Mehr Krimi als Psychothriller
Die App – Sie kennen dich. Sie wissen, wo du wohnst.Die App von Arno Strobel
Seiten: 368
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„Braves Mädchen.“ Allein für diese Floskel möchte sie ihm auf die Schuhe kotzen. – Jawohl! Ich teile deinen Standpunkt Linda.
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Klappentext:
Es klingt fast zu gut, ...
Die App von Arno Strobel
Seiten: 368
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„Braves Mädchen.“ Allein für diese Floskel möchte sie ihm auf die Schuhe kotzen. – Jawohl! Ich teile deinen Standpunkt Linda.
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Klappentext:
Es klingt fast zu gut, um wahr zu sein. Hamburg-Winterhude, ein Haus mit Smart Home, alles ganz einfach per App steuerbar, jederzeit, von überall. Und dazu absolut sicher. Hendrik und Linda sind begeistert, als sie einziehen. So haben sie sich ihr gemeinsames Zuhause immer vorgestellt.
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Aber dann verschwindet Linda eines Nachts. Es gibt keine Nachricht, keinen Hinweis, nicht die geringste Spur. Die Polizei ist ratlos, Hendrik kurz vor dem Durchdrehen. Konnte sich in jener Nacht jemand Zutritt zum Haus verschaffen? Und wenn ja, warum hat die App nicht sofort den Alarm ausgelöst?
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Hendrik fühlt sich mehr und mehr beobachtet. Zu recht, denn nicht nur die App weiß, wo er wohnt.
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Fazit:
Psychothriller? Wohl eher Krimi, wie ich finde. In seinem neuen Roman ‚Die App‘ bedient sich Arno Strobel nicht nur an den Vor- und Nachteilen der digitalen Welt, sondern weiß auch gekonnt mit den Ängsten vieler im Alltag zu spielen. Nämlich die Angst, überwacht und abgehört zu werden. Dabei ist es egal ob Amazon’s Alexa, Google Home, HomePod oder Siri. Mittlerweile nutzt so gut wie jeder einen Sprachassistent, um Dinge wie das Licht, Jalousien oder Haushaltsgeräte zu steuern und während einige Menschen auf diesen technischen Fortschritt schwören, gibt es ebenso viele Menschen, die diesen Fortschritt nicht nur fürchten, sondern vollends ablehnen. Und genau das hat sich Arno Strobel bei diesem Werk zu Nutze gemacht.
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In erster Linie geht es um ein hochmodernes Smart-Home-System namens Adam, welches im Hause ‚Hamburg Home Systems‘ entwickelt wurde. Jalousien, die sich bei Einbruch der Dunkelheit senken. LED Spots an den Treppenstufen, die sich automatisch Ein- und Ausschalten sobald man die Stufen betritt. Ein Türschloss, welches keinen Schlüssel benötig, sondern über einen Fingerabdrucksensor verfügt. Überwachungskameras im Innen- und Außenbereich, die bei jeder Bewegung das Geschehen aufzeichnet, um nur ein paar der Dinge aufzulisten, die Adam ausmachen. Ein Haus, in dem man alles steuern und kontrollieren kann, in dem man sich hundertprozentig sicher fühlen kann, denn es kann ja nichts passieren.
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So dachten auch Hendrik und Linda, ein frisch verliebtes Paar, das kurz vor ihrer Hochzeit steht und in vertrauter Zweisamkeit den Abend verbringt, als ein Anruf aus dem Universitätskrankenhaus besagten Abend zu einem raschen Ende führt, da der Chirurg überraschend bei einer Not-OP gebraucht wird. Als Hendrik Stunden später aus dem Krankenhaus zurückkommt, ist Linda verschwunden. Ohne jegliche Spur, ohne ein Wort. Hendriks persönlicher Alptraum beginnt.
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Da ich nicht zu sehr auf die Handlung und Geschehnisse eingehen möchte, um künftigen Lesern das Leseerlebnis nicht kaputtzumachen, versuche ich mich auf meine persönlichen Eindrücke zu beschränken.
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Besonders gut hat mir die Nähe zur Realität gefallen. Ich glaube jeder kann sich vorstellen, wie es sein muss, den Platz mit dem Protagonisten zu tauschen. Wie würde ich handeln, wenn ich in dieser Situation wäre? Würde ich nicht auch alles in meiner Macht stehende tun, um meine Verlobte/Verlobten zu finden? Ich finde Arno Strobel hat es geschafft einen Protagonisten zu kreieren dessen Ängste und Gefühle man sehr gut nachvollziehen und nachempfinden kann. Jeden Tag werden Menschen als vermisst gemeldet und nur wenige werden gefunden oder kehren zu ihren Liebsten zurück. Dabei kann die Polizei eine Hilfe sein oder auch nicht. Denn Tatsache ist, gibt es keine Anhaltspunkte oder Spuren eines Verbrechens werden die Freunde in Grün eher wenig zur Aufklärung des Verschwindens beitragen.
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Die Handlung an sich verspricht Spannung, Nervenkitzel und einen Hauch von Thriller. Die Figuren wirken nicht nur sympathisch, sondern sind authentisch und machen es dem Leser schwer Vertrauen zu diesen aufzubauen. Ich möchte jedem einzelnen glauben, misstraue jedoch im selben Atemzug allen und kann einfach nicht glauben, dass Linda ihren Verlobten so hintergehen würde. Ich hinterfrage alles und jeden und denke immer wieder: „Wieso hast du da nicht früher dran gedacht?“ „Geh doch nicht ins Haus zurück, weil Big Brother is watching you, verdammt.“ „Und wieso stört es niemanden, dass ein Chirurg plötzlich zum selbsternannten Ermittler wird und den Fall fast im Alleingang löst?“ Ihr seht, es gab Höhen und Tiefen. Stellen, an denen ich förmlich mitgefiebert habe und andere, die mich leider wieder aus der Geschichte rausgerissen haben.
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Ich muss gestehen, auch wenn Arno Strobel es versteht jeden der Figuren verdächtig wirken zu lassen und aller Anschein nach alle Leichen im Keller haben, konnte ich dennoch relativ zügig erraten wer der vermeintliche gute Samariter ist und wer sich hinter dem dubiosen Hacker verbirgt. Durch die teilweise verwirrenden Handlungsstrenge verliert man jedoch etwas den Blick, worum es eigentlich geht. Auf das Klassische Entführungs-Szenario wartet man hier vergeblich. Es gibt keine Lösegeldforderung und die Beweggründe des Täters sind unklar. Handelt er aus Geldgier? Ist es purer Sadismus? Wir erfahren es erst am Ende. Was auch sonst.
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Lasse ich also die Geschehnisse in ‚Die App‘ einmal Revue passieren, dann hat mich das Ende etwas enttäuscht. Ich hatte tatsächlich eine komplett andere Richtung erwartet und fand es (wie bereits gesagt) enttäuschend, welche Rolle das Smart-Home-System letztendlich bekommen hat. Nämlich keine. In gefühlt 300 Seiten heißt es Adam hier, Adam dort, nur um am Ende zu sagen: „Ach das mussten wir notgedrungen machen, aber hat eigentlich nichts mit unserem Vorhaben zu tun.“ Schade. Nichtsdestotrotz hat es dem Lesespaß keinen Abbruch getan und ich hatte das Buch nach nur einen Tag beendet. Den Schreibstil mag ich total gerne und ich bin mir sicher, dass jeder Arno Strobel Fan auch diesen Thriller lieben wird. Für mich war es eher ein guter Krimi für zwischendurch, als Psychothriller, daher kann ich alles in allem nur 3 Sterne geben. Kaufempfehlung von mir.