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Veröffentlicht am 31.12.2022

Katalie gräbt diesmal tief

Kansas Komplott
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Alles Gedachte ist schon einmal in einem Klassiker der Weltliteratur aufgeschrieben worden. Durch diese Erkenntnis konnte Katalie vor ein paar Jahren einen Kriminalfall lösen. Auch als sie über einen mehrere ...

Alles Gedachte ist schon einmal in einem Klassiker der Weltliteratur aufgeschrieben worden. Durch diese Erkenntnis konnte Katalie vor ein paar Jahren einen Kriminalfall lösen. Auch als sie über einen mehrere Jahre zurückliegenden Vermisstenfall stolpert, hält sie sich wieder an ihre Lebensweisheit. Zusammen mit ihrem »Beschützer« Smiljan findet sie am Rand der dänischen Stadt Esbjerg die mumifizierte Leiche eines verschwundenen Familienvaters. Traurig scheint keiner über seinen Tod zu sein. Also entwickelt sich ein typischer Fall für Katalie, die nur noch die passende literarische Vorlage für das Verbrechen finden muss ...
Das Cover ist recht farbenfroh gehalten, mit einer Vogelscheuche vor einem Haus, das das Publikum gleich bildlich nach Kansas versetzt. Der Schreibstil ist flüssig und macht das Lesen zu einer freudigen Angelegenheit. Das Buch ist der zweite Fall für Katalie, lässt sich aber ohne Schwierigkeiten auch unabhängig davon lesen, da die Charaktere im zweiten Teil wieder detailliert beschrieben werden. Allerdings wäre es wirklich schade, nicht auch den Beginn von Katalies Karriere zu kennen. Eine recht eigenwillige junge Frau, die man hier kennenlernen, von der man andererseits aber auch einiges lernen darf; so hält sie zum Beispiel ständige Erreichbarkeit für eine Belastung. Aber auch sonst hält sie mit ihrer erfrischenden Art einige Überraschungen – auch für ihr Umfeld – bereit. Die Geschichte verläuft auf zwei zeitlichen Ebenen: in der Gegenwart und zum besseren Verständnis mit Rückblenden in jene Zeit, in welcher der aufgefundene Tote noch am Leben war. Ein Wiedersehen gibt es auch mit bereits Bekannten aus „Mississippi Melange“, wie Katalies Maiberg, Polizeimeister Henk oder dem schmierigen Journalisten Larsen. Und Smiljan, der sich weiterhin mit Gelegenheitsjobs über Wasser hält, ist ohnehin untrennbar mit Katalies Welt verbunden. Der Leser darf darf zunächst miträtseln, welches Werk der Weltliteratur als Vorlage für das Verbrechen diente, um sich danach ein Urteil zu bilden – über Rache, Zusammenhalt und Gerechtigkeit.
Insgesamt handelt es hier um einen wunderbar gelungenen Mystery-Wohlfühlkrimi, der zum Schmunzeln – aber auch zum Nachdenken anregt!

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Veröffentlicht am 09.12.2022

Mama gibt nie auf

Für euch
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Iris wächst unter armen Verhältnissen im Köln der 80er und 90er Jahre auf. Um die Familie über Wasser zu halten, nimmt die Mutter verschiedenste Arbeiten an – von Putzfrau bis zur Prostituierten. Das Buch ...

Iris wächst unter armen Verhältnissen im Köln der 80er und 90er Jahre auf. Um die Familie über Wasser zu halten, nimmt die Mutter verschiedenste Arbeiten an – von Putzfrau bis zur Prostituierten. Das Buch ist eine Art Liebeserklärung an eine Mutter, die der Tochter ein glückliches Zuhause schaffen will.
Das Cover zeigt ein verschwommenes schwarz-weiß Foto einiger Personen beim Feiern. Allein eine Frau im Vordergrund sticht hervor; ihre Kleidung ist in Farbe wiedergegeben, und verweist auf die Einzigartigkeit der Mutter. Die verschiedenen Teile des Romans behandeln unterschiedliche Zeitabschnitte, welche wiederum in kurze Kapitel unterteilt sind. Immer wieder sind Ausdrücke und Sätze in Kölsch eingestreut, die allesamt wiederum nur von der Mutter stammen und daher auch auf diese verweisen.
Der Einstieg ins Buch ist recht stark. Die Ich-Erzählerin spricht ihre Mutter direkt an, steht nach vielen Jahren nun endlich zu ihr und versteht schließlich, dass die Mutter alles in ihrem Leben nur für die Tochter auf sich genommen hat. Die Sicht aus der ersten Person wird den gesamten Roman über beibehalten, auch die direkte Ansprache an die Mutter. Allerdings kommt die Tiefsinnigkeit des Prologs leider nicht mehr zum Vorschein. Die Darstellung des Familienlebens erscheint oft als Art Protokoll, das die Anekdoten in einfachen kurzen Sätzen aneinanderreiht.
Mit großer Offenheit legt die Erzählerin das Leben ihrer Kindheit und Jugend dar; ein Leben in einer Parallelwelt, das sie vor ihren Schulkollegen zu verbergen versucht. Erst im Lauf ihres Lebens steht sie zu ihrer Mutter und zu deren Art, Geld fürs Familienleben aufzutreiben. Das politische Essay, das in der Inhaltsangabe angesprochen wird, blieb mir verborgen; ebenso auch wie langwierig und hart ein sozialer Aufstieg in einem wohlhabenden Land sein kann. Ein Wandlung der Erzählerin ist in der Geschichte selbst nicht erkennbar. Selbst als Studentin bleibt die finanzielle Unterstützung durch die Mutter eine Selbstverständlichkeit für die Tochter.

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Veröffentlicht am 09.12.2022

Loslassen und Akzeptieren

Der Junge im Fluss
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Ben würde sein Leben am liebsten auf einer Insel weit draußen im Meer weiterführen und nichts daran ändern. Nach Jahren kehrt aber sein Bruder zurück, und als dieser eine alte Geschichte erzählt, entschließt ...

Ben würde sein Leben am liebsten auf einer Insel weit draußen im Meer weiterführen und nichts daran ändern. Nach Jahren kehrt aber sein Bruder zurück, und als dieser eine alte Geschichte erzählt, entschließt sich Ben zum Aufbruch, der gleich von einem Schicksalsschlag eingeleitet wird. Daraufhin lässt der junge Mann Veränderungen zu und macht sich zusammen mit einem Kolibri auf die Suche nach Damai, dem Ort ohne Zeit. Er macht dabei Bekanntschaft mit verschiedenen Menschentypen, begegnet deren guten und schlechten Seiten. Am Ende seiner Reise steht die Lösung eines Rätsels, das Ben klarmachen soll, dass Verändern und Bewahren keine Gegensätze sind.
Das Titelbild zeigt einen Jungen an einem Flussufer in diffuser Landschaft. Wie auch die einfarbigen Illustrationen innerhalb des Buches stammt es von Katharina Netolitzky. Mich erinnern diese Bilder an Abbildungen der Religionsbücher meiner Kindheit. Man mag die Geschichte selber als Gleichnis, als mystische Erzählung ansehen. Die Kapitel sind kurz, die Sprache an einigen Stellen recht poetisch, sonst eher einfach. Einzelne Passagen mit ausdrucksstarken Sätzen sind kursiv gedruckt, um sich besser vom Text abzuheben.
Es gibt mehrere Erzählstränge. Sie behandeln Bens Geschichte, die seines Bruders und die Geschehnisse im Kloster, in dem die Priesterin auf die Rückkehr eines Mönches wartet. Das fließende Wasser wird mit dem Vergehen der Zeit verglichen, und so taucht immer wieder das Bild des Flusses auf. Die Charaktere sind lebensnah gezeichnet, dennoch wirkt das Buch an einigen Stellen recht abstrakt und konstruiert. Bis die verschiedenen Fäden der Geschichte zueinanderfinden, kommt es zu einiger – auch zeitlicher - Verwirrung.
Ich habe dieses Buch als einen recht ruhigen, aber sicher auch schönen Roman gelesen, als eine Art Märchen, in dem man den Helden auf seiner Selbstfindung begleitet. Inwieweit man etwas für sein eigenes Leben aus der Geschichte mitnehmen kann, sei jedem selber überlassen.

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Veröffentlicht am 04.12.2022

Die Geschichte durch eine Familiengeschichte erzählt

Trifilij, seine Frau Tatjana und seine Töchter, Marseillaise und Felitsata
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In einzelnen Episoden fasst diese Biografie einer sowjetischen Familie im Lauf eines Jahrhunderts zusammen. Dadurch entsteht ein Gesamtbild des Lebens der Familie während einer komplexen historischen Epoche ...

In einzelnen Episoden fasst diese Biografie einer sowjetischen Familie im Lauf eines Jahrhunderts zusammen. Dadurch entsteht ein Gesamtbild des Lebens der Familie während einer komplexen historischen Epoche der Sowjetunion.
Familienvater Trifilij war als Revolutionär Mitstreiter Stalins im Russischen Bürgerkrieg, wurde aber in der Zeit der Zwangskollektivierung zu Stalins Gegner. Trifilij suchte sein Leben lang nach Wahrheit und wollte seine Erfahrungen im „Buch des Lebens“ veröffentlichen. Das Schicksal wollte es jedoch anders. Auch die Schicksale seiner Frau Tatjana und der Töchter Marseillaise waren recht ungewöhnlich. Das Buch zeigt die Verbindung zwischen Generationen und wie die Geschichte unserer Vorfahren unsere Wahrnehmung der Welt beeinflusst, auf.
Das Cover zeigt ein harmonisches Bild einer Familie an einem Flussufer, wobei das fließende Gewässer schon auf den Lauf des Lebens hinweist. Der biografische Roman ist in drei Teile unterteilt, in denen jeweils weibliche Familienmitglieder als Ich-Erzählerinnen die wichtigsten Ereignisse ihres Lebens darlegen. Am Ende des Buches gibt es einen Abschnitt mit hilfreichen Kommentaren mit Begriffserklärungen. Nicht nur dieser Teil zeigt, wie gut die Autorin für ihr Werk recherchiert hat.
Helene Yalden gibt sehr persönliche Details ihrer Familiengeschichte preis. Sie fungiert auch als Erzählerin des ersten Strangs der Familiengeschichte. Anhand ihrer eigenen Biographie informiert sie über das Leben ihrer Eltern und Großeltern. Hier liegt der Schwerpunkt vor allem beim Großvater Trifilij. Im zweiten Teil berichtet die Ich-Erzählerin Marseillaise, die Mutter der Autorin und im dritten Abschnitt übermittelt Tante Felitsata aus ihrem Leben. Teilweise überschneiden sich die dargestellten Geschehnisse, da sie aber immer aus verschiedenen Blickwinkeln wiedergegeben werden, erscheinen sie unterschiedlich.
Der Autorin ist mit diesem Werk ein sehr interessanter Einblick auf das Leben in der Sowjetunion gelungen, der vieles verständlicher macht, aber nie belehrend wirkt. Die Anekdoten der Familie sind mit den politischen Ereignissen verwoben und lassen sie vor den Augen der Leser durch die bildhafte Sprache sehr realistisch erscheinen. Insgesamt handelt es sich bei diesem Buch um ein sehr lesenswertes Stück Zeitgeschichte, an welchem Interessierte lange Freue haben werden.

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Veröffentlicht am 15.11.2022

Die Mordslady auf schiefer Bahn

Frau Morgenstern und die Flucht
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Violetta Morgenstern wählt statt ihrer Pension den Weg als staatliche Auftragskillerin. Dass ausgerechnet ihr Freund eliminiert werden soll, geht ihr allerdings zu weit und so steht sie selbst auf der ...

Violetta Morgenstern wählt statt ihrer Pension den Weg als staatliche Auftragskillerin. Dass ausgerechnet ihr Freund eliminiert werden soll, geht ihr allerdings zu weit und so steht sie selbst auf der Abschussliste. Ihr Kollege Miguel Schlunegger steht ihr bei, verschwindet mit ihr im Untergrund und übernimmt mit ihr zusammen nun private Aufträge. Einer davon soll den Tod eines Jungen aufklären und führt zu einem Geheimnis, das einen ganzen Ort gefährdet.
Das Cover, ganz nach Tradition der drei Vorgänger-Bände, ist farbenfroh und zeigt uns die toughe Killerin. Auch dieses Buch startet wieder mit einem spannenden Prolog und führt in kurzen Kapiteln immer tiefer ins Abenteuer von Frau Morgenstern und ihrem Partner. Im Vergleich zu den ersten drei Geschichten hat dieser Krimi kein bisschen an Fahrt verloren; ganz im Gegenteil – der Autor konnte noch ein Schippchen auf die aberwitzigen Begebenheiten drauflegen. Die Lektüre der drei vorhergehenden Geschichten ist übrigens zum Verständnis dieses Krimis nicht notwendig. Allerdings wird dieser Band jedem Appetit auch auf die anderen Morgenstern-Erlebnisse machen.
Marcel Huwyler ist ein wunderbarer Erzähler. So irreal ein Auftragskillertum im Namen des Staates – und wohlgemerkt des Schweizer Staates - auch scheinen mag, man kauft es dem Autor ab, wie auch so manch andere geniale Idee. Er schafft es auch hier wieder, seine ausgefallenen Ideen in großartige Sätze zu kleiden – er jongliert geradezu mit den Wörtern. Seine knackigen, aussagekräftigen Äußerungen sind mit viel Wortwitz ausgestattet; vor allem die Beschreibung der Gedanken seiner Protagonisten sind wunderbar ironisch; seine Wortkreationen so überraschend wie treffend.
Wer die Geschichten um die Mordslady liest, wird geradezu in die Geschehnisse hineingezogen und mag sich kaum mehr davon trennen. Ich empfehle allerdings, sich für diesen Krimi recht viel Zeit zu nehmen, um jedes einzelne Wort zu genießen – und gleichzeitig länger etwas von der großartigen Geschichte zu haben.
Ich habe Violetta und Miguel, eigentlich zwei grundverschiedene Charaktere, richtiggehend ins Herz geschlossen, mit ihnen mitgefiebert und gerade in diesem Band sogar mit den Auftragskillern mitgefühlt. Daher freue ich mich jetzt schon wieder auf die Fortsetzung dieser kurzweiligen Krimireihe, die ausgeklügelt bis ins letzte Detail ist.

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