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Veröffentlicht am 07.08.2022

Tod durch Hunger

Denk ich an Kiew
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Es sind die 1930er Jahre. Katja wächst in einem Dorf bei Kiew auf. Der lange Arm Stalins hat, von der Sowjetunion aus, die Ukraine erreicht und hält sie mit eiserner Hand fest im Griff. Für Katja und ihre ...

Es sind die 1930er Jahre. Katja wächst in einem Dorf bei Kiew auf. Der lange Arm Stalins hat, von der Sowjetunion aus, die Ukraine erreicht und hält sie mit eiserner Hand fest im Griff. Für Katja und ihre Familie beginnt damit nicht nur eine Zeit der Entbehrung, sondern des nackten Überlebens. Wer nicht dem Kollektiv beitritt, seinen Besitz und die Entscheidung über das eigene Leben aufgibt, wird als Verräter erschossen. Schon bald gibt es nichts mehr zu Essen. In der gesamten Ukraine sterben die Menschen zu Millionen.
Dieses dunkle Kapitel der Geschichte kennen viele nicht. So auch Cassie, die Enkeltochter von Katja. Sie entdeckt viele Jahrzehnte später Aufzeichnungen ihrer Großmutter. Sie beginnt, die Tagebucheinträge zu übersetzen und ist zutiefst betroffen.
Dieser Roman hat mich unfassbar traurig und wütend gemacht. Ich fühlte mich beim Lesen gleichzeitig hilflos und ohnmächtig, angesichts der Grausamkeit in dieser Welt.
Die Geschichte wiederholt sich, das ist eine der vielen schrecklichen Erkenntnisse dieses Romans. Aber es gibt auch Hoffnung. Das mag angesichts der Geschehnisse pathetisch klingen, aber Menschen sind stark. Sie machen immer weiter.
"Du kannst immer noch ein Leben haben, auch wenn du denkst, dass nichts übrig ist, denn es gibt immer etwas, für das es sich lohnt zu leben."
In einem beiliegenden Brief betont die Autorin, dass die Idee zu diesem Roman schon vor dem Einmarsch Russlands auf der Krim im Jahr 2014 entstanden ist.
Dieses Buch ist die vielleicht schwerste Kost, die ich je gelesen habe. Gerade jetzt angesichts des Krieges in der Ukraine.
Mein Fazit: Absolut lesenswert, aber auch sehr schwer zu verkraften.

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Veröffentlicht am 30.07.2022

Schokolade, Zuversicht und Menschlichkeit

Drei Tage im August
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Berlin im August 1936: Die Olympischen Spiele sind das Hauptgesprächsthema in der Stadt, doch in der Chocolaterie Sawade geht der Alltag seinen gewohnten Gang. Elfie Wagner arbeitet schon viele Jahre in ...

Berlin im August 1936: Die Olympischen Spiele sind das Hauptgesprächsthema in der Stadt, doch in der Chocolaterie Sawade geht der Alltag seinen gewohnten Gang. Elfie Wagner arbeitet schon viele Jahre in dem Laden Unter den Linden, der diverse Kreationen süßer Köstlichkeiten an seine Kunden, ja bis hin an den ehemaligen Kaiserhof, zu bringen weiß. Veränderung liegt in der Luft, das spüren alle. Um einige Bewohner zieht sich die Schlinge der Nationalsozialisten immer enger.
Anne Stern gelingt es, nur mit Worten eine unglaublich vielfältige Welt voller Pralinen, Aromen und der Sehnsucht nach kleinen Köstlichkeiten zu kreieren. Über einen Zeitraum von drei Tagen, begleiten wir verschiedene Protagonisten und Protagonistinnen in Berlin. Sie alle haben mehr oder weniger mit Veränderungen zu kämpfen. Politisch und gesellschaftlich ist es eine hochbrisante Zeit. Ich bin begeistert davon, wie es der Autorin gelungen ist, diese im Nachhinein historischen Veränderungen in eine Erzählung aus dem Alltag einzuflechten. Ein Roman, nicht nur über Schokolade, sondern über so viel mehr, über Zuversicht und Menschlichkeit.
"Für den Genuss und die Schönheit lohnt es sich, weiterzukämpfen, es sind die kleinen Lichtpunkte in diesem unsteten Dasein der Menschen."

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Veröffentlicht am 25.07.2022

Ich bin zwiegespalten

Das letzte Grab
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Mit "Das letzte Grab", hat Autor Lukas Erler eine Mischung aus Krimi und Thriller geschaffen. Die Frankfurter Rechtsanwältin Clara Winter gerät nach dem Tod ihres Ex-Mannes in einen Strudel der internationalen ...

Mit "Das letzte Grab", hat Autor Lukas Erler eine Mischung aus Krimi und Thriller geschaffen. Die Frankfurter Rechtsanwältin Clara Winter gerät nach dem Tod ihres Ex-Mannes in einen Strudel der internationalen Kriminalität. Innerhalb weniger Stunden gerät ihr Leben komplett aus den Fugen, sie muss um ihr Leben fürchten und sucht für ihre Flucht ausgerechnet Schutz bei einem Mitglied der organisierten Kriminalität. Ist sie damit wirklich in Sicherheit oder begibt sie sich damit in noch größere Gefahr?
Das Buch zieht einen sofort und unweigerlich in seinen Bann. Die Kapitel sind kurz, sehr schnell und haben den ein oder anderen fiesen Cliffhanger parat. Mit Clara bin ich leider nicht besonders warm geworden. Die toughe und selbstbewusste Frau hat für mich zu viele Ecken und Kanten und eine Seite, hinter die ich nicht wirklich schauen konnte. Wie bereits genannt, geschieht alles sehr schnell. Manchmal war ich verwirrt, an welchem Handlungsort ich mich nun genau befinde. Einige Entscheidungen von Clara oder auch ihr Verhalten in gewissen Situationen konnte ich absolut nicht nachvollziehen. Gerade von einer Rechtsanwältin hätte ich einen anderen 'Stil' erwartet. Die Thematik bezüglich internationalem Raubkunstschmuggel fand ich hingegen sehr interessant. Hier finden sich auch mehrere gesellschaftskritische Aspekte, die sehr gut ausgearbeitet sind und nachdenklich machen.
Auch, wenn ich von der Protagonistin und der Handlung nicht zu 100% überzeugt bin, haben die Thematik, der Schreibstil und der Aufbau dieses Thrillers dieses Buch zu einem spannenden Leseerlebnis für mich gemacht.

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Veröffentlicht am 12.07.2022

Lese-Highlight

Die versteckte Apotheke
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Gegenwart: Ohne ihren Ehemann reist Caroline nach London. Anlässlich ihres zehnten Hochzeitstages hatten die beiden eigentlich einen Grund zu feiern, doch es kam anders.
Um ihren Kopf frei zu bekommen ...

Gegenwart: Ohne ihren Ehemann reist Caroline nach London. Anlässlich ihres zehnten Hochzeitstages hatten die beiden eigentlich einen Grund zu feiern, doch es kam anders.
Um ihren Kopf frei zu bekommen und auch ihrer wissenschaftlichen Neugier geschuldet, schließt Caroline sich an den Ufern der Themse einer Gruppe Schatzsucher an und entdeckt im Schlamm eine kleine, alte Phiole. Die studierte Historikerin möchte sofort mehr herausfinden und begibt sich in London zwischen Archiven und unheimlichen Gassen auf historische Spurensuche.
London, Ende des 18. Jahrhunderts: Die Apothekerin Nella ist für viele Frauen zu einer Retterin in der Not geworden. Ihre offizielle Apotheke gibt es nicht mehr, stattdessen werden auf Bestellung die gewünschten Gifte hergestellt und an die Kundinnen zur weiteren Verwendung übergeben. Nella hat dabei ihre Prinzipien: Sie hilft ausschließlich Frauen, einer Frau wird kein Leid zugefügt und jede Kundin sowie deren Auftrag wird in einem Buch verewigt. Als das junge Mädchen Eliza eines Tages ihre geheime Kammer betritt, spürt Nella sofort, dass dieser Auftrag etwas verändern wird.
Dieser Roman liest sich stellenweise wie ein Krimi oder ein Thriller. Ich war von der ersten Seite an gebannt und konnte das Buch einfach nicht zur Seite legen. Die beiden, sich jedes Kapitel abwechselnden Zeitebenen, erzeugen eine unglaubliche Spannung. Ich wollte herausfinden wieso Nella sich dazu entschlossen hat, Gifte herzustellen und damit indirekt zur Mörderin zu werden. Ihr Handlungsstrang hat mir dabei noch besser gefallen als der von Caroline in der Gegenwart.
Sarah Penner hat Vergangenheit und Gegenwart perfekt kombiniert. Die Mischung aus wissenschaftlichen Untersuchungen von Quellen in der Gegenwart und der fiktiven Geschichte rund um Nella und ihre Apotheke ist wunderbar gelungen. Ein Plädoyer für Frauen in jeder Epoche. Für mich ein Lese-Highlight!

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Veröffentlicht am 27.06.2022

Eine tolle Romanbiografie

Blanche Monet und das Leuchten der Seerosen (Ikonen ihrer Zeit 6)
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Der neueste Band der "Ikonen ihrer Zeit" Reihe, ist Blanche Hoschede gewidmet. Die Autorin Claire Paulin begleitet die Protagonistin in diesem Roman über 70 Jahre ihres Lebens.
1876 lernt Blanche den damals ...

Der neueste Band der "Ikonen ihrer Zeit" Reihe, ist Blanche Hoschede gewidmet. Die Autorin Claire Paulin begleitet die Protagonistin in diesem Roman über 70 Jahre ihres Lebens.
1876 lernt Blanche den damals noch unbekannten Maler Monet kennen. Monet lebt einige Zeit in ihrem Elternhaus um zu Malen, Blanches Vater unterstützt den aufstrebenden Künstler. Durch Monet entdeckt Blanche die Faszination und die Freude an der Malerei, sie lernt von ihm. Als die Familie durch Spekulationen des Vaters bankrott geht, ist es Monet, der die Mutter Alice sowie die Geschwister bei sich und seiner Frau Camille aufnimmt.
Die gesamte Aufmachung des Buches hat mir sehr gut gefallen. Es beginnt mit dem wunderschön gestalteten Cover, den Seerosen die ich sofort mit Monet verbinde. Auf einer der ersten Seiten des Buches befindet sich außerdem eine Landkarte zur besseren Orientierung, da die Familie des öfteren ihren Wohnort wechselte. Ein Personenverzeichnis rundet das Ganze ab.
Der Roman ist in drei Teile gegliedert: Jugend, Liebe und Freiheit.
Eindrucksvoll wird das Leben von Blanche, ihre Hoffnungen, ihre Träume und auch die bittere Realität beschrieben. Die Darstellung des Alltags zu der damaligen Zeit hat mir sehr gefallen und mich der Protagonistin noch einmal näher gebracht.
Eine Geschichte über das Leben und das Miteinander einer 'Patchwork-Familie', die aller Widrigkeiten zum Trotz zusammen hält.

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