Vorhersehbare Handlung, flache Charaktere und unglaubwürdige Entwicklungen – wichtige Themen wie Depression und Angststörungen wurden nicht richtig behandelt
Das Avery Shaw ExperimentAvery ist seit Jahren in ihren besten Freund Aiden verliebt. Als sie ihm ihre Gefühle gesteht und er ihr Herz bricht, weiss sie sich zu helfen: Sie durchlebt die sieben Phasen der Trauer und heilt somit ...
Avery ist seit Jahren in ihren besten Freund Aiden verliebt. Als sie ihm ihre Gefühle gesteht und er ihr Herz bricht, weiss sie sich zu helfen: Sie durchlebt die sieben Phasen der Trauer und heilt somit Herz – das macht sie zusammen mit Aidens grossen Bruder Grayson als Wissenschaftsprojekt für die Schule. Doch plötzlich passiert etwas, mit dem Avery nicht gerechnet hat …
Meine Meinung
Das Buch beginnt, indem man als Leser einen Protokolleintrag von Avery liest und gleich mit dem Experiment vertraut gemacht wird, indem sie beweisen will, dass ein gebrochenes Herz durch die sieben Trauerphasen des Verlusts geheilt werden kann. Natürlich lernen wir auch den Verursacher dieses gebrochenen Herzens kennen: Nämlich Aiden, den sie seit ihrer Geburt kennt. Ein paar Kapitel später sehen wir den ersten Protokolleintrag von Grayson, der seinen kleinen Bruder Aiden beim Wissenschaftsprojekt ersetzt und Avery durch die sieben Phasen hilft.
Ich war ein wenig neugierig – vor allem aber war ich gespannt auf diesen wissenschaftlichen Aspekt und wie genau dieser in ein Young Adult Buch eingebaut werden kann.
Schon nach dem ersten Kapitel, nämlich Averys Protokolleintrag hegte ich erste Zweifel wie wissenschaftlich das Ganze wirklich werden würde. Von diesem Punkt abgesehen, wirken die zwei Familien etwas flach. Die Mütter der beiden Brüder und von Avery sind beste Freundinnen und haben ihre Kinder zusammen aufwachsen lassen. Das ist auch so ziemlich alles, was man als Leser von den Familien erfährt. Leider sind mir auch Aiden und Grayson sehr klischeehaft gehalten. Ich habe grundsätzlich nichts dagegen, wenn man sich an Klischees orientiert. Hier wirkt es aber so, als hätte die Autorin die Charaktere auf den Klischees aufgebaut.
Ausserdem wurde erwähnt, dass Avery eine Angststörung hat. Weiter thematisiert wurde dieser wichtige Aspekt aber nicht.
Trotzdem muss ich sagen, dass es einige Szenen gab, die mich zum Lachen gebracht haben. Der Schreibstil der Autorin war ebenfalls sehr angenehm zu lesen, wenn auch etwas trocken und wenig tiefgründig. Hin und wieder kam ein wenig Spannung auf, aber leider nie genug, dass mich das Buch wirklich packen konnte.
Je weiter ich mit dem Lesen voranschritt, desto mehr Enttäuschung machte sich in mir breit, was vor allem an den Charakteren und der Entwicklung der Geschichte lag. Während Graysons Persönlichkeit eine 180 Grad Wendung einlegte, suchte ich nach ein wenig Vernunft bei den erwachsenen Personen, die alle so naiv waren, dass ich es kaum glauben konnte – von den Jugendlichen möchte ich gar nicht anfangen. Auch war das Buch sehr vorhersehbar.
Nun komme ich zu meinem grössten Kritikpunkt: Das Experiment, das ohne zu zögern von der Schule bewilligt wird. Avery hat ein gebrochenes Herz und möchte ein Selbstexperiment machen, um sich zu heilen – okay, das kann ich bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen. Aber eine Phase dieser sieben Phasen, die sie durchlaufen möchte, ist die Depression. Und dass diese Schule so ein Experiment einfach bewilligt, mit der Voraussetzung, dass eine Schülerin in eine Depression fallen wird, finde ich unglaubwürdig. Aber was mich fast noch mehr gestört hat, war die Art und Weise, wie die Autorin mit dieser Trauerstufe umgegangen ist. Avery hatte in diesen Wochen(!) einige Abschiffer in der Schule und der zuständige Lehrer wusste, dass es am Experiment liegt und unternimmt absolut nichts dagegen. Sie wurde sogar mit dieser Erklärung entschuldigt.
Jedenfalls beschrieb man Avery immer als «deprimiert» was nicht das korrekte Adjektiv für «Depression» ist, da Deprimiertheit ein Symptom ist, das nicht automatisch auf eine Depression schliessen lässt. Und natürlich war die Depression nach einem emotionalen Museumsbesuch wie von Zauberhand verschwunden. Dieses Thema wurde viel zu schnell abgehandelt – und vor allem nicht richtig behandelt.
Fazit
Obwohl ich mich auf den wissenschaftlichen Aspekt in dieser Geschichte gefreut hatte, konnte mich das Buch überhaupt nicht überzeugen. Die Charaktere waren mir viel zu flach und die Handlung zu vorhersehbar. Am meisten gestört hat mich aber die Aufmachung des wissenschaftlichen Projekts. Sie war unglaubwürdig und überhaupt nicht gut durchdacht; die sieben Phasen der Trauer wurden meiner Meinung nach nicht wirklich ernst genommen und zu leicht abgehandelt.