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Veröffentlicht am 21.12.2022

Beeindruckender zeitgeschichtlicher Roman

Die Bücher, der Junge und die Nacht
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MEINE MEINUNG
Mit seinem neuen spannenden historischen Roman „Die Bücher, der Junge und die Nacht“ hat der deutsche Bestseller-Autor Kai Meyer eine großartige Liebeserklärung an die wunderbare Welt der ...

MEINE MEINUNG
Mit seinem neuen spannenden historischen Roman „Die Bücher, der Junge und die Nacht“ hat der deutsche Bestseller-Autor Kai Meyer eine großartige Liebeserklärung an die wunderbare Welt der Bücher zu Papier gebracht, die das Herz jedes Buchliebhabers höher schlagen lässt.
Meyers geniales Konzept, seinen berührenden Roman über die Geheimnisse der Bücher mit einer tragischen Liebesgeschichte und unheilvoll-mystischen Elementen zu verknüpfen und zugleich in einen historischen Kontext einzubetten, ist absolut gelungen, äußerst spannend umgesetzt und hat mich sehr fesseln und begeistern können.
Dank des lebendigen, bildhaften und zuweilen sehr poetischen Schreibstils fällt es nicht schwer, an der Seite der interessanten Protagonisten in die atmosphärisch dichte Geschichte einzutauchen.
Die vielschichtige Handlung ist über drei sich abwechselnde Zeitebenen angelegt und spielt vor einem zeitgeschichtlichen Hintergrund, der zum Ende der Weimarer Republik beginnt, während des Zweiten Weltkriegs und schließlich als Rahmenhandlung zu Beginn der 1970er Jahre angesiedelt ist.
Gekonnt lässt uns Meyer die fesselnde Geschichte in den jeweiligen Handlungssträngen aus Sicht verschiedener, für die Handlung bedeutsamer Figuren erleben, wobei das Hauptaugenmerk aber zum einen auf dem jungen Buchbinder Jakob Steinfeld in der Bücherstadt Leipzig liegt und zum anderen auf Jakobs Sohn Robert, der seine rätselhafte Vergangenheit und das mysteriöse Schicksal seiner Eltern zu ergründen sucht und schließlich unglaubliche Verwicklungen zutage befördert. Rasch wurde ich in die äußerst packende und temporeiche Geschichte hineingezogen und verfolgte voller Spannung, Anteilnahme und ungute Vorahnungen der Fortgang der Geschehnisse.
Aus jedem Handlungsstrang ergeben sich nach und nach immer mehr bruchstückhafte Hintergrundinformationen und Hinweise auf den Gesamtzusammenhang, doch ergibt sich aus den vielen Mosaikstückchen erst zum Ende hin das erschütternde Gesamtbild über die fatalen Ereignisse. Gekonnt vermittelt Meyer zudem ein stimmiges und authentisches Bild der damaligen bewegten und recht düsteren Zeit und lässt uns hautnah lässt er uns am beklemmenden Schicksal der Menschen teilhaben, die damals Opfer von Antisemitismus, Kommunistenhass und der ideologisch verblendeten Nazisympathisanten wurden.
Die wendungsreiche Geschichte lebt neben einer unterschwellig angelegten, wundervoll mystischen Atmosphäre vor allem von einer Vielzahl von facettenreich und lebendig angelegten Figuren. Insbesondere die Protagonisten wirken mit ihren mit viel Empathie ausgearbeiteten Persönlichkeiten lebensnah und sorgten mit ihren bewegten Lebenswegen für so manche Überraschung.
Nach einer Fülle von fesselnden Verwicklungen und unerwarteten Wendungen findet die Geschichte mit einem absolut gelungenen Ende ihren Abschluss, das nachdenklich stimmt und stimmiger Auflösung der rätselhaften Ereignisse auch Raum für eigene, weiterführende Überlegungen lässt.
Mit seiner Hommage an das gedruckte Wort beweist Kai Meyer erneut sein einzigartiges Talent für fesselnde Geschichten, großen Ideenreichtum und das richtigen Gespür für atmosphärische Dichte und Spannung.

FAZIT
Ein faszinierender zeitgeschichtlicher Roman über eine schicksalhafte Liebe und die geheimnisumwitterte Geschichte eines einzigartigen Buchs!
Ein beeindruckendes, dicht erzähltes und sehr empfehlenswertes Leseerlebnis für alle Bücherliebhaber!

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  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 21.12.2022

Sehr faszinierender Roman

Unsterblich sind nur die anderen
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MEINE MEINUNG
„Unsterblich sind nur die anderen“ ist der Titel des neuesten Romans von der deutschen Autorin und mehrfachen Deutschen Krimipreis-Gewinnerin Simone Buchholz, die mich mit ihrer mehrbändigen ...

MEINE MEINUNG
„Unsterblich sind nur die anderen“ ist der Titel des neuesten Romans von der deutschen Autorin und mehrfachen Deutschen Krimipreis-Gewinnerin Simone Buchholz, die mich mit ihrer mehrbändigen in Hamburg angesiedelten Krimireihe rund um die unkonventionelle und in jeglicher Hinsicht außergewöhnliche Staatsanwältin Chastity Riley sehr begeistern konnte. Daher war ich auch sehr neugierig, was mich in ihrer Geschichte Experimentelles und faszinierend Neues jenseits der üblichen Muster erwarten wird.
In „Unsterblich sind nur die anderen“ erzählt die Autorin eine Parabel über das Leben, die Unsterblichkeit, Liebe, Vergänglichkeit und Endlichkeit allen Seins und führt uns auf eine skurrile, sehr geheimnisvolle Reise quer durch verschiedenste Genres. Schon der mysteriöse Einstieg in die tiefgründige Geschichte mit der rätselhaften Rahmenhandlung rund um das Buddelschiff für den alltäglichen Bedarf als Bindeglied ist äußerst faszinierend und hat mich zusammen mit der beklemmenden, fast mystischen Atmosphäre auf Anhieb in den Bann gezogen. Im Mittelpunkt der abenteuerlich anmutenden Geschichte stehen die beiden Frauen Malin und Iva, die sich auf die Spurensuche nach ihren verschwundenen Freunden Tarik, Flavio und Mo an Bord des Fährschiffs MS Rjukandi begeben und inmitten des wilden Nordatlantiks in wahrlich unvorhersehbare und sehr seltsame Geschehnisse geraten. Die atmosphärisch dichten Beschreibungen lassen sofort das Kopfkino anspringen. Schon bald entfaltet die Handlung eine ganz eigene Dynamik und entwickelt sich in eine unerwartet mysteriöse Richtung, auf die man sich kaum einen Reim machen kann. Vieles gibt es hier an vagen Andeutungen zu ergründen und einzuordnen: Was hat es beispielsweise mit der überirdisch gut aussehenden Crew oder dem attraktiven, unnahbaren Kapitän und seiner unwiderstehlichen Aura auf sich? Was sollen nur die frechen Kommentierungen der Meeresgöttinnen verschiedener Mythologien in den eingestreuten lyrischen Passagen bedeuten?
Zunehmend verwischen die Grenzen zwischen Realem und Unwirklichen, so dass wir uns etwas irritiert in einer fantastischen bis bizarren Parallelwelt mit grellen, stets wechselnden Szenen und ineinander fließenden Bildern wiederfinden. Gekonnt jongliert die Autorin mit unterschiedlichsten Perspektiven, Zeitebenen und Erzählformen. So ist die Handlung immer wieder durchsetzt von Rückblicken, Tagebucheinträgen, lyrischen Einschüben und schließlich sogar einem kleinen Theaterstück aus 3 Akten. Zudem hat Buchholz auch vieldeutige, spielerische Bezüge zu TITANIC, dem BERMUDA-Dreieck oder gar dem Fliegenden Holländer in ihre überaus originelle, fesselnde Geschichte eingebaut. Wieder klar erkennbar ist auch der unverwechselbare Buchholz-Sound, der zum besonderen Flair des Romans beiträgt – ein ungewöhnlicher Schreibstil, der prägnant, ironisch, derb und mit viel Witz und Esprit daher kommt,knackige Dialoge, wundervolle Sprachbilder und genial untermalt mit einer abwechslungsreichen Playlist.
Auch bei der Zeichnung ihrer wirklich ungewöhnlichen Charaktere bleibt sich Buchholz durchaus treu. So begegnen wir einem bunt gemischten, skurrilen Figuren-Ensemble an Bord des Fährschiffs, allerlei kettenrauchender Charaktere mit derbem Charme und verborgenen Geheimnissen sowie vielen gebrochenen, verletzlichen Seelen, die mit ihren inneren Dämonen zu kämpfen haben und sich irgendwo verloren zu haben scheinen. Wirklich nah bin ich allerdings auch den Protagonistinnen nie gekommen.
Gebannt verfolgt man die sich zuspitzende Dynamik, lässt sich mit den Figuren in der Unendlichkeit treiben und versucht sich an immer wieder neuen Interpretationsmöglichkeiten für die rätselhaften Entwicklungen. Bis zum packenden Ende bietet dieser vielschichtige Roman zwischen den Zeilen unendlich viel Raum zum anspruchsvollen Sinnieren und Reflektieren.
Mich ließ er allerdings doch mit seinen vielfältigen Andeutungen etwas verwirrt und ratlos zurück. Dennoch hat mich dieses gewagte, sehr anspruchsvolle und bisweilen albtraumhafte Leseabenteuer, in dem nichts so ist, wie es zunächst scheint, trotz der vielen offenen Fragen bestens unterhalten und sehr fasziniert.
FAZIT
Ein außergewöhnlicher, tiefgründiger Roman – fesselnd, skurril, mystisch, experimentell und rundum einzigartig!
Ein anspruchsvolles, aber ganz besonderes Leseerlebnis für Mutige!

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  • Handlung
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Veröffentlicht am 18.12.2022

Gelungener Auftakt einer humorvollen historischen Cosy Crime-Reihe

Die Dreitagemordgesellschaft
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MEINE MEINUNG
Mit „Die Dreitagemordgesellschaft - Agatha Christies Haushälterin ermittelt“ ist der britischen Autorin Colleen Cambridge ein äußerst unterhaltsamer Auftakt zu ihrer neuen historischen Wohlfühl-Krimi-Reihe ...

MEINE MEINUNG
Mit „Die Dreitagemordgesellschaft - Agatha Christies Haushälterin ermittelt“ ist der britischen Autorin Colleen Cambridge ein äußerst unterhaltsamer Auftakt zu ihrer neuen historischen Wohlfühl-Krimi-Reihe gelungen, der mir als typisch britischer Whodunit ganz im Stil von klassischen Agatha Christie-Kriminalromanen ein spannendes und abwechslungsreiches Lesevergnügen bereitet hat.
Allein schon die originelle Idee in diesem in den 1930er Jahren angesiedelten Cosy-Crime ausgerechnet die gewitzte Haushälterin der berühmten Krimiautorin und einzig wahren Queen of crime Agatha Christie ermitteln zu lassen, halte ich für genial. Auch das stattliche englische Landhaus Mallowan Hall, in dem Mrs. Max Mallowan alias Agatha Christie mit ihren zweiten Mann lebt, ist ein wundervolles, atmosphärisch dichtes Setting für diesen verzwickten und kuriosen Mordfall. Neben dem lebendigen, der damaligen Zeit angepassten Schreibstil, amüsanten Wortgefechten sowie netten humorvollen Episoden konnte mich vor allem die tolle Mischung aus Downtown Abbey-Flair und Reminiszenzen an alte Christie-Klassiker sehr begeistern.
Gekonnt fängt die Autorin mit anschaulichen, stimmungsvollen Beschreibungen die authentische Atmosphäre in dem prächtigen Herrenhaus ein, gewährt uns aufschlussreiche Einblicke in das herrschaftlich-stilvolle Ambiente der britischen Upper Class mit Bediensteten aber auch in den faszinierenden Mikrokosmos des im Hintergrund ablaufenden Haushalts. Mühelos konnte ich in die damalige Zeit abtauchen und wähnte mich als Zuschauerin inmitten der geladenen illustren Gästeschar.
Dieser Wohlfühl-Krimi lebt vor allem von seinen liebenswerten bis schrulligen Charakteren und bietet viel Stoff zu eigenen Miträtseln und Kombinieren. Wenn ich anfangs etwas Schwierigkeiten mit der Vielzahl der Figuren hatte und mir eine angehängte Zusammenstellung der beteiligten Personen und ihre Zuordnung gewünscht hätte, so dauert es nicht lange bis man einen Überblick über die angereisten Gäste nebst eigenen Personal und den Bediensteten auf Mallowan Hall erhält und ihre Beziehungen zueinander einordnen kann.
Insgesamt ist der Autorin eine vielschichtige Charakterzeichnung ihrer Figuren gelungen, die mit ihren verschiedenen Eigenheiten zwar einige Klischées verkörpern, aber dennoch sehr lebensnah und glaubwürdig sind. Ein besonderes Highlight dieses Romans ist aber die wundervolle, originelle Protagonistin Phyllida Bright, die als auf eigene Faust ermittelnde Haushälterin, ausgesprochener Hercule Poirot-Fan und langjährige Vertraute von Agatha mit ihren beeindruckenden Fähigkeiten eine absolut brillante Besetzung ist. Mit ihrer hervorragenden Beobachtungsgabe, Unerschrockenheit, Neugier, Cleverness und unerschütterlichen Hartnäckigkeit mischt sie sich von Beginn an in die Ermittlungen ein und ist den Ermittlern der Polizei bei der Aufklärung schließlich eine Nasenlänge voraus. Zudem bemüht sie sich nebenher ihre alltäglichen Aufgaben inklusive Sonderwünsche der anspruchsvollen Gäste im Haus unter einen Hut zu bringen. Selbstredend, dass die selbstbewusste, tüchtige Dame bisweilen übers Ziel hinausschießt, sich in leichtsinnige Aktionen verstrickt und auch nicht immer richtig liegt. Äußerst amüsant sind zudem Episoden mit internen Revierkämpfen in der Dienerschaft, sowie Phyllidas unterhaltsamen Interaktionen und Reibereien mit dem steifen Mr. Dobble und dem neuen mürrischen Chauffeur Joshua Bradford.
Der Autorin gelingt es hervorragend, die Spannung in diesem erstaunlich komplexen Mordfall durch einige falsche Fährten und unvorhersehbare Wendungen bis zum gelungenen Finale hoch zu halten. Dank ihrer besonderen Beobachtungsgabe und ihren messerscharfen Schlussfolgerungen darf die clevere Hobby-Ermittlerin Phyllida zum krönenden Abschluss - ganz im Christie-Stil- vor den versammelten Beteiligten ihre doch ziemlich überraschende Auflösung präsentieren und den Täter überführen. Die Aufklärung der Hintergründe und Tatmotiv sind in sich schlüssig und nachvollziehbar dargelegt.
Ich bin schon sehr gespannt, wie es mit der cleveren, ermittelnden Haushälterin Phyllida weitergehen wird und freue mich schon auf einen neuen Fall!

FAZIT
Ein vielversprechender, unterhaltsamer Auftakt einer einfallsreichen neuen Cosy-Crime-Reihe mit einer originellen Hobbyermittlerin, tollem britischen Landhaus-Flair und einem fesselnden Kriminalfall und zudem sehr humorvoll geschrieben!
Für Cosy-Crime-Fans genau das Richtige!

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  • Charaktere
  • Cover
  • Spannung
Veröffentlicht am 18.12.2022

Nicht ganz gelungener Auftakt einer vielversprechenden Trilogie

Die Wintergarten-Frauen. Der Traum beginnt
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MEINE MEINUNG
Der historische Roman „Die Wintergartenfrauen – Der Traum beginnt“ von der deutschen Autorin Charlotte Roth ist der viel versprechende Auftakt einer neuen als Wintergarten-Trilogie angelegten ...

MEINE MEINUNG
Der historische Roman „Die Wintergartenfrauen – Der Traum beginnt“ von der deutschen Autorin Charlotte Roth ist der viel versprechende Auftakt einer neuen als Wintergarten-Trilogie angelegten Saga, die im krisengeschüttelten Berlin in den 1920er Jahren angesiedelt ist.
„Die Wintergartenfrauen“ präsentiert sich als eine abwechslungsreiche Geschichte um drei faszinierende Frauen, ihren Hoffnungen und Lebensträumen aber auch ihren Enttäuschungen, Niederlagen und ihrem Überlebenskampf in schweren Zeiten. Zusammen mit facettenreichen, historischen Einblicken und zarter Liebesgeschichte sorgt er zwar für gute, kurzweilige Unterhaltung, konnte mich aber leider nicht richtig packen.
Der Autorin ist ein facettenreiches Portrait jener turbulenten, aber für viele auch sehr entbehrungsreichen Zeit voller politischer, wirtschaftlicher und sozialer Umbrüche gelungen. Doch neben all dem glamourösen Glanz der Goldenen Zwanziger mit seinen Vergnügungen und einer illustren Künstlerszene, erhalten wir auch Einblicke in die unfassbare Not und Elend der Menschen in der zunehmend durch Armut, Arbeitslosigkeit, Wohnungsnot und Hyperinflation gebeutelten Stadt.
Mit ihrem flotten, sehr lebendigen Erzählstil versteht es Roth, uns rasch in die interessante Geschichte um die junge Nina von Veltheim hineinzuziehen, die im Wechsel aus unterschiedlichen Perspektiven wird. Wir lernen Nina als eine bemerkenswert mutige, ehrgeizige und selbstbewusste Protagonistin kennen, die mit ihrem großen Traum, voller Optimismus und hochgesteckten Zielen von ihrem Familiensitz in der Uckermark in die schillernde Metropole der Weimarer Republik aufbricht. Dort möchte sie sich ihren Weg nach oben in die Welt des Theaters erkämpfen und als talentierte Regisseurin in einer reinen Männerdomäne an den Schalthebeln der Macht bestehen. Wir begleiten Nina auf ihrem harten, steinigen Weg; neben herben Enttäuschungen, Demütigungen und Misserfolgen hat sie auch finanzielle Krisen und Hunger zu bewältigen. Zum Glück erfährt sie tatkräftige Unterstützung, Rückhalt und Anerkennung nicht nur von ihrem gutmütigen Zwillingsbruder Carlo, sondern auch durch ihre neugefundenen Freundinnen Jenny und Sonia, einem illustren Freundeskreis und natürlich ihren Wunderweiber, die alle für ihr erstes gemeinsames Varieté-Projekt brennen. Ob nun die mysteriöse Schlangenfrau und Tänzerin Jenny mit ihrem kleinen stummen Sohn Viktor, die geheimnisvolle Sonia, die sich nie unterkriegen lässt, der berühmte Schauspieler Anton Wendland oder auch Ninas schrullige Tante Sperling - ihre verschiedenen Charaktere wurden von der Autorin mit ihren Eigenheiten, faszinierenden Hintergrundgeschichten und Geheimnissen lebendig und lebensnah ausgearbeitet. Bei der großen Vielzahl an verschiedenen Figuren ist es allerdings bei vielen kaum möglich gewesen, ihnen ausreichend Leben einzuhauchen, so dass sie weitgehend blass bleiben und man keine Nähe zu ihnen aufbauen kann. Gewisse Probleme bereitete mir aber die nicht gerade sympathische Protagonistin Nina mit ihrer vielschichtigen, aber recht schwierigen Persönlichkeit. Trotz ihres bewundernswerten Ehrgeizes, ihrer großen Begeisterungsfähigkeit und ihrem unerschütterlichen Glauben an die eigenen Talente konnte ich bisweilen ihre Sturheit und kompromisslose, arrogante Art wenig nachvollziehen, wodurch es mir bisweilen schwer fiel, mit ihr mitzufiebern.
Bis wir allerdings in die angekündigte farbenprächtige Welt aus Kabarett, Musik, Tanz, Zauberei, Tierdressuren und Akrobatik eintauchen und das einzigartige Flair des berühmten Berliner Varietés Wintergarten miterleben dürfen, wird uns einiges an Geduld abverlangt. Die teilweise recht vorhersehbare Handlung weist leider trotz interessanter Verwicklungen und unerwarteter Wendungen für meinen Geschmack etliche Längen auf und hätte ruhig zügiger voranschreiten können. Andere Episoden hingegen wurden viel zu schnell abgehandelt. Einen stärkeren Fokus hatte ich mir auf die aufregende und faszinierende Welt des "Wintergarten"-Varietés erhofft und bin gespannt auf die Fortsetzung der Geschichte.
Ich hoffe doch sehr, dass wir die farbenprächtige Zeitreise ins Berliner Wintergarten-Varieté und den verdienten Bühnen-Erfolg der Wunderfrauen dann im nächsten Band der Saga erleben werden!

FAZIT
Ein interessanter Einstieg in eine unterhaltsame historische Saga, die uns in die faszinierende, aber auch krisenreiche Zeit der Goldenen Zwanziger entführt – mit interessanten starken Frauenfiguren, gut recherchierten historischen Details und einer abwechslungsreichen, vielversprechenden Geschichte, die hoffentlich ihr Potential noch weiter entfalten wird!

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Veröffentlicht am 12.12.2022

Unterhaltsame und lehrreiche Geschichtsstunde

Totentanz – 1923 und seine Folgen (ungekürzt)
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MEINE MEINUNG
In ihrem sehr informativen Sachbuch „Totentanz – 1923 und seine Folgen“ widmet sich die deutsche Autorin Jutta Hoffritz der Chronik Deutschlands von 1923 - einem sowohl in politischer als ...

MEINE MEINUNG
In ihrem sehr informativen Sachbuch „Totentanz – 1923 und seine Folgen“ widmet sich die deutsche Autorin Jutta Hoffritz der Chronik Deutschlands von 1923 - einem sowohl in politischer als auch in ökonomischer Hinsicht höchst folgenschweren Wendejahr für die noch junge Weimarer Republik.
Hoffritz versteht es hervorragend die sorgsam recherchierten historischen Details anschaulich und unterhaltsam aufzubereiten und uns einen aufschlussreichen, chronologischen Überblick zu vermitteln.
Wie die Autorin in ihrem Nachwort eindrücklich erläutert, haben sie die leidvollen Hyperinflationserfahrungen und lehrreichen Geschichten ihrer Oma aus der damaligen Zeit, die als goldenes Zeitalter begann und in der Deutschlands Zukunft schließlich auf Messers Schneide stand, zu diesem hochinteressanten Buch inspiriert.
Um aus der Vergangenheit zu lernen, zahlt es sich also aus, das Allgemeinwissen etwas aufzufrischen, tiefere Einblicke in jene Zeit zu erhalten sowie erschreckende Parallelen zu unseren heutigen Verhältnissen und Hintergründe für die ökonomische Krise zu entdecken.

In 12 Kapiteln lässt uns Jutta Hoffritz gekonnt an der Seite von exemplarisch ausgewählten, prominenten Deutschen in jene verhängnisvolle Zeit eintauchen, in der zum einen die Moderne ihren Siegeszug antrat und zum anderen die Wirtschaftskrise mit zunehmender Arbeitslosigkeit, Inflation und Hungersnot den Alltag der Bevölkerung zu einem immer größer werdenden Überlebenskampf werden ließ.
Geschickt hat die Autorin als Richtwert der inflationären Geldentwertung den jeweiligen Schwarzbrotpreis, der sich zunehmend in schwindelerregende Höhen bewegt, als eindrückliche Vergleichsskala eingefügt.
In sich abwechselnden Perspektiven nehmen wir dabei in verschiedenen Stationen Anteil an den Geschicken der Republik sowie an ganz persönlichen Schicksalen.
So erfahren wir von Berlins begehrtester Nackt-Tänzerin Anita Berber, der für ihre eindrücklichen, realitätsnahen Werke bekannten Künstlerin Käthe Kollwitz, dem reichen Ruhrbaron Hugo Stinnes sowie dem Reichsbankpräsident Rudolf Havenstein in aufschlussreichen Episoden aus ihrem Alltag über ihre Sorgen und Nöte, erhalten aus ihrer jeweiligen Perspektive bewegende Einblicke in ihr Leben und zugleich ein vielschichtiges Bild der damaligen Zustände.
Ob nun die folgenreiche Ruhrbesetzung, die grotesken Auswirkungen der Hyperinflation, die Verelendung der Bevölkerung, die Einführung der Rentenmark oder rauschhafte Tanzdarbietungen - hautnah wir können die vielfältigen ökonomischen, politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen miterleben und nachvollziehen, wie dicht damals Glanz und Elend beieinander lagen.
ZUM HÖRBUCH
Stephan Schad ist ein geübter Sprecher, der uns mit seiner angenehmen Stimme und lebendiger Wiedergabe mit auf die fesselnde Reise in die deutsche Vergangenheit nimmt. Er versteht es hervorragend, mit passenden Tempi-Wechseln und einer Nuancierung der Klangfarbe immer wieder Schwung und Abwechslung in das Hörbuch hineinzubringen, so dass beim Hörer trotz der Thematik nie Langeweile aufkommt.
Da Stephan Schad insgesamt recht flott liest, sollte man hin und wieder kleine Pausen einlegen, um das Gesprochene mit den vielen Details auch angemessen aufnehmen und verarbeiten zu können

FAZIT
Eine informative, lehrreiche und sehr unterhaltsame Geschichtsstunde über das Wendejahr 1923 – gut recherchiert, anschaulich und fesselnd erzählt!
Empfehlenswert zur Wissensauffrischung und ein toller Anreiz auf eigene Faust weitere Recherchen anzustellen!

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