Skurril und großartig!
Die sieben Tode der Evelyn HardcastleRezensionsexemplar
Inhalt
Familie Hardcastle lädt zu einem Ball auf ihr Anwesen Blackheath ein. Alle Gäste amüsieren sich, bis auf einen Mann, der zuvor eine Nachricht erhielt: „Heute Abend wird jemand ...
Rezensionsexemplar
Inhalt
Familie Hardcastle lädt zu einem Ball auf ihr Anwesen Blackheath ein. Alle Gäste amüsieren sich, bis auf einen Mann, der zuvor eine Nachricht erhielt: „Heute Abend wird jemand ermordet werden. Es wird nicht wie ein Mord aussehen, und man wird den Mörder daher nicht fassen. Bereinigen Sie dieses Unrecht, und ich zeige Ihnen den Weg hinaus.“ Die Tochter des Hauses, Evelyn Hardcastle, ist tot. Doch sie stirbt nicht nur einmal, sondern jeden Tag aufs Neue. Bis der Mann ihren Mord aufgeklärt und den Täter entlarvt hat. Erst dann darf er das Anwesen Blackheath wieder verlassen und es scheint so, als wolle jemand unbedingt verhindern, dass ihm dies gelingt.
Ich muss zugeben, es war eine sehr spontane Entscheidung, die mich dazu brachte, „Die sieben Tode der Evelyn Hardcastle“ bei NetGalley anzufragen. Der Titel klang spannend, das Cover gefiel mir und die Leseprobe hat meine Neugier angeheizt. Also habe ich mir diesen Kriminalroman für den Urlaub vorgenommen und tatsächlich dann an meinem ersten Tag in Griechenland auch beendet. Danke an NetGalley für das Rezensionsexemplar!
Nachdem ich das Buch gelesen habe muss ich zuerst meine Gedanken zum Titel und dem Klappentext mit euch teilen. Ich finde beides nicht ganz gelungen, weil vieles dadurch vorweg genommen wird. Ich habe meine Inhaltsangabe deshalb etwas angepasst. Dass Evelyn Hardcastle getötet wird, lässt der Titel ja bereits verlauten, deshalb habe ich dieses Detail nicht ausgespart. Der eigentliche Mord geschieht aber nicht sofort zu Beginn des Buches und wird am Anfang auch noch gar nicht so wirklich thematisiert. Auch die Identität des Mannes, den man von Beginn an begleitet, ist erst einmal geheim. Dieses Detail habe ich deshalb ausgelassen und würde euch empfehlen den ausführlichen Klappentext nicht durchzulesen. Es ist kein großer Spoiler aber macht doch etwas den Charme aus, wenn man genauso ahnungslos ist, wie der Protagonist. Schließlich wacht dieser völlig orientierungslos mitten in einem Wald auf. Er ist durchnässt, ängstlich, verschmutzt und weiß weder wer er selbst ist, noch wo er sich befindet. Er hört Geschrei, einen Schuss und er hat einen Namen auf den Lippen. Mit Hilfe eines Kompasses schafft es der Mann schließlich zu einem Anwesen, auf dem ihm eröffnet wird, wer er ist und wieso er dort zu Besuch ist. Dennoch fühlt der Mann, dass irgendetwas ganz und gar nicht stimmt, doch er kann nicht greifen, was sein Problem ist und woher dieses Gefühl kommt. Stuart Turton schafft es, diese Verzweiflung, Angst und Unwissenheit wirklich toll zu transportieren. Man fühlt sich genauso orientierungslos wie der Protagonist, schließlich weiß man als Leser genauso wenig, was vor sich geht und das macht den Reiz der Geschichte aus. Nach und nach lernt man, gemeinsam mit dem Protagonisten, seinen Charakter kennen. Und das, obwohl man als Leser genauso spürt, dass irgendetwas im argen liegt.
Als schließlich die Nachricht über den Tod von Evelyn Hardcastle bei dem Protagonisten eintrifft, hat sich die Ausgangslage längst verändert. Darüber möchte ich allerdings gar nicht mehr Worte verlieren, denn auch das macht den Reiz der Geschichte aus. Er erfährt, dass er den Mord an der jungen Frau aufklären muss, um dem Hamsterrad, in dem er gefangen ist, entkommen zu können. Er ist dazu verdammt den Tag, an dem Evelyn getötet wird, immer und immer wieder zu durchleben, bis er den Mörder entlarven kann. Erst dann ist er frei und darf Blackheath wieder verlassen. Zunächst klingt diese Aufgabe nicht weiter schwierig, doch im Verlauf des Buches wird deutlich: dieser Mord ist kein „gewöhnlicher“ Mord, bei dem sich Opfer und Täter gegenüber stehen. Nein, der Mord ist gut getarnt und wirklich schwer zu erkennen. Eines bleibt jedoch unbestritten: Evelyn Hardcastle stirbt an jedem Abend aufs Neue und unser Protagonist muss herausfinden, wer daran Schuld hat.
Die Verwicklungen und Verstrickungen die sich innerhalb des Buches auftun, werden von Seite zu Seite immer verworrener, unglaubwürdiger und verrückter. Bis zur Hälfte des Buches war ich völlig durcheinander, desorientiert und fast schon frustriert. Es hat mich genervt, dass ich keinen roten Faden gesehen habe. Ich wollte so dringend herausfinden, was mit Evelyn passiert ist und weder der Protagonist noch der Autor ließen mich auch nur in die Nähe der Auflösung. Alles schien irgendwie miteinander verbunden zu sein und gleichzeitig ergab nichts auch nur einen Sinn. Jede Person, die näher beleuchtet wurde, schien so viele Geheimnisse zu verbergen, dass sich stündlich alles ändern konnte. Überraschungen warteten an jeder Ecke und mit Enthüllungen und Geheimnissen wurde nicht gegeizt. Es war ein einziges Verwirrspiel, das mich fast zur Weißglut getrieben hat. Und genau das war es, was der Autor wohl bei seinen Lesern erzielen wollte: Verwirrung, Wut, Frustration aber auch Neugier und Kampflust. Ich wollte unbedingt herausfinden wie alles zusammenhängt. Ich wollte so dringend wissen, wer Evelyn getötet hat und ich wollte, dass unser Protagonist endlich diesem Teufelskreis entrinnen kann. Erst nach und nach ging mir ein Licht auf, erst ganz langsam wurden die Zusammenhänge klar und je weiter man in der Geschichte voranschritt, desto deutlicher zeichnete sich das Ende und auch der rote Faden ab. Zu Beginn schien alles ein einziger Knoten zu sein, der nicht zu entwirren war, doch nach und nach lösten sich die Fäden und man konnte immer klarer sehen, wohin alles führen würde. Am Ende, hatte ich sogar mit einer Vermutung recht, was ich wirklich überraschend fand und habe die Geschichte mit einem großen Lächeln zugeklappt. Stuart Turton hat mit diesem Buch etwas ganz besonderes geschaffen, das ich auf diese Weise noch nie durchlebt habe. Die Geschichte ist lebendig, greifbar und fühlt sich an, als könnte sie nie jemand entwirren. Doch wenn man das Buch zu Ende gelesen hat, dann ist man unglaublich zufrieden, denn es ist geschafft: der Knoten wurde entwirrt. Auch wenn einiges offen gelassen wurde und nicht jedes Rätsel gelöst ist, so bleibt die Zufriedenheit am Ende bestehen, dass man dieses Abenteuer überstanden hat.
Fazit
Wenn ihr auf Verwirrspiele, Geheimnisse und schier unlösbare Zusammenhänge steht, dann greift ihr mit „Die sieben Tode der Evelyn Hardcastle“ zu dem richtigen Buch. Am Rande der Verzweiflung tut sich in dieser Geschichte endlich ein Licht auf und ihr werdet sehen, dass sich die Reise am Ende sehr gelohnt hat. Die Geschichte besticht mit Verwirrung und Orientierungslosigkeit, mit Facettenreichen und geheimnisvollen Charakteren und einer Auflösung, die einem Knall gleichkommt. Das Ende war für mich zufriedenstellend, auch wenn nicht jede Frage bis zuletzt aufgeklärt wurde. Eine Empfehlung von meiner Seite.