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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.06.2023

Ein faszinierendes Zeitdokument

Das Licht im Rücken
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MEINE MEINUNG
Bei dem historischen Roman „Das Licht im Rücken“ der deutschen Autorin Sandra Lüpkes handelt es sich um einen faszinierenden Gesellschaftsroman, in dessen Mittelpunkt einerseits die wechselvolle ...

MEINE MEINUNG
Bei dem historischen Roman „Das Licht im Rücken“ der deutschen Autorin Sandra Lüpkes handelt es sich um einen faszinierenden Gesellschaftsroman, in dessen Mittelpunkt einerseits die wechselvolle Historie des Wetzlarer Unternehmens Leitz und andererseits die fesselnde Geschichte des von ihr produzierten Fotoapparats Leica steht.
In einer gelungenen Mischung aus Fiktion und historischen Fakten verfolgen wir über die Jahre 1914 bis 1945 die Geschicke der Unternehmerfamilie Leitz und nehmen Anteil an weiteren bewegenden Familiengeschichten – faszinierende Momentaufnahmen von Menschen und bedeutsamen Ereignissen, die allesamt präzise von der berühmten Kleinbildkamera Leica und eigentlichen Protagonistin eingefangen sind.
Es ist ein tiefgründiger Roman über Erfindergeist, Enthusiasmus, Freundschaft, Liebe, Leidenschaft und Mut, aber auch über Verrat, Verfolgung, Verlust und Scheitern.
Gekonnt verwebt die Autorin die sorgsam recherchierten Fakten zum Unternehmen Leitz, Details aus dem Leben historischer Personen und ereignisreichen historischen Geschehnisse der Wetzlarer Stadtgeschichte mit ihrer fiktiven Geschichte zu einem fesselnden historischen Roman. In ihrem sehr aufschlussreichen Nachwort widmet sich Lüpkes der Entstehungsgeschichte ihres Romans, erläutert ausführlich interessante Hintergründe zu ihrer umfangreichen Recherchearbeit.
Mit einem einfühlsamen, lebendigen Schreibstil schafft es die Autorin, uns direkt von der ersten Seite an in die Geschichte hineinzuziehen, die aus wechselnden Perspektiven erzählt wird. Die einzelnen Kapitel orientieren sich an der Entwicklung der Kamera, tragen entsprechend im Titel die Namen der jeweiligen Modelle - von »Liliput« bis zur »Leica IIIb und IIIc und sind zusätzlich illustriert von einer Original-Schwarz-Weiß-Fotografie.
Hervorragend ist es der Autorin gelungen, das Alltagsleben im Wandel der Zeiten und besondere historische Ereignisse anschaulich einzufangen, die örtlichen Begebenheiten und den schleichenden Wandel in Politik und Gesellschaft authentisch und eindrücklich darzustellen.
Neben Schilderungen von den kleinen und großen Problemen im zwischenmenschlichen Miteinander der unterschiedlichen Charaktere, witzigen Anekdoten und alltäglichen Geschehnissen haben wir auch Anteil an zeitgeschichtlich verbürgten Geschehnissen, wichtigen Entwicklungen rund um das Leitz-Werk und der Leica. Durch den Wechsel der verschiedenen Sichtweisen, Handlungsstränge und Schauplätze versteht es Lüpkes ihre Geschichte recht abwechslungsreich zu gestalten und uns mit spannungsvollen Höhepunkten zu unterhalten. Dennoch hätte ich mir etwas mehr Dynamik in der Handlung gewünscht. Das politische Geschehen in Deutschland wurde anschaulich in ihre Geschichte eingearbeitet und der heraufziehende Antisemitismus und Nationalsozialismus sowie die Auswirkungen der Nazi-Diktatur auf die verschiedenen Charaktere eindringlich thematisiert.
Lüpkes lässt in ihrem Roman eine Fülle von interessanten Charakteren auftreten, über die man glücklicherweise stets den Überblick behält. Insgesamt ist ihr eine einfühlsame, tiefgründige Zeichnung vieler Charaktere gelungen, die authentisch und lebendig wirken. Einigen Figuren lassen allerdings etwas die Lebendigkeit und Tiefe vermissen, so dass ich mich kaum in ihr Innenleben hinein versetzen und mit ihnen mitfiebern konnte.

FAZIT
Ein faszinierender und lehrreicher historischer Roman über die wechselvolle Geschichte des Unternehmens Leitz in Wetzlar und die von ihr entwickelte und hergestellte Kamera Leica. Ein lesenswertes Stück Zeitgeschichte!

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  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.05.2023

Viel versprechender Cosy Crime-Auftakt

Die Hausboot-Detektei - Tödlicher Genuss
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MEINE MEINUNG
„Die Hausboot-Detektei“ ist eine unterhaltsame neue Cosy-Crime-Reihe von der deutschen, unter dem Pseudonym Amy Achterop schreibenden Autorin Heidi van Elderen, die mich vor allem mit seinem ...

MEINE MEINUNG
„Die Hausboot-Detektei“ ist eine unterhaltsame neue Cosy-Crime-Reihe von der deutschen, unter dem Pseudonym Amy Achterop schreibenden Autorin Heidi van Elderen, die mich vor allem mit seinem wundervollen Setting in der zauberhaften niederländischen Hauptstadt Amsterdam mit seinen romantischen Grachten, malerischen historischen Gebäuden und seiner quirligen Kulturszene gereizt hat.
„Tödlicher Genuss“ ist der erste Band und viel versprechende Auftakt dieser leicht skurrilen, humorvollen Krimi-Reihe, in deren Mittelpunkt eine wundervoll bunt zusammengewürfelte Gruppe aus fünf liebenswerten Außenseitern und Pechvögeln steht, die sich auf einem Hausboot zusammenfinden und eine Detektei gründen. Der mitreißende, humorvolle Erzählstil der Autorin konnte mich von Beginn an gut unterhalten. So werden wir zunächst mit den sehr originellen Figuren Arie, Maddie, Jack, Jan und Elin bekannt gemacht. Trotz mangelnder Qualifikationen und unterschiedlichster persönlicher Hintergründe der Hobby-Detektive stürzen sie sich mit großem Elan in ihren ersten kniffeligen Fall, der in die Abgründe eines erbitterten kulinarischen Wettstreits zwischen zwei rivalisierenden Gourmetköchen führt und eine abenteuerliche Spionagetätigkeit in der Sternen-Küchen-Szene beinhaltet. Bis es allerdings zum eigentlichen Kriminalfall kommt und die ungleichen Ermittler ihrem kriminalistischen Spürsinn freien Lauf lassen können, vergeht eine Weile, in der wir zunächst die interessanten Charaktere ausgiebig mit ihren Eigenarten und Geheimnissen kennenlernen. Ob nun der Ex-Polizist Arie, der undurchsichtige Engländer Jack, die arbeitslose, kampfsporterfahrene Maddie, der tierliebe Transmann Jan oder die erfolglose schwedische Krimiautorin Elin - die Autorin hat sich wirklich faszinierend eigenwillige, aber sympathische Protagonisten für ihren Krimi einfallen lassen. Vor allem das Zwischenmenschliche, die lebendige Gruppendynamik zwischen ihnen und amüsanten Dialoge sind hervorragend eingefangen und sorgen für viel Unterhaltung. Viele amüsante Szenen haben mich schmunzeln lassen.
Die stimmungsvollen, detailreichen Beschreibungen der Schauplätze im charmanten Amsterdam verleihen dem Buch eine besondere Atmosphäre. Die Autorin hat sich zudem mit dem Hausboot als Detektei ein ungewöhnliches, aber faszinierendes Setting ausgedacht, das für jede Menge Abwechslung sorgt.
Die Handlung nimmt im letzten Drittel immer mehr Fahrt auf und konnte mich mit einigen unerwarteten Wendungen überraschen. Für meinen Geschmack hätte die Handlung jedoch ruhig einige zusätzliche Spannungsmomente vertragen können.
Der erste Auftrag für die quirlige Hausboot-Detektei und die in sich schlüssige Auflösung haben mir insgesamt gut gefallen, auch wenn ich schon recht früh einen Anfangsverdacht hatte, der sich letztlich bestätigte. Ich bin schon sehr gespannt eine Fortsetzung dieser humorvollen, hyggeligen Krimi-Reihe und freue mich auf ein Wiedersehen mit den liebgewonnenen, eigenwilligen Charakteren und einem hoffentlich etwas spannenderen Kriminalfall!

FAZIT
Ein unterhaltsamer Wohlfühl-Krimi - mit einer interessanten, liebevoll-schrägen Detektiv-Truppe, nettem Amsterdamer Lokalkolorit und tollem hyggeligen Flair! Perfekt für Liebhaber von leichten und humorvollen Krimis!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 13.05.2023

Ein stimmiger historischer Kriminalroman mit tollem Wiener Lokalkolorit

Der Kuss des Kaisers
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MEINE MEINUNG
Der historische Kriminalroman »Der Kuss des Kaisers« von der österreichischen Autorin Christine Neumeyer ist bereits der zweite Band ihrer vielversprechenden Wien Krimi-Reihe, die mich mit ...

MEINE MEINUNG
Der historische Kriminalroman »Der Kuss des Kaisers« von der österreichischen Autorin Christine Neumeyer ist bereits der zweite Band ihrer vielversprechenden Wien Krimi-Reihe, die mich mit seinem wundervollen Zeit- und Lokalkolorit sehr begeistern konnte.
Dieser Band lässt sich übrigens problemlos auch ohne Vorkenntnisse des Vorgängerbands lesen.
Im Mittelpunkt des zweiten Kriminalfalls, der im Wien des Jahres 1908 angesiedelt ist, stehen erneut die beiden sympathischen Ermittler der zivilen Wiener Geheimpolizei - Polizeiagent Johann Pospischil und sein junger Kollege Frisch.
Die Autorin nimmt uns mit ins historische Wien, das sich anlässlich des 60-Jahre-Regierungsjubiläums von Kaiser Franz Joseph I. mit dem neuen Gemälde „Der Kuss“ vom berühmten Künstler Gustav Klimt als Exponat auf eine ganz besondere Kunstausstellung in der Modernen Galerie des Schlosses Belvedere vorbereitet. Gekonnt zeichnet die Autorin ein schillerndes, stimmiges Bild dieser faszinierenden imperialen Kaiserstadt und der allmählich zu Ende gehenden Epoche der k. u. k. Monarchie. Die sehr bildhaft beschriebenen Schauplätze in Wien insbesondere dem Schloss und seinen Gartenanlagen lassen einen rasch in die damalige Zeit eintauchen. Lebendig und anschaulich fängt sie das Alltagsleben der Menschen mit ihren Sorgen und Nöten ein, zeigt die Spannungen zwischen den unterschiedlichen Gesellschaftsschichten und Ethnien auf und lässt immer wieder auch interessante historische Details und politische Verwicklungen ins Geschehen einfließen. Für ein authentisches Flair sorgen zudem die oft mundartlich eingefärbten Dialoge, die ich auch ohne Übersetzung gut verstehen konnte, und Auftritte von historischen Persönlichkeiten wie beispielsweise Thronfolger Franz Ferdinand, seiner schwangeren Gattin Fürstin Sophie sowie des berühmten Malers Gustav Klimt. Es dauert anfangs etwas, bis die Ermittlungen zum eigentlichen Kriminalfall aufgenommen werden, denn zunächst lernen wir eine Menge interessanter Figuren mit ihren Hintergrundgeschichten und bei ihrer Arbeit kennen, die aber alle einen engen Bezug zum späteren Mordopfer haben.
Der Krimi ist als klassischer Whodunit angelegt, der zwar eher gemächlich voranschreitet mit seinen Perspektivwechseln aber abwechslungsreich gestaltet ist und viel Stoff zum Miträtseln bietet. Es bereitet viel Spaß gemeinsam mit dem eingespielten Ermittlerteam die vielfältigen Spuren zu verfolgen, auf ihrer heiklen Mission etliche Verdächtige zu vernehmen und dem grausamen Täter auf die Spur zu kommen. Tatkräftige Unterstützung erhalten sie durch die zugelaufene Hundedame Labrador, die mit ihrem richtigen Riecher schließlich wesentlich zur Aufklärung des Falls beiträgt. Äußerst spannend sind auch die authentischen, geschickt in die Handlung eingewobenen Einblicke in die damalige kriminalistische Ermittlungsarbeit.
Der Krimi lebt aber auch von seinen vielschichtig angelegten Figuren, die mit viel Liebe zum Detail ausgearbeitet sind. Hervorragend haben mir insbesondere die sympathische Hauptfigur des pflichtbewussten, etwas kauzigen Polizeiagenten Pospischil mit aufschlussreichen Einblicken in sein Privatleben gefallen, sowie die spannende Zusammenarbeit mit seinem jungen aufgeweckten Assistenten Frisch, der den älteren Kollegen stets richtig zu nehmen weiß.
Ob nun die gutmütige Putzhilfe Erna Kührer und ihre Familie, der arrogante Amtssekretär Josef Krzizek oder Pospischils selbstbewusste Schwester Gerti – alle Nebenfiguren sind entsprechend ihrer Rolle in der Geschichte sehr facettenreich ausgearbeitet und gelungen dargestellt.
Nach einigen unerwarteten Wendungen nimmt der verzwickte Kriminalfall immer mehr an Fahrt auf und gipfelt in einem spannenden Finale. Die überraschende Auflösung ist schlüssig und das schockierende Tatmotiv für die damalige Zeit durchaus nachvollziehbar.
Ich bin gespannt, ob es eine Fortsetzung dieser gelungenen historischen Krimi-Reihe geben wird – eigentlich wäre es ja schade wenn der gute Pospischil sich trotz seiner gewissen Wehwehchen so rasch aufs Altenteil verabschieden würde und hoffe daher auf ein Wiedersehen mit den liebgewonnenen Charakteren.

FAZIT
Ein gelungener, rundum stimmiger historischer Kriminalroman - mit sympathischen Ermittlern, einem interessanten Fall, viel zeitgeschichtlichem Flair und tollem Wiener Lokalkolorit!
Ein gemütlicher und unterhaltsamer Ausflug ins Wien zu Beginn des 20. Jahrhunderts!

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Veröffentlicht am 13.05.2023

Ein fesselnder Segeltörn ins Ungewisse

In blaukalter Tiefe
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MEINE MEINUNG
Nach ihrem Spiegel-Bestseller „Unter Wasser Nacht“ hat die deutsche Autorin Kristina Hauff mit „In blaukalter Tiefe“ erneut einen höchst fesselnden Spannungsroman vorgelegt.
Hierin nimmt ...

MEINE MEINUNG
Nach ihrem Spiegel-Bestseller „Unter Wasser Nacht“ hat die deutsche Autorin Kristina Hauff mit „In blaukalter Tiefe“ erneut einen höchst fesselnden Spannungsroman vorgelegt.
Hierin nimmt sie uns mit auf einen Segeltörn in die wildromantischen schwedischen Schären mit fünf Protagonisten wie sie kaum unterschiedlicher sein könnten. Was als ein unbeschwerter Traumurlaub beginnt, der frischen Wind in ihre Ehekrise und schleichende Entfremdung bringen soll, gerät langsam außer Kontrolle und endet schließlich in einem Alptraum.
Mit diesem typischen „closed-room-Szenario“ hat die Autorin das ideale Setting für einen zwar nicht neuen, aber vielversprechenden Plot gewählt, das natürlich aufgrund ungewohnter Nähe und fehlender Rückzugsmöglichkeiten großes Konfliktpotential in sich birgt und dramatische Zuspitzungen befürchten lässt.
Erzählerisch hat mich dieser Roman mit seinem ansprechenden, eindringlichen Schreibstil und insbesondere den atmosphärisch dichten, bildgewaltigen Beschreibungen der Landschaft und Naturgewalten sehr begeistern können.
Bereits mit dem einführenden Erzählstrang werden geschickt ungute Vorahnungen geweckt. Die Autorin versteht es hervorragend, uns mit spannenden Wendungen zu überraschen und die von Beginn an schwelende, unheilvolle Stimmung stetig zu verdichten.
Erzählt wird die Geschichte aus den unterschiedlichen Perspektiven der vier Protagonisten – Caroline, Andreas, Daniel und Tanja, so dass wir eindrückliche Einblicke in ihre Gedankenwelt, Emotionen und inneren Abgründe erhalten und mehr über. ihre Hintergrundgeschichten erfahren.
Die raschen Perspektivwechsel und die Gegenüberstellung der so unterschiedlichen Charaktere sorgen für einen kontinuierlichen Spannungsaufbau. Gebannt verfolgt man Geschehnissen an Bord der Segelyacht - den zunehmenden Animositäten und sich allmählich zuspitzenden Konflikten, die zwangsläufig auf eine Katastrophe hinauslaufen.
Während die verschiedenen Charaktere anfangs noch die von ihnen erwarteten Rollen spielen, bekommt die künstlich aufrecht erhaltene perfekte Fassade immer mehr Risse, Beziehungen werden infrage gestellt bis schließlich alle Masken fallen und sich jeder – an seine absoluten Grenzen getrieben - in einem psychischen Ausnahmezustand befindet. Hauff ist es hervorragend gelungen, die faszinierende, sich immer weiter verselbständigende Gruppendynamik, die dramatischen psychologischen Entwicklungen und verhängnisvollen Verwicklungen an Bord der „Querelle“ einzufangen.
Auf geniale Weise spiegelt Hauff die explosive Atmosphäre und eskalierenden Machtspielchen während des Segeltörns in den zunehmend aufgeladenen Naturgewalten, und lässt das Ganze schließlich in dem bedrohlichen Aufziehen eines Sturmtiefs kumulieren. Die Autorin zeichnet ein sehr eindrucksvolles und überaus glaubhaftes Psychogramm ihrer Figuren. Ob nun der wortkarge, undurchschaubare Skipper Eric, die distanzierte, karriereorientierte, selbstbewusste Caroline, die von ihrem Mann entfremdet ist und einen Neuanfang sucht, ihr geltungssüchtiger, erfolgsverwöhnter Mann Andreas, oder der ehrgeizige, opportunistische Daniel, der sich als Anwaltskollege von Andreas Hoffnungen auf eine Partnerschaft in der Kanzlei ausrechnet bis schließlich zu seiner bodenständigen, empathischen und unsicheren Freundin Tanja, die sich als schwarzes Schaf völlig deplatziert fühlt – sie alle sind sehr stimmig und tiefgründig ausgearbeitet. Auch wenn sie kaum Sympathien bei mir weckten, habe ich ihre Handlungen angesichts der herausfordernden Krise mit großem Interesse verfolgt und nachvollziehen können.

FAZIT
Ein sehr atmosphärischer und eindringlich erzählter Spannungsroman – mit differenzierten, feinfühligen Charakterstudien, einer mitreißenden Dynamik und eindrucksvollen Natur- und Landschaftsbeschreibungen und!

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Veröffentlicht am 13.05.2023

Faszinierende Rückblicke

Roxy
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MEINE MEINUNG
In seinem Roman „Roxy“ erzählt der deutsche Schauspieler und Debüt-Autor Johann von Bülow eine fesselnde Geschichte über das wahre Leben in all seinen Facetten, über prägende Freundschaften, ...

MEINE MEINUNG
In seinem Roman „Roxy“ erzählt der deutsche Schauspieler und Debüt-Autor Johann von Bülow eine fesselnde Geschichte über das wahre Leben in all seinen Facetten, über prägende Freundschaften, Schicksal und Zufälle, die bisweilen bedeutsame Entscheidungen im Leben leiten.
Im Mittelpunkt der feinfühlig und zumindest anfangs sehr humorvoll erzählten Geschichte steht die besondere, hochkomplexe Freundschaft zwischen dem etwas zurückhaltenden Protagonisten Marc und seinem stets provokant und selbstbewusst auftretenden Kumpel Roy.
Zugleich nimmt von Bülow uns mit auf eine faszinierende Zeitreise in die 1980er und frühen 90er Jahre, die so manchen von uns in eigenen Erinnerungen schwelgen lässt. Er versteht es hervorragend, das damalige Zeitkolorit, das Lebensgefühl jener Zeit und die Befindlichkeiten der jungen Generation sehr stimmungsvoll und treffend einzufangen.
Der Autor versteht es, Stimmungen und Bilder mit viel Feingespür zu schildern und bisweilen regelrecht filmreife Szenen vor unserem inneren Auge heraufzubeschwören.
Während sich Marc zu Beginn des Romans auf dem Weg zur Beerdigung seines einst besten Jugendfreundes Roy befindet, blickt er zurück auf ihre gemeinsame wilde Zeit und auf unvergessliche Erlebnisse, die ihre Freundschaft so einzigartig machten. Ein gelungener, unheilvoller Einstieg, der mich auf Anhieb gefangen genommen hat, möchte man doch ergründen, welche Hintergründe Roys früher Tod hat und was zum Zerwürfnis der beiden beigetragen haben mag.
Der Autor beschreibt in vielen eher assoziativen Rückblenden das Kennenlernen der Freunde, ihre gemeinsame Schulzeit, Parties und Urlaube, aber auch ihre langsame Entfremdung, als sie nach dem Abitur eigene Wege beschreiten, bis hin zur zarten Liebesgeschichte zur faszinierenden Carolin.
Die facettenreich angelegten Figuren wirken mit ihren Ecken und Kanten sehr lebensnah und lebendig und sorgen mit ihren Eigenheiten für so manche Überraschung. Eindrucksvoll ist Roy als ein charismatischer, selbstgefälliger und recht widersprüchlicher Charakter dargestellt, der mit seinem Zynismus, Aggressionspotential und seiner Haltlosigkeit seine Freunde oft verschreckt. Der Sohn aus reichem Hause, dem eigentlich die Welt zu Füßen liegen könnte und sich dennoch als Grenzgänger fühlt und mit dem Leben zu kämpfen hat. Geradezu blass und unsicher wirkt demgegenüber der grundsolide, oft zu zögerliche Marc, der sich häufig im Wege steht und dem es dennoch gelingt, seinen Weg zu gehen, aus der Enge auszubrechen und seinen Traum zu verwirklichen. In verschiedenen Episoden erfahren wir viel über ihre unterschiedlichen Charaktere, Lebenseinstellungen und ihre Suche nach Anerkennung und Liebe.
Von Bülow skizziert das Psychogramm zweier interessanter Charaktere und lässt uns hautnah teilhaben an der unglaublich lebendigen Dynamik ihrer Freundschaft mit all ihren Höhen und Tiefen, die dennoch irgendwann in die Brüche geht. So erzählt er über ihre Rivalität, den stetigen Reibungspunkten, den tiefen Vertrauen zueinander, blindem Verstehen, ihrer Symbiose und ihrer gemeinsamen Entwicklung.
Zugleich reflektiert Marc aber auch sein eigenes Leben, wird auf seine eigenen schmerzvollen Erfahrungen, Fehlentscheidungen und herben Enttäuschungen zurückgeworfen und muss sich letztlich seinen Ängsten vor Scheitern, Zurückweisung und letztlich dem Sterben stellen.
Insgesamt hätte ich mir allerdings gewünscht, dass der Autor seine Geschichte deutlich mehr verdichtet und insbesondere die leider etwas vage bleibende Dreiecks-Geschichte um Caroline früher und mehr auf den Punkt gebracht hätte. Ihre vielversprechende Persönlichkeit und Hintergrundgeschichte wurde leider nur angerissen und blieb mir größtenteils viel zu nebulös.
Trotz aller Leichtigkeit im Schreibstil stimmt der Roman mit seinen tiefgründigen Passagen nachdenklich. So beginnt man über das eigene Leben nachzudenken, über leichtfertig vergebene Chancen im Leben und in der Liebe, über ein unerklärliches Auseinanderleben oder auch über kostbare Freundschaften, die aus banalen Gründen zerbrochen sind, - über das, was wirklich zählt.

FAZIT
Ein faszinierender Roman über das Leben und besondere Freundschaften.
Schade, dass einige fesselnde Aspekte der Geschichte nicht mehr in den Fokus gerückt wurden!

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