Nach der Hochzeit der verwitweten Mutter zieht Frederike mit ihr auf ein ostpreußisches Gut zum Stiefvater Erik. Dort verlebt sie mit ihren Halbgeschwistern eine behütete, geordnete aber glückliche Kindheit. Das Landleben, fernab einer größeren Stadt und auch fern vom Rest des Deutschen Reiches, ist geprägt von den jahreszeitlichen Arbeiten, vom Umgang mit den Tieren, dem Versuch einen großen Haushalt zu organisieren und zu finanzieren. Die Kinder werden von einem Hauslehrer unterrichtet, haben wenig Kontakt zu anderen Kindern. Ihre Eltern erziehen sie liebevoll aber streng und haben einen festen Blick auf die Zukunftspläne, die sie mit ihren Kindern verfolgen. Da Frederike keine leibliche Tochter von Erik von Fennhusen ist, wird im Laufe der Jahre immer wichtiger, dass sei eine solide Ausbildung bekommt, um sich so für die Ehe mit einem anderen Gutbesitzer zu qualifizieren. Schon von Kindheit an ist Frederike fasziniert von dem über 10 Jahre älteren Ax. Als sie ins heiratsfähige Alter kommt, möchte die Mutter eine Verbindung zwischen den beiden forcieren.
Wer Ulrike Renk kennt weiß, dass ihre Geschichten von realen Personen handeln und deren Familiengeschichte erzählt wird. Im Zentrum stehen immer junge Frauen die für sich einen Platz im Leben suchen. Dabei hat sie einen ruhigen und unaufgeregten Erzählstil und nimmt sich viel Zeit für die zwischenmenschlichen Beziehungen der Familien. Im „Lied der Störche“ kommt dazu noch ein intensiver Blick auf die unteren Stände, die im Haushalt der Familie dafür sorgen, dass das Gut so reibungslos läuft. Die einfachen „Leute“ und die Gutsbesitzerfamilie bilden eine harmonische Einheit in der jeder seinen Platz kennt.
Frederike, ihre Mutter und ihre Geschwister finden nach kleinen Anlaufschwierigkeiten in Ostpreußen ein Zuhause. Freddy entwickelt sich zu einer klugen Frau, die von Anfang an eine große Empathie für Mensch und Tier hat. Vielleicht fehlt ihr auch deshalb manchmal etwas der gesunde Widerspruchsgeist der Jugend. Und sie tut sich auch schwer mit der Entscheidung, ob der etwas geheimnisvolle spröde Ax der Richtige für sie ist.
Mir hat gefallen, wie nah man der Familie und dem Personal kommt. Es erinnert ein bisschen an ein deutschen Downton Abbey. Allerdings ist es viel idyllischer und entspannter und die Dramen hier im Buch sind verhältnismäßig klein und harmlos und lösen sich zumeist sehr schnell in Wohlgefallen auf. Im Mittelteil fand ich, dass die Geschichte etwas dahin plätscherte. Es wurde sehr viel von den Vorbereitungen diverser Feste berichtet und der Alltag war doch recht ereignislos auf so einem Gut – wenn man mal von der vielen Arbeit absah.
Eine stille, anschaulich erzählte Geschichte, die ganz am Schluss noch eine Überraschung parat hatte und so neugierig macht auf die angekündigte Fortsetzung.