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Veröffentlicht am 22.01.2020

Gottes Werk und Teufels Beitrag

Unter den hundertjährigen Linden
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Violette Toussaint ist mit Leib und Seele Friedhofsgärtnerin. Allerdings nicht, weil sie den Umgang mit lebenden Menschen scheut. Ganz im Gegenteil. Für die Trauernden und Friedhofsbesucher ist sie oft ...

Violette Toussaint ist mit Leib und Seele Friedhofsgärtnerin. Allerdings nicht, weil sie den Umgang mit lebenden Menschen scheut. Ganz im Gegenteil. Für die Trauernden und Friedhofsbesucher ist sie oft eine Vertraute, der man Geschichten der Verstorbenen erzählt. Was kaum jemand weiß: Auch Violette ist eine Trauernde. Als Julien Seul auftaucht, um die Asche seiner Mutter neben deren, ihm unbekannten, Liebhaber beisetzen zu lassen, verweben sich die Geschichten.

Für einige ist sie nur die Frau, die auf dem Friedhof wohnt, bei der man Blumen kaufen kann und und die die Hunde und Katzen ihrer verstorbenen Besitzer füttert. Viele Friedhofsbesucher sind in ihrer Trauer überfordert damit, sich Gedanken über Violette Toussaint zu machen. Dabei hat die Friedhofswärterin eine sehr bewegte Lebensgeschichte, die Valérie Perrin immer wieder in Rückblenden und Erinnerungen ihrer Protagonistin aufgreift. Über allem steht dabei die Frage, was genau in der Nacht passiert ist, als Violettes Tochter offenbar in den Flammen in einem Ferienheim starb. Auf der anderen Seite gibt es das Tagebuch der Verstorbenen Irène Fayolle, dass ihr Sohn Julien Violette zu lesen gibt und das Zeugnis einer großen Liebe ist.

Violettes Lieblingsbuch „Gottes Werk und Teufels Beitrag“ passt rückblickend perfekt zur Handlung und zu Violettes Leben. Die Figuren in der Geschichte sind lange nicht perfekt und auf gewisse Weise alle eine Mischung aus Gut und Böse. Aber genau das zeichnet sie aus. Valérie Perrin erzählt einfühlsam und berührend davon, wie die Geschichten der Menschen auch nach ihrem Tod noch in den Lebenden nachwirken. Oft offenbart sich erst dann das ganze Bild eines Menschen mit all seinen Geheimnissen, die vielleicht nicht immer schön sind, aber jeden Einzelnen auszeichnen.

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Veröffentlicht am 17.12.2019

Wer ist Gott?

Die Spiegelreisende 3 - Das Gedächtnis von Babel
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Drei Jahre ist es her, dass Thorn plötzlich verschwunden ist und Ophelia auf ihre Heimatarche Anima zurückkehren musste. Allerdings lässt ihr die Frage, wer Gott ist, keine Ruhe und so macht sie sich unter ...

Drei Jahre ist es her, dass Thorn plötzlich verschwunden ist und Ophelia auf ihre Heimatarche Anima zurückkehren musste. Allerdings lässt ihr die Frage, wer Gott ist, keine Ruhe und so macht sie sich unter falschem Namen auf zur Arche Babel. Dort wird zwar jede Menge Wissen gesammelt, allerdings hat die Arche auch ziemlich strikte Vorschriften, mit denen Ophelia sich anfangs schwertut, es aber dennoch schafft, als Schülerin am Konservatorium der Guten Familie aufgenommen zu werden. Allerdings merkt sie schon bald, dass die Regeln auf der Arche Babel weniger dem allgemeinen Zusammenleben, als den Interessen Einzelner dienen und dass das Leben dort gar nicht ungefährlich ist. Vor allem nicht, als sie drauf und dran ist, die letzte Wahrheit herauszufinden.

Ophelia hat ein untrügliches Talent dafür, mit Anlauf in Schwierigkeiten hineinzuspringen. Während sie sich im ersten Band am Pol und im zweiten bei Hofe beweisen musste, schlägt sie diesmal einen akademischen Weg ein. Auch in „Das Gedächtnis von Babel“ lässt Christelle Dabos es nicht langweilig werden und stellt ihre Protagonistin vor einige Schwierigkeiten und Herausforderungen. Die Bedingungen unter denen Ophelia einerseits versucht Thorn zu finden, andererseits aber auch versucht herauszufinden, wer Gott ist, sind alles andere als menschenfreundlich. Allerdings zeigt sich hierbei auch der eiserne Willen Ophelias, ihr Ziel zu erreichen. Denn anders würde sie vermutlich an den Schikanen ihrer Mitschüler verzweifeln. Genau darin liegt aber auch der Reiz der Handlung. Ophelia ist eine absolute Sympathieträgerin, der man in jedem Kapitel aufs Neue wünscht, dass das Erreichen ihres Ziels unbeschadet – und in diesem Fall lebend – übersteht.

Dass Ophelia so eine Sympathieträgerin ist, liegt nicht nur daran, dass sie eine sympathische Person ist, sondern auch die Tatsache, dass die Geschichte aus Ophelias Sicht erzählt wird, trägt dazu bei. Insofern ist man immer bei Ophelia, auch was handlungsrelevante Informationen anbelangt. Zwar macht man sich als Leser eigene Gedanken, ist der Protagonistin aber nie voraus. Christelle Dabos empathischer aber unaufgeregter Erzählstil bringt einem die Charaktere nahe und lässt die Leser in die erzählte Welt eintauchen. Hinzu kommen weitere Figuren, die ebenso wie Ophelia vielschichtig angelegt sind und deren Motive teilweise nicht immer ganz ersichtlich sind, was der Handlung zusätzlich Dynamik verleiht.

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Veröffentlicht am 08.12.2019

Mit Fuchsohren und Spürnase

Schatten der Ewigkeit - Zwillingsblut
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Mit einem Alias ist in der Regel ein Deckname oder Pseudonym gemeint. Allerdings kann ein Alias auch eine Gott, Geist oder Fabelwesen sein, der, die oder das eine andere Identität angenommen hat und nun ...

Mit einem Alias ist in der Regel ein Deckname oder Pseudonym gemeint. Allerdings kann ein Alias auch eine Gott, Geist oder Fabelwesen sein, der, die oder das eine andere Identität angenommen hat und nun unter den Menschen lebt. Kit beispielsweise ist eine Gestaltwandlerin und damit eine Alias. Die junge Frau arbeitet bei einer Einheit mit polizeiähnlichen Strukturen, die Sterbliche, also Menschen, vor abtrünnigen Alias schützen soll. Als bei einem Einsatz jedoch ihr Partner ums Leben kommt, wird Kit nach Edinburgh versetzt, wo sie schon bald mit ihrem neuen menschlichen Partner Keagan damit beschäftigt ist, einen rätselhaften Mord aufzuklären. Einer ihrer Vorgesetzten glaubt allerdings, dass Kit mehr über den Tod ihres vorherigen Partners weiß, als sie bisher zugegeben hat.

Kit Sune ist eine Gestaltwandlerin, die sich in einen Fuchs verwandeln kann und ja, sie heißt wirklich so. Wobei sich Autorin Carolin Wahl bei der Namensgebung gekonnt selbst auf die Schippe nimmt und Kits Namen durch ihre Charaktere kommentiert. Aber auch sonst sind Kit und ihre Kollegen Lelja und Keagan nur selten um einen Spruch verlegen. Neben dem passenden Humor der Figuren hat „Schatten der Ewigkeit – Zwillingsblut“ aber auch eine spannende Handlung, die am Ende doch noch eine etwas andere Wendung nimmt, als man zwischendurch denken mag.

Carolin Wahl erschafft eine Welt aus Geistern, Götter und Wesen unterschiedlicher Kulturen und Herkunft, die sich in ihren jeweiligen Sagen und Mythen nie begegnet wären, hier aber wunderbar miteinander funktionieren. Oder eben nicht funktionieren, denn nicht alle sind sich wohlgesonnen. Das hat aber nicht immer etwas damit zu tun, dass sie einen unterschiedlichen Ursprung haben, sondern liegt meistens eher daran, dass sie bereits in ihren gemeinsamen Mythen und Sagen als Feinde dargestellt werden. Hinzu kommt ein übernatürlicher Kriminalfall, der natürlich auch auf übernatürlich Art und Weise gelöst werden will.

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Veröffentlicht am 08.12.2019

Erst hatte sie kein Glück und dann kam auch noch Pech dazu

Das wandelnde Schloss
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Normalerweise ist ja eher die Zahl sieben diejenige, die den Helden Glück oder Unglück bringt, in Ingari ist es allerdings die Zahl eins. Als Erstgeborene von drei Töchtern ist Sophie dazu verdammt, auf ...

Normalerweise ist ja eher die Zahl sieben diejenige, die den Helden Glück oder Unglück bringt, in Ingari ist es allerdings die Zahl eins. Als Erstgeborene von drei Töchtern ist Sophie dazu verdammt, auf ganzer Linie zu versagen, falls sie jemals ausziehen sollte, um ihr Glück zu suchen. Blöd nur, sie sogar scheitert, als sie sich gegen die Suche nach ihrem Glück entscheidet. Vom Fluch einer Hexe getroffen beschließt sie, ihr zu Hause zu verlassen, um nicht auch noch ihrer Stiefmutter Unglück zu bringen. Bald trifft sie auf ihrem Weg das wandelnde Schloss des Zauberers Howl oder vielleicht trifft das Schloss auch auf sie. Wer weiß das schon so genau? Howl könnte Sophie von ihrem Fluch erlösen, allerdings verhindert der Zauber, dass sie irgendwem davon erzählen kann. Und so wird sie erst einmal Hausdame im wandelnden Schloss und muss sich zusätzlich mit Feuerdämonen und ziemlich lebendigen Vogelscheuchen herumschlagen.

Diana Wynne Jones hat eine wunderbare Art ihre Leser in phantastische Welten zu entführen. Dabei braucht sie kein Gut und Böse, um ihre Geschichte zu entfalten. Alle Charaktere, die in „Das wandelnde Schloss“ als Gegner der Protagonistin erscheinen, entpuppen sich früher oder später als missverstanden und hatten im Prinzip nie boshafte Absichten. Dadurch wird die Erzählung auf subtile Art moralisch und bekommt etwas märchen- bzw. fabelhaftes. Sophies Stiefmutter wirkt geizig, weil Sophie dies in die Art und Weise, wie sie mit Geld umgeht, hineininterpretiert. Die Vogelscheuche erscheint Sophie als bedrohlich, weil sie deren Gestalt fürchtet. Letztendlich entsteht die Bedrohlichkeit lediglich aus Zuschreibungen, nie aus echten Absichten.

Neben der phantastischen Welt besticht Diana Wynne Jones Geschichte durch ihre sympathisch-verschrobenen Figuren. Jeder Charakter hat eine entweder eine äußerliche oder Wesensmacke, die ihn entweder gerade dadurch oder durch den Umgang damit sympathisch macht. Howl beispielsweise wirkt oft kurz angebunden bis geradezu unfreundlich, ist aber manchmal etwas unbeholfen und insgeheim doch dankbar für Sophies Unterstützung. Und auch Sophie macht sich ihren Fluch zunutze und wird dadurch, dass sie an ihr Schicksal als Pechvogel glaubt und dies annimmt, zur Antiheldin und Sympathieträgerin der Handlung. „Das wandelnde Schloss“ ist eine etwas andere Geschichte, die dafür aber auch typisch für Diana Wynne Jones ist.

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Veröffentlicht am 27.11.2019

Feuer, Wasser, Licht

Die Grisha-Trilogie
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Alina Starkov ist ein Waisenkind aus Keramzin in Ravka. Nie hätte sie gedacht, dass an ihr irgendetwas besonderes ist. Bis sie und ihr Kindheitsfreund Mal in Lebensgefahr geraten, Alina in ihrer Angst ...

Alina Starkov ist ein Waisenkind aus Keramzin in Ravka. Nie hätte sie gedacht, dass an ihr irgendetwas besonderes ist. Bis sie und ihr Kindheitsfreund Mal in Lebensgefahr geraten, Alina in ihrer Angst unbeabsichtigt ihre Grisha-Magie entdeckt und damit ihr und Mals Leben rettet. Ihre Fähigkeit Licht zu rufen und zu kontrollieren macht sie zur Sonnenkriegerin und damit einzigartig. Von da an ist nichts mehr, wie es mal war. Der Dunkle, das Oberhaupt aller Grisha, erkennt in ihr seinen Gegenpart und setzt alles daran um Alinas Licht gegenüber seinen Schatten zu stärken. Allerdings sind nicht alle von Alinas Grisha-Magie begeistert und auch Alina zweifelt, ob sie ihre Kraft für das Richtige einsetzt. Währenddessen sucht sie aber trotzdem weiter nach den drei Kräftemehrern Hirsch, Seeschlange und Feuervogel.

In der Grisha-Trilogie, die aus den drei Bänden „Goldene Flammen“, „Eisige Wellen“ und „Lodernde Schwingen“ besteht, erzählt Leigh Bardugo auf fesselnde Art und Weise eine Geschichte von Macht, Gier, Magie und Freundschaft. Die Dynamik der Handlung ergibt sich vor allem aus den Interaktionen und Beziehungen der Charaktere untereinander. Der Fokus liegt dabei auf den drei Protagonisten Alina, Mal und dem Dunklen, deren Spannungen die Ereignisse nicht immer nur voranbringen, sondern auch manchmal wieder zwei Schritte zurückwerfen. Hinzu kommen weitere Grisha, die sich zwar der einen oder anderen Seite anschließen, aber ebenfalls eigene Interessen verfolgen und die Geschichte komplex aber nicht unverständlich machen.

Die Welt der Grisha ist vielschichtig, allerdings gelingt es der Autorin mühelos, die Leser in diese Welt hineinzuziehen. Die Charaktere sind niemals eindimensional, sondern verfolgen alle eigenständige Motive. Dabei sind sie mitunter arrogant, illoyal, machtgierig und selbstsüchtig und bei Weitem nicht immer sympathisch. Trotzdem liest man weiter, gerade weil die Figuren Ecken und Kanten haben und auch, weil man wissen will, welche Konsequenzen ihr Handeln hat. Denn sowohl Verfehlungen als auch gute Taten bleiben in Leigh Bardugos Welt nur selten ohne Folgen.