Gender und Identität
Der Tod des Vivek OjiMir fehlen ein wenig die Worte, um sagen zu können, wie faszinierend Akwaeke Emezi die Geschichte von Vivek Oji aufgebaut hat. Vivek Oji ist anders als die Menschen aus seiner Umgebung. In einer klassischen ...
Mir fehlen ein wenig die Worte, um sagen zu können, wie faszinierend Akwaeke Emezi die Geschichte von Vivek Oji aufgebaut hat. Vivek Oji ist anders als die Menschen aus seiner Umgebung. In einer klassischen Geschlechterrollenstruktur der neunziger Jahre wächst Vivek in Nigeria auf. Das Denken über Geschlechter ist klar geregelt: ein Mann ist ein Mann und eine Frau ist eine Frau. In diesem engen Muster findet Vivek sich nicht zu Recht. Seine Identität lässt sich nicht durch die binäre Geschlechterordnung erklären. Mit diesem Hauptthema baut Emezi nach und nach das Leben von Vivek auf. Dabei beschäftigt der Roman sich mit Fragen zur Identität, der Geschlechterzuweisung und den Formen der Liebe.
Akwaeke Emezi ist ebenfalls non-binär. Die Figur Vivek Oji mit all seinen Gefühlen und Gedanken ist glaubwürdig und realistisch beschrieben. Wobei die Lesenden oftmals von anderen Figuren etwas über Vivek erfahren. Gerade da die Geschichte mit seinem Tod beginnt und dadurch der Vorhang über seine wahre Persönlichkeit nach und nach gelüftet wird. Denn Viveks Mutter Kavita wird fast wahnsinnig, als sie ihr totes Kind vor der Tür findet. In der Suche nach der Wahrheit über den Tod und der wirklichen Persönlichkeit von Vivek Oji erfahren wir in mehreren Rückblenden von unterschiedlichen Personen das Leben der Figur. Die Handlung zieht einen sofort in seinen Bann und lässt die 271 Seiten nur so dahinfliegen. Gerade wenn man sich mit Gender, Identität und eingefahrenen Vorstellungen beschäftigt, bietet der Roman viel Inhalt, um sich und seine Gedanken diesbezüglich weiter zu hinterfragen. Wichtig ist hierbei der Denkanstoß, den der Roman von Emezi liefert und nicht per se die Unterhaltung. Wobei auch diese nicht zu kurz kommt, da die Geschichte sich doch manchmal ähnlich wie ein Krimi liest.
„Der Tod des Vivek Oji“ ist sprachlich ganz großartig. Übersetzt wurde er von Anabelle Assaf, die einen wundervollen deutschen Text liefert. Für Personen, die gerne beim Lesen gefordert werden und sich mit den Themen Gender und Identität beschäftigen möchten, macht mit Akwaeke Emezis Roman nichts falsch.