Gerade gelesen und für gut befunden :)
Was kostet die Liebe?England, 1815 - die Regency-Epoche, in der Frauen kaum mehr Bedeutung zukam, als den Haushalt ordentlich zu führen und Kinder zu gebären.
In dieser Zeit lebt die Protagonistin Bess Berwin, die nach dem ...
England, 1815 - die Regency-Epoche, in der Frauen kaum mehr Bedeutung zukam, als den Haushalt ordentlich zu führen und Kinder zu gebären.
In dieser Zeit lebt die Protagonistin Bess Berwin, die nach dem Tod ihres Vaters am Rande der Gesellschaft die Führung des Handelsunternehmen übernimmt. Es war damals geradezu verpönt, dass eine Frau arbeitete und erst recht nicht alleine u.a. männliche Arbeiter beaufsichtigte - mit diesen Vorurteilen hat die liebe Bess stark zu kämpfen und sie muss nach London, um geeignete Verkäufer ihrer Ware zu finden, um das Unternehmen und ihr Vermögen zu retten.
Ihrer Schwester zuliebe nimmt sie an der Saison teil und begegnet immer wieder einem charmanten Kerl, der ihr anfangs zwar ebenfalls bedeutsame Vorurteile und Abschätzung entgegen bringt, sich später jedoch nicht mehr von ihr fernhalten kann.
Doch Bess glaubt nicht an die Liebe für sich und versucht stattdessen, all ihre Probleme allein und ohne Hilfe zu lösen - mit krtischem Ausgang.
Felicity D'Or hat mich komplett überzeugt mit dieser wunderbaren Geschichte, die mit ganz viel Leidenschaft, Verantwortung, Selbstbewusstsein & -bestimmtheit, Humor und natürlich Liebe, gewürzt mit einer Prise Krimi ein großartiges Buch ergibt.
Die Figuren
Elizabeth (Bess): Bess ist eine großartige junge intelligente Frau, die wenig auf die Konventionen und gesellschaftlichen Zwänge gibt - was man immer wieder merkt - und was sie absolut sympathisch macht. Sie ist selbstbewusst, schlagfertig und hat keine Scheu, ihre Stärke auch zu zeigen. Ich liebe ihren Sarkasmus und die Art wie sie Damien so manches Mal hervorragend kontert. Die Protagonistin trägt viel Verantwortung, doch sie nutzt sie gut und außerdem liebt sie ihre kleine Schwester so sehr, dass sie Berge für sie versetzen würde. - Auch wenn Bess ziemlich engstirnig ist und glaubt, sie müsste die ganze Welt alleine retten.
Kurzum: Ich hätte auch gerne ihre Art von Kraft und Stärke, die alle Mitmenschen beeindruckt.
Damien: Er ist Bess Gegenspieler, ein Gesellschaftsmensch durch und durch - ein typischer Macho, der sich seinen Privilegien zu sehr bewusst ist und seine Stellung durchaus ausnutzt. Dennoch ist auch er unglaublich liebevoll im Umgang mit seiner Familie. Er hat zunächst starke Vorurteile und doch kann er sich Bess' Bann nicht mehr entziehen - seine Leidenschaft ist berauschend. Auch er trägt viel Verantwortung und ich finde es wunderschön, wie aufmerksam er ist und sich um Elizabeth kümmern möchte.
Der Schreibstil
Man merkt, dass sich die Autorin intensiv mit der Zeit auseinander gesetzt hat und die damaligen (seltsamen) Gepflogenheiten gut darstellen kann. Man bekommt einen umfassenden Einblick in das gesellschaftliche Leben englischer Aristokraten im 19. Jahrhundert und insbesondere das Problem der niederen Stellung der Frau wird beleuchtet. Das finde ich großartig und auch wichtig, um das Kriterium des Historischen Romans zu erfüllen.
Prinzipiell mag ich eher den Ich-Erzähler, weil man so als Leser direkt in die Geschichte mit einbezogen wird, der hier durch einen Er-Sie-Erzähler ersetzt wird. Dies hat zur Folge, dass man eher als Zuschauer am Rande des Geschehens fungiert.
Gut fand ich den Wechsel der Perspektive, sodass man sowohl Bess als auch Damiens Sichtweise erleben konnte, schwierig war es für mich aber zum Teil durchzusehen, wer jetzt denkt, weil es nicht explizit oben drüber stand. Ich hatte bei manchen Abschnitten auch den Verdacht, dass es die Zofe war, die gerade ihre Bedenken ausspricht, aber da bin ich mir unsicher.
Die Geschichte
Prinzipiell ist es fast wie die meisten Bücher aus dem Genre, eher eine leichte Geschichte statt harter Towak, eher was für einen lauen Sommerabend oder für den Strand. Aber um intellektuell gefordert zu werden kann man ja auch gleich ein Sachbuch lesen. ^^
Ich für meinen Teil konnte mich in der Handlung verlieren, Spannung war bis zuletzt vorhanden und ich finde es immer wieder großartig, die Entwicklung einer Liebe auf dem Papier mitverfolgen zu können. Toll fand ich im Übrigen auch, dass Bess keine 08/15 Heldin ist, die gleich beim ersten Verehrer in Ohnmacht gefallen, sondern sich ihrer selbst bewusst ist und es dem netten Herrn gar nicht mal so leicht macht.
Die Zuspitzung der Lage am Ende war tatsächlich eine der ganz anderen Sorte, als man sonst vermuten würde und erfrischend lebendig und sehr überraschend, selbst für eine Leserin wie mich, die bereits zahlreiche historische Liebesromane verschlungen hat.
Das Cover
Zum Schluss noch ein kurzes Wort zum Cover, dass ich bisweilen sehr hübsch und ansprechend finde, mir jedoch ein bisschen in meine eigene Vorstellung von Bess hineingegrätscht ist - gerade weil Bess eher als zurückhaltende Schönheit im dunkelblauen Gewand ohne viel Make-Up beschrieben wird. Aber das muss jeder selbst entscheiden. Insgesamt unterstützt es das Thema des Buches aber gut.
Insgesamt meiner Meinung nach absolut empfehlenswert für alle, die sich im Genre des historischen Liebesromans verlieren können.