist. Entschuldigen kann man das auch nicht mit der Zielgruppe des Buches. Wenn man das tun wollte, dann müsste man auch rechtfertigen, wieso einige Passagen ziemlich brutal beschrieben worden sind.

Fazit:

Noni ist es im Auftaktband ihrer Reihe nicht gelungen, eine durchgängig gute Geschichte zu schreiben. Ihre Grundidee hat mich fasziniert. Wenn es ihr im zweiten Band gelingt, diese in eine innovativere Rahmenhandlung einzubetten, dann werde ich ihr Fan! Denkt daran… Worte verändern die Welt!

Veröffentlicht am 22.07.2019

Ein Buch für einen Nachmittag auf der Couch

Dunkelsommer
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Allgemeines:

Dunkelsommer ist das Debüt von Stina Jackson. Sie ist in Schweden geboren und aufgewachsen, lebt heute aber in Denver, Colorado. Dort schrieb sie ihren Roman und wird als aufstrebender Stern ...

Allgemeines:

Dunkelsommer ist das Debüt von Stina Jackson. Sie ist in Schweden geboren und aufgewachsen, lebt heute aber in Denver, Colorado. Dort schrieb sie ihren Roman und wird als aufstrebender Stern der schwedischen Krimiszene gehandelt. Dunkelsommer erscheint heute, am 22.07.2019, als Paperback bei Goldmann und umfasst 351 Seiten.

Inhalt:

„Drei Jahre ist es her, dass Lelles Tochter in einem abgelegenen Teil Nordschwedens spurlos verschwand. Seither fährt er jeden Sommer im düsteren Licht der Mitternachtssonne die Straße ab, an der Lina zuletzt gesehen wurde. Nacht für Nacht sucht er verzweifelt nach seiner Tochter, nach sich selbst und nach Erlösung. Dann kommt eines Tages die siebzehnjährige Meja in der Hoffnung auf einen Neuanfang in Norrland an. Doch als sich die Dunkelheit des aufkommenden Herbstes über das Land legt, verschwindet ein weiteres Mädchen. Und Lelles und Mejas Leben werden durch dramatische Ereignisse miteinander verbunden, die sie nie wieder loslassen werden.“ (Quelle: Verlagsgruppe Random House)

Meine Meinung:

Dunkelsommer wird damit beworben, bester schwedischer Spannungsroman zu sein. Dieser Meinung kann ich mich leider nicht anschließen. Stina Jackson bedient aus meiner Sicht so ziemlich jedes Klischee, das zu einem Spannungsroman gehört: ein verschwundenes Kind, ein verdächtiger Vater und Freund, eine kaputte Ehe, eine sektenähnlich lebende archaische Gemeinschaft in den einsamen Wäldern von Nordschweden, ein charismatisches Familienoberhaupt, Gefangenschaft und Gewalt. Alles mixt sie zusammen zu einem durchaus spannenden Buch, dessen Handlung dem Leser, der Krimis, Psychothriller und Spannung liebt, aber allzu schnell vorhersehbar erscheint. Das ist einfach schade. Der Aufbau des Buches ist gekonnt gemacht. Es gibt einen ständigen Wechsel zwischen zwei Erzählsträngen. Auf der einen Seite Lelle, der seine seit drei Jahren verschwundene Tochter sucht und in jeder Nacht mit seinem Auto durch die einsamen Straßen Nordschwedens fährt. Auf der anderen Seite Meja, die keine Geborgenheit und Liebe kennt und mit ihrer Mutter seit sie denken kann durch Schweden zieht. Nirgendwo zu Hause, immer auf dem Sprung, keine Struktur im Leben und immer auf der Suche nach Beständigkeit. In dem Jungen Carl-Johan, den sie zufällig in ihrer aktuellen Lebensumgebung trifft, glaubt sie ihren Retter gefunden zu haben. Jackson schafft es, glaubwürdige Charaktere aufzubauen. Man versteht die Beweggründe, die Handlungen und Lebensformen der Protagonisten, kann nachvollziehen, warum sie sind wie sie sind. Das ist eine Stärke des Buches. Eine Schwäche zeigt sich für mich beim Aufbau: Beide Erzählstränge driften aufeinander zu und man ahnt schon nach wenigen Seiten, was geschehen könnte. Selbst das Ende des Buches ahnt man voraus, ein Ende, das ich persönlich ziemlich unglaubwürdig und kitschig finde. Der Titel Dunkelsommer ist metaphorisch zu deuten: Der Sommer, in dem Lina, Lelles und Anettes Tochter verschwand, aber auch ein weiteres Mädchen, wird trotz der im Midsommer herrschenden ständigen Helligkeit dunkel und düster, auch absolut vorhersehbar und dadurch eigentlich auch sehr platt. Der Titel der Originalausgabe lautet Silvervägen (Silberner Weg/Weg aus Silber). Das passt sehr viel besser als die deutsche Übersetzung. Den Stil von Stina Jackson kann man eigentlich nicht wirklich beurteilen, da das Buch aus dem Schwedischen übersetzt wurde. Vielleicht lässt sich dadurch die Euphorie der schwedischen Bestsellerautorin Åsa Larsson, die ich sehr schätze, erklären, die über dieses Buch schreibt:

„Wenn Dunkelsommer nicht mindestens den schwedischen Krimipreis bekommt und eine Netflix-Serie wird, nun, dann muss ich der Autorin den Åsa-Larsson-Award verleihen.“ (Klappentext)

Für die deutschsprachige Ausgabe würde sie dieses vielleicht anders sehen. Vielleicht ist es aber auch so, dass dieses Buch als Film besser funktioniert als in geschriebener Form. Die ständigen Perspektivwechsel bieten hierfür viel Potential.

Fazit:

Kann man lesen, muss man aber nicht. Ein Buch für einen Nachmittag auf der Couch, das man in einem Rutsch durchliest.