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Veröffentlicht am 03.08.2021

Alte Kamellen!

Daringham Hall - Das Erbe
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Ich gebs zu: Ein absoluter Covergriff. Man darf ja wohl noch hoffen, dass sich hinter solch hübscher Verpackung auch ein überzeugender Inhalt verbirgt. Noch dazu hatte ich eine positive Rezension im Hinterkopf. ...

Ich gebs zu: Ein absoluter Covergriff. Man darf ja wohl noch hoffen, dass sich hinter solch hübscher Verpackung auch ein überzeugender Inhalt verbirgt. Noch dazu hatte ich eine positive Rezension im Hinterkopf. Mein Fall war es aber letztendlich definitiv nicht. Es mutet wie ein modernes Downtown Abbey an, nur noch langweiliger (in meinen Augen). Es ist einfach eine Geschichte, wie man sie gefühlt schon tausendmal gelesen hat. Alles ist sehr blumig und rosig verpackt trotz der vielen Konflikte. Und außerdem ist es sehr vorhersehbar. Einzig das Setting hat mir wirklich sehr gut gefallen. Aber die Charaktere, z.B. Kate, waren viel mehr eine unzugängliche Fassade als eine interessante Gesellschaft für eine Leserin wie mich.

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Veröffentlicht am 02.08.2021

Hart, derb, menschlich!

Das Wochenende
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Titel: Das Wochenende
Verlag: Diogenes
Seiten: 240
Erscheinungsjahr: 2010 (2008)
ISBN: 978-3-257-23965-2
Genre: Klassiker, Krit. Unterhaltung, Zeitgeschehen
Art: flexibler Einband


"Sie fand auch ...






Titel: Das Wochenende
Verlag: Diogenes
Seiten: 240
Erscheinungsjahr: 2010 (2008)
ISBN: 978-3-257-23965-2
Genre: Klassiker, Krit. Unterhaltung, Zeitgeschehen
Art: flexibler Einband


"Sie fand auch Jörg krank. Muss nicht krank sein, wer Leute umbringt, nicht aus Leidenschaft und Verzweiflung, sondern klaren Kopfs und kalten Bluts? (. . .) Nein, Margarete konnte nur das Mitgefühl haben, das man mit Kranken hat. War das zu wenig?"



"Christiane hatte eine Tischordnung gemacht, und vor jedem Teller stand ein Kärtchen mit Namen und Bild - einem Bild von damals. "






Jörg wird zwanzig Jahre nach seinen terroristischen Vergehen im Rahmen der RAF aus der Haft entlassen, kurz vor der erwarteten Begnadigung durch den Bundespräsidenten. Seine Schwester Christiane holt ihn ab und bringt ihn zu dem alten Landsitz, wo sie ein gemeinsames Wochenende mit den Freunden von damals verbringen werden, die sie zu diesem Anlass eingeladen hat und die Jörg bereits erwarten. Dazu gehört der Journalist Henner, der früher Christiane den Hof gemacht hat, aber angesichts ihrem engen Verhältnis zu ihrem Bruder aufgegeben hat. Jörg ist über dessen Anwesenheit nicht erfreut, weil er davon ausgeht, dass Henner ihn damals verraten hat. Auch der Laborkettenbetreiber Ulrich, die Bischöfin Karin und die schriftstellerische Lehrerin Ilse, Anwalt Andreas und Christianes Mitbewohnerin Margarethe sind mit von der Patie. Sie alle haben während der zwanzig Jahre ihren Weg ins bürgerliche Leben gefunden und zucken nicht vor einer großen Menge an Vorwürfen gegen Jörg zurück. Einzig der deutlich jüngere Marko möchte ein neues revolutionäres Feuer in Jörg entfachen und ihn zu weiteren Kämpfen antreiben. Und dann taucht auch noch Jörgs Sohn Ferdinand auf, der seiner Enttäuschung Luft lässt. Schaffen sie es, der aufgewühlten Vergangenheit standzuhalten und neu zueinander zu finden?



"Die Terroristen unsere verirrten Brüder und Schwestern?‘ Ulrich schüttelte den Kopf und verzog das Gesicht zu einem Ausdruck nicht nur der Ablehnung, sondern der Abscheu. ‚Glaubt ihr das auch?‘ Er sah in die Runde."







Ich gehöre wohl zu den wenigen Leser*innen, die an diesem Buch mindestens genau so viel Gefallen finden wie an Schlinks bekanntestem Werk "der Vorleser". In meinem Fall sogar noch ein Ticken mehr. Dagegen hat "Das Wochenende" von vielen Literaturkritikern eine eher dürftige Bewertung erhalten.

Ich habe das Buch zweimal hintereinander als Hörbuch gehört, weil ich an einigen Stellen unaufmerksam war und es so kompensieren wollte. Ich kann auf jeden Fall empfehlen, es direkt mit der gedruckten Version zu versuchen. Nicht, weil die Vertonung zu wünschen übrig ließe, sondern weil ich mir vieles markieren wollte und es nicht konnte. Eine Eigenheit des Romans sind die verschlüsselten Elemente bezüglich der Figurenkonstellation. Wer ist jetzt nochmal wer und auf welcher Erzählebene befinden wir uns? Ich mag sowas ja, allerdings hat das Audioformat die Orientierung nochmal erschwert.

Wer sich intensiv mit der RAF-Thematik beschäftigen will, der ist hier vielleicht nicht richtig. Das Thema wird oberflächlich bzw. aus philosophischer, ethischer Perspektive aufgegriffen (Kann Schuld verjähren? Welche Strafe ist angemessen? Bis zu welchem Punkt sind Revolutionen gerechtfertigt? Inwiefern sind die Taten der RAF besser als die eines jeden anderen Terrorismus oder sogar des Nationalsozialismus?), was einer der Hauptpunkte der Kritik ist. Ich kann diesen Punkt nicht nachvollziehen, da nie der Anspruch erhoben wurde, es handle sich um eine aufklärende Schrift. Ich fand es spannend zu sehen, wie die Vergangenheit Keile zwischen die Freunde treibt und Risse in der neu gebildeten bürgerlichen Fassade hinterlassen. Müsste ich zusammenfassen, worum es geht (Grins), so würde ich die Rolle des Terrorismus gar nicht in den Mittelpunkt stellen, sondern das Spannungsverhältnis von Vergangenheit und Gegenwart: Können wir unsere Werte und uns selbst im Laufe unseres Lebens verändern? Hier gibt es genug Zündstoff für solche und noch mehr Gedanken.
Ich fand es in diesem Sinne auch gut, dass durch das Zusammentreffen auch andere, belanglosere Themen aufkamen. Ce la vie!

Wiedermal typisch für Schlink, ein geschichtspolitisches Thema aus Sicht der Gegenwart aufzuarbeiten und dabei auch sexuelle Themen mit ins Spiel zu bringen. Die Sprache ist reich an wörtlicher Rede, hier und da auch ein wenig derb.

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Veröffentlicht am 11.07.2021

Achtung, ansteckend: London-Fieber!

Dein Herz in tausend Worten.
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Nach der Leseprobe war ich schon wieder in meiner Sehnsucht nach London verloren. Nach dem Buch erst recht. Und dann spielt es auch noch in Notting Hill... ich hatte tatsächlich vor der Lektüre die Befürchtung, ...

Nach der Leseprobe war ich schon wieder in meiner Sehnsucht nach London verloren. Nach dem Buch erst recht. Und dann spielt es auch noch in Notting Hill... ich hatte tatsächlich vor der Lektüre die Befürchtung, es könnte sich in Klischees verlieren. Hat es das? Irgendwie schon, aber auf eine liebevolle Art, ohne dass es gestört hätte. Was für mich dann aber wirklich ein Haar in der Suppe war, war die Seichtheit der Geschichte. Der Plot kann sehr einfach rekonstruiert werden und ist nicht viel komplizierter als ein Kindermärchen. Jetzt mag man einwerfen, dass schon das Cover und der Titel auch nichts anderes versprechen. Ja, aber es ist so vorraussehbar, dass das Mitfiebern quasi nicht stattfinden kann. Das kann man aber auch als Vorteil sehen: Als Leser*in kann man sich zurücklehnen und das Buch genießen, Vertrauen schenken, dass schon alles gut wird.

Ein weiterer Kritikpunkt ist die Protagonistin. Sie verhält sich SEHR kindisch und das hat nichts mit ihrer sozialen Phobie zu tun. Als ich gelesen habe, dass sie schon über dreißig ist, bin ich fast vom Stuhl gefallen. Es fühlte sich an der einen oder anderen Stelle unglaubwürdig an. ABER: Gerade hier steckt die positive Message, die ich sehr begrüße: Jeder hat sein eigenes Lebenstempo und seine eigenen Steckenpferde. Es hat mir tatsächlich Mut gemacht zu sehen, wie Milly aus sich rauskommt. Was für ein Name (kein Namensbashing)!

Eine weitere Auffälligkeit stellt der Schreibstil dar, im positiven Sinne. Ständig werden Gegenstände und Ereignisse personifiziert, wodurch ein humorvoller Touch Einzug hält. Das hat mir sehr gefallen. Auch der Wechsel der Erzählperspektive hat Schwung reingebracht, wobei es mich etwas irritiert hat, dass der personelle Erzähler, der für Will gesprochen hat, denselben Ton hatte wie Milly als homodiegetische Erzählerin.
Die Idee der Geschichte mit den unveröffentlichten Manuskripten ist spitze, allerdings finde ich das innovatives Vorhaben am Ende (verzeiht mir meine kryptische Formulierung, aber ich will nicht spoilern) sehr an den Haaren herbeigezogen.
Wofür man dann doch ein bisschen Geduld aufbringen muss, sind die kitschigen Beschreibungen in dem zitierten Manuskript und die Geschwindigkeit, mit der sich Milly und Will verlieben. Und vor allem für die Begebenheiten, die ihnen das ermöglichen. Kann der Zufall das noch auffangen oder ist eine höhere Macht im Spiel? Das meinte ich, als ich Kindermärchen sagte. Und an alle, die das Buch bereits gelesen haben, was haltet ihr von der Eule?

Insgesamt wird jeder nostalgische Buch- und Londonliebhaber mit Affinität zu Romantik hier auf seine Kosten kommen. Das Buch ist berechtigterweise ziemlich dünn, sodass die Seichtheit nicht stark ins Gewicht fällt. Wer sich an den Film "Nottin Hill" mit Julia Roberts erinnert fühlt, liegt nicht ganz falsch. Die Location und Chemie der Liebesgeschichte stimmen überein. Aber im Charme der Protagonistin und dem Erzählstil erkenne ich Bridget Jones eher wieder, wobei Bridget natürlich viel cooler ist.

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Veröffentlicht am 10.07.2021

Unspektakulär...

Nicht ein Wort
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Wo soll ich anfangen? Vielleicht erstmal da, wo ich vor der Lektüre stand. Mit mir und Thrillern ist es nämlich immer so eine Sache. Ich würde sagen, dass ich in den meisten Monaten mindestens einen lese ...

Wo soll ich anfangen? Vielleicht erstmal da, wo ich vor der Lektüre stand. Mit mir und Thrillern ist es nämlich immer so eine Sache. Ich würde sagen, dass ich in den meisten Monaten mindestens einen lese und trotzdem ist es nicht mein liebstes Genre. Bzw. habe ich besonders in dieser Abteilung hohe Ansprüche. Es ist aber auch sehr knifflig, einen Thriller zu einem guten Ende zu bringen... Das ist hier leider nicht der Fall. Ich mochte das Verhältnis, das der Lesende automatisch zu dem homodiegetischen Erzähler (Richter Samspon) aufbaut, nicht. Man fühlt sich diesem verpflichtet und auf der anderen Seite ist man in seinem Kopf gefangen. Das hört sich auf den ersten Blick interessant an, aber tatsächlich hat mich die Perspektive schon nach wenigen Kapiteln genervt. Und dabei gab es hier und da einen guten Ansatz eines unzuverlässigen Erzählers. Dieser wurde aber nie soweit ausgebaut, dass es von Belang wäre. Das finde ich schade. Denn den Fall an sich fand ich ziemlich trocken (Patentrecht). Es hat mich ziemlich schnell gar nicht mehr interessiert, wer hinter der Entführung und Erpressung steckt, denn die Verdächtigten waren alle nicht sonderlich überraschend. Auch die Auflösung hat mich nicht vom Hocker gerissen, sondern viel mehr meine Vermutungen bestätigt. Abgesehen davon, dass sie nicht gerade auf Plausibilität setzt. Ich habe mich an keiner Stelle gegruselt oder selbst unsicher gefühlt. Das Einzige, was ich aus diesem Roman mitnehme, ist, was ich über das Aktienwesen, Patentrecht und das Richteramt gelernt habe.
Als Tipp an Interessierte kann ich dazu raten, sich die Frage zu stellen, ob Gerichts-Thriller euer Ding sind. Diese sind meistens ruhiger und spielen zu einem großen Teil im Gericht. Spannend sind sie meistens auf ihrer philosophisch-rechtlichen Metabene und aufgrund der Machtlosigkeit bzw. Biegungsfähigkeit von Gesetzen und richterlichen Beschlüssen. Hier ist die Sache insofern anders, als dass man trotz Gerichtssetting die Hintergründe nicht kennt. Außerdem wird es hier und da auch actionreich und man fiebert um enführte Kinder. Also eigentlich super viel Potential. Tja, es wurde nicht genutzt, würde ich sagen.

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Veröffentlicht am 27.06.2021

Sympathisch und inspirierend!

Wie hat Ihnen das Anthropozän bis jetzt gefallen?
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Was haben wir denn hier? Ein Sachbuch von John Green? Jein. Es ist eher eine Art Kommentar mit autobiographischen Zügen. Wobei es schon voller Fakten ist und man eine Menge lernen kann und es steckt mit ...

Was haben wir denn hier? Ein Sachbuch von John Green? Jein. Es ist eher eine Art Kommentar mit autobiographischen Zügen. Wobei es schon voller Fakten ist und man eine Menge lernen kann und es steckt mit Sicherheit eine Menge Rechercheleistung dahinter. Wer einen Coming-Of-Age-Roman erwartet, ist auf jeden Fall an der falschen Adresse. Wer aber mehr über einen seiner Lieblingsautoren auf diesem Gebiet erfahren möchte, der ist hier sehr gut bedient. Sehr ehrlich und humorvoll gewährt Green uns Einblick in das privateste und wertvollste, was ein Mensch hat: Seine Gedanken. Und es hat so gut getan, ihm in so vielen zustimmen zu können. Ich habe das Gefühl, dass er auf ähnliche Art denkt wie ich, nur seinen Musikgeschmack, den teile ich wirklich nicht. Eine begleitende Playlist lässt sich im Nachhinein auf jeden Fall zusammenstellen.

Die Themenauswahl fand ich im Groben gut getroffen, insofern ich nie gelangweilt war. Das muss man aber auch dem sehr talentierten und unterhaltsamen Autoren zugute halten. Was der Mann nicht alles für lustige und interessante Anekdoten im Petto hat. Und ich fand es wirklich sehr sympathisch, wie er auch sein Privatleben hat einfließen lassen. Jedes Kapitel handelte von so viel mehr Themen, als es die jeweilige Überschrift vorausdeutet. Sie ist gewissermaßen nur der Aufhänger. Es gab aber dennoch ein paar Kapitel, die ich weniger interessant fand. Insgesamt hat es sich zu sehr an das nordamerikanische Leben gewandt, um behaupten zu können, das ganze Anthropozän zu beurteilen. Das ist natürlich nicht verwunderlich, auch nicht die Subjektivität. Davon sollte man sich aber bewusst loslösen können, wenn man das Buch in die Hand nimmt. Die ausgewählten Themen sind random, genauso wie die wirklich coole Sternebewertung am Ende der Kapitel. Aber wie sollte man, ohne die gesamte Menschheitsgeschichte zu wiederholen, das Anthropozän zusammenfassen?
Ich finde, Green hat es schon echt sehr gut gemacht. Mir viele Aha-Momente beschert und gute Gesellschaft geleistet. Ein Kapitel hat mich sogar richtig gerührt. Er bekommt dafür vier Sterne von mir.

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