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blauer_Regen

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.07.2018

Narcissism for Beginners

Familie und andere Trostpreise
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Der Roman "Familie und andere Trostpreise" stammt aus der Feder von Martine McDonagh, wurde von Marion Ahl ins Deutsche übersetzt und vom HarperCollins Verlag im Sommer 2018 herausgebracht.
Worum geht ...

Der Roman "Familie und andere Trostpreise" stammt aus der Feder von Martine McDonagh, wurde von Marion Ahl ins Deutsche übersetzt und vom HarperCollins Verlag im Sommer 2018 herausgebracht.
Worum geht es? Der 21jährige Sonny macht sich in Großbritannien auf Spurensuche nach seinen Eltern. So hofft er, seine eigene Identität ein Stückchen besser vollziehen zu können. Er hofft auf aufschlussreiche Hintergrundinfos zur Beziehung seiner Eltern und deren Trennung. All dies bewerkstelligt er, indem er frühere Weggefährten seiner Eltern besucht und Interviews mit ihnen führt. Darin erfährt er schier Unglaubliches. Weitere Hiobsbotschaften erhält Sonny von seinem Vormund Thomas, bei dem er in Amerika aufwuchs. Thomas gab ihm auf seine Reise ein paar Briefe mit, in denen er seine eigene Beziehung zu Sonny Vater offenbart und pikante Details beichtet.
Bei alldem ist Protagonist Sonny selber ein wirklich schräger Typ, ehemaliger Drogensüchtiger gespikt mit zahlreichen Neurosen, mit dem Wissen um einen skrupellosen Vater und der Hoffnung, dass irgendwo eine liebende Mutter auf ihn wartet. Und so ist auch der ganze Roman quasi sein Reisebericht in Briefform an seine ihm unbekannte Mutter.
Das Buch ist kurzweilig geschrieben, unterhält durch seine schrulligen aber liebenswerten Darsteller und die wirklich schräge Familiengeschichte. Hinzu kommt der erfrischend unkonventionelle Sprachstil der Autorin, der das alles abrundet.
Zwei kleine Kritikpunkt habe ich allerdings: zum einen sind mir am Ende des Buches noch zu viele Fragen offen, deren Beantwortung mich interessiert hätten. Zum anderen finde ich den Originaltitel sehr viel passender, denn dieser hat einen direkten Bezug zum Buch.

Veröffentlicht am 22.07.2018

Wie beendet man eine Lebenslüge?

Helle Tage, helle Nächte
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Hilturd Baier beschäftigt sich in ihrem Debütroman "Helle Tage, helle Nächte" genau mit dieser Frage: Wie beendet man eine Lebenslüge? Protagonistin Anna, durch schwere Krankheit gezeichnet, steht genau ...

Hilturd Baier beschäftigt sich in ihrem Debütroman "Helle Tage, helle Nächte" genau mit dieser Frage: Wie beendet man eine Lebenslüge? Protagonistin Anna, durch schwere Krankheit gezeichnet, steht genau vor dieser Entscheidung und wählt einen Brief, in dem sie alles aufklären möchte. Als Botin fungiert ihre Nichte Frederike, die selber von der Lüge ihrer Tante betroffen ist, ohne dies jedoch zu wissen. Also macht sich die junge Frau nichts ahnend mit ihrem roten Bully auf den Weg nach Lappland, um Annas Wunsch zu entsprechen und muss dort dann erfahren, um wie viel verwobener die Angelegenheit ist und in wieweit sie selber involviert ist.
Der Gegenwartsroman erzählt eindrücklich die Gefühlwelt der beiden Frauen, bezieht aber auch immer die Familiengeschichte mit ein. Will heißen, neben Anna und Frederike lernen wir noch Annas Zwillingsschwester Marie und deren Mutter kennen, sowie Petter, ebenfalls Betroffener von Annas Lügen.
Hilturd Baier ist es sehr gut gelungen, den Leser mit auf die Reise in den hohen Norden zu nehmen. Wortwörtlich lässt sie die Landschaft Lapplands vor unserem inneren Auge entstehen und uns die Protagonisten kennenlernen. Es gelingt ihr, die Spannungskurve durch den gesamten Text hindurch aufrecht zu erhalten und auch wenn das Ende vorhersehbar ist, so ist die Hinführung doch sehr einfallsreich und unterhaltsam.
Dieses Buch bekommt von mir eine klare Leseempfehlung, denn es ist genau die richtige Lektüre für lange Sommerabende!

Veröffentlicht am 05.07.2018

Ungewöhnliche Familiengeschichte

Die Unruhigen
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Linn Ullmann schrieb mit "Die Unruhigen" eine Familiengeschichte mit starken autobiographischen Zügen. Der Roman erscheint 2018 im Luchterhand Verlag, umfasst 409 Seiten und wurde von Paul Berf ins Deutsche ...

Linn Ullmann schrieb mit "Die Unruhigen" eine Familiengeschichte mit starken autobiographischen Zügen. Der Roman erscheint 2018 im Luchterhand Verlag, umfasst 409 Seiten und wurde von Paul Berf ins Deutsche übersetzt.
Um vom Inhalt nicht allzu viel zu verraten nur so viel: eine Frau im mittleren Alter lässt rückblickend ihre Beziehung zu ihren Eltern, speziell ihrem Vater, Revue passieren, angefangen von frühesten Kindertagen bis hin zu einem gemeinsamen Buchprojekt kurz vor dessen Tod. Sie begibt sich wortwörtlich auf die Spurensuche nach den einzelnen Beziehungen in einem Wirrwarr an Familiengeflecht. Daher wohl auch der sehr treffende Name des Romans, denn als unruhig oder ruhelos können die Protagonisten durchaus beschrieben werden.
In dem postmodernen Roman wird dabei nicht nur die Gegenwart erzählt, sondern via Flashbacks immer wieder die Vergangenheit heraufbeschworen. So erleben wir mit ihr z.B. ihre Kindheitstage in der skandinavischen Provinz, wo das Mädchen ihre Ferien beim rigiden Vater und dessen Lebensgefährtin verbringt. Dank zahlreicher Wiederholungen und anschaulicher Darstellungen wird hier die Einsamkeit der Tochter sehr gut transportiert. Darüber hinaus veröffentlicht Ullmann Briefe ihres berühmten Vaters und spikt das Ganze mit Transkriptionen der mit ihm geführten Interviews. Besonders in diesen Sequenzen wird die fortschreitende Krankheit des Mannes bedrückend deutlich. Ganz allgemein wird hier also eine Eltern - Kind - Beziehung unter die Lupe genommen, ohne dabei zu emotional zu werden. Ullmann bleibt in all ihren Beschreibungen überraschend sachlich.
Zwischen dem Cover und dem Text gibt es einen direkten Bezug, zeigt dieses doch ein verschwommenes Foto von Vater und Tochter, was wohl sinnbildlich für das Verschwimmen von Erinnerungen an die gemeinsame Zeit steht.
Alles in allem hat mir das Buch sehr gut gefallen, da die Autorin eine sehr klare Sprache verwendet und eine ausgesprochen gute Beobachterin ist. Wer sich also für die Familie Ullmann interssiert, dem wird in diesem Roman ein intensiver Einblick gewährt.

Veröffentlicht am 19.06.2018

Mord an der Cote D'Azur

Das Grab unter Zedern (Ein-Leon-Ritter-Krimi 4)
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Der Roman "Das Grab unter Zedern" stammt vom Autor Remy Eyssen, erscheint im Frühsommer 2018 im Ullstein Verlag und ist der 4. Band um den Rechtsmediziner Leon Ritter.
Diesmal wird ein Familienvater durch ...

Der Roman "Das Grab unter Zedern" stammt vom Autor Remy Eyssen, erscheint im Frühsommer 2018 im Ullstein Verlag und ist der 4. Band um den Rechtsmediziner Leon Ritter.
Diesmal wird ein Familienvater durch das Berufungsgericht freigesprochen und kehrt 5 Jahre nach dem Mord an seiner Tochter in seine Heimatstadt zurück. Dort glaubt keiner an dessen Unschuld, doch die Polizei beginnt von neuem mit der Suche nach dem Täter und reißt damit alte Wunden auf. Gleichzeitig gibt es in der Umgebung 3 weitere Todesfälle, die Dr. Ritter auf den Plan rufen. Und hier beginnt der Autor geschickt, ein undurchsitiges Netz aus alter Schuld, Lügen und Irrwegen rund um den ungeklärten Mordfall an der kleinen Amelie zu weben. Seine inoffiziellen Recherchen führen Ritter entlang der Cote d´ Azur, sodass wir Leser neben der Spannung des Krimis auch noch detailierte Landschaftsbeschreibungen genießen können.
Erzählt wird die Geschichte aus 3 verschiedenen Perspektiven, wobei der Blickwinkel des Rechtsmediziniers den Löwenanteil ausmacht.
Beide, Dr. Ritter und seine Lebensgefährtin, die ermittelnde Kommissarin Isabelle, sind authentische Protagonisten mit liebenswerten Marotten und für mich neben den malerischen Landschaftsbeschreibungen elementar für diesen Roman. Hinzu kommen Nebendarsteller wie Ritters egozentrischer neuer Kollege Bodin oder Isabelles knurriger Chef Zerna, welche der Konstellation die nötige Würze geben.
Der Spannungsbogen in diesem Roman zieht sich buchstäblich bis zur vorletzten Seite, was mir persönlich sehr gut gefallen hat. Als Hinweis an alle Leser daher: nicht die letzte Seite schon vorablesen! Clever gemacht vom Autor ist auch die Tatsache, dass man zwar schon Dank des Titels weiß, dass es 3 Vorgängerromane gibt. Allerdings verzichtet er fast komplett auf Andeutungen zu diesen. Wer also nach der Lektüre des vorliegenden Buches Feuer gefangen hat, kann die Reihe getrost von hinten aufrollen und bleibt trotzdem bis zum Schluss neugierig.
Von mir gibt es daher sehr gerne eine Leseempfehlung für Leon Ritters 4. Fall und ein herzliches Dankeschön an den Ullstein Verlag für die Überlassung des Rezensionsexemplares.

Veröffentlicht am 19.06.2018

Ein konfliktreiches Leben

Häuser aus Sand
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Der Roman "Häuser aus Sand" stammt von der Autorin Hala Alyan, liegt hier in einer Übersetzung von Michaela Grabinger vor und wird 2018 vom DuMont Buchverlag herausgegeben.
Wir begleiten die Familie Yacoub, ...

Der Roman "Häuser aus Sand" stammt von der Autorin Hala Alyan, liegt hier in einer Übersetzung von Michaela Grabinger vor und wird 2018 vom DuMont Buchverlag herausgegeben.
Wir begleiten die Familie Yacoub, deren Wurzeln in Palästina liegen und begleiten sie über mehrere Jahrzehnte auf ihrer Suche nach einer Heimat. Das Leben der Familienmitglieder ist durch Vertreibung, Krieg und der ständigen Neuorientierung geprägt. Immer sind sie bestrebt, sich an einem neuen Ort einzufinden, heimisch zu werden, sich etwas Neues aufzubauen und ihrer Herkunft bewusst zu machen. Dies gelingt ihnen allen unterschiedlich gut. Ihre Suche führt sie von Jaffa über verschiedene Stationen bis nach Boston. Die Familie ist regelrecht über alle Kontinente zerstreut. Hieraus ergibt sich automatisch die Diskrepanz der einzelnen Familienmitglieder in Sprache, kulturellen Hintergrund, religiösen Ansichen und führt somit zu innerfamiliären Spannungen. Da die Familiengeschichte in chronologischen Zeitsprüngen erzählt wird, konzentriert sich der Plot auf die essentiellen Daten und man kann der Story sehr gut folgen.
Alle relevanten Familienmitglieder sind authentisch dargestellt. Leider werden innere Konflikte nur teilweise gut spürbar beschrieben. Daher fiel es mir schwer, mich in ihre jeweiligen Rollen zu versetzen oder Reaktionen / Handlungen immer gut nachzuvollziehen.
Außerdem erachte ich es als hilfreich, wenn man sich mit der politischen Komponente des Konfliktes in Israel / Palästina und dem Nahen Osten als Ganzes etwas auskennt. Der Roman füllt hier leider nicht immer die Lücken, sondern setzt diese Kenntnis voraus, bzw. baut auf ihnen auf. Schade für mich, denn ich mag es eigentlich, wenn ich Geschichte als Roman verpackt erleben darf, wenn sie am Schicksal einzelner greifbar wird, statt mir nüchtern die Fakten aus Geschichtsbüchern zu sammeln. Der vorliegende Roman hat das nicht in Gänze geschafft und konnte meine Neugier und Begeisterung am Thema nicht wie erhofft wecken.