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Veröffentlicht am 19.10.2018

Es war einmal in einem fremden Land

Die Sprache der Dornen
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Sechs Geschichten aus der Welt der Grisha. Aus Semeni, Rawka, Kerch und Fjerda. Düstere Geschichten über Enttäuschungen und Heimtücke, aber auch fröhlichere über Freundschaften und Vertrauen kommen hier ...

Sechs Geschichten aus der Welt der Grisha. Aus Semeni, Rawka, Kerch und Fjerda. Düstere Geschichten über Enttäuschungen und Heimtücke, aber auch fröhlichere über Freundschaften und Vertrauen kommen hier zusammen. Hoffnung, Liebe, Sehnsucht, Magie und Freundschaft funktionieren als zentrale Motive. Dabei sind die Protagonisten mal Menschen, mal Tiere und mal fantastische Wesen.

Mit „Die Sprache der Dornen“ erschafft Leigh Bardugo für ihre Welt der Grisha zusätzlich eine Märchentradition. Die Geschichten sind dabei nach Regionen geordnet und orientieren sich inhaltlich an der Geographie und den Gegebenheiten ihrer Herkunftsregion. So handelt das Märchen aus Kerch natürlich von einer Kaufmannsfamilie, während das Märchen aus Rawka während eines langen Winters spielt. Dabei werden in den Geschichten durchaus Motive aus den Märchen der Brüder Grimm, „Der kleinen Meerjungfrau“ von Hans Christian Andersen oder auch aus Tierfabeln, wie etwa von La Fontaine oder Aesop, aufgegriffen. So ergeben sich durchaus Parallelen und Ähnlichkeiten, ohne, dass die Motive wiederholend wirken.

Hinzu kommen außerdem zahlreiche Illustrationen von Sarah Kippin, die Seite für Seite mit der Geschichte wachsen oder sich verändern. Teilweise spiegeln die Illustrationen so auch den Inhalt der Geschichte wieder und erzählen so als eine Art Daumenkino selbst. „Die Sprache der Dornen“ lässt sich sowohl ergänzend als auch unabhängig zur Grisha-Trilogie und der „Glory or Grave“-Reihe lesen. Wer die genannten Buchreihen bereits kennt, der wird feststellen, dass durch die Märchen die, von Leigh Bardugo erschaffene, Welt ein Stück Kulturgeschichte erhält. Unabhängig gelesen, sind die sechs Geschichten sechs wunderschön erzählte Kunstmärchen.

Veröffentlicht am 09.10.2018

Im Zeichen der Drei

Drachenkralle 2: Das Feuer der Macht
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Simon, Maya und ihre Freunde sind auf dem Rückweg in ihr Heimatdorf. Mit den beiden übermütigen Jungdrachen Mary und Juri gestaltet sich die Reise aber manchmal gar nicht so einfach. Als Mary einem fremden ...

Simon, Maya und ihre Freunde sind auf dem Rückweg in ihr Heimatdorf. Mit den beiden übermütigen Jungdrachen Mary und Juri gestaltet sich die Reise aber manchmal gar nicht so einfach. Als Mary einem fremden Mädchen das Leben rettet, erfahren die Freunde durch eine Prophezeiung von einer neuen Gefahr. Entschlossen, diese abzuwenden, wird die Heimreise erst ein Mal aufgeschoben. Um sich dem Bösen entgegenzustellen, müssen sich die Freunde aber erst einmal trennen.

Mit Alana taucht ein neuer Charakter auf, der sich jedoch nahtlos in die bereits bestehende Gruppe einfügt. Die Figuren aus dem ersten Band werden als bekannt vorausgesetzt, wodurch Alana deutlich in den Mittelpunkt gerückt wird. Da sie die Freunde allerdings erst kennenlernen muss, können hier auch noch Leser, die den ersten Teil nicht gelesen haben, in die Geschichte einsteigen. Viel Zeit, um sich in der neuen Gruppe zurechtzufinden, hat Alana allerdings nicht, da der Schwerpunkt des Buches auf der Entschlüsselung der Prophezeiung und der dadurch bedingten Reise liegt.

Die Handlung von „Drachenkralle – Das Feuer der Macht“ gliedert sich in drei Erzählstränge, zwischen denen gewechselt wird. Dadurch entsteht für den Leser ein umfassendes Bild von der Gesamthandlung. Im Laufe der Geschichte gibt es immer wieder unerwartete Wendungen, aber auch Ereignisse, die sich als Anspielungen deuten lassen können. Hinzu kommen jugendliche Helden, die mitunter impulsiv handeln und verwundbar sind, wodurch die Erzählung eine gewisse Unberechenbarkeit bekommt. Wie bereits der erste Band richtet sich auch „Drachenkralle – Das Feuer der Macht“ primär an Jugendliche und junge Erwachsene.

Veröffentlicht am 03.10.2018

Hinter dem Tresen

Der Mitternachtsladen
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Eigentlich war Lina nur auf dem Weg nach Hause, als ihr an der Straße im Wald ein Laden auffällt. Als der Besitzer des Ladens sie einstellt, ist sie erst mal dankbar für den Job. Dabei müssten die Arbeitszeiten ...

Eigentlich war Lina nur auf dem Weg nach Hause, als ihr an der Straße im Wald ein Laden auffällt. Als der Besitzer des Ladens sie einstellt, ist sie erst mal dankbar für den Job. Dabei müssten die Arbeitszeiten von Sonnenuntergang bis Mitternacht sie eigentlich stutzig machen. Auch ihre Kollegin Mara benimmt sich ein wenig seltsam. Je länger Lina im Mitternachtsladen arbeitet, desto näher scheint sie dem Geheimnis zu kommen. Als sie Brendan, den Sohn des Ladenbesitzers, kennenlernt, offenbart sich ihr eine völlig neue Welt.

Tanja Karmann lässt sich während des Erzählens nur bedingt in die Karten schauen. Das ist insofern positiv für die Geschichte, da man lange gar nicht weiß, was es denn nun mit dem Mitternachtsladen auf sich hat. Auch Brendan und seine Freunde lassen sich dadurch nicht so leicht einordnen. Darüber hinaus hat jedes Detail seinen Platz innerhalb der Geschichte, irrelevante Erwähnungen und Bemerkungen am Rande sucht man vergeblich. Die verdichtete Erzählung fordert wiederum Aufmerksamkeit vom Leser, allerdings macht es einem die Autorin mit ihrem einladenen Schreibstil leicht in den Text einzutauchen. Die Bezüge zum gälischen und der irischen, schottischen und angelsächsischen Feenmythologie fügen sich nicht nur problemlos in die Geschichte ein, sondern ergeben sich auch logisch aus dem Aufbau der erzählten Welt.

Da Lina sich mit den neuen Gegebenheiten erst nach und nach vertraut machen muss, lernt man auch als Leser die Hintergründe Stück für Stück kennen. Das erleichtert es einem, sich in der erzählten Welt zurechtzufinden. Linas jugendliches Alter und die im Text angesprochenen Themen machen „Der Mitternachtsladen - Verbundene Welten“ vor allem für Jugendliche und junge Erwachsene attraktiv. Allerdings spricht das Buch darüber hinaus eigentlich alle Fans von gutgeschriebener Fantasy an.

Veröffentlicht am 19.09.2018

„Was man festhält, verliert man, was man verschenkt, behält man.“ - Die Verschiebung der Perspektive

Georgien. Eine literarische Reise
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Ich war in Georgien. Ich bin in Tuschetien und Kachetien auf Berge gestiegen, habe das Stalin Museum in Gori besichtigt und bin über schlechte Straßen Adschariens gefahren. Ich bin durch die Altstadt von ...

Ich war in Georgien. Ich bin in Tuschetien und Kachetien auf Berge gestiegen, habe das Stalin Museum in Gori besichtigt und bin über schlechte Straßen Adschariens gefahren. Ich bin durch die Altstadt von Tblissi und durch die Dörfer Swanetiens geschlendert und habe schließlich den Kasbek vor mir aufragen sehen.

Nun, leider habe ich das alles nicht wirklich erlebt. Die berühmte Reise mit dem Finger auf der Landkarte war diesmal eher eine Reise mit den Gedanken zwischen den Seiten. Und um ehrlich zu sein, bin ich auch nur mitgereist. Eingeladen durch die Textsammlung „Georgien. Eine literarische Reise“ folgt man sechs Autorentandems quer durch Georgien und erfährt dabei so einiges über das Land, die Menschen und die Kultur. Initiiert wurden die Autorenreisen durch das Georgian National Book Center, Unterstützung kam durch das Goethe-Institut Georgien. Sechs deutsche und sechs georgische Autoren haben sich dann jeweils paarweise in eine Region Georgiens begeben. Dabei liegt der Fokus immer darauf, was der fremde und was der eigene Blick sieht. So unterschiedlich wie die Autoren sind auch ihre Erlebnisse und Texte.

Reiseberichte, Kurzgeschichten und Gedichte erzählen von einem Land mit einer bewegten Vergangenheit, die die heute dort lebenden Menschen immer noch prägt. Bereits der erste Text von Lucy Fricke macht deutlich, dass die Kultur nach wie vor stark von der Vergangenheit beeinflusst ist. Innerhalb der Texte wird aber auch die Rolle der Literatur in der Kultur hervorgehoben. Das als Titel verwendete Zitat des georgischen Schriftstellers Schota Rustaweli ist dem Buch vorangestellt und gibt treffend wieder, worum es eigentlich geht. Hält man an der eigenen Perspektive fest, dann entgeht einem das, was der Blick von außen wahrnimmt. Wenn man sich aber öffnet und die fremde Perspektive zulässt, dann gewinnt man einen neuen Blick auf etwas Bekanntes und manchmal wird das Altvertraute so zu etwas Neuem.

„Georgien. Eine literarische Reise“ nimmt den Leser mit auf eine Entdeckungsreise durch ein widersprüchliches aber, den Texten zufolge, auch sehr schönes Land. Die Vielfalt der Texte und die darin literarisch erzählten Erlebnisse sprechen dafür, dass Unterschiede auch immer eine Bereicherung sind. Dadurch, dass die Schriftstellertandems in unterschiedlichen Regionen Georgiens unterwegs waren, macht man während des Lesens einmal eine Rundreise. Dabei ist der Begriff „literarische Reise“ doppeldeutig zu verstehen. Zum einen natürlich, weil man die Reise anhand literarischer Texte unternimmt, zum anderen, weil jede Region ihre eigene literarische Geschichte und ganz eigene Erzählkultur hat, die in den einzelnen Texten auch deutlich wird. Das Buch macht neugierig, Georgien selbst einmal zu bereisen und zu erkunden und wer bereits dort war, wird sicherlich das eine oder andere in den Texten wiedererkennen.

Veröffentlicht am 03.09.2018

Lieber schreckliche Wahrheiten als freundliche Lügen

Das Gold der Krähen
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Kaz, Inej, Nina, Matthias, Jesper und Wylan haben es geschafft. Sie sind nicht nur in das streng gesicherte Eistribunal eingebrochen, sondern haben auch noch ihren Auftrag dort erfüllt und sind lebend ...

Kaz, Inej, Nina, Matthias, Jesper und Wylan haben es geschafft. Sie sind nicht nur in das streng gesicherte Eistribunal eingebrochen, sondern haben auch noch ihren Auftrag dort erfüllt und sind lebend wieder entkommen. Viel Grund zur Freude haben sie aber trotzdem nicht, denn Inej ist bei ihrer Rückkehr nach Ketterdam gefangen genommen worden. Wie sich herausstellt, gehört die Geiselnahme zu einem Plan, um von den Krähen die Droge Jurda Parem zu erpressen. Kaz und seine Bande müssen mit allen Mitteln die Verbreitung des Jurda Parem verhindern. Andernfalls wären die Konsequenzen nicht nur für Grisha fatal.

Kaz Brekker ist einem nicht sympathisch, aber das muss er auch nicht sein. Es reicht völlig, dass er die Fäden in der Hand hält und die Geschicke der sechs Krähen lenkt. Das man sich als Leser trotzdem mit ihm abgibt, liegt daran, dass die Fieslinge einem noch weniger gefallen und das seine Freunde, im Gegensatz zu ihm, echte Sympathieträger sind. Dazu kommt eine spannende und dicht gestrickte Geschichte, die mit der einen oder anderen überraschenden Wendung aufzuwarten weiß. Allerdings wäre die Geschichte ohne Kaz nicht das, was sie ist. Er tut das, was nötig ist und getan werden muss, notfalls eben auch ohne Rücksicht auf Verluste. Das sorgt zwar nicht dafür, dass man ihn mag, macht ihn aber zu einem ehrlichen Charakter, der sich selbst treu bleibt und der dennoch unvorhergesehene Entscheidungen trifft. Bei all dem vergisst man leicht, dass die Charaktere zwischen sechzehn und achtzehn Jahren alt sind und trotzdem an Gerissenheit und Entschlossenheit mehr zu bieten haben, als mancher Erwachsene.

Im Laufe der Geschichte taucht man auch in die Vergangenheit der Krähen ein und erfährt etwas über deren Lebensläufe und wie sie dazu gekommen sind, sich Kaz anzuschließen. Wie schon im ersten Band wechselt auch bei „Das Gold der Krähen“ die Erzählperspektive von Kapitel zu Kapitel. Und genau wie im ersten Teil ist das erste Kapitel durch die Sichtweise eines weitgehend handlungsfremden Charakter gekennzeichnet, dessen Erlebnisse für den weiteren Verlauf der Ereignisse richtungsweisend sind. Durch die wechselnden Perspektiven erweckt Leigh Bardugo den Eindruck, einen umfassenden Überblick über die Handlung zu geben. Wie bei einem guten Taschenspielertrick wird aber immer nur so viel preisgegeben, wie nötig ist, um dem Leser das Gefühl zu geben, sich auf der richtigen Spur zu befinden. Die unvorhersehbare Handlung sorgt für Spannung. Der Charme der Erzählung liegt aber in den facettenreichen Charakteren begründet, die trotz ihres jungen Alters ihre Päckchen zu tragen haben. Richtige Helden sucht man in „Das Gold der Krähen“ vergebens. Dafür findet man Charaktere mit Fehlern, Ecken und Kanten, die ihre Stärke in der Gemeinschaft finden und die Geschichte lesenswert machen.