Profilbild von bookworm72

bookworm72

Lesejury Star
offline

bookworm72 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit bookworm72 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.07.2022

Großartiger Roman mit Suchtpotenzial!

Der Papierpalast
0

Seit ihrer Kindheit verbringt Eleanor Bishop jeden Sommer in Back Woods auf Cape Cod, wo ihre Familie ein Ferienquartier besitzt. Sie liebt den „Papierpalast“, wie die Unterkunft wegen der billigen Auskleidung ...

Seit ihrer Kindheit verbringt Eleanor Bishop jeden Sommer in Back Woods auf Cape Cod, wo ihre Familie ein Ferienquartier besitzt. Sie liebt den „Papierpalast“, wie die Unterkunft wegen der billigen Auskleidung der Innenräume scherzhaft bezeichnet wird, den See und den Wald. Es ist ihr magischer Ort, wo sie als Heranwachsende Abenteuer, Spaß, Freude aber auch Schmerz erlebte. Hier hat sie sich zum ersten Mal verliebt. Leider wurde diese Liebe von einem schlimmen Unglück überschattet, das sie und den etwas jüngeren Jonas zu zwei Königskindern machte, die nicht zusammen kommen können. Inzwischen ist Elle 50, eine gestandene Mutter von drei Kindern und scheinbar glücklich verheiratet. Doch dann kommt der Sommerabend, an dem sie in Back Woods Jonas wiedersieht und ihre jahrelang unterdrückten Gefühle für ihn nicht mehr im Zaun halten kann...

Schon länger hat mich kein Roman so mitgerissen und bewegt wie „Der Papierpalast“. Mit seiner Intensität zog er mich von der ersten Seite an in seinen Bann, ich spürte förmlich Sonne, Seeluft und Wasser an meiner Haut... Mehr noch: Ich wurde zwischendurch in die Sommer meiner eigenen Kindheit zurückversetzt, an einen Ort übrigens, der Back Woods nicht ganz unähnlich war und konnte in meinen eigenen, bittersüßen Erinnerungen schwelgen...

Elles Geschichte und die Geschichte ihrer Familie ist keinesfalls eine endlose Sommeridylle, sie hat es in sich. Die Autorin erzählt sie in zahlreichen Rückblenden, verbindet geschickt die Vergangenheit mit der Gegenwart und lässt keinen Augenblick lang Langeweile aufkommen. Fesselnd und mit schonungsloser Offenheit lässt sie Eleanor selbst von prägenden Ereignissen aus ihrem Leben berichten. Besonders zum Ausdruck kommt ihre innere Zerrissenheit und der in ihr tobende Kampf, den sie vor ihrer Umgebung geschickt zu verbergen vermag. Ich konnte mich sehr gut in die Lage der Protagonistin hineinversetzen, litt und fieberte mit... Und am Ende war ich einfach nur fassungslos. Miranda Cowley ist wahrhaftig eine begnadete Erzählerin und ich werde in Zukunft mit Sicherheit Ausschau nach weiteren Romanen aus ihrer Feder halten.

Last but not least muss ich noch das Cover erwähnen: Es ist nicht nur wunderschön, es passt auch sehr gut zur Geschichte und hat mich schnell in die richtige Stimmung versetzt.

Fazit: Ein wunderbarer Roman mit einer Sogwirkung, der man sich nur schwer entziehen kann, für mich die perfekte Sommerlektüre!

Veröffentlicht am 08.06.2022

Eine fesselnde Familiengeschichte, die unter die Haut geht

Die verlorene Frau
0

Die junge Britin Jessie verlässt kurz nach der Entbindung heimlich das Krankenhaus und verschwindet spurlos mit ihrer neugeborenen Tochter. Da die Kleine lebensbedrohlich krank ist und dringend Medikamente ...

Die junge Britin Jessie verlässt kurz nach der Entbindung heimlich das Krankenhaus und verschwindet spurlos mit ihrer neugeborenen Tochter. Da die Kleine lebensbedrohlich krank ist und dringend Medikamente benötigt, beginnt für die Polizei und Jessies Familie ein Wettlauf gegen die Zeit. Eine der Personen, denen das Schicksal der jungen Frau besonders am Herzen liegt ist Iris, ihre Halbschwester. Rebecca, die Mutter der Beiden, bittet sie um Hilfe und Iris tut alles, um Jessie zu finden. Dabei stößt sie auf lange gehütete Familiengeheimnisse und erfährt erschütternde Fakten aus dem Leben ihrer Mutter und Großmutter....

Ich bin zufällig auf den Roman gestoßen, kannte die Autorin nicht und habe offengestanden einen Nullachtfünfzehn-Krimi erwartet. Die Lektüre hat mich eines Besseren gelehrt. Die Autorin Emily Gunnis erzählt eine spannende und sehr bewegende Geschichte, die drei Generationen umspannt. In ihrem Mittelpunkt stehen mehrere starke Frauen, deren Schicksale durch dramatische Ereignisse aus der Vergangenheit beeinflusst und miteinander verknüpft wurden. Es sind interessante, lebendige Figuren, die man ins Herz schließt. Dank dem häufigen Perspektivenwechsel und der Einfühlsamkeit, mit der Emily Gunnis ihre Charaktere entwirft und deren Erlebnisse schildert, bekommen wir tiefe Einblicke in die Gefühlswelt der Protagonistinnen und können uns besser in sie hineinversetzen. Mich persönlich hat die Geschichte von den ersten Seiten an gefesselt und auch sehr berührt, ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen.

Fazit: Gut geschrieben, spannend und sehr emotional, ohne jegliche Effekthascherei. Definitiv kein Durschnittskrimi, sondern eine packende Familiengeschichte, bei der man mitfiebern und -fühlen kann, von mir eine klare Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 18.05.2022

Eine wunderbare Liebeserklärung an die Welt der Bücher

Papyrus
0

Das Buch gehört zweifelsohne zu den bedeutendsten Erfindungen in der Geschichte der Menschheit. Weder die vergehende Zeit mit allen Kriegen und Katastrophen noch die vielfältigen Veränderungen innerhalb ...

Das Buch gehört zweifelsohne zu den bedeutendsten Erfindungen in der Geschichte der Menschheit. Weder die vergehende Zeit mit allen Kriegen und Katastrophen noch die vielfältigen Veränderungen innerhalb unserer Gesellschaft konnten verhindern, dass Bücher nach und nach die Welt eroberten. Auch heute noch, in unserer hochmodernen, von technologischen Innovationen geprägten Kultur, nehmen sie weiterhin einen festen Platz ein und üben ihre Faszination auf zahlreiche Menschen aus. Für manche von uns werden sie zur Leidenschaft, die – meist in der frühen Kindheit entfacht – ein Leben lang anhält. Zu dieser Gruppe gehört definitiv Irene Vallejo, die Autorin dieses Buches.

In „Papyrus“nimmt uns die gebürtige Spanierin mit auf eine geradezu magische Reise zu den Ursprüngen des Buches und erzählt seine bewegende Geschichte. Es ist eine Geschichte voller Rätsel und Abenteuer. Die Autorin schildert sie keineswegs chronologisch, sondern verbindet immer wieder Ereignisse und Werke aus der fernen Vergangenheit mit der Gegenwart. So lässt sie zum Beispiel vor unseren Augen ein so faszinierendes Bild entstehen wie das der sagenumwobenen Bibliothek von Alexandria, um nur wenige Seiten später von unterirdischen, labyrinthartigen Lagerräumen für Bücher zu berichten, die man notgedrungen in heutigem Oxford errichten musste. Ich könnte mir vorstellen, dass diese häufigen räumlichen und zeitlichen Sprünge so manchen Leser etwas verwirren könnten. Hinzu kommt der beträchtliche Umfang des Buches (nahezu 700 Seiten das Quellenverzeichnis nicht mitgerechnet). Wer sich aber davon nicht abschrecken lässt, darf sich bei „Papyrus“ auf eine wahre Schatztruhe mit unzähligen Informationen und Anekdoten zum Thema Buch freuen, die Irene Vallejo mitnichten als trockene Fakten serviert. Ganz im Gegenteil: Sie schreibt so spannend und unterhaltsam, dass man zwischendurch vergisst, dass man kein Abenteuerroman, sondern ein Sachbuch in den Händen hält. Wer ein Bücherfan wie ich ist, entdeckt ganz sicher in der Autorin eine verwandte Seele, denn ihre große Liebe zur Literatur spricht aus jeder Seite dieses Werkes. Besonders die Liebhaber der Antike werden bei „Papyrus“ auf ihre Kosten kommen. Diese Epoche ist Irene Vallejos große Leidenschaft, was man bei der Lektüre kaum übersehen kann. Immer wieder entführt sie uns in die Welt der alten Griechen und Römer. Mal dürfen wir Alexander den Großen bei seinen Eroberungen begleiten, mal begegnen wir großen Philosophen wie Sokrates und Platon und bekommen einen kleinen Eindruck von der goldenen Zeit Griechenlands. Die Schauplätze wechseln stets und mit jedem Wechsel erscheinen uns andere, oft sehr interessante historische Gestalten... Ich habe diese abenteuerliche Reise sehr genossen!

Fazit: „Papyrus“ ist eine großartige Lektüre für alle, die Bücher lieben und mehr über ihre Geschichte erfahren wollen. Von mir eine klare Leseempfehlung!


  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 29.04.2022

Wunderbare Lektüre

Der Welt den Rücken
0

Der schmale, im Rowohlt Taschenbuch Verlag erschienene Band enthält sieben Geschichten, von denen jede einzelne lesenswert und meines Erachtens ein kleines Meisterstück ist. Elke Heidenreich ist mit dem ...

Der schmale, im Rowohlt Taschenbuch Verlag erschienene Band enthält sieben Geschichten, von denen jede einzelne lesenswert und meines Erachtens ein kleines Meisterstück ist. Elke Heidenreich ist mit dem Talent gesegnet, in wenigen Sätzen und ohne überflüssige Schnörkel unendlich viele Gefühle zu Papier zu bringen. Das Ergebnis sind Geschichten, die wie das Leben selbst sind: mal heiter, mal ernst, meistens beides zugleich, zum Lachen und zum Weinen - einfach wunderschön! Im Mittelpunkt steht meist die Liebe und zwar in ihren verschiedenen Facetten. Es ist etwa von langjährigen Beziehungen die Rede, die eines Tages zu Ende gehen oder von schwierigen Beziehungen zwischen Töchtern und Müttern. Und natürlich auch von einer neuen Liebe, die einen beflügelt und zum Strahlen bringt... Die uns staunen und alles andere um uns vergessen lässt, so dass wir tatsächlich zumindest für kurze Momente der Welt den Rücken kehren...

Für mich war die Lektüre dieses Buches ein wahrer Genuss, von daher: fünf Sterne und eine absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 25.04.2022

Warmherziger und witziger Kinderroman mit Tiefgang

Auf dem Gipfel wachsen Chinanudeln
0

Der 11-jährige Elmo lebt mit seiner Mutter und der älteren Schwester Nelly im Berliner Stadtbezirk Neukölln. Vor kurzem wurde Elmos Leben von einer unfassbaren Tragödie überschattet: Eine fehlerhaft funktionierende ...

Der 11-jährige Elmo lebt mit seiner Mutter und der älteren Schwester Nelly im Berliner Stadtbezirk Neukölln. Vor kurzem wurde Elmos Leben von einer unfassbaren Tragödie überschattet: Eine fehlerhaft funktionierende Ampel trug dazu bei, dass sein geliebter Bruder Berthold beim Überqueren der Straße tödlich verunglückte. Elmo zieht sich in seiner Trauer zurück und verlässt nicht mehr das Haus. Doch eines Tages steht im Innenhof ein fremder Hund, der im Sturm Elmos Herz erobert. Die beiden werden dicke Freunde. Elmo, der ein passionierter Hobby-Detektiv ist, beschließt, den Hundebesitzer ausfindig zu machen und wagt sich wieder auf die Straße, ohne zu ahnen, dass er schon bald seinen ersten Fall in Auftrag bekommt...

Das Autorenduo Sebastian Kiefer und Benjamin Tienti hat einen einen Kinderroman geschrieben, der mich persönlich positiv überrascht hat. Zwar fand ich die Handlung etwas verwirrend und vermisste am Ende eine klare Auflösung, trotzdem machte mir die Lektüre viel Spaß. Das lag zum großen Teil an Elmo, der ein lebendiger und äußerst liebenswürdiger Charakter ist, man muss ihn einfach gern haben! Aber auch die anderen Romanfiguren, wie etwa die patente Wurstverkäuferin Hertha oder die megacoole Tuna wachsen einem ans Herz und bleiben im Gedächtnis. Es sind originelle, sogar skurrile Gestalten, die dem Leser begegnen, so bunt und facettenreich wie das Leben selbst. Was mir ebenfalls gut gefällt, ist der Schreibstil: locker und witzig, ich musste häufig schmunzeln. Der besondere Wert des Romans liegt aber meines Erachtens in der Wahl der Themen. Elmos Welt ist keine heile Welt, in der es nur lustig und friedlich zugeht. Die Autoren schrecken nicht davor zurück, über so schwierige Probleme zu schreiben wie der Verlust eines Angehörigen, die Trauerbewältigung oder die körperliche Behinderung bei Kindern. Ein weiteres wichtiges Thema ist das Leben in einer Familie, die alles andere als intakt ist und wie Kinder es wahrnehmen. Die Autoren nähern sich diesen Problemen sehr einfühlsam, mit Respekt und viel Verständnis. Man merkt, dass diese ihnen nicht fremd sind und so wunderte es mich nicht zu erfahren, dass Benjamin Tienti als Schulsozialarbeiter tätig war.

Zum Schluss möchte ich noch die gelungene graphische Gestaltung des Buches erwähnen. Das tolle Cover und lustige Innenillustrationen von Stephan Pricken machen gute Laune und sind eine schöne Ergänzung zum Roman.

Fazit: Witzig und unterhaltsam, aber auch tiefgründig – das Lesen lohnt sich! Aus meiner Sicht allerdings erst ab ca. 10-11 Jahren geeignet.