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Veröffentlicht am 11.03.2019

Fesselndes, rasantes Thrillerdebüt

Lola
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INHALT
South Central, L.A. Lola Vasquez ist klein, zierlich, unscheinbar, anscheinend eine chica unter vielen in der Latino-Gang The Crenshaw Six. Die Gang versucht, möglichst unauffällig zu agieren, und ...

INHALT
South Central, L.A. Lola Vasquez ist klein, zierlich, unscheinbar, anscheinend eine chica unter vielen in der Latino-Gang The Crenshaw Six. Die Gang versucht, möglichst unauffällig zu agieren, und zu dieser Strategie in einer Mucho-macho-Welt gehört auch, dass Lola nicht sichtbar wird, denn in Wahrheit ist sie die Chefin der Gang, ebenso brillant wie rücksichtslos.
Die Karten werden neu gemischt, als sie in einen Krieg zwischen einem etablierten Großdealer, einem expansionswilligen mexikanischen Kartell und einem neuen Großlieferanten gezogen wird. Auch die Polizei und die Staatsanwaltschaft mischen mit – eine Gang wie jede andere.
Lolas Achillesferse ist ihre Familie, ihre Crack-Mutter und ihr nicht allzu schlauer Bruder. Als es hart auf hart kommt, muss Lola ein paar Entscheidungen fällen, die alles andere als leichtfallen …
(Quelle: Suhrkamp Verlag)

MEINE MEINUNG
Mit ihrem Debüt „Lola“ hat die US-amerikanische Schriftstellerin Melissa Scrivner Love einen mitreißenden, unglaublich fesselnden Thriller geschrieben, der als “Bester Erster Roman” für den Edgar Allan Poe Award nominiert wurde.
Die Autorin hat für ihren Thriller ein sehr interessantes Setting im skrupellosen Latino-Bandenmilieu von South Central Los Angelos und eine rasante, wendungsreiche und zunehmend komplexer werdende Handlung entworfen. Mühelos taucht man als Leser in ein großartiges und aufwühlendes Leseerlebnis ab und kann das Buch bald nicht mehr aus der Hand legen. Als Drehbuchautorin von TV-Serien hat die Autorin ein gutes Gespür für filmreife Szenen, kann diese sehr anschaulich umsetzen und lässt beim Leser ein eindrückliches Kopfkino entstehen.
Gekonnt nimmt uns die Autorin mit in eine uns recht fremde, düstere Welt des brutalen Drogenmilieus und gibt uns beklemmende Einblicke in das Leben ihrer äußerst faszinierenden Hauptfigur, der 26-jährigen Latina Lola Vasquez, die unversehens in einen Krieg zwischen zwei rivalisierenden Drogenkartellen hineingezogen wird und um ihr Leben bangen muss. Sehr lebendig und authentisch schildert die Autorin den schockierenden Alltag der kleinen Latino-Gang mitten im multikulturellen Moloch L.A., der geprägt ist von Skrupellosigkeit, Verrat, Rassismus, Frauendiskriminierung, Drogenabhängigkeit, Kriminalität, Gewalt, Waffen, Vernachlässigung und Missbrauch von Kindern und dem allgegenwärtigen Tod. Doch gibt es auch berührende, zwischenmenschliche Momente, die den Zusammenhalt der Menschen in ihrem Viertel und das Verantwortungsbewusstsein füreinander trotz der widrigen Umstände aufblitzen lassen.
Die Autorin hat mit ihrer überaus taffen Protagonistin Lola einen einzigartigen, authentisch wirkenden Charakter geschaffen, aus deren Perspektive die Geschichte erfrischend sachlich und abgeklärt erzählt wird. Lola ist eine vielschichtige und unglaublich starke Heldin, die beim Leser durchaus ambivalente Gefühle weckt. Als Tochter einer drogensüchtigen Mutter hat sie eine sehr schwierige Kindheit hinter sich, kennt die Abgründe der menschlichen Existenz und ist in dieses brutale Milieu hineingewachsen, was sie rücksichtslos und oft kaltherzig werden lassen. Als vermeintlich unscheinbare und unauffällige chica in einem von hartgesottenen Männern dominierten Umfeld lenkt sie ihre kleine Gang äußerst brillant, effizient und gerissen im Verborgenen und lässt ihren Freund Garcia nach Außen als Bandenchef auftreten. Eine überaus große Faszination geht von dieser ehrgeizigen, intelligenten Protagonistin aus, die zwar schockierend abgebrüht, kaltblütig und skrupellos ihren Job erledigt und oft recht fragwürdige Entscheidungen trifft. Neben ihrer dunklen Seite ist sie eine einfühlsame, fürsorgliche und sympathische Frau, die wie eine Gute unter all den Bösen wirkt und bei ihrem verzweifelten Überlebenskampf Respekt und Anerkennung verdient. Die Autorin hat mit Lola keine strahlende Überheldin geschaffen, sondern eine glaubwürdige, schillernde Figur mit vielen Schwächen und einigen fatalen Fehlentscheidungen, die den Leser aber mit ihrem großen Herz und guten Absichten auch berühren kann.
Doch auch die Bösewichte und übrigen Nebenfiguren sind mehrdimensional, lebendig und glaubwürdig ausgearbeitet. Eine besonders gelungene Nebenfigur ist die kleine 5-jährige Lucy mit ihrem sehr berührenden Schicksal.
Der Autorin gelingt es hervorragend, uns mit ihrer spannenden, packend erzählten Handlung und einigen unerwarteten Wendungen bestens zu unterhalten. Ihr abwechslungsreicher, anschaulicher Schreibstil liest sich trotz einiger recht brutaler, blutrünstiger Szenen sehr angenehm. Einige dramaturgische Schwächen und ungenau recherchierte, unglaubwürdige Details fallen bei der ansonsten hervorragenden Umsetzung kaum negativ ins Gewicht.
Auf eine Fortsetzung mit Lola als offizielle Anführerin der Crenshaw Six darf man schon sehr gespannt sein!

FAZIT
Ein fesselndes, aufwühlendes Thrillerdebüt - rasant und wendungsreich mit der faszinierenden, sehr taffen Latina Lola!
Autor: Melissa Scrivner Love

Veröffentlicht am 02.03.2019

Nishino und die Flüchtigkeit von Liebe

Die zehn Lieben des Nishino
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INHALT
Nishino ist der perfekte Liebhaber, der die geheimen Wünsche jeder Frau errät. Warum hat keine seiner Lieben Bestand? Es beginnt schon in der Schule. Warum ist die Welt so unendlich? fragt Nishino ...

INHALT
Nishino ist der perfekte Liebhaber, der die geheimen Wünsche jeder Frau errät. Warum hat keine seiner Lieben Bestand? Es beginnt schon in der Schule. Warum ist die Welt so unendlich? fragt Nishino seine Freundin, um sie gleich mit der nächsten zu betrügen. Ein Mädchen spricht ihn auf der Straße an und will sofort Sex mit ihm. Seine Chefin hat sich geschworen, nichts mit ihm anzufangen, bis er sie aus heiterem Himmel verführt. In seinen Fünfzigern möchte er zusammen mit einer jungen Geliebten sterben, doch so weit will sie nicht mit ihm gehen.
(Quelle: Hanser Verlag)

MEINE MEINUNG
“Die zehn Lieben des Nishino" ist der neue Roman der bekannten und mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichneten japanischen Autorin Hiromi Kawakami, der nun in deutscher Übersetzung erschienen ist. Hierin thematisiert Kawakami nicht nur die Flüchtigkeit und Unberechenbarkeit der Liebe in der heutigen Zeit, sondern auch vom schwierigen Verhältnis zwischen Mann und Frau. Zugleich gewährt sie uns einen aufschlussreichen Einblick in die uns oftmals fremde und unverständliche japanische Mentalität und Kultur.
Kawakami versteht es, mit ihrem schnörkellosen, prägnanten Schreibstil, wundervoll poetischen Bildern und ihrem ruhigen, einfühlsamen Erzählfluss eine unnachahmliche Atmosphäre entstehen zu lassen, die mich gefangen genommen hat.
Im Mittelpunkt ihres neuen Romans steht der gutaussehende, überaus charmante aber etwas distanziert wirkende Nishino, der als “moderner Don Juan” und perfekter Liebhaber stets von den Frauen umschwärmt wird, aber dennoch zeitlebens keine erfüllende, dauerhafte Beziehung zu einer Frau aufbauen kann. Oftmals hat er sogar auf der Suche nach wahrer Liebe seine Liebschaften parallel zueinander laufen. Auf sehr ungewöhnliche Art portraitiert die Autorin ihren rätselhaften Protagonisten Nishino, denn lässt sie ihn nicht persönlich seine Lebensgeschichte erzählen, sondern zehn Geliebte Nishinos kommen zu Wort, die in jeweils in sich abgeschlossenen Kapiteln aus ihrer subjektiven Perspektive über ihre kurzzeitige Liebesbeziehung zum ihm und ihre Trennung berichten. In einzelnen, scheinbar unbedeutende Episoden und willkürlich aneinandergereihten Schilderungen der so unterschiedlichen Frauen wie dem Kennenlernen, ihrem Zusammensein auf teilweise sehr eigenwilliger Basis, alltägliche Belanglosigkeiten, ja sogar merkwürdige Dreiecksbeziehungen formt sich allmählich ein fragmentarisches, zwiespältiges Bild über den Charakter und die Lebensgewohnheiten des Protagonisten.
Insgesamt erfährt der Leser in den zehn nicht chronologisch angeordneten Episoden und stets subjektiv eingefärbten Erzählungen der Geliebten sehr viel über Nishinos Leben und seine Gewohnheiten, vor allem über seine Beziehungsängste, Selbstverliebtheit und der Widersprüchlichkeit seiner Gefühle und seiner Wunschvorstellung von Liebe. Dennoch schwingt beim Lesen stets auch ein Zweifel am Wahrheitsgehalt der Berichte mit. So kam mir bisweilen der Verdacht, ob Nishino nicht seine Gespielinnen oftmals getäuscht hat und ihnen bewusst etwas vorgespielt hat. So bleibt mein Eindruck von Nishinos Persönlichkeit bis zuletzt vage - eine faszinierende Annäherung an einen undurchsichtigen, unnahbaren Charakter, der seinen eigenen Mikrokosmos geschaffen hat.

FAZIT
Ein außergewöhnlicher, sehr ruhiger und atmosphärisch dichter Roman aus Japan, zu dem man allerdings nicht leicht Zugang findet!

Veröffentlicht am 02.03.2019

Packender, temporeicher Schweden-Thriller

Der Patriot
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INHALT
Nach dem kaltblütigen Mord an einer jungen, liberalen Journalistin verbreitet sich großes Unbehagen in den schwedischen Nachrichtenredaktionen. Die Vertreter der sogenannten "Lügenpresse" sind längst ...

INHALT
Nach dem kaltblütigen Mord an einer jungen, liberalen Journalistin verbreitet sich großes Unbehagen in den schwedischen Nachrichtenredaktionen. Die Vertreter der sogenannten "Lügenpresse" sind längst massive Drohungen gewohnt, doch müssen sie tatsächlich um ihr Leben bangen, denn es bleibt nicht bei einem Opfer und populistische Meinungsmacher heizen die Stimmung noch an.
Nur die junge, ehrgeizige Nachrichtenredakteurin Madeleine Winther lässt dies alles recht kalt und völlig unerschrocken nutzt sie die Situation, um ihre Karriere weiter voranzutreiben.
Der skrupellose und zu allem entschlossene Serienkiller Carl Cederhielm scheint in Stockholm mit den Medien abrechnen zu wollen, die dem ungezügelten Flüchtlingszustrom in seine Heimat wohlwollend gegenüberstehen. Zusammen mit zwei gleichgesinnten Rechtsextremen verfolgt Carl Cederhielm seine perfide Mission und macht gnadenlos Jagd auf die Journalisten auf seiner Todesliste.
Doch dann taucht ein völlig unbeteiligter Akteur aus seinem chilenischen Exil auf - August Novak. Der junge schwedische Ex-Soldat und Bodyguard ist zum Äußersten entschlossen, kommt den schwedischen Terroristen in die Quere und wird zu einem äußerst gefährlichen Gegenspieler.

MEINE MEINUNG
Dem ehemaligen schwedischen Journalisten und jungen Debütautor Pascal Engman ist mit seinem Erstling „Der Patriot“ ein beeindruckender, äußerst rasanten Thriller gelungen, der mich mit seiner brandaktuellen, sehr glaubwürdig ausgearbeiteten Thematik von Beginn an fesseln konnte.
Der Autor hat sich für seinen Page Turner einen sehr packenden und erschreckend realistischen Plot ausgedacht, der uns in eine beklemmende und brutale Realität mitnimmt, die wir mittlerweile überall in Europa beobachten können. Anschaulich führt uns Engman beängstigende Einstellungen und Strömungen in unserer Gesellschaft vor Augen, die die Politik nur zu gerne verdrängen und nicht wahrhaben möchte.
In seinem Thriller greift er zahlreiche Schlagworte wie Flüchtlingsflut, Populismus, rechtsextremistischer Patriotismus, Terrorismus, Manipulation durch Fake-News und skrupelloser Waffenhandel auf, die tagtäglich durch die Medien geistern. Geschickt verdichtet er die unterschiedlichen Themenbereiche zu einer vielschichtigen, wirklich packenden Story, die mich in Atem hielt, und ich den Thriller schließlich nicht mehr aus der Hand legen konnte.
Der Autor versteht es hervorragend, temporeich und mitreißend zu schreiben, wobei man sich auch auf einige recht brutale und blutrünstige Szenen gefasst machen sollte. Der schockierende Prolog, der mit der Ermordung der Journalistin Hannah Löwenström endet, kurz gehaltene Kapitel mit Cliffhanger und rasche Perspektivwechsel sorgen schon von Beginn an für enorme Spannung. .
Die komplex angelegte Handlung mit verschiedenen parallel laufenden Erzählsträngen, unterschiedlichen Schauplätzen und etlichen Akteuren ist lange Zeit nicht vorhersehbar. Einige unerwartete Wendungen sorgen für einen nervenaufreibenden Lesespaß, lassen Raum zum Spekulieren und geben viele Rätsel auf. Erst beim äußerst fesselnden Showdown führt der Autor geschickt die verschiedenen, miteinander verwobenen Handlungsstränge zusammen und lässt die Wege der unterschiedlichen Charaktere schließlich sich für kurze Zeit kreuzen. Natürlich bedient sich der Autor bisweilen auch einiger, für dieses Genre recht typischer Klischees, und überstrapaziert Zufälle in seinem Plot für meinen Geschmack bisweilen etwas zu sehr, aber insgesamt mindert dies die Glaubwürdigkeit und Unterhaltungswert seiner Geschichte kaum.
Der Autor hat mit seinem Protagonisten und Gegenspielern faszinierende, recht vielschichtig angelegte und stimmige Charaktere geschaffen, deren Hintergrundgeschichten und Motivation man gut nachvollziehen konnte. Zudem gewährt der Autor uns einige sehr schockierende Einblicke in die Abgründe der menschlichen Psyche und zeichnet ein nachdenklich stimmendes, realitätsnahes Bild unserer Gesellschaft und Politik.

FAZIT
Ein packender, temporeicher Schweden-Thriller mit einer brandaktuellen, sehr realistischen Thematik!
Ein lesenswertes Debüt, das sehr neugierig auf den bereits auf Schwedisch erschienenen 2. Band macht und sich mit dem internationalen Organhandel beschäftigt.

Veröffentlicht am 06.01.2019

Auf dem inspirierenden Weg zum eigenen Ich

Gehen. Weiter gehen
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MEINE MEINUNG
Der norwegische Bestseller-Autor, Jurist, Abenteurer und Philosoph Erling Kagge hat ein neues Buch mit dem Titel „Gehen. Weitergehen. – Anleitung“ vorgelegt, in dem er uns auf eine spannende, ...

MEINE MEINUNG
Der norwegische Bestseller-Autor, Jurist, Abenteurer und Philosoph Erling Kagge hat ein neues Buch mit dem Titel „Gehen. Weitergehen. – Anleitung“ vorgelegt, in dem er uns auf eine spannende, inspirierende Reise mitnimmt. Hierin beschäftigt er sich mit einer eigentlich alltäglichen Tätigkeit, die für viele Menschen heutzutage allerdings keineswegs mehr selbstverständlich ist – dem GEHEN. Aus vielen verschiedenen Perspektiven beleuchtet der Autor das Gehen und seine erstaunlichen Auswirkungen auf uns Menschen. Kagge ist ein äußerst aufschlussreicher, gut verständlicher Wegweiser für uns moderne Menschen gelungen, der an unterschiedlichen Beispielen verdeutlicht, wie wir auf genial einfache Weise zur inneren Ruhe, zu Zufriedenheit und Frieden kommen können. Denn die natürlichste Form sich in sein Innerstes zurückzuziehen und zu sich zu finden, ist tatsächlich einen Schritt vor den anderen zu setzen.
Anhand von interessanten Zitaten von bekannten Philosophen und Schriftstellern aber auch basierend auf eigenen Erlebnissen während seiner Expeditionen und Lebenserfahrungen verdeutlicht er sehr anschaulich seine Thesen und untermauert darüber hinaus diese auch mit wissenschaftlichen Experimenten und Erkenntnissen. So erläutert er beispielsweise, dass die Art des Gehens ein Spiegel der Psyche ist oder Gehen als Ursprung der Menschheit angesehen werden kann. Die zahlreichen Betrachtungsansätze zeigen uns Lesern sehr eindrucksvoll, wie bedeutsam Entschleunigung und Aufmerksamkeitsschulung für unser seelisches Gleichgewicht ist. Die Einheit von Körper, Geist und Umgebung während des Gehens führen zu einer Verschmelzung zu einer höheren Einheit, von der ein jeder außerordentlich profitieren kann.
Kagge versteht es, Stimmungen und Bilder einfühlsam und mit viel Feingespür zu beschreiben, uns nachdenklich zu stimmen und uns abzuholen auf eine spannende Entdeckungsreise zum eigenen Ich. Notwendig ist es lediglich den ersten Schritt zu tun …
FAZIT
Ein sehr lesenswertes Buch, das zum Nachdenken und Nachahmen anregt!

Veröffentlicht am 06.01.2019

Ein fesselndes, aufwühlendes Leseerlebnis

Die Plotter
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INHALT
Raeseng ist Killer von Beruf, seit ihn Old Raccoon als Kind bei sich aufnahm und ausbildete. Aufgewachsen an einem geheimen Rückzugsort in Seoul, einer Bibliothek voller alter Bücher, gehört er ...

INHALT
Raeseng ist Killer von Beruf, seit ihn Old Raccoon als Kind bei sich aufnahm und ausbildete. Aufgewachsen an einem geheimen Rückzugsort in Seoul, einer Bibliothek voller alter Bücher, gehört er zur Killer-Elite Koreas. Denn Old Raccoon ist ein Plotter. Als Kopf der Organisation »Library of Dogs« hat er seit Jahrzehnten alle politisch gewollten Exekutionen in Korea geplant. Doch als die Macht der Diktatur schwindet, gerät auch der Einfluss der Plotter ins Wanken – und eine neue Generation beginnt, ihr eigenes tödliches Netzwerk aufzuziehen. Als Raeseng vom Plan der Plotter bei der Ausführung eines Auftrags abweicht, geraten die Dinge außer Kontrolle – und Raeseng rückt selbst an die erste Stelle der Todesliste …
(Quelle: Klappentext Europa Verlag)
MEINE MEINUNG
Mit seinem neuesten Roman „Die Plotter“ hat der südkoreanische Bestseller-Autor Un-Su Kim einen außergewöhnlichen, aber äußerst fesselnden Thriller verfasst. Schon der etwas seltsame Titel zusammen mit dem provokanten „blutigen“ Cover macht neugierig auf die Thriller-Handlung, die bisweilen tatsächlich recht blutrünstig wird. Ein action- und temporeicher Thriller ist dieser als „Krimi noir“ beworbene Roman zwar nicht, aber durch die beklemmenden Einblicke in das Leben des Protagonisten und Profi-Killers Raeseng und die zunehmend komplexer werdende Handlung dennoch ein fesselndes und aufwühlendes Leseerlebnis.
Der Autor hat für seinen einfühlsam geschriebenen Thriller voll bitterbösem Humor eine sehr packende Story mit einem einzigartigen Setting entworfen, die uns Leser in eine völlig unbekannte, befremdliche Welt entführt – den Seouler „Fleischmarkt“. Gekonnt führt uns der Autor ein skrupelloses, brutales und hochkomplexes Netzwerk von Unterwelt-Kriminellen vor Augen, deren alltägliches Geschäft der Tod bzw. Auftragsmord darstellt und bei denen auf sehr bizarre Weise die „stille Kunst des Tötens“ als besonderes Handwerk zelebriert wird.
Der Autor hat mit seinem Protagonisten Raeseng einen interessanten, authentisch wirkenden Charakter geschaffen und eine vielschichtige Figur, die sehr ambivalente Gefühle weckt. Eine überaus große Faszination geht von dem eigentlich durch und durch verachtenswerten Protagonisten und seinen sehr tiefsinnigen Innenansichten aus, die tief in die Abgründe der menschlichen Seele blicken lassen. Sehr fesselnd ist es, den emotionslosen Profikiller immer besser kennen zu lernen, an seiner Lebensphilosophie teilzuhaben und ihn schließlich zunehmend sympathisch zu finden. Neben seiner dunklen Seite ist er ein einfühlsamer, belesener und hochintelligenter Mann, der als Findelkind zu seinem Ziehvater kam und in seine Rolle als skrupellosen Killer zwangsläufig hineingewachsen ist. Eingebunden in dieses brutale Milieu, hinterfragt er seinen Job als Killer und seine abgebrühte, hocheffiziente Arbeit nicht.
Mit seiner packenden Geschichte entlarvt Un-Su Kim ein schockierendes, gut florierendes und seit Jahrzehnten bis ins Kleinste durchorganisierte System, das durch einen Wandel der politischen Verhältnisse mächtig ins Wanken gerät. Ein undurchsichtiger, gnadenloser Machtkampf zwischen einer neuen nachrückenden Killer-Generation und Raesengs Ziehvater „Old Racoon“ entbrennt und seine unbestrittene Vormachtstellung als führender Kopf der Organisation und genialem Strippenzieher im Hintergrund wird ihm plötzlich streitig gemacht. Auch Reasengs Leben gerät aus den Fugen und ein langsames Umdenken setzt bei ihm ein, als er sich unversehens auf einer Todesliste der Organisation wiederfindet. Packend wird erzählt wie die Killer nun gegen Ihresgleichen vorgehen, niemand weiß, wer der nächste auf der Todesliste ist und wer im Hintergrund als Drahtzieher agiert. Der Autor versteht es hervorragend, uns mit seinem spannenden, hochkomplexen Katz- und Maus-Spiel und einigen unerwarteten Wendungen zu unterhalten.
Der sehr prägnante, abwechslungsreiche und anschauliche Schreibstil des Autors liest sich sehr angenehm, sodass man das Buch bald nicht mehr aus der Hand legen mag. Auch die eingestreuten philosophischen Betrachtungen und aufschlussreichen Einblicken in die koreanische Mentalität und gesellschaftlichen Missständen haben mich sehr fasziniert. Als Kontrast hierzu geizt er aber auch nicht mit recht brutalen, schonungslos beschriebenen Szenen.
FAZIT
Ein faszinierender Thriller aus Südkorea mit beklemmenden Einblicken in die bizarre Welt eines Profi-Killers und einem komplexen Katz- und Mausspiel.