Inhalt:
Es geht um den Witwer Deacon, der noch immer stark in der Trauer um seine Frau gefangen ist. Jeden Tag besucht er sie auf dem Friedhof und schafft es nicht, sein Leben weiterzuleben. Mithilfe der Bestatterin Emma, die ihm an dem Grab seiner Frau zuhört, findet er jedoch ins Leben zurück.
Schreibstil:
Der Schreibstil hat mir außerordentlich gut gefallen. An manchen Stellen war er so emotional, dass mir doch glatt die Tränen in die Augen gestiegen sind.
„Ich konnte es nicht, weil ich keine Worte dafür fand. Traurig reichte nicht aus. Verletzt war die Untertreibung des Jahrhunderts. Ich glaubte, dass ein Teil von mir gemeinsam mit Zoey gestorben ist.“ – Kapitel drei
Ich habe noch kein Buch gelesen, in der die Trauer auf so vielfältige Art und Weise beschrieben wurde. Dadurch kamen meiner Meinung nach andere Gefühle zu kurz. Beispielsweise die Liebe. Die Trauer wurde als das Böse schlechthin dargestellt. Dann hätte es mich gefreut, wenn die Liebe als Gegenstück fungiert hätte.
Insgesamt kam mir der Schreibstil zwischendurch etwa zu ausschweifend und auch abschweifend vor. Die Autorin hat sich des Öfteren in Erzählungen der Vergangenheit verloren, die dann Gespräche unterbrochen hat.
Charaktere:
In diesem dünnen Buch gab es so unfassbar viele Menschen, das ich oftmals nicht hinterhergekommen bin. Ich werde mich jedoch nun nur auf Emma und Deacon konzentrieren.
Fangen wir mit Deacon an:
Deacon ist ein Witwer, der nichts als seine Trauer im Blick hat. Er hat seine geliebte Frau verloren und lässt sich von niemanden aufmuntern. Die Trauer macht ihn zu einem ernsten Menschen. Er lacht nicht viel und Witze macht er auch nicht. Verständlich – immerhin ist seine Frau gestorben.
Aber leider konnte ich auch keine Entwicklung über das Buch hinweg ausmachen.
Ich hätte mir gewünscht, dass Deacon neben der Trauer und den Schuldgefühlen noch etwas anders empfindet. Vielleicht sowas wie Glück oder Lebensfreude. Und wenn er diese Gefühle auch nur in kleinen Dingen entdeckt.
Weitergehend sind mir Kleinigkeiten aufgefallen, die Deacon etwas verweichlicht und “unmännlich” wirken ließen.
“Hilflos zuckte ich mit den Schultern und wusste ehrlich nicht, was ich antworten sollte.” – Kapitel drei.
Vielleicht mein ich ja auch etwas kleinlich, aber schon eine kleine Unformulierung hätte meiner Meinung nach die Wirkung verändert.
Zum Beispiel: “Innerlich völlig hilflos zuckte ich nach außen hin so gleichgültig wie möglich mit den Schultern.”
Versteht ihr, was ich meine? So wäre er ein sensibeler Mann, aber eben ein Mann und kein Weichei.
Das ist nur eines von einigen Textstellen.
Vielleicht hätte dieses Problem auch behoben werden können, wenn das Buch nicht nur aus Deacons Sicht geschrieben wäre. Dann hätten die weicheren Teile der Geschichte aus Emmas Sicht geschehen können.
Denn das führt mich zu einem weiteren Problem:
Ich habe Emma bis zum Enden des Buches nicht richtig kennenlernen könne. Hin und wieder fragt Deacon sie zwar was. Aber ihre Gedanken und Gefühle bleiben völlig undurchsichtig. Dabei ist sie vermutlich eine interessante Persönlichkeit.
Immerhin sagt nicht jeder zu einem Trauernden auf dem Friedhof:
“Und du solltest dringend einmal duschen. Deine Duftnote lässt Tote wieder aufstehen.” – Kapitel vier.
Emma hält wirklich nie mit ihrer Meinung hinter dem Berg und für manch einem mag sie unsensibel erscheinen. Doch ich vermute, dass Emma so sensibel ist, dass sie genau weiß, was sie zu einem Trauernden sagen kann, um ihn aufzumuntern oder abzulenken.
Wie gesagt, ich hätte sehr gerne mehr über sie erfahren.
Plot:
Die Autorin hat nie das große Ganze aus dem Blick verloren. Es ging nicht bloß um eine Frau und einen Mann, die sich begegneten und sich verliebten. Nein. Es ging um Trauer, Freundschaft, Familie, Musik und das Leben an sich.
Doch hier sehe ich auch eins der Dinge, die mich am meisten gestört haben: Es war viel zu viel Inhalt für die paar hundert Seiten.
So begann fast jedes Kapitel mit “Es waren so und so viel Monate” vergangen. Das nahm dem Ganzen die Leichtigkeit, der Geschichte zu folgen.
Außerdem besteht das Buch über die Hälfte daraus, dass Deacon dem Leser mitteilt (ihr könnt es an meiner bisherigen Rezi bestimmt schon erahnen), wie sehr er doch um seine Frau trauert.
Eine kleine Szene, in der mal etwas Action vorkommt, hätte dem Buch bestimmt nicht geschadet.
Fazit:
Ich glaube, meine Rezension klingt negativer als sie gemeint ist. Ich habe es wirklich genossen, dieses Buch zu lesen. Denn in ihm steckt viel Potenzial und der Schreibstil macht vieles wieder wett