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Veröffentlicht am 26.04.2023

So unglaublich aktuell, dass es schon fast unheimlich ist

Going Zero
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Gerade erst wird in den Nachrichten von der Forderung nach klaren Regeln für den Umgang mit KI, Künstlicher Intelligenz, berichtet:
„KI sei im Alltag angekommen und werde unser Leben grundlegend verändern“, ...

Gerade erst wird in den Nachrichten von der Forderung nach klaren Regeln für den Umgang mit KI, Künstlicher Intelligenz, berichtet:
„KI sei im Alltag angekommen und werde unser Leben grundlegend verändern“, hieß es in der Tagesschau vom 16.04.2023. Und auch die Sorge, „dass sich die Macht dieser KI-Systeme in zu wenigen Händen, von kommerziellen Interessen orientiert, bündelt“ (Holger Hoos, KI-Forscher RWTH Aachen), passt wie die Faust aufs Auge zu diesem Thriller.

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Zum Inhalt:
Ausnahmslos JEDEN ausfindig machen, in Echtzeit verfolgen und dessen nächste Schritte voraussagen – das ist das Ziel von Fusion, dem Projekt von Tech-Milliadär Cy Baxter.
Die CIA stellt ihm die erste Kooperation mit dem Privatsektor in Aussicht. Letzte Hürde ist das Bestehen des Betatests Going Zero: 10 ausgewählte Personen tauchen gleichzeitig ab. Nach zwei Stunden Vorsprung beginnt die Jagd durch Fusion. Innerhalb von 30 Tagen müssen sie alle Zeros festgesetzt haben.
Eine der Kandidatinnen ist die Bibliothekarin Kaitlyn Day: unscheinbar, gewöhnlich, ein potenziell leichtes Ziel! Doch sie verfolgt einen ausgeklügelten Plan, spielt Katz und Maus mit Fusion. Es winken drei Millionen Dollar Prämie.
Doch dies ist nicht ihre einzige Motivation…


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Meine Eindrücke:

Ich bin sehr froh, dass ich trotz des optisch wenig ansprechenden Covers auf dieses Buch und diesen Autor gestoßen bin. Eine fesselnde Geschichte, mit einem mehr als aktuellem Thema, interessanten Persönlichkeiten und Akteuren… und einem hohen erzählerischen Wert. Trotz teils 7 zeilenlangen Sätzen bleibt der Schreibstil klar und leicht, durch detaillierte Gedankengänge und viele Perspektivwechsel die Erzählung mitreißend, die Handlung durch den Countdown und die Jagd spannend bis zum Schluss. Noch dazu erzählt in kurzen Kapiteln, fiel es mir sehr schwer, das Buch aus der Hand zu legen!

Und ich kann mir nicht helfen: den Drehbuchautor in Anthony McCarten merkt man diesem Roman an. Die szenische Erzählweise, die detaillierten Beschreibungen von Bewegungen und Umgebung, den Sinn für Dramaturgie – sie werteten diesen Thriller noch einmal auf.

Geschickt werden die verschiedenen Standpunkte bezüglich des technologischen Fortschritts bei künstlicher Intelligenz in Form von verschiedenen Charakteren beleuchtet und das Hinterherhinken von Regierungsbehörden verglichen mit dem Privatsektor betont.
Durch Bezugnahme sowohl auf die Corona Pandemie als auch den Ukraine Krieg, erscheint die Handlung real und unmittelbar.

Man muss nicht paranoid sein, um beim Lesen dieses Romans nachdenklich zu werden. Schließlich betrifft er nicht nur jeden der Social Media nutzt, sondern auch alle, die neuere elektronische Geräte nutzen: Handy, Computer oder Laptop, aber auch Fernseher, Spielekonsole, ein Auto.
Welche der erwähnten Techniken existieren bereits? Wieviel gebe ich selbst im Internet preis? Wieviel Privatsphäre gibt es heutzutage noch? Und schlussendlich: Haben wir die Kontrolle bereits verloren?

Eines wird jedenfalls klar: der Aufwand, den man betreiben muss, um tatsächlich keine Spuren zu hinterlassen, ist bereits heute so hoch, dass man den resultierenden Zustand eigentlich nicht mehr ein „normales“ Leben nennen kann.

Leichte Abzüge in der B-Note gibt es für ein paar handlungs- und charakterbezogene Fragezeichen gegen Romanende.

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Mein Fazit:

Ein sehr lesenswerter Thriller, der aktueller nicht sein könnte und uns alle betrifft. Noch dazu mit hohem erzählerischem Wert, fesselnder Spannung und einer Anregung zur Selbstkritik.

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Veröffentlicht am 20.04.2023

Von dem Mut das Fürchten zu überwinden

Der kleine Beuteldachs
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Wer kennt irgendwo knackt und raschelt es und man fragt sich...wer ist da? Wer beobachtet mich?

Genauso geht es dem kleinen Beuteldachs, der zusammen mit seinem Papa auf dem Weg zu seiner Oma durch den ...

Wer kennt irgendwo knackt und raschelt es und man fragt sich...wer ist da? Wer beobachtet mich?

Genauso geht es dem kleinen Beuteldachs, der zusammen mit seinem Papa auf dem Weg zu seiner Oma durch den dunklen Wald läuft.
Bei jedem Geräusch denkt er, dass sich dort jemand versteckt und sie beobachtet oder verfolgt. Hirsche? Bären? Füchse? Oder gar Wölfe?
Papa Beuteldachs lässt sich zu jedem Tier einen Grund einfallen, warum diese gerade auf gaaaaar keinen Fall im Wald sein können und reimt dabei sogar ein bisschen.

Ich hatte den Eindruck, er wollte damit nicht nur seinen Sohn, sondern vor allem auch sich selbst beruhigen.

Tatsächlich verstecken sich die Tiere im Wald vor den Beuteldachsen.....weil SIE sich vor ihnen fürchten.

Eine ganz liebevolle Geschichte über Furcht und Vorurteile, die sich nicht immer bewahrheiten. Gleichzeitig eine Anregung zum Mutigsein und für mehr Offenheit.

Die Illustrationen sind schön gestaltet und erinnern ein bisschen an Wimmelbilder: Viele Tiere verstecken sich im Wald und viele witzige kleine Szenen warten darauf entdeckt zu werden.

Die Schriftart gefällt mir sehr gut und die hervorgehobenen Worte helfen der Geschichte beim Vorlesen mehr Ausdruck zu verleihen.

Das Ende kommt etwas abrupt, allerdings wird die Geschichte im Vor- und Nachsatz des Buchs fortgeführt und bietet dort eine tolle Anregung weiter über die Geschichte zu sprechen. Denn statt der oft einfarbigen Doppelseiten, die den Buchdeckel vorne und hinten mit dem Buchblock verbinden, gibt es hier je ein großes Bild, dass die Vorgeschichte und den Schluss "erzählt".

Für mich ein sehr gelungenes Kinderbuch.


Schade: Obwohl das Setting im Wald so anmutet, als könnten wir dem kleinen Beuteldachs und seinem Papa jederzeit über den Weg laufen, werden wir ihm wohl doch nur begegnen, wenn wir eine weite Reise auf uns nehmen: nach Australien, Neuguinea oder einige östliche Inseln Indonesiens.

Ich finde es eine tolle Idee, sie in einem Kinderbuch zu verewigen. Gerade wenn 4 Arten dieser Ordnung bereits ausgestorben sind.


Mein Fazit:

Ein liebevolles Kinderbuch mit großen Bildern, die viel Raum zum Suchen und Entdecken bieten.
Und das mindestens die Erwachsenen schmunzeln lässt.

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Veröffentlicht am 15.01.2023

Am Ende sind wir doch alle nur gewöhnliche Menschen

Das glückliche Geheimnis
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Meine Eindrücke:

Arno Geiger schreibt, in jedem von jemand anderem persönlich Geschriebenen entdeckt man etwas von sich selbst.
Dem kann ich nach der Lektüre seiner Autobiografie „Ein glückliches Geheimnis“ ...

Meine Eindrücke:

Arno Geiger schreibt, in jedem von jemand anderem persönlich Geschriebenen entdeckt man etwas von sich selbst.
Dem kann ich nach der Lektüre seiner Autobiografie „Ein glückliches Geheimnis“ zustimmen. An manchen Stellen kam es mir so vor, als erzähle er auch ein klein wenig von mir.

Er erzählt von seinem Leben, seiner Familie, seinem bereits frühen Ziel Schriftsteller zu werden, seinen Beziehungen und Affären, seinen Zweifeln, Ängsten und Hoffnungen, Gesundheit und Krankheit, von Erfolg und Misserfolg – und natürlich von seinem glücklichen Geheimnis. Seinem Doppelleben. Der Quelle seiner Inspiration oder vielmehr: der Quelle eines vielschichtigen und ausgeprägten Eindrucks des gewöhnlichen Menschen, die er als Schriftsteller genutzt hat. Ein Geheimnis, das ihm Halt geboten hat und – zumindest in dieser Autobiografie - wie ein roter Faden durch sein Leben geführt hat.
Spannend finde ich auch, dass sein Geheimnis in Deutschland aufgrund der technischen Begebenheiten so gar nicht möglich gewesen wäre

Dafür, dass ich bisher kein Buch von Arno Geiger gelesen habe, fand ich es sehr interessant ihn kennenzulernen. Ich war beeindruckt von seiner Wortgewandtheit (der initiale Anreiz für mich, das Buch zu lesen) und Ausdrucksform, obwohl mich letztere doch stellenweise manchen Satz mehrmals lesen lies. Positiv fand ich seine offene Selbstreflexion und auch Selbstkritik, teils humorvoll, teils philosophisch.

Es ist für mich kein „Buch für zwischendurch“, das sich leicht nebenbei liest, denn es erfordert Konzentration, obwohl es in einem angenehmen Stil erzählt ist. Es ist aber schon ein Buch das man wieder aufnimmt, wenn man es mal beiseitegelegt hatte, denke ich.

Einzig die Passagen, in denen er von seinen Affären oder holprigen Beziehungen erzählt, fand ich etwas müßig. Das mag auch daran liegen, dass wir wohl eine etwas verschiedene Definition von Treue haben. Trotz der „nur“ 237 Seiten habe ich recht lange gebraucht, um es zu Ende zu lesen. Ob das nur an meiner eingeschränkt zur Verfügung stehenden Zeit gelegen hat, kann ich nicht genau sagen.


Mein Fazit:

Viele Stellen haben mich zum Nachdenken angeregt, einige zum Schmunzeln gebracht. Insgesamt habe ich die Geschichten aus seinem Leben gern gelesen und bin auch neugierig geworden auf seine Romane.
Eine Autobiografie, die selbst- und auch gesellschaftskritisch ist. Und sich durchaus auch lohnt, wenn man die Romane von Arno Geiger nicht kennt.

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Veröffentlicht am 01.11.2022

A miracel for christmas…oder auch davor ;-)

On a cosy Winter Night
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Jede Menge Weihnachtsstimmung und Herzenswärme, ein bisschen Drama und Herzschmerz zusammen mit gaaaanz viel Gefühl und Romantik – das erwartet euch bei diesem weihnachtlichen Liebesroman.


Zum Inhalt:
Seinen ...

Jede Menge Weihnachtsstimmung und Herzenswärme, ein bisschen Drama und Herzschmerz zusammen mit gaaaanz viel Gefühl und Romantik – das erwartet euch bei diesem weihnachtlichen Liebesroman.


Zum Inhalt:
Seinen Schatten entfliehen und für einen Abend in die Geborgenheit der Anonymität abtauchen – das ist Jonathans Ziel für das kommende Weihnachtsfest. Im Blue Café findet er genau dies: hier wird der eigene Name zusammen mit allen Sorgen an der Schwelle abgegeben. Durch einen Zufall landet auch Marley im Blue Café, die in Erinnerung an ihre schönsten familiären Weihnachtsfeste nach Seekers Hope zurückkehrt.
Als sich „Joe“ und „M“ in der Bar begegnen, empfinden sie sofort eine ganz besondere Verbundenheit. Ein verspielter Abend mit unvergesslichen Momenten, lässt eine ganz besondere Anziehung wachsen, die über die gemeinsame Nacht hinausgeht.
Eine verzweifelte Suche nacheinander beginnt, doch ohne den echten Namen oder eine Telefonnummer ist das Blue Café der einzige Anhaltspunkt…
Werden die zwei einen Weg zueinander finden?



Meine Eindrücke:

Dieser Roman war für mich der erste der Autorin Helen Paris (einem Pseudonym von Ute Bareiss, von der ich ebenfalls noch keinen Roman gelesen habe ), die auch die Reihe Lynnwood Falls schreibt.

Ich war bereits nach wenigen Seiten angetan von dem Schreibstil, der leicht, direkt, gut lesbar – kurzum: sehr angenehm ist und zum Abtauchen und Verweilen einlädt.
Helen Paris ist es durch ihre detailreichen und liebevollen Beschreibungen der winterlichen Umgebung mit seinen leisen Geräuschen und vielen Lichtern sowie der vielen Kleinigkeiten auf jeden Fall gelungen mich Anfang Oktober bereits in echte Weihnachtsstimmung zu versetzen… und mich – entgegen meiner persönlichen Regel – dazu zu bringen vor dem ersten Advent Spekulatius und Dominosteine zu kaufen

Diese wunderbaren Beschreibungen der Natur waren zusammen mit sehr einfühlsamen und unterhaltsamen Dialogen meine besonderen Highlights dieses Buchs. Ich fühlte mich als heimlicher Beobachter von Marley und Jonathan und konnte gar nicht genug davon bekommen den beiden bei ihrem zurückhaltenden, aber dennoch romantischen Kennenlernen zu lauschen. Mehr als einmal hatte ich dabei ein Schmunzeln auf den Lippen.

A propos: mit diesen beiden hat die Autorin zwei echte Sympathieträger gezaubert. Jonathan: ein Charmeur wie er im Buche steht, immer einen witzigen Spruch auf Lager, gutaussehend, wortgewandt und ein hoffnungsloser Romantiker. Marley: eher zurückhaltend, aber ausgestattet mit einer riesigen Portion Spontanität und Humor, jedoch voller Zweifel…die mich von Zeit zu Zeit in den Wahnsinn getrieben haben und mich vor Unverständnis mit den Augen rollen ließen.
Familiär könnten sie gegensätzlicher nicht sein: während Jonathan ein wahrer Familienmensch ist und eine große Familie hat, die sich stets unterstützt und bedingungslos liebt, hat Marley kürzlich nicht nur mit ihrem Großvater ihren letzten Verwandten verloren, sondern ihren Lebensgefährten, der sie betrogen, hat gleich mit. Sie ist, bis auf ihre Kollegen, die mehr ihre Freunde sind, allein. Und weckte in mir sofort die Hoffnung, dass sie in Jonathan nicht nur einen sie liebenden, wertschätzenden und unterstützenden Partner finden könnte, sondern in dessen Familie auch ein neues zu Hause.

Mit vielen Bildern und Vergleichen, die wie ganz selbstverständlich eingestreut werden, um die Gefühle der beiden füreinander zu beschrieben, gelingt es Helen Paris eine wohlig warme Atmosphäre zu schaffen, der man sich nur schwer entziehen kann.

Die Suche nacheinander, von der ich erwartet hätte, dass sie den Hauptteil der Geschichte ausmachen würde, stellt nur einen kleinen Teil dar, was mich etwas enttäuscht hat. Insgesamt, war mir dieser Aspekt ein klein wenig zu oberflächlich. Andererseits wäre es bei der kurzen Gesamtlänge schwierig gewesen an dieser Stelle viel tiefer zu gehen

Ein paar Worte noch zum Cover: Das empfand ich als überaus unpassend und ich bin sehr froh, dass ich es ignoriert und mich trotzdem an die Leseprobe gewagt habe. Abgesehen davon, dass Er für mich nicht aussieht wie Jonathan, hätte ich ein Bild des verschneiten Städtchens Seekers Hope, ein Pärchen beim Schneespaziergang oder vielleicht eine Schneekugel deutlich passender gefunden.


Mein Fazit:

Ich habe es sehr genossen mich von Helen Paris in das traumhafte Städtchen Seekers Hope entführen zu lassen und einfach mal ein bisschen schmachten und träumen zu können.
Daher empfehle ich es gern allen weiter, die eine kleine romantische Auszeit suchen.
Mit zwei Menschen, in die man sich einfach verlieben MUSS, ganz viel Gefühl und Weihnachtsstimmung, genau dem richtigen Touch an Intimität und einem sehr frühen und starken Wunsch nach einem Happy End

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Veröffentlicht am 21.10.2022

Macht Lust auf Mee(h)r !

Mord auf Vlieland
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Zum Inhalt:

Commissaris Griet Gerritsen hat eine schwierige Zeit. Sie hat ihren Lebensgefährten während eines Einsatzes verloren, bei dem sie nicht nach Vorschrift gehandelt hat. Als Folge musste sie ...

Zum Inhalt:

Commissaris Griet Gerritsen hat eine schwierige Zeit. Sie hat ihren Lebensgefährten während eines Einsatzes verloren, bei dem sie nicht nach Vorschrift gehandelt hat. Als Folge musste sie Europol verlassen. Nun beginnt für sie als Kommissarin in Fryslân – Friesland – ein neuer Lebensabschnitt. Doch ihr neuer Chef ist alles andere als begeistert und übergibt ihr einen Fall und ein Team mit dem er sie offensichtlich scheitern sehen will. Der Fall führt sie auf die Insel Vlieland und hinter dem Mord steckt mehr als sich zu Beginn erahnen lässt…



Meine Eindrücke:

Mord auf Vlieland ist der Auftakt zu Jan Jacobs‘ Krimireihe um Kommissarin Griet Gerritsen, die in Holland spielt.
Ich habe mir diesen Roman ausgesucht, weil mich das Zitat von Pierre Martin auf der Buchrückseite gelockt hat: „Wer Holland liebt, kommt an dieser Krimireihe nicht vorbei […]“.
Tatsächlich bin ich in den letzten 28 Jahren jeweils mindestens einmal im Jahr nach Holland gereist und es fühlt sich fast an wie ein zweites zu Hause. Doch dieses Jahr ist es bereits Mitte September und wir waren immer noch nicht dort…Da kommt schon langsam Sehnsucht auf und ich hoffte diese durch das Lesen dieses Krimis etwas zu stillen.

Eine schöne Reise nach Holland war das Buch allemal! Die Landschaft, das Flair, die Menschen, die Sprache…das Essen(!) – all das wurde sehr gelungen in diesem Roman vermittelt, sodass es für mich tatsächlich ein kurzer Ausflug nach Holland war.

Besonders toll fand ich die vielen kleinen Exkurse ins Nederlands – die niederländische Sprache. Im Gegensatz zu Andreas Grubers Maarten S. Sneijder, lernen wir hier nicht nur Flüche , sondern ganz viele Kleinigkeiten, wie die höflichen Anreden und Redewendungen.


Jan Jacobs‘ Schreibstil gefällt mir sehr. Er hat es geschafft mich direkt von der ersten Seite an abzuholen und abtauchen zu lassen – ohne jegliche Anfangsschwierigkeiten.

Die Geschichte wird aus Sicht von Commisaris Griet Gerritsen erzählt, die ganz frisch ihren neuen Job antritt und uns mitnimmt in den Beginn ihres neuen Lebensabschnitts in Friesland. Sie ist mir sehr sympathisch, manchmal jedoch etwas…reserviert, was an ihrer bewegten Vergangenheit liegen mag, mit der sie noch zu kämpfen hat. Sie ist eine erfahrene Ermittlerin und in meinen Augen ein guter Charakter für eine Reihe. Einiges erfährt man in diesem ersten Teil bereits über sie, vieles bleibt aber noch offen und sie daher eine interessante Protagonistin.

Ihr zur Seite gestellt werden Pieter und Noemi. Er, ein etablierter Ermittler mit ausgesprochen guter Auffassungsgabe, Familienmensch und mit einer großen Vorliebe für das holländische Essen: Von Bitterballen über Frikandel, Chocomel, Appelflappen zu Pannekoaken (seine Leibspeise) ist alles dabei! Sie eine junge, übereifrige, zielstrebige Berufsanfängerin, die gerne mal über das Ziel hinausschießt. Insgesamt ein sehr schön zusammengewürfeltes Team, dass erst zueinander finden muss.


Die Handlung ist „straight forward“: es gibt einen Mord, es gibt mehrere Verdächtige mit möglichen Motiven, die nach und nach ausgeschlossen werden können, bis sich schließlich durch einen glücklichen Zufall eine neue Spur ergibt und der Mörder ermittelt werden kann. Sie ist nicht so raffiniert, spannungsgeladen und zeitgetrieben wie beispielsweise bei einem Jo Nesbø oder Andreas Gruber. Aber gerade das fand ich bei diesem Krimi so schön: die spannende, aber gleichzeitig auch entspannte Ermittlungsatmosphäre, bei der sich viele einzelne persönliche Geschichten zu einer ganz neuen und unerwarteten verbinden. Ich habe sehr gerne mit Griet zusammen die einsame Landschaft betrachtet und bin ihren Gedankengängen zu den bisherigen Ergebnissen gefolgt!
Insgesamt eine Geschichte, die ich mir durch die schöne Atmosphäre auch sehr gut als Fernsehkrimi vorstellen könnte.


Mein Fazit:

Der perfekte Krimi für zwischendurch mit ganz viel Holland-Flair, der Lust auf Mee(h)r macht
Meine initialen Erwartungen wurden jedoch nicht erfüllt…im Gegenteil: meine Holland-Sehnsucht wurde nicht gestillt, sondern noch verstärkt Und mit Vlieland haben wir nun einen weiteren Ort auf unserer to go-Liste.

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