Alte Familienwerte zählen auch in der Gegenwart
Wo wir Kinder warenDer Autorin, Kati Naumann, die mich bereits mit ihrem Debütroman "Was uns erinnern lässt" überzeugt hat, gelingt es auch in ihrem weiteren historischen Roman, gelebte und realistische ostdeutsche Geschichte ...
Der Autorin, Kati Naumann, die mich bereits mit ihrem Debütroman "Was uns erinnern lässt" überzeugt hat, gelingt es auch in ihrem weiteren historischen Roman, gelebte und realistische ostdeutsche Geschichte vor mir aufleben zu lassen. Dieses mal mit Hilfe der fiktiven Familie Langbein, die über Jahrzehnte äußerst erfolgreich eine Spielwarenfabrik in der ostdeutschen "Spielzeugstadt" Sonneberg führten und überwiegend Puppen herstellten. Dabei wird die Autorin mit Sicherheit auf die eigene Familiengeschichte zurückreifen können, was dem Roman Authentizität und Glaubwürdigkeit verleiht.
Erzählt wird die Geschichte der Familie Langbein in zwei Handlungssträngen: in der Gegenwart sind die Cousinen bzw. Cousin Eva, Iris und Jan damit beschäftigt, das sich noch immer im Familienbesitz befindliche Stammhaus auszuräumen. Wobei Eva und Jan in dem Gebäude aufgewachsen sind und Iris, die im Westen Deutschlands beheimatet ist, lediglich einmal Sommerferien in Sonneberg verbracht hat …
Als weiteren Erzählstrang wird die Geschichte der Vorfahren erzählt. Wobei sehr wertschätzend und empathisch die Entstehung und der dann folgende überaus erfolgreiche Aufstieg des Unternehmens sehr gekonnt mit Fragestellungen aus der "Ausräumaktion" verknüpft und erzählt wird. Denn was eignet sich für Ausflüge in die Vergangenheit der eigenen Familie besser als die Entrümpelung des familiären Stammhauses – Erinnerungen werden im wahrsten Sinne des Wortes wach. Fast 70 Jahre Familien- und Unternehmensgeschichte, durch Kriege, durch Teilung, durch Verstaatlichung des erfolgreichen Unternehmens bis hin zur Wiedervereinigung – ein großer historischer Bogen, den die Autorin meisterhaft zu schlagen und zu verknüpfen weiß.
Auch dieser Roman hat mich von Anfang an überzeugt. Gerade weil er mir, die ich nicht in Ostdeutschland aufgewachsen bin, vor allem auch einen Einblick in den Alltag von Familie und einem Unternehmen in diesem Teil Deutschlands zu erhalten. Dabei für mich sehr berührend, lesend miterleben zu müssen, dass im Rahmen der Verstaatlichung der ehemalige Fabrikbesitzer ohne eigenes Verschulden oder Zutun praktisch über Nacht zum Angestellten im eigenen Werk wurde.
Versöhnend und hoffnungsvoll das Ende des Buches: sind sich doch Jan, Iris und Eva durch ihre gemeinsame Aktion wieder des Kampfgeistes, der Geduld und des Durchhaltevermögens ihrer Familie bewusst, worauf sie sich neu besinnen und der Gedanke an einen Neubeginn stimmt hoffnungsvoll – möge er gelingen, auch wenn es keinen Folgeband gibt, was ich sehr bedaure.