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Veröffentlicht am 17.05.2024

Eine Liebeserklärung an die Ostsee

Blind Date mit Möwe
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1. Kurzzusammenfassung

"Blind Date mit Möve" von Yvonne Struck erzählt die Kennenlerngeschichte von Lisa und Jonas. Beide haben die Nase voll vom oberflächlichen Kennenlernen, was das Onlinedating heutzutage ...

1. Kurzzusammenfassung

"Blind Date mit Möve" von Yvonne Struck erzählt die Kennenlerngeschichte von Lisa und Jonas. Beide haben die Nase voll vom oberflächlichen Kennenlernen, was das Onlinedating heutzutage so mit sich bringt. Nach einer weiteren Enttäuschung wird Lisa von ihrer besten Freundin Mareike bei "The Voice of Love" angemeldet. Jonas, der von seinem guten Freund und Arbeitskollegen Timo ebenfalls angemeldet wurde, will ihm beweisen, dass es möglich ist, sich auf diese Weise zu verlieben. Und genau das verspricht die Datingseite. Die Revolution des heutigen Datings! Nutzerinnen und Nutzer haben Dates, bei denen sie sich online unterhalten können, ohne jedoch wichtige Informationen wie Aussehen, Alter, Beruf, finanzielle und allgemeine Lebenssituation auszutauschen. Beide sind anfangs noch skeptisch, doch geben dem Ganzen eine Chance. Aber die Fragen zur jeweils anderen Person kreisen in den Köpfen. Ist mein Gegenüber wirklich in meinem Alter? Passen die jeweiligen Lebensstile zueinander? Akzeptiert sie meine familiären Verpflichtungen? Lisa und Jonas lernen sich immer besser kennen. Was sie nicht wissen, ihre Leben überschneiden sich auch ausserhalb der Datingseite und das nicht gerade unerheblich.

"Blind Date mit Möve" ist Yvonne Strucks erster Erwachsenenroman. Neben zahlreichen Jugendbüchern und einem Bilderbuch schreibt sie auch Theaterstücke.


2. Persönliche Meinung

Ich hatte mich auf eine leichte, romantische Sommerlektüre gefreut und wurde nicht enttäuscht. Das Buch liess sich super schnell lesen und es gab mehrere Stellen, an denen ich es nicht weglegen wollte und konnte. Die Geschichte ist abwechslungsweise aus der Perspektive von Lisa und Jonas erzählt, was es sehr leicht gemacht hat, die Charaktere und ihre Handlungsweisen zu verstehen. Die Erzählweise trägt auch dazu bei die Verknüpfung der Leben der beiden Hauptprotagonisten glaubhaft darzustellen. Allgemein ist es der Autorin sehr gut gelungen, mich als Leserin mit nach Lübeck, Travemünde (Priwall) und an den Arbeitsort von Lisa mitzunehmen. Durch diese guten Beschreibungen habe ich auch verstanden, wie wichtig die geografische Umgebung für die beiden (aber vor allem für Lisa) ist. Mir haben die Entwicklungen, die die Figuren durchmachen, sehr gut gefallen, weil ich nicht damit gerechnet habe, dass das Buch dann doch noch so viel Tiefgang haben wird. Ich möchte nicht zu viel vorwegnehmen, drum hier nur grob einige Themen angeschnitten: Die Figuren lernen für sich selbst einzustehen, arbeiten an ihrer Angst nicht zu genügen, beleuchten ihre familiären Strukturen.

Dadurch dass sich das Buch thematisch dann doch mit vielem beschäftigt, geht zeitweise das Onlinedating-Thema etwas unter. Für mich hätten die Dates gerne auch mehr ausgeführt werden können und was dieser Kennenlernprozess nur mit der Stimme mit den Figuren macht. Ich fand es auch etwas schade, dass der anfängliche Grund, wieso Jonas auf der Seite "The Voice of Love" angemeldet wurde, im Verlauf der Geschichte keinen Konflikt mehr darstellt. Stellenweise ist die Geschichte auch etwas vorhersehbar, was mir aber nicht den Spass daran genommen hat (aber das variiert vielleicht von Person zu Person).


3. Fazit

Das Buch ist definitiv eine entspannte, angenehme und romantische Sommerlektüre, die sich schnell verschlingen lässt und einen nach Lübeck und auf den Priwall in Travemünde transportiert. Ich würde diesem Buch auf jeden Fall eine Leseempfehlung aussprechen, gerade wenn man als Leser:in gerne voll in das Leben der Figuren eintaucht und nichts gegen etwas Tiefgang in einer Liebesgeschichte hat.

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Veröffentlicht am 20.04.2024

Zwischen den politischen Fronten

Alles gut
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Im Debütroman "Alles gut" von Cecilia Rabess begleiten wir Jessica "Jess" Jones, die kurz nach ihrem Universitätsabschluss ihren ersten Job in der Finanzbranche bei Goldman Sachs in New York beginnt. Dort ...

Im Debütroman "Alles gut" von Cecilia Rabess begleiten wir Jessica "Jess" Jones, die kurz nach ihrem Universitätsabschluss ihren ersten Job in der Finanzbranche bei Goldman Sachs in New York beginnt. Dort trifft sie auf ihren ehemaligen Mitstudenten Josh, mit dem sie bereits während eines Seminars hitzige Diskussionen hatte aufgrund ihrer unterschiedlichen politischen Ansichten. Jess' Freude über ihren neuen Arbeitskollegen hält sich daher verständlicherweise in Grenzen. Jess wird mit dem harten Alltag als Schwarze Frau in dieser weissen, männerdominierten Branche konfrontiert, in der sie zu Beginn nur gut genug ist, um den anderen Kaffee zu bringen und Anrufe entgegenzunehmen. So hat sie sich ihren Berufseinstieg als Investmentbanking-Analystin nicht vorgestellt. Aber die talentierte Jess lässt sich nicht unterkriegen und gibt ihr Bestes, um mit ihren Kollegen mithalten zu können.
Josh, der insgeheim schon zu Universitätszeiten beeindruckt war von Jess' Art, freundet sich mit ihr an und versüsst ihr schon bald den fordernden Arbeitsalltag. Gemeinsam können sie sich stundenlang über mathematische Wahrscheinlichkeiten und Theorien unterhalten und Jess schätzt das Gefühl sehr, doch nicht ganz alleine zu sein in dieser grossen Bank. Doch als sich zwischen den beiden mehr als nur Freundschaft entwickelt, merken sie, dass die früheren Dispute in der Universität aktueller denn je sind. Jess und Josh sind einem Spannungsfeld aus beruflichem Erfolg, finanzieller Sicherheit, für sich selbst einzustehen und dem Bild einer Schwarzen Frau gerecht zu werden, ausgesetzt. Kann man eine glückliche Beziehung mit einer Person führen, die einen anderen politischen Standpunkt vertritt und lohnt es sich um eine solche Beziehung zu kämpfen?
Die Schwarze Autorin Cecilia Rabess, konnte als ehemalige Data Scientist bei Google und Goldman Sachs selbst eigene Erfahrungen in die Geschichte von Jess einfliessen lassen.


Die Übersetzung aus dem Englischen von Simone Jakob fand ich gut geschrieben und konnte das Buch manchmal nur schwer weglegen. Die Geschichte arbeitet oft mit Abschnitten, die auch in der Vergangenheit spielen und so einen Kontext für die Handlungen der Protagonisten im "Jetzt" bieten. Jess hat in ihrem Leben bereits viele rassistische Situationen und Vorurteile erlebt. Diese prägen die junge Frau, sie spricht diese an und kann sich dabei auch oft in Rage reden. Ich fand die Darstellung ihres Charakters daher sehr realistisch. Josh, der als weisser, heterosexueller Mann viel weniger der Politik von Trump und Konsorten zum Opfer fällt, hat für mich in der Geschichte Jess gegenüber zu wenig Verständnis gezeigt. Er hat sehr viele ihrer Ängste heruntergespielt, sodass ich irgendwann keinen Gefallen mehr an einer Beziehung zwischen den beiden gefunden habe. Ich glaube dennoch, dass auch er realistisch dargestellt wurde als Charakter.
Zeitlich spielt der Haupthandlungsstrang in den Vereinigten Staaten gegen Ende der Amtszeit von Barack Obama und thematisiert unter anderem die von weissen Männern dominierte Finanzbranche, soziale Herkunft, Interracial Beziehungen, aber auch Beziehung zu Eltern und Freunden aus der Perspektive einer jungen Schwarzen Frau, was ich unglaublich interessant und lehrreich fand. Die Aufmachung des Buches ist sehr hübsch und die Erdbeere findet sich auch in der Geschichte am ein oder anderen Ort wieder.


Am Ende hat die Geschichte für mich zu viele Problematiken angesprochen, aber nicht Lösungsvorschläge gebracht, wie man denn nun in einer Gesellschaft UND VOR ALLEM IN EINER BEZIEHUNG miteinander umgehen soll, wenn sich Meinungen teilweise drastisch unterscheiden. Oft haben die Charaktere sich angeschwiegen oder gewisse Themen ausgeklammert, die zu einem Konflikt führen könnten und das widerspiegelt für mich leider weder eine gesunde Debattenkultur noch eine gesunde Beziehung.

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