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Veröffentlicht am 11.11.2021

Auf dem Weg in die Freiheit

Das Leuchten der Sehnsucht - Töchter der Freiheit
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INHALT:
Den äusseren zeitgeschichtlichen Rahmen für dieses Buch bilden die Konflikte zwischen den Nord- und Südstaaten Amerikas kurz vor Ausbruch des Bürgerkriegs, welcher von 1861 bis 1865 dauerte). Dreh- ...

INHALT:
Den äusseren zeitgeschichtlichen Rahmen für dieses Buch bilden die Konflikte zwischen den Nord- und Südstaaten Amerikas kurz vor Ausbruch des Bürgerkriegs, welcher von 1861 bis 1865 dauerte). Dreh- und Angelpunkt der damaligen Konflikte und darum auch des Buchs sind die gesellschaftlichen und sozialen Spannungen innerhalb der amerikanischen Gesellschaft, welche sich vor allen Dingen an der Sklavereifrage entzündeten. Grob vereinfacht gesagt waren der neu gewählte US-Präsident Abraham Lincoln und Unionstruppen auf seiner Seite in den Nordstaaten gegen die Sklaverei, während die Südstaaten an ihr festhielten und sich deswegen auch aus der Staatenunion austrat.
Die Protagonistin Annie, welche deutsche Vorfahren hat, kommt im Jahr 1859 in den Süden nach South Carolina. Sie stammt aus dem mittleren Westen und ist der Sklaverei gegenüber kritisch eingestellt. Auf der Plantage des reichen Plantagenbesitzers Williams, dessen Kinder sie fortan als Lehrerin unterrichten soll, kommt sie hautnah mit den Nöten der dort (und auch auf anderen Farmen) beschäftigten Sklaven in Berührung. Als Annie sich mit den Bediensteten anfreundet und auch deren verborgene und unterdrückte Talente erkennt, gerät sie in tiefe innere Konflikte in Hinblick auf ihren neuen Arbeitgeber und die reiche Gesellschaft, deren Teil sie sein soll. Ein Lichtblick in dieser für Annie ungewohnten und unerfreulichen neuen Welt ist der älteste Sohn der Williams, der David heisst, und in den sie sich verliebt. Ob aus den beiden ein Paar wird, möchte ich an dieser Stelle nicht verraten. Die Kinder der Familie William indes haben ihrerseits sehr unterschiedliche Haltungen zur Sklaverei.
Parallel zu Annies Erleben wird die Geschichte ihrer Cousine Jennifer in New York erzählt, welche sich gegen die Sklaverei engagiert, indem sie als Unterstützerin für entflohene Sklaven tätig ist, um ihnen den Weg ins sichere Canada zu ermöglichen. Ihr Verlobter Danny ist ganz und gar nicht mit ihrem Handeln einverstanden und beginnt, sie deswegen zu bedrohen und unter Druck zu setzen.
Annies Cousin Marcus hat sich derweil in eine Südstaatlerin verliebt, deren Eltern mit dieser Verbindung aber ganz und gar nicht einverstanden sind.
Einen dritten Handlungsstrang bildet schliesslich das Leben von Annies Schwester Sophia, welche ein Kind erwartet und mit ihrem Mann Philipp in Kansas eine Farm betreibt. Als wir Sophia kennenlernen, wird gerade ihre Farm angezündet, und ihr Mann kann nur mit Mühe das Schlimmste verhindern und die Tiere retten. Immer wieder zünden Banden die Höfe von Lincoln-Anhängern an, und man erfährt, dass auch hier der Kampf von Sklavengegnern und Sklavenbefürwortern die Ursache ist.
MEINE MEINUNG:
Während uns Noa C. Walker die innere Entwicklung und Liebesgeschichte der jungen Annie erzählt, erfahren wir eine Menge über die Epoche des amerikanischen Bürgerkriegs. Dabei gelingt es der Autorin sehr überzeugend, die unterschiedlichsten Haltungen der Protagonisten zur Sklavenfrage (einschliesslich der versklavten Menschen selbst) darzulegen.
Durch den steten Wechsel zwischen den Handlungsorten bleibt die Lektüre unterhaltsam, spannend und abwechslungsreich. Die drei weiblichen Hauptfiguren werden glaubhaft geschildert und sind mir von Anfang an sympathisch gewesen. Ihr Schicksal, ihre Gedanken und Gefühle haben mich bewegt und mitfiebern lassen.
Weitere Pluspunkte dieses Romans sind die vielen anschaulichen und detaillierten Beschreibungen etwa der Natur, der Wohnungseinrichtungen, Kleider und Gepflogenheiten der damaligen Zeit, so dass man sich alles sehr gut vorstellen und sich als Teilhaberin des Geschehens fühlen kann.
FAZIT:
Wer historische Liebesromane mag, in welchen man auch eine Menge über die damalige Gesellschaft und Politik erfährt, dem kann ich «Das Leuchten der Sehnsucht» empfehlen. Eine Fortsetzung soll es im nächsten Jahr geben.

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Veröffentlicht am 08.11.2021

Stimmen aus dem Totenreich

Die Kinder der Otori 1 – Waisenkrieger
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Wer ein Faible für die japanische (Samurai-) Kultur und fantastische Geschichten hat, der kommt an dem Namen Lian Hearn nicht vorbei. Ihre fünf Bücher über den „Clan der Otori“, deren erster Band Anfang ...

Wer ein Faible für die japanische (Samurai-) Kultur und fantastische Geschichten hat, der kommt an dem Namen Lian Hearn nicht vorbei. Ihre fünf Bücher über den „Clan der Otori“, deren erster Band Anfang 2000 auf Deutsch erschien, waren allesamt Bestseller. Der Band „Der Ruf des Reihers“ geht inhaltlich und zeitlich dem nun neu herausgekommenen „Die Kinder der Otori“ voraus.
INHALT:
Lord Takeo Otori, die Hauptfigur der vorangehenden Bände, ist tot. Sein Widersacher, der grausame General Saga, hat die Herrschaft über das Land an sich gerissen. Seinen Machtgelüsten unterwirft er gewissenlos alles und jeden und schreckt auch nicht davor zurück, seine eigenen Kinder und Enkel aus dem Weg zu räumen. Eine Tochter seines Erzrivalen Takeo hat er sich zur Frau genommen, Takeos Frau Kaede und weitere Kinder müssen sich verborgen halten. Ein weiterer feindlicher Clan für General Saga stellen die Arai dar. Auch deren Nachkommen will er ermorden lassen. Doch zwei Kinder werden heimlich in das Kloster Terayama gebracht, wo sie als unbekannte Mönche mit neuen Namen verborgen leben müssen. Einer dieser Jungen ist die Hauptfigur dieses neuen Romans. Sein Name ist (Arai) Kasho. Im Kloster begegnet er dem etwas älteren Hisao (ein unehelicher Nachkomme von Takeo Otori). Dieser besitzt magische Fähigkeiten, so kann er zum Beispiel Holzfiguren schnitzen, die nur darauf warten, lebendig zu werden. Hisaos Magie ist dunkel, und Kasho kann mit seinen feinen Sinnen die unheimlichen Schatten aus dem Totenreich wahrnehmen, die den Älteren umgeben.
Kasho selbst jedoch entwickelt im Kloster eine Gabe, die derjenigen Hisaos noch weit überlegen ist. Er vermag Verstorbene aus dem Totenreich zurückzuholen und kann (Hisaos) Figuren lebendig werden lassen. Als Lord Saga durch Spitzel aus dem Kloster von Kasho hört, will er sich dessen Fähigkeiten zunutze machen und mit seiner Hilfe eine riesige Armee erschaffen. Kasho gelingt es zwar, immer wieder vor Saga und seinen Häschern zu fliehen, doch gerät er dabei mehr als einmal in die Fänge anderer zwielichtiger Gestalten, die sich als Freunde ausgeben, aber ihn letztendlich auch nur benutzen wollen. Kasho muss lernen, sich selbst mehr zu vertrauen und sich von anderen nicht manipulieren zu lassen. Wie und ob ihm das gelingt, davon erzählt dieses Buch.
MEINE MEINUNG:
Da ich Lian Hearns Schreibstil sehr mag, war das Buch für mich gut lesbar und eine kurzweilige, unterhaltsame Lektüre. Doch selbst ich, die ich alle „Clan der Otori“-Bände gelesen habe, musste immer wieder das Namensverzeichnis im Buch zu Hilfe nehmen, um die vielen verschiedenen Charaktere und ihre Handlungen und Absichten nicht zu verwechseln. Ich könnte mir daher vorstellen, dass es für Leser, welche die Reihe nicht kennen, schon mühsam(er) ist, sich in dieser fantastisch erdachten japanischen Welt zurechtzufinden. Dann kommen im Buch auch Figuren aus „Shikanoko“ vor, was ich sehr schön fand. Einmal mehr liefert uns Lian Hearn hier eine fantastische und auch immer wieder unheimliche Erzählung im Stil japanischer Kriegergeschichten. Die Geschichte des Waisenkindes Kasho ist ein Entwicklungsroman, in welchen eine kleine Liebesgeschichte eingewoben wird, die vermutlich und hoffentlich im Folgeband noch entfaltet werden wird. Wie schon in ihren beiden zwischenzeitlich erschienenen Büchern über „Shikanoko“ wendet Lian Hearn sich nach meinem Eindruck auch in „Die Kinder der Otori“ zunehmend der japanischen Geisterwelt und vor allem dem Dunklen und Finsteren darin zu. Das ist grösstenteils spannend zu lesen, ist aber für mich persönlich zu dominierend und insgesamt zu düster. Deswegen kann ich „Die Kinder der Otori“ zwar empfehlen (und werde auch den zweiten Band auf jeden Fall lesen), finde diese Fortsetzung jedoch nicht ganz so gut, wie die ersten fünf „Der Clan der Otori“ Bände.
FAZIT:
„Die Kinder der Otori“ ist ein düster - fantastischer Kriegerroman, der in einer erdachten japanischen Welt spielt. Sein grosses Plus ist die sprachliche Schönheit, mit welcher Lian Hearn ihre Leserinnen und Leser zu fesseln vermag. Die Kenntnis der Vorgängerbände stelle ich mir hilfreich vor.
4/5

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Veröffentlicht am 18.10.2021

Tiefgründige Fantasy

Fürimmerhaus
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Was ist das nur für ein merkwürdiges und riesiges Haus am Wasser, in das Carter da geraten ist? Es verändert sich ständig, und die meisten seiner Bewohner scheinen nicht friedlich zu sein.

Inhalt:

Carter ...

Was ist das nur für ein merkwürdiges und riesiges Haus am Wasser, in das Carter da geraten ist? Es verändert sich ständig, und die meisten seiner Bewohner scheinen nicht friedlich zu sein.

Inhalt:

Carter kann sich nur mit Mühe und Not aus einem Brunnen vor dem Ertrinken retten. Als er sein Gefängnis verlässt, findet er sich in einer riesigen Halle wieder und begegnet kurz darauf einem freundlichen Mädchen, das von Innen her zu leuchten scheint. Sie bedeutet ihm, ihr schnellstens und unauffällig zu folgen und bringt ihn zu einer Gruppe anderer Gestalten. Diese haben jeweils spezielle Fähigkeiten und ein besonderes Aussehen und nennen sich «Erlöser». Sie sind alterslos und haben einst etwas Bedeutsames getan und eine Welt gerettet. Das ist alles, woran sich diese «Helden» erinnern können. Sie wissen weder, wie sie in das Fürimmerhaus geraten sind, noch welches ihre jeweilige Vergangenheit war. Selbst ihre Namen scheinen nicht die ursprünglichen zu sein. Eines aber ist allen klar: Das Fürimmerhaus ist ein Gefängnis, dem sie entkommen wollen. Das Gleichgewicht in diesem Haus ist aus den Fugen geraten. Harmonie und Dissonanz halten sich nicht mehr die Waage, was dazu führt, dass das Haus selbst sich verändert und krankhafte Auswüchse entwickelt. Der Grund dafür liegt darin, dass der geheimnisvolle «Erbauer», welcher im innersten Zentrum des Hauses wohnt, die Kontrolle über das von ihm geschaffene Haus und seine Bewohner verloren hat. Seine Gegenspieler, welche sich «Archonten» nennen, haben ihn gefangengenommen und eingeschlossen. Den jungen Helden ist auch klar, dass der Weg aus dem Haus nur durch die Befreiung des «Erbauers» möglich ist. Darum machen sie sich auf die Suche nach ihm und versuchen, immer weiter in die innerste Kammer des Gebäudes vorzudringen. Doch ihr Weg ist gefährlich und mühsam, weil im Haus eine erbitterte Schlacht tobt zwischen den «Archonten» und den «Treibholzmenschen», die aus dem Meer in das Gebäude zu gelangen versuchen. Ausserdem hat sich noch der unheimliche «Zeigermann» an ihre Fersen geheftet, und die riesenhafte «Eulenechse» scheint auch hinter ihnen her zu sein.
Carter ist der Einzige in der Gruppe, der sich an kleine Begebenheiten aus seiner Vergangenheit erinnern kann. Er weiss nicht nur, dass «Carter» sein wahrer Name ist, sondern hat auch immer wieder Träume und Visionen, welche der Gruppe auf ihrer Flucht hilfreich sind. Aber welche Welt er gerettet haben soll, weiss er nicht. Als er schliesslich den «Lotsen» mithilfe einer alten Telefonzelle kontaktieren kann, kommen die neuen Freunde ihrem Ziel endlich ganz nah...

Meine Meinung:

«Fürimmerhaus» ist ein sehr vielschichtiger Roman, dessen viele Anspielungen und fantastischen Elemente sich beim ersten Lesen vermutlich noch gar nicht in ihrer Gesamtheit erschliessen. Kai Meyer führt die Leser in hohem Tempo durch seine Geschichte und enthüllt immer nur kleine Puzzleteile, die nach und nach ein Ganzes ergeben. Dieses ist dann wiederum ganz anders, als man es sich gedacht hat.
Das Buch ist ein fantastischer Roman erster Güte, der erstaunt, verwirrt, einen in die Irre leitet und dabei immer auch ein Abbild unserer Welt ist. Was ist wahr, was ist Schein? Dabei geht es durchaus auch um philosophische Fragen: Was geschieht, wenn ein Erschaffer die Kontrolle über sein Werk verliert? Können sich bejubelte Helden in Zerstörer verwandeln, wenn sie von allen vergessen werden? Wie kurzlebig sind äusserlicher Ruhm und Schein – und was sind Werte, die Bestand haben und ein friedliches Zusammenleben fördern?
Für junge Leser bietet die Figur des «Carter» vermutlich die grösste Identifikationsmöglichkeit. Auch er muss sich in seiner (neuen) Welt erst zurechtfinden und deren Regeln kennenlernen und teilweise auch hinterfragen.
Das Ende des Romans hat mich völlig überrascht, weil ich die ganze Zeit etwas ganz anderes vermutet und die Protagonisten verschiedenen Romanen zugeordnet hatte. Die teilweise düstere Stimmung, welche das gesamte Buch immer wieder durchzieht, hat meiner Lesefreude keinen Abbruch getan.
Die Covergestaltung finde ich ebenfalls sehr gelungen: Der Schutzumschlag zeigt Türme und Treppen aus dem Haus, die über- und untereinander verschachtelt sind, denn nichts ist so, wie es sein soll oder scheint.

Fazit:
«Fürimmerhaus» ist skuril, fantastisch, spannend und hintergründig. Kai Meyer hat wieder etwas ganz Eigenes und für mich Neuartiges erschaffen. Sein Roman eignet sich für jugendliche Leser und Erwachsene, die Freude an fantastisch-philosophischen Geschichten haben.

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Veröffentlicht am 17.09.2021

Thursday

Skeleton Tree
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Der zwölfjährige Chris hat vor einem Jahr seinen Vater verloren, zu dem er ein eher ambivalentes Verhältnis hatte. Als ihn eines Tages der Bruder seines Vaters, der Abenteurer Onkel Jack, zu einem Segeltrip ...

Der zwölfjährige Chris hat vor einem Jahr seinen Vater verloren, zu dem er ein eher ambivalentes Verhältnis hatte. Als ihn eines Tages der Bruder seines Vaters, der Abenteurer Onkel Jack, zu einem Segeltrip an der Küste Alaskas einlädt, ist Chris sofort begeistert. Auf dem Boot trifft er den drei Jahre älteren Frank, der sehr abweisend auf ihn reagiert. Während Chris benommen vor Seekrankheit und von den starken Tabletten, die ihm sein Onkel dagegen gegeben hat, in seiner Kajüte liegt, gerät das Segelboot in einen Sturm. Als das Boot kentert, muss Chris mitansehen, wie sein Onkel ertrinkt und rettet sich mit Frank im Beiboot.
Die beiden Jungen stranden schliesslich an einer verlassenen Küste und sind völlig alleingelassen. Weil sie weder Nahrung, noch Funkgerät, noch Feuer haben, sind sie bald am Ende ihrer physischen und psychischen Kräfte. Frank erweist sich als der in der Wildnis Erfahrenere und lässt dies den jüngeren und ängstlicheren Chris bei jeder Gelegenheit durch Demütigungen spüren. Als sie schliesslich eine verlassene Hütte und die Leichen von deren Bewohnern finden, eskaliert der Streit zwischen den beiden immer mehr.
Chris macht auf der Insel die Bekanntschaft eines offenbar zahmen Raben, und als Frank sich an der Hand verletzt, scheint sich das Blatt zu wenden.
Im Verlauf der Erzählung wechseln die Rollen, gegen Ende ist es Chris, der Frank immer wieder Hoffnung auf Rettung macht und sich um ihn kümmert. Beide Jungen erkennen, dass sie nur gemeinsam in der Wildnis überleben können. Und sie finden heraus, dass sie mehr miteinander verbindet, als sie bisher ahnten...

Iain Lawrence ist ein Meister darin, Leser vom ersten Moment an in seine Geschichten hineinzuziehen und zu fesseln. Wie schon bei «Die Tochter des Leuchtturmwärters» fühlt man sich auf besondere Weise mit den Hauptfiguren verbunden, und diese begleiten einen noch lange nach Beendigung der Lektüre in den eigenen Gedanken.
Auch in diesem Buch wird Lawrences Affinität zu Nichterklärbarem und mystisch Geheimnisvollen spürbar. Verstorbene erscheinen und geben Hinweise für die Lebenden. Tiere sind Boten, Freunde oder Feinde. Und die Natur in all ihrer Schönheit und Bedrohlichkeit ist ein Abbild für Werden und Vergehen, Schauplatz für Mythen und Legenden, der Ort, in den Freude und Leid eingebettet sind.
Die Entwicklung der beiden Jungen ist interessant zu beobachten. Lawrence beschönigt nicht und gibt auch immer wieder Einblicke in die dunklen Seiten der menschlichen Seele. Grausamkeiten, welche Mensch und Tier widerfahren, können zu deren Untergang führen oder durch Behutsamkeit und Geduld geheilt werden.
Nach meinem Eindruck sind es in diesem Buch allerdings etwas zu viele Fragen, die angeschnitten werden. Es geht wohl in erster Linie um das Überleben in der Wildnis, doch ausserdem werden noch Probleme wie Alkoholismus, Ehebruch, Verlassenheitsgefühle, Mobbing, Minderwertigkeitsgefühle, Naturkatastrophen, Krafttiere, Religion und Mystik der Ureinwohner Alaskas.
So ist man bei der Lektüre trotz aller Spannung ein wenig orientierungslos, so wie die beiden Jungen auch.
Die eigentliche (tragische, aber in sich konsistente) Hauptfigur in diesem Buch war deshalb für mich der Rabe «Thursday» ohne dessen Beistand und Hilfe keiner der Jungen hätte überleben können.
Die Gestaltung des Covers durch Daniel Burgess hat mir daher auch sehr gut gefallen: Man sieht Frank und Chris auf einem Felsen sitzen, welcher das Aussehen eines Rabenkopfes hat.

«Skeleton Tree» ist ein Buch für Jugendliche, das die Leser zum Nachdenken anregt und im Stil eines klassischen Abenteuerromans geschrieben ist. Innerhalb der Rahmenerzählung gibt es aber etliche Passagen und symbolische Geschichten, die nach meinem Gefühl für sehr junge Leser nicht so leicht zu verstehen und zu verarbeiten sein könnten und auch etwas von der eigentlichen Geschichte ablenken.

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Veröffentlicht am 02.09.2021

Zurück in die Eiszeit

Im Schatten des Löwen
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Wir befinden uns in der letzten Eiszeit. Die Menschen leben in Wohnhöhlen und sind auf das Jagdglück der Jäger ihres Stammes angewiesen. Der Glaube an die Grosse Mutter, die das Leben des gesamten Stammes ...

Wir befinden uns in der letzten Eiszeit. Die Menschen leben in Wohnhöhlen und sind auf das Jagdglück der Jäger ihres Stammes angewiesen. Der Glaube an die Grosse Mutter, die das Leben des gesamten Stammes und der ganzen Schöpfung lenkt, ist allgegenwärtig. Der Kreislauf der Jahreszeiten bestimmt den harten Alltag. Und doch ist darin Platz für Kunst, für Musik und Träume. Gerade durch sie offenbart sich die Grosse Mutter den Menschen.
Junhi fühlt sich nicht wirklich zu ihrem Stamm gehörig. Als sie noch klein war, wurde ihre Mutter dem Mann eines anderen Stammes gegeben, ihr Vater wurde getötet. Junhi wird geduldet, mehr nicht. Und auch die Stammesmutter Uma ist ihr keine Hilfe. Im Gegenteil. Sie verbietet ihr sogar das Träumen, denn der Träumer des Stamms, der erfahrene Tukh, hat bereits jemanden, den er zu seiner Nachfolgerin ausbilden soll: Tira. Sie ist körperlich eingeschränkt, sodass sie nie eine Jägerin oder gar Mutter werden kann, deswegen hat Uma ihr den Platz an Tukhs Seite zugewiesen. Doch Junhi ist die bessere Träumerin. Und die begnadetere Zeichnerin, denn die Träume müssen auf die Höhlenwände gemalt werden. Entweder mit roten oder mit schwarzen Farben, je nachdem ob es ein guter oder ein schwerer Traum war. Gegen den Befehl von Uma teilt Junhi weiter ihre Träume heimlich mit Tukh. Doch als dieser einen ihrer Träume falsch deutet, ihn als seinen eigenen ausgibt und die Jäger zur Mammutjagd schickt, werden diese bis auf zwei Männer alle getötet. Fortan fürchtet sich Junhi vor ihren Träumen und fühlt sich allein schuldig an dieser Katastrophe.
Um nicht zu verhungern, bleibt dem Stamm nichts anderes übrig, als einen anderen um Aufnahme zu bitten. Die jungen Frauen gelten dabei als Geschenke, die von den Männern des neuen Stammes gewählt werden dürfen. Junhi hadert lange mit sich, doch schliesslich gibt sie ihren Wunsch, Tukhs Nachfolgerin zu werden, auf und entschliesst sich dazu, die Frau des freundlichen Jerrik zu werden, der um sie wirbt. Aber im allerletzen Moment greift Tukh ein und beansprucht Junhi nun doch auch öffentlich für sich…
Diesen Jugendroman habe ich verschlungen. Man vergisst immer wieder, dass man sich 28 Tausend Jahre in der Vergangenheit befindet, mit so viel Tempo und so aktuell wird Junhis Geschichte erzählt. Dabei erfährt man eine Menge über das Leben in der Eiszeit. Besonders gut hat mir die Verbindung von Träumen und künstlerischer Darstellung gefallen, deren Spuren ja noch erhalten sind. Die Höhlenmalereien von Lascaux oder Gargas und vieler anderer Höhlen kann man heute noch bewundern. Linda Dielemans, die niederländische Autorin des Romans, ist Archäologin. Ihre fundierten Kenntnisse über diese Epoche machen «Im Schatten des Löwenmanns» zu einem gleichermassen spannenden wie informativen Buch. Ich kann mich nach der Lektüre dieses Romans noch viel besser in die Eiszeitmenschen hineinversetzen und habe (trotz einiger Vorkenntnisse) noch eine Menge gelernt. Das hat mir wirklich Freude gemacht. Besonders schön finde ich auch die Seiten am Ende des Buchs: Die Autorin hat eigene Zeichnungen als «Liste mit Höhlenmalereien» mit einer Kurzbeschreibung angefügt. So kann man noch besser verstehen und begreifen, was im Roman erzählt wird.
Junhis Suche nach ihrem Platz im Leben und ihrer Bestimmung unterscheidet sich im Grunde genommen nicht von den Fragen, mit denen jede und jeder von uns sich selbst auch auseinandersetzt. Linda Dielemans ist es wunderbar gelungen, eine so lange zurückliegende Epoche glaubhaft lebendig werden zu lassen.

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