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Veröffentlicht am 21.10.2022

Fesselnde dystopische Zeitreise

Auf See
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MEINE MEINUNG
Mit ihrem Buch „Auf See“ hat die junge deutsche Autorin Theresia Enzensberger einen beeindruckenden, fesselnden und anspruchsvollen Roman vorgelegt, der ein origineller Genre-Mix aus spannender ...

MEINE MEINUNG
Mit ihrem Buch „Auf See“ hat die junge deutsche Autorin Theresia Enzensberger einen beeindruckenden, fesselnden und anspruchsvollen Roman vorgelegt, der ein origineller Genre-Mix aus spannender Zukunftsvision, beklemmender Dystopie und einer Coming-of-age-Geschichte der jungen Protagonistin Yada darstellt.
Sehr anschaulich führt uns die Autorin unterschiedliche faszinierende Zukunfts- und Lebenskonzepte vor Augen und zeigt eindrücklich die Notwendigkeit auf, jegliche Machtverhältnisse in Frage zu stellen und hilfreiche resiliente Strategien zu entwickeln, um mit seinen Zukunftsängsten angesichts post-apokalyptischer Zustände umzugehen. Die fesselnde und vielschichtig angelegte Geschichte regt zu einer Auseinandersetzung mit interessanten gesellschaftspolitischen Fragestellungen und tiefgründigen Zukunftsthemen an - Themen also, die jeden von uns betreffen (sollten).
Angesiedelt ist Enzensbergers Ausgangsszenario in einer nicht allzu fernen, aber nicht näher verortbaren Zukunft zu einer Zeit geprägt durch die Folgen des Klimawandels und gesellschaftliche Unruhen. Schon der Einstieg in die beklemmende, prägnant erzählte Handlung hat mich auf Anhieb mit ihren deutlichen Bezügen zur Gegenwart gefesselt. Die Autorin stellt zwei unterschiedliche Erzählperspektiven gegeneinander, die offensichtlich auf bislang noch unbekannte Weise zusammenhängen, und gibt uns zugleich faszinierende Einblicke in zwei sehr verschiedene Handlungsorte. Zum einen erleben wir die interessante, etwas unwirkliche Welt der 17-jährigen Yada, die isoliert vom Rest der vermeintlich im Chaos versunkenen Welt auf einer kleinen künstlichen Insel, der schwimmenden Seestatt mitten in der Ostsee lebt – zusammen mit ihrem unnahbaren Vater Nicholas Verney, der Gründer und Leiter dieses visionären Zukunftsprojekts ist und so einiges vor ihr zu verbergen scheint. Man spürt deutlich zwischen den Zeilen, dass hier so einiges im Argen liegt und vertuscht werden soll. Zum anderen lernen wir in einem zweiten Erzählstrang die faszinierende Figur von Helena kennen, eine Künstlerin, Aktivistin und unfreiwillige Gründerin einer libertären Sekte und erleben aus ihrer Sicht ihren bewegten Alltag in einer etwas anarchistischen, aber eigentlich immer noch „normalen“ Welt, in der die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinandergedriftet ist.
Obwohl schon bald klar wird, welche Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Handlungssträngen und den jeweiligen Figuren bestehen, ergeben sich manche Hintergründe und Bezüge zur Handlung aufgrund der cleveren, komplexen Konzeption auch erst im Nachhinein. Eingeschoben in die sich abwechselnden Erzählstränge der Haupthandlung sind die mit Archiv betitelten Kapitel, in denen historisch verbürgte Fakten über fantastische Utopien und ihr Scheitern in der Vergangenheit vorgestellt werden. In diesen fundiert recherchierten Abhandlungen erfahren wir neben lehrreichen Hintergründen zum modernen Neoliberalismus und zur Gründung eigener Nationen allerlei Faszinierendes wie Unglaubliches wie beispielsweise über den legendären Betrüger Gregor MagGregor, die Insel Ascension oder die Geschichte der Piratenkommune Libertatia.
An der Seite der beiden in ihren Lebenskonzepten so unterschiedlichen Hauptfiguren Yada und Helena nimmt uns die Autorin mit auf eine interessante Zeitreise, in der es zunächst viele Ungereimtheiten, überraschende Wendungen aber auch spannende Ansätze zu neuen Lebensgemeinschaften im Angesicht des allgegenwärtigen Untergangs zu ergründen gibt.
Dank des lebendigen Erzählstils wird man zwar rasch in die Geschichte hineingezogen und doch fiel es mir nicht leicht, mich auf die vielschichtigen Charaktere und ihre Gedanken- und Gefühlswelt einzulassen, da insbesondere Helena auf mich sehr unnahbar und distanziert wirkte. Beim Lesen ist zudem große Aufmerksamkeit vonnöten, um durch die eingeschobenen, detailreichen Archiv-Kapitel im Lesefluss zu bleiben und die verschiedenen Ebenen dieser genialen Geschichte zu erfassen. Zum Ende hin fügen sich schließlich die vielen verschiedenen Mosaikteilchen sehr stimmig zusammen zu einem faszinierenden Gesamtbild. Gekonnt lässt die Autorin ihren Roman mit einem hoffnungsvollen, versöhnlichen Ausklang enden, der einen sehr nachdenklich zurücklässt.

FAZIT
Ein fesselnder und anspruchsvoller Roman, der uns in eine nicht allzu ferne Zukunft blicken lässt.
Eine nicht einfache aber interessante und zum Nachdenken anregende Lektüre!

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Veröffentlicht am 19.10.2022

Geniales Backbuch mit außergewöhnlich Rezeptkreationen

Das einfachste Brot der Welt
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MEINE MEINUNG
Brot selber backen ist stark im Kommen und zählt ganz klar zu den gegenwärtigen Food-Trends.
Doch wie bekommt man als absoluter Anfänger schmackhaftes Brot hin, wenn man keine Vorkenntnisse, ...

MEINE MEINUNG
Brot selber backen ist stark im Kommen und zählt ganz klar zu den gegenwärtigen Food-Trends.
Doch wie bekommt man als absoluter Anfänger schmackhaftes Brot hin, wenn man keine Vorkenntnisse, keine Ahnung und kein spezielles Equipment und zudem noch wenig Zeit hat?
In seinem beim Gräfe & Unzer Verlag erschienenen Buch „Das einfachste Brot der Welt“ präsentiert uns Bäckermeister, Konditor, Brot-Sommelier und legendärer Event-Bäcker Axel Schmitt seine geniale Zusammenstellung von wirklich einfachen Rezepten für ungewöhnliche Brote aber auch für andere originelle Backwaren wie beispielsweise süßes Gebäck oder Brötchen. Diese wurden von ihm so optimiert, dass sie tatschlich immer funktionieren -auch ohne jegliche Erfahrung, aufwendige Backtechniken oder High-End-Geräte!
Mit seinem sehr gelungenen Buch möchte Axel Schmitt jedem den Spaß am Backen vermitteln und zeigen, dass Backen wirklich einfach sein kann, denn mit seinen außergewöhnlichen Einsteiger-Rezepten, präzisen Anleitungen sowie seinen persönlichen Tricks und kleinen Kniffen hat jeder die Möglichkeit, sich auszuprobieren und mit wenig Aufwand perfekte und sehr schmackhafte Ergebnisse zu erhalten.
Schon beim Durchblättern fallen einem die perfekten Fotos von appetitanregenden Backresultaten bzw die witzigen Schnappschüsse von Axel in Aktion ins Auge. Auch das Layout und die gesamte Gestaltung sind frisch und sehr ansprechend.
Bevor es an die Rezepte geht, gibt es nach dem interessanten Vorwort des Autors und seiner originellen und unterhaltsamen Vorstellung „Who the f … is Axel?“ einen informativen Theorieteil, der uns in die spannende Welt des Backens einführt. Neben allerlei Wissenswertem zu den Rohstoffen und Werkzeugen, lernen wir auch, einen Natursauerteig selbst herzustellen und erfahren zudem Grundtechniken des Knetens, Stretchens und Faltens sowie weitere ausführliche Tipps und Tricks. Zudem sind im lehrreichen Kapitel „Für Einsteiger und Angeber“ die wichtigsten Fachbegriffe wie beispielsweise Anstellgut oder Brühstück mit den entsprechenden Erläuterungen und Hintergrundinformationen übersichtlich zusammengestellt. Axel Schmitt vermittelt all dies sehr verständlich und in einem lockeren Ton. Falls es dann doch mal zu Verständnisproblemen kommen sollte, kann man in einigen Fällen über QR-Codes im Buch Video-Tutorials aufrufen, die einem dann weiterhelfen.
Der sehr ansprechende und übersichtliche Rezeptteil umfasst folgende sehr originell betitelte Kapitel: MEGAEINFACHE REZEPTE FÜR BEGINNER / ALLTAGSGEBÄCK IN GEIL – IM AXEL-STYLE / AXEL ON FIRE: DER OFEN IST NICHT DIE GRENZE / BACKEN FÜR ANGEBER / ZERO FOODWASTE / BACKEN IN WACKEN – LIEBLINGSREZEPTE, DIE ROCKEN DIREKT sowie VOM INDEX: VERBOTEN GUTE BACKWERKE.
Unter den rund 60 Rezepten wird wohl jeder etwas Passendes finden, denn die abwechslungsreiche Palette reicht vom einfachem Dinkelmehlbrot im Tontopf über klassisches Baguette, aromatische Sauerteigbroten und rustikale Pizza bis hin zu verschiedenen süßen bis pikanten Gebäckrezepten mit Backpulver, Hefe und Sauerteig aus den unterschiedlichsten Mehlsorten. Neben Vorschlägen für den Anfang findet man auch aufwändigere Rezepte, die schon ein wenig Backerfahrung erfordern, aber auch höchst verführerische Rezepte, die absolut cool aussehen und einen allein durch ihren interessanten Namen neugierig machen…Wacken-rocks-Wecken, Band-Lieblingsbrot »Hämatom«, Evil Eye oder Hanfkracher!
Die Auswahl an köstlichen, alltagstauglichen Rezepten ist wirklich toll und die von mir ausprobierten Rezepte sind alle hervorragend gelungen und haben köstlich geschmeckt. Wenn man sich bei den Zutaten genau an die im Rezeptteil angegebenen Mengen und gut beschriebenen Anleitungen des Autors hält, kann man kaum etwas falsch machen und ist begeistert von den wunderbar duftenden und bekömmlichen Backergebnissen. Schade nur, dass nicht zu Anfang der Rezepte ein Überblick zur Zubereitungs-, Ruhe- bzw. Backzeit zu finden ist! Häufig gibt es am Ende jeweils noch eine Wissensbox, hilfreiche Extratipps oder Abwandlungsmöglichkeiten zu den Rezepten.
„Also, Leute: Auf geht’s! Oder noch besser: Back ma’s!“
FAZIT
Ein unterhaltsames, toll geschriebenes Backbuch - mit absolut kreativen, abwechslungsreichen und gelingsicheren Rezepten, sehr informativem Theorieteil und vielen hilfreichen Tipps und Tricks vom Profibäcker!
Auch für Einsteiger sehr empfehlenswert!

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Veröffentlicht am 19.10.2022

Das großartigste, weltbeste und einzig wahre Räuber-Koch-und-Backbuch!

Der Räuber Hotzenplotz: Das große Räuber Hotzenplotz Koch- und Backbuch
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MEINE MEINUNG
Im Thienemann-Verlag ist „Das große Räuber Hotzenplotz Koch- und Backbuch“ von Pia Deges erschienen, das sich mit seiner ansprechenden Aufmachung hervorragend dazu eignet, Kinder ganz spielerisch ...

MEINE MEINUNG
Im Thienemann-Verlag ist „Das große Räuber Hotzenplotz Koch- und Backbuch“ von Pia Deges erschienen, das sich mit seiner ansprechenden Aufmachung hervorragend dazu eignet, Kinder ganz spielerisch für‘s Kochen und Backen zu begeistern.
Es richtet sich natürlich speziell an die großen und kleinen Fans von Ottfried Preußlers berühmtem Räuber Hotzenplotz - denn dieser verrät uns höchstpersönlich seine geheimen Lieblingsrezepte. Und eins wird auch schnell klar, das Selbermachen, Selberbacken und -Kochen bereitet jede Menge Spaß und ist eine richtig coole Angelegenheit, denn in so einer Räuber-Küche passieren ganz schön spannende Dinge. Und das wird in den locker-flockigen Texten der Autorin und den detailverliebten Zeichnungen und witzigen Illustrationen von Thorsten Saleina, die den Original-Motiven von F.J. Tripp in Nichts nachstehen, auch richtig gut rübergebracht. Überhaupt ist das wundervoll illustrierten Koch- und Backbuch sehr liebevoll und abwechslungsreich aufgemacht und mit vielen ansprechenden Fotos gestaltet. So macht es viel Spaß, das Buch durchzublättern und die vielen schönen Bilder zu betrachten.
Insgesamt hat der Räuberhauptmann 39 leckere, sehr originelle und zum Klauen gute Rezepte für richtig leckere Gerichte zusammengeklaubt, die für kleine Nachwuchs-Köch*innen leicht nachzumachen sind und mit etwas erwachsener Mithilfe auch sicher gelingen. Empfohlen wird das Buch vom Verlag bereits ab 5 Jahren.
Schon beim Durchblättern läuft einem da das Wasser im Mund zusammen und man möchte am liebsten sofort loslegen, um die Rezeptideen mit den witzigen Räuberbezeichnungen auszuprobieren. Vom deftigen Räuberschmaus für zu Hause oder am Lagerfeuer über köstliche süße Schleckereien oder kleinen witzigen Snacks fürs zünftige Räuberpicknick im Wald bis hin zu den besten Rezepten für eine echte, rundum gelungene Räuberparty – bei der tollen Rezeptauswahl sollte wirklich für jeden Geschmack und Anlass etwas dabei sein. Kein Wunder hält man doch gerade das großartigste, weltbeste und einzig wahre Räuber-Koch-und-Backbuch in der Hand!
Unterteilt ist das Buch in die Kapitel:
DAS 1 X 1 DER RÄUBERKÜCHE, DEFTIGE RÄUBERTELLER, SÜSSE SCHLECKEREIEN, PICKNICK IM RÄUBERWALD sowie ALLES FÜR EINE ECHTE RÄUBERFEIER.
Nach einem kurzen Vorwort vom Räuberhauptmann höchstpersönlich findet sich als gelungener Einstieg das sehr kindgerecht geschriebene Kapitel „1 x 1 der Räuberküche“ mit vielen Infos zu den wichtigsten Küchenhelfern, allgemeinen Grundzutaten und vielen praktischen Tipps. Damit später beim Nachkochen und Experimentieren in der Küche nichts schief geht, gibts noch einen kleinen Räuber-Kochkurs sowie eine Räuberbackschule bevor es dann endlich zum eigentlichen Rezeptteil geht.
Alle Texte sind gut verständlich, unterhaltsam und witzig geschrieben und sprechen die jungen Leser direkt an. Die Rezepte sind sehr übersichtlich, mit viel Liebe zum Detail gestaltet und zudem mit tollen, appetitanregenden Fotos versehen. Mit einer Liste, was man braucht, der Zubereitungszeit und den ausführlichen, kindgerecht geschriebenen Schritt-für-Schritt-Anleitungen ist die Zubereitung gut zu bewerkstelligen. Das Ganze ist zudem verfeinert mit ein paar Räuber-Geheimzutaten. Alle Rezepte sind recht einfach gehalten und leicht nachzumachen, so dass ältere Kinder diese sogar schon (fast) alleine zubereiten können. So ist es nach den Anleitungen wirklich nicht schwierig, Dimpfelmosers absolut köstlichen süßen Sonntagsbrötchen, Zwackelmanns knusprige Hokus-Pokus-Puffer oder Frau Schlotterbecks leckere Knusper-Zigarren zu backen! Zum Schluss gibt es noch ein ausführliches alphabetisches Register, damit man die leckeren Gerichte auch nachschlagen und schnell wiederfinden kann.
Also ran an die Kochlöffel und los geht’s!
FAZIT
Ein toll aufgemachtes und liebevoll illustriertes Koch- und Backbuch für alle großen und kleinen Räuber Hotzenplotz-Fans mit supereinfachen, coolen Rezepten für absolut köstliche Räubergerichte zu jedem Anlass!

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Veröffentlicht am 19.10.2022

Interessantes, aber nicht völlig überzeugendes Debüt

Die Familie
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„Die Familie“ ist das vielversprechende Debüt der US-amerikanischen Autorin Naomi Krupitsky, der es auf Anhieb in die "New York-Times"-Bestsellerliste geschafft hat.
Es ist ein vielschichtiger ...

MEINE MEINUNG
„Die Familie“ ist das vielversprechende Debüt der US-amerikanischen Autorin Naomi Krupitsky, der es auf Anhieb in die "New York-Times"-Bestsellerliste geschafft hat.
Es ist ein vielschichtiger und bewegender Familienroman über familiäre Zwänge, Freundschaft, Loyalität, Zusammenhalt und Verrat, der im New York Ende der 1920er Jahre seinen Ausgang nimmt und uns ins Mafia-Milieu von Brooklyn eintauchen lässt. Die Autorin widmet sich in ihrer spannenden, über eine Zeitspanne von etwa 20 Jahren erstreckende Geschichte aber weniger den kriminellen Machenschaften der Mafia, sondern richtet ihren Fokus auf das Schicksal der beiden gemeinsam aufwachsenden Freundinnen Antonia und Sofia und deren bis ins Erwachsenenalter reichenden, wechselvollen Freundschaft.
Zum Einstieg beschreibt die Autorin sehr eindringlich und anschaulich, wie die zwei kleinen Mädchen und besten Freundinnen gut behütet und in einer scheinbar heilen Welt aufwachsen, bis schließlich das mysteriöse Verschwinden von Antonias Vater Carlos alles verändert und den Bruch ihrer engen Freundschaft nach sich zieht. Erst im Laufe der Jahre beginnen die beiden als verheiratete Mütter zu begreifen, was sich damals tatsächlich zugetragen hat.
Gekonnt thematisiert die Autorin in ihrem Roman die Rolle der Frau in jener Zeit und innerhalb der sehr patriarchalisch geprägten Mafia. Sie gibt uns aufschlussreiche Einblicke in das bewegte Leben der jungen Freundinnen, ihre Ehe und die Emanzipationsbestrebungen der erwachsenen Frauen, die schließlich versuchen ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen und ihren eigenen Weg zu gehen.
Trotz der detaillierten, sehr differenzierten Figurenzeichnung und sehr glaubwürdigen Charakterentwicklung der so unterschiedlichen Freundinnen ist es mir leider nicht gut gelungen, mich in die Protagonistinnen hineinzuversetzen und eine Nähe zu ihnen aufzubauen.
Sehr eindrücklich und facettenreich hat die Autorin die Schattenseiten des beschützenden Familienverbunds und die fatalen Auswirkungen des unausgesprochenen Ehrenkodex der „Familia“ herausgearbeitet. All die ungeschriebenen Gesetze, Erwartungshaltungen und Ängste innerhalb der Mafia-Familien wirken sich subtil auf das gesamte Familienleben aus und bestimmen unausweichlich das Schicksal eines jeden.
Trotz der interessanten Thematik und stimmiger, vielschichtiger Charaktere konnte mich der Roman leider mit seinem bisweilen etwas abschweifenden Erzählstils und dem recht spannungsarmen Mittelteil nicht völlig überzeugen und ließ mich etwas enttäuscht zurück.

FAZIT
Ein bewegender Roman mit dem interessanten Portrait zweier Frauen, der uns in die Welt der Mafiafamilien im New York der ersten Hälfte 20. Jahrhundert abtauchen lässt!
Ein thematisch interessantes Debüt, das mich in seiner Umsetzung allerdings nicht völlig überzeugen konnte.

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Veröffentlicht am 14.10.2022

Spannender Beutekunst-Krimi

Das neunte Gemälde
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MEINE MEINUNG
"Das neunte Gemälde" des deutschen Autors Andreas Storm ist der fesselnde Auftakt einer neuen Raubkunst-Krimi-Reihe, in deren Mittelpunkt der Kunsthistoriker Lennard Lomberg steht.
Andreas ...

MEINE MEINUNG
"Das neunte Gemälde" des deutschen Autors Andreas Storm ist der fesselnde Auftakt einer neuen Raubkunst-Krimi-Reihe, in deren Mittelpunkt der Kunsthistoriker Lennard Lomberg steht.
Andreas Storms vielschichtiger Krimi rund um einen spektakulären Fall von Nazi-Beutekunst ist in verschiedene, sich abwechselnde Handlungsstränge angelegt, die uns mal nach Bonn, Paris und ins Rheingau führen und auf drei Zeitebenen angesiedelt sind - mit Rückblicken in die 1940er Jahre, ins Jahr 1966 sowie in die Gegenwart von 2016.
Basierend auf bis heute unbelegten Hinweisen und immer wieder neu befeuerten Spekulationen unter Kunsthistorikern, dass 1943 im Pariser Kunstmuseum Jeu de Paume einige wertvolle, von den Nazis der „entarteten Kunst“ zugerechnete Gemälde kurz vor ihrer Verbrennung heimlich durch wertlose Bilder ersetzt worden seien, entwickelte der Autor die Ausgangsidee für seinen hochinteressanten Roman rund um das Thema organisierter Kunstraub der Nationalsozialisten im Dritten Reich. Gekonnt entführt er uns nicht nur in die spannende Welt der Kunst und Provenienzforschung, sondern gibt uns auch aufschlussreiche Einblicke in wichtige Hintergründe zu den Kunstraubzüge in Frankreich durch Hitlers Schergen und Auswirkungen bis in die Gegenwart. Denn viele der damals Involvierten gelang es dank ihrer alten Seilschaften in höchsten Positionen ihre skrupellosen Machenschaften auch in der noch jungen BRD nahezu unbehelligt weiterzuführen.
Schon der Einstieg in diesen hochinteressanten Krimi mit dem ominösen Auftrag eines mysteriösen Anrufers, ein geheimnisvolles, verschollen geltendes Gemälde seinen rechtmäßigen Besitzern zurückzugegeben, ist äußerst packend gestaltet. Bald wird klar, dass Protagonist Lennard Lomberg als Kunsthistoriker und -experte nicht nur die Hintergründe eines dreisten Kunstraubs aufzudecken hat, sondern sich auch mit einem lang gehüteten Geheimnis rund um seinen verstorbenen Vater und dessen Vergangenheit auseinanderzusetzen hat. Nach und nach schält sich heraus, dass das geheimnisvolle verschollene Gemälde eng verbunden mit Lombergs Familiengeschichte ist. Während der Autor sich zunächst Zeit nimmt, die Story aufzubauen und seine Charaktere inklusive Hintergrundgeschichten einzuführen, zieht die Spannung mit immer neuen Details und zutage tretenden Puzzleteilchen allmählich an. Es entspinnt sich schließlich eine komplexe, sehr raffiniert verwobene und überaus wendungsreiche Handlung mit zahllosen Charakteren und einer Unzahl an bedeutsamen Informationen, die für packende Unterhaltung sorgt. Dennoch wird es zeitweise recht anstrengend, um den roten Faden nicht zu verlieren und den Überblick noch zu behalten. Erschwerend für den Lesefluss kommt hinzu, dass der anspruchsvolle Schreibstil des Autors etwas umständlich und sehr detailverliebt ist. Hervorragend ist es Storm jedoch gelungen, die vielen gut recherchierten historischen Fakten und politischen Hintergrundinformationen in seine packende Geschichte einzuflechten. Storm beherrscht es recht gut, seinen Protagonisten Leonard Lomberg mit seinen Ecken und Kanten aber auch die vielen Nebenfiguren vielschichtig auszuarbeiten, so dass sie ausreichend dreidimensional und lebendig wirken.
Nach dem überraschenden Ende, bin ich schon sehr gespannt, auf einen neuen Fall für Kunsthistoriker Lennard Lomberg.

ZUM HÖRBUCH:
Mit Julian Mehne als Sprecher für dieses Hörbuch wurde eine sehr gute Wahl getroffen. Mit seiner angenehm tiefen, und ausdrucksstarken Stimme versteht er es hervorragend, uns sofort in die fesselnde Geschichte hinein zu ziehen und an die unterschiedlichen Handlungsorte mitzunehmen. Mit leichten Temposteigerungen und Verändern der Sprechlautstärke sorgt er für Abwechslung und lässt er immer wieder geschickt Spannung aufkommen. Bei Gesprächen differenziert er die Stimmen der Figuren bewusst nur mit feinen Nuancen, wobei man dennoch stets den jeweils Sprechenden erkennt. Aufgrund der vielen, abwechselnden Handlungsstränge und unzähligen Figuren sowie der vielen bedeutsamen Details bedarf es allerdings einer großen Disziplin und hoher Aufmerksamkeit dieser komplexen und wendungsreichen Geschichte als Zuhörer zu folgen.
FAZIT
Ein packender, vielschichtiger Krimi rund um Beutekunst und Familiengeheimnisse – hervorragend recherchiert, mit einer fesselnden Mischung aus Fiktion und Fakten und überraschenden Wendungen!
Ein sehr anspruchsvolles, aber lohnendes Hörerlebnis!

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