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Veröffentlicht am 23.05.2020

Packende Hommage an einen großen Künstler

Raffael - Das Lächeln der Madonna
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Mit „Raffael – das Lächeln der Madonna“ erwartet den Leser ein packendes und spannendes Portrait eines außergewöhnlichen Renaissance-Künstlers, das 500 Jahre nach dessen Tod ein würdiges Denkmal setzt. ...

Mit „Raffael – das Lächeln der Madonna“ erwartet den Leser ein packendes und spannendes Portrait eines außergewöhnlichen Renaissance-Künstlers, das 500 Jahre nach dessen Tod ein würdiges Denkmal setzt.
Raffael Sanzio (Santi) wächst als Halbwaise in Urbino auf. Schnell wird sein außergewöhnliches malerisches Talent bemerkt und er wird bereits vor seinem 20. Lebensjahr zum Meister. Doch die Zeiten sind hart. Gerade die Renaissance zählt in Italien zu den blutigsten Epochen, in denen die freien und selbstbewussten Stadtstaaten Oberitaliens gegen den machtbewussten Kirchenstaat und den Machtinteressen der Französen erbittert Widerstand leisten. Und so muss auch Raffael früh aus seiner Heimat fliehen. Auf verschiedenen Stationen (Siena, Florenz, Rom) beleuchtet Noah Martin das Leben des Ausnahme-Talents. Raffael begegnet dabei weiteren Größen seiner Zeit: Leonardo da Vinci und Michelangelo Buonarotti. Gerade zu letzterem entspinnt sich ein harter Konkurrenzkampf, als beide in Rom von Papst Julius II beauftragt werden, die Räumlichkeiten des Vatikans und der Sixtinischen Kapelle zu gestalten…
„Raffael“ lässt mich als Leser mit einem zufriedenen Eindruck zurück. Nur selten liest man ein so lebendig geschriebenes und auch packendes biographisches Portrait eines Künstlers, dessen Werke wie die „Schule von Athen“ oder die „Sixtinische Madonna“ man kennt, aber als Laie meist wenig vom Leben des Künstlers weiß. Und so hat es mich persönlich gefreut, dass ich diesen biographischen Roman lesen durfte. Noah Martin entwickelt den Roman über einen Zeitraum von mehr ca. 25 Jahren und nimmt den Leser mit auf eine spannende historische Zeitreise. Ihm gelingt es aus meiner Sicht sehr anschaulich die Renaissance zwischen 1494 bis 1520 lebendig werden zu lassen und sich dabei nicht nur auf Raffael und sein Leben zu fokussieren. So schafft er es auch sehr gut die Machtkämpfe in Rom unter den Päpsten Alexander VI und Julius II und seinen Beratern gekonnt zu inszenieren und spannend zu erzählen, aber auch die militärischen Auseinandersetzungen in diesen unruhigen Zeiten anschaulich darzustellen. Ich bekam als Leser einen sehr lebendigen Eindruck und konnte auch viel besser verstehen, in welchen Zeiten Raffael gelebt hat, die sein Leben nicht zuletzt durch die Flucht aus Urbino entscheidend geprägt hat. Mir gefiel, dass Martin eine fiktive Geschichte mit erfundenen Charakteren gekonnt mit historischen Tatsachen und Persönlichkeiten glaubhaft verknüpfen konnte. Viele Nebencharaktere kommen für mich überzeugend rüber. Besonders der künstlerische Konkurrenzkampf zwischen Raffael und Michelangelo, aber auch die Freundschaft zu Leonardo da Vinci sind mein persönliches Highlight des Romans. Man hat richtig das Gefühl den großen Künstlern über die Schulter zu schauen. Und gerade diese Ambivalenz zwischen den Charakteren macht für mich einen besonderen Teil der Handlung aus. Die Liebesgeschichte zwischen Raffael und der Bäckerstochter Margherita Luti wird tragisch und spannend aufgegriffen. Unter dem Aspekt kann ich Martin die kleinen historischen Ungenauigkeiten dieser Beziehung verzeihen, denn einige der Dinge entsprechen nicht ganz den überlieferten historischen Tatsachen. Letztlich ist es aber gut für die Handlung und die Entwicklung des Charakters Raffael, dessen Muse Margherita war. Und so hat man schon das Gefühl, dass es gerade ihr Lächeln ist, das in einigen Madonna-Darstellungen von Raffael verewigt wurde.
Insgesamt positiv habe ich auch aufgenommen, mit welcher kunstgeschichtlichen Akribie Noah Martin die Geschichte erzählt. Als Leser erhalte ich einen gut fundierten Eindruck, wie damals Fresken entstanden sind und wie das Leben eines Lehrlings in Meisterwerkstätten war. Das allein macht den Roman schon zu einer lesenswerten Geschichte. Der Schreibstil und die sehr lebendige Erzählweise machen es dem Leser zusätzlich sehr einfach, in die Welt der Renaissance – in Raffael’s Lebenswelt - einzutauchen. Man spürt, mit welcher Faszination Noah Martin auf das Leben des Künstlers zurückblickt. Ich persönlich finde, dass dem Autor eine sehr opulente, würdige literarische Hommage für den Renaissance-Künstler gelungen ist, der auch 500 Jahre nach seinem Tod nichts von seiner Faszination verloren zu haben scheint.
Mein Fazit: Opulent erzählte biographische Lebensgeschichte eines faszinierenden Ausnahmekünstlers. Stark bebildert, lebendig und spannend erzählt. Überzeugendes Portrait, das meine klare Leseempfehlung hat.

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Veröffentlicht am 23.05.2020

Abschluss mit wenig Glanz

Glanz der Ferne
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Wenn man Iny Lorentz auf dem Cover liest, erwartet man spannende historische Geschichten mit starken Charakteren vor der Kulisse ereignisreicher Epochen. So auch hier: Glanz der Ferne ist der Abschluss ...

Wenn man Iny Lorentz auf dem Cover liest, erwartet man spannende historische Geschichten mit starken Charakteren vor der Kulisse ereignisreicher Epochen. So auch hier: Glanz der Ferne ist der Abschluss einer dreiteiligen Familiensaga um die Fabrikantenfamilie von Hartung. Leider kenne nicht die beiden ersten Romane, was mich aber bei der Lektüre dieses dritten Teils nicht gestört hat, denn ich konnte gut in die Geschichte starten.
Im Zentrum der Geschichte, die sich über einen Zeitraum von drei Jahren erstreckt, steht eine neue Generation der von Hartungs. Therese von Hartung mittlerweile Matriarchin eines Familienclans schaut besorgt auf die aktuellen Entwicklungen. Ihr Sohn Theodor ist erfolgreicher Tuchfabrikant, hat aber zunehmend Probleme geschäftlich Fuß zu fassen. Denn unter fadenscheinigen Begründungen werden Preise gedrückt. Wer hinter all den Problemen steht, bleibt lange unklar. Während dessen macht Thereses Lieblingsenkeltochter Victoria von Gentzsch kein leichtes Leben durch. Verschmäht von der eigenen Familie und ihrer Stiefmutter wird Victoria eher unfreiwillig zum Zielobjekt einer böswilligen Intrige gegen die Familie von Hartung. Victoria muss mit ansehen, wie ihr Ruf geschädigt wird. Am Ende muss sie in einem dramatischen Finale um ihr Glück und ihre Zukunft kämpfen…
Im Grunde würde es ausreichen, wenn man den Klappentext auf der Rückseite des Romas liest, denn er fast so ziemlich die Handlung zusammen, die mich als Leser erwartet hat. Ich hatte mir aufgrund der renommierten Autoren, und da ich auch andere Romane kenne, erhofft, einen äußerst spannenden und abwechslungsreichen Roman zu lesen. Leider – und das muss ich jetzt nach der Lektüre resümieren – trifft das nicht auf das Finale dieser Trilogie zu. Kurzum: Die Geschichte konnte mich leider nicht überzeugen oder fesseln. Sie ließ mich persönlich eher etwas zwiegespalten zurück. Das hat mehrere Gründe: Positiv ist zum einen das Cover, das wirklich ansprechend gestaltet ist und schon erahnen lässt, dass es eine dramatische Geschichte mit einer Frauenfigur im Zentrum werden wird. Zum anderen ist der Schreibstil wirklich angenehm und flüssig. Ich kam schnell in die Geschichte hinein, ohne dass man die Vorgeschichte detailliert kennen muss. Allerdings wirkt er im Vergleich mit anderen Romanen irgendwann auch sehr „einfach“ und „flach“. Und irgendwann habe ich den Anspruch vermisst, aber das ist nur mein persönlicher Leseeindruck. Auf der anderen Seite spricht für die Geschichte, dass es eine schöne Familiengeschichte ist, in der es um Zusammenhalt, Liebe und auch Treue geht, die bis zur letzten Konsequenz verfolgt wird. Wer das mag, wird die Geschichte auf jeden Fall lieben.
Auf mich wirkte die Geschichte teilweise zu „gewollt“ konstruiert. Zwar wird dem Leser in den Bemerkungen der Autoren am Schluss erläutert, dass es tatsächlich Ende des 19. Jahrhunderts in der deutschen Gesellschaft zu skandalösen Ausschweifungen und Orgien gekommen ist, die auch zum wesentlichen Baustein in dieser Geschichte werden. Allerdings erschienen mir dann doch die Ereignisse als zu offensichtlich herbeigeführt. Es wird viel zu schnell klar, wer derjenige ist, der seinen Rachefeldzug gegen die Familie von Hartung plant und warum. Das Ganze hat aus meiner Sicht der Spannung nicht gutgetan, weil ich als Leser ständig wusste, was kommt oder es zumindest erahnen konnte. Das dramatische Finale ist dann der einzige Höhepunkt, den man so nicht kommen sieht. Aber auch da gelingt es den Charakteren augenscheinlich sehr unkompliziert und locker aus dem Malheur wieder herauszukommen. Ja, man nimmt sich sogar Zeit, um noch ein Familienfest zu feiern, obwohl die Ereignisse sich dramatisch zu entwickeln drohen. Mein Eindruck: Das war zu einfach. Potenziale einer spannenden, verwickelten Geschichte wurden hier leider verschenkt. Auch hätte ich mir gewünscht, dass man das Thema der geschäftspolitischen Intrigen gegen die Tuchfabrik der Familie von Hartung etwas intensiver beleuchtet. Doch das wurde zu schnell gelöst.
Auch die Charaktere sind für mich nicht alle durchgehend glaubwürdig und authentisch. Reinhold z.B. hätte ein spannender Gegenpart zu Victoria werden können, stattdessen wirkte er auf mich auf weite Strecken zu zaudernd, zu schwach und irgendwie immer uneinig mit seinen eigenen Vorstellungen. Hinzu kommen fortlaufende inhaltliche Wiederholungen von Themen, die dem Leser irgendwann eigentlich klar sein müssten, z.B. muss nicht ständig gesagt werden, warum Vicky von ihrer eigenen Familie gehasst wird, auch sie selbst muss es sich nicht immer wieder ins Gedächtnis rufen. Reinhold muss sich nicht ständig in Erinnerung rufen, warum er bei seinem Onkel Wolfgang von Tiedern nicht leben kann und dessen Lebensstil abstoßend findet. Auch bei Therese muss man nicht ständig lesen, warum sie Vicky mehr als alle anderen Enkel und Enkelinnen liebt. Der Autor darf voraussetzen, dass ein Leser sein Buch aufmerksam liest und auch bestimmte Zusammenhänge versteht, die für den Verlauf der Geschichte und die Entwicklung der Charaktere entscheiden sind. Aus meiner Sicht war das nicht nötig.
Am Schluss sehe ich mit gemischten Eindrücken auf eine vollgepackte Familiengeschichte, die durchaus viele spannende Momente und Akzente hat, aber dennoch an manchen entscheidenden Stellen zu offensichtlich konstruiert wirkt. Wer eine unterhaltsame Geschichte vor historischem Ambiente lesen möchte, die mit Herzschmerz und Intrigen aufwartet, wird mit „Glanz der Ferne“ voll auf seine Kosten kommen. Mich konnte die Geschichte leider nicht gewinnen.
Mein Fazit: Unterhaltsamer Abschluss einer historischen Familientrilogie, der aus meiner Sicht deutlich unter dem erwarteten Potenzial geblieben ist.

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Veröffentlicht am 16.05.2020

Ein Stoff, aus dem wunderbare Geschichten entstehen

Die Kleider der Frauen
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Die Geschichte beginnt im Jahre 1940, als die junge Schneiderin Estella in eine Aktion des französischen Widerstands gerät und aus Frankreich Hals über Kopf fliehen muss. In New York angekommen, hat sie ...

Die Geschichte beginnt im Jahre 1940, als die junge Schneiderin Estella in eine Aktion des französischen Widerstands gerät und aus Frankreich Hals über Kopf fliehen muss. In New York angekommen, hat sie nur einen Traum: sie will eine erfolgreiche Modedesignerin werden, die aktuelle Mode modernisieren und Kleidungsstücke erschaffen, die Frauen selbstbewusster machen. Als sie den geheimnisvollen Alex begegnet, der für den Geheimdienst arbeitet, beginnt eine tragische Liebesgeschichte, die das Leben von Estella grundlegend verändern wird.
Im zweiten Handlungsstrang geht es um Estella’s Enkelin Fabienne, die durch Zufall auf ein dunkles Familiengeheimnis stößt. Ein Geheimnis, das ihre Großmutter Estella betrifft und eine Geschichte über große Liebe, schweren Verlust und über Mütter erzählt, die für ihre Kinder große Opfer gebracht haben.

Ich muss ehrlich gestehen, dass ich selten einen Roman aus diesem Genre gelesen habe, der mich so emotional fesseln konnte, und gleichzeitig sehr berührt hat. Hier stimmt aus meiner Sicht einfach alles. Zum einen ist es der flüssige und bildhafte Schreibstil der Autorin, der es mir leicht gemacht hat, in die Geschichte einzutauchen. Zum andern gelingt es der Autorin sehr glaubhaft und packend zwei Zeitebenen so miteinander zu verknüpfen, dass für mich als Leser keine Langeweile aufkommt und die Spannung erhalten bleibt. Denn man lässt sich nicht nur von Estellas Traum anstecken und begleitet sie auf ihrem Weg zum Erfolg in der New Yorker Modeszene, sondern wird auch durch ein sehr komplexes und dunkles Familiengeheimnis gefesselt, was die familiäre Vergangenheit und rätselhafte Herkunft von Estellas Familie betrifft. Ich möchte an dieser Stelle nicht zu viel verraten. Aber dieses komplexe Geflecht über Lügen, Opfer und die Liebe einer Mutter zu ihrem Kind, waren für mich spannend und emotional erzählt und der Leser darf sich auch auf ein paar überraschende Wendungen freuen. Dahingegen kommt Fabiennes Geschichte fast ein bisschen zu kurz. Dennoch wirkt auf mich alles sehr ausgewogen. Die Liebe zur Mode und der Wille den eigenen Traum leben zu wollen, ist das, was beide starke Frauen letztlich miteinander verbindet. Eine allzu komplex aufgebaute Geschichte von Fabienne hätte wahrscheinlich der ganzen Geschichte nicht gutgetan.

Die Hauptfigur Estella ist für mich eine starke, bewundernswerte Persönlichkeit, die nicht nur für die Mode lebt, sondern auch für ihre Überzeugung und ihren Traum kämpft. Sie ist bereit große Opfer zu bringen – auch für die Liebe. Sie wirkt auf mich sehr authentisch und facettenreich. Überhaupt sind alle handelnden Figuren durchweg komplex, lebendig und glaubwürdig. Die Autorin versteht es auch, reale Persönlichkeiten in die Geschichte einzuweben.
Obwohl ich mich persönlich selbst nicht für Haute-Couture interessiere, fand ich den Einblick in die Modewelt der 40er Jahre in New York spannend erzählt. Die Art und Weise, wie Mode entsteht – von der Idee über die Skizze bis zur Modenschau und welche Herausforderungen gerade in den Anfängen, als New York noch keine Modemetropole war, junge Designer wie Estella überwinden mussten, passen sehr gut in die Geschichte und lassen mich als Leser eintauchen.

Mein Fazit: Insgesamt ein äußerst packender historischer Roman über starke Frauen, die ihren Weg gehen. Über Liebe, Träume und Opfer – und einem Familiengeheimnis. Spannend und unterhaltsam erzählt, vor historischem Hintergrund und der faszinierenden Modewelt New Yorks der 40er Jahre.

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Veröffentlicht am 12.05.2020

Mafia meets Serenissima

Der freie Hund
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Antonio Morello wird nicht umsonst „der freie Hund“ genannt. Mit kalter Präzision macht er Jagd auf die Mafia in Sizilien und macht sich dadurch in den Kreisen des organisierten Verbrechens keine Freunde. ...

Antonio Morello wird nicht umsonst „der freie Hund“ genannt. Mit kalter Präzision macht er Jagd auf die Mafia in Sizilien und macht sich dadurch in den Kreisen des organisierten Verbrechens keine Freunde. Um ihn zu schützen, wird er kurzerhand nach Venedig zwangsversetzt. Ein Umstand, der Morello gar nicht gefällt, denn Venedig macht auf ihn von Anfang an keinen positiven Eindruck: zu laut, zu touristisch, hoffnungslos überlaufen, schmutzige, stinkende Kanäle - und jede Menge soziale Probleme. Noch dazu hat er in seinem neuen Team mit einigen Startschwierigkeiten und Vorurteilen gegenüber Süditalienern zu kämpfen. Besser kann es für ihn nicht starten. Als dann noch ein junger Aktivist ermordet wird, der den Kreuzfahrtschiffen den Kampf angesagt hat, klemmt sich Morello trotz aller Widerstände beharrlich hinter den Fall und spürt schnell, dass bei diesem Verbrechen wieder die Mafia ihre Finger im Spiel hat.
Ich freue mich immer, wenn sich bekannte Autoren mal neuen Schauplätzen und neuen spannenden Charakteren widmen. Und ich finde persönlich, dass dem Autorenduo mit Antonio Morello ein äußerst vielschichtiger und kantiger Charakter gelungen ist, der auch durch einen persönlichen Schicksalsschlag noch eine Rechnung mit der Mafia offen hat. Schon allein dieser Umstand ist es, der auf eine Fortsetzung dieses Auftaktkrimis hoffen lässt. Denn es gibt hier aus meiner Sicht noch eine Menge zu erzählen und viel spannenden Stoff mit Konfliktpotenzial. Auch bei den anderen Charakteren zeichnet sich ein buntes, unterhaltsames Bild unterschiedlicher Menschen und Standpunkte, sowie auch interessanter Reibungspunkte ab, z.B. zu seinem Vorgesetzten, die die Geschichte dadurch unterhaltsam und lebendig werden lassen.
Natürlich merkt man dem Krimi an, dass es sich hier um einen Auftakt-Krimi handelt. Es müssen Personen vorgestellt, verschiedene Handlungsstränge aufgebaut und Hintergründe erklärt werden. Dennoch fand ich den Krimi insgesamt sehr unterhaltsam und lebendig erzählt. Besonders das italienische Flair und die Stadt Venedig als Kulisse werden sehr lebendig und anschaulich beschrieben. Man kann förmlich mit dem Commissario durch die Gassen/Kanäle Venedigs streifen und erhält jede Menge (auch kulturelle) Hintergrundinformationen, die man sonst als normaler Tourist wohl nicht auf den ersten Blick erfahren würde. Schorlau und Caiolo betreten sicherlich kein leichtes Terrain – ist doch der klassische Venedig-Krimi schon von der bekannten Donna Leon und ihrem Commissario Brunetti besetzt. Nichts desto trotz finde ich, können beide einen gut akzentuierten, atmosphärischen Krimi abliefern.
Neben einer guten Portion Humor, beweisen beide dabei auch fundierte Ernsthaftigkeit. Wie man es von Schorlau-Krimis gewohnt ist, widmen sich die Autoren einem aktuellen Thema, das den Stoff für diese Kriminalgeschichte liefert und gleichzeitig auch einen kritischen Blick hinter die Kulissen dieser schönen und bedrohten Stadt wirft. Dabei werden die Fakten und politischen Seitenhiebe gut gestreut und tiefgründig, sowie glaubhaft eingebaut. Besonders das fundierte Wissen über die Zusammenhänge der sizilianischen Mafia mit der italienischen Politik fand ich äußerst interessant erzählt. Die politischen Verstrickungen, Korruption, Macht und Kunstraub reichen weit in das öffentliche Leben hinein – auch ins schöne Venedig. Es bleibt abzuwarten, ob sich daraus neuer Stoff für weitere Kriminalgeschichten mit Morello stricken lässt oder ob das Thema irgendwann auch erschöpft sein wird.
Der Schreibstil ist ein weiterer Pluspunkt: locker, unterhaltsam und viel wörtliche Rede, machen die Geschichte aus meiner Sicht sehr lebendig, anschaulich, emotional und gut getaktet. Genau das richtige Tempo für ein kurzweiliges, atmosphärisches Krimiabenteuer. Ich freue mich in jedem Fall auf eine Fortsetzung.

Mein Fazit: Schorlau auf neuen Spuren. Mit einer atmosphärisch-kurzweiligen Kriminalgeschichte beweist Schorlau mit seinem Co-Autor, dass er auch italienische Krimis kann. Aktuelles Thema – fundiert erzählt, ohne sperrig zu wirken – mit genau dem richtigen Humor und gut dosiertem italienischen Flair. Aus meiner Sicht sehr unterhaltsam und ein guter Auftakt, der Lust auf mehr gemacht hat.

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Veröffentlicht am 11.05.2020

Debütroman mit verschenktem Potenzial

Die Galerie am Potsdamer Platz
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Alexandra Cedrino erzählt mit diesem Debütroman die (fiktive) Familiengeschichte der Galeristen-Familie Waldmann, die in Berlin einst eine angesehene Galerie am Potsdamer Platz betrieben hatten. Im Zentrum ...

Alexandra Cedrino erzählt mit diesem Debütroman die (fiktive) Familiengeschichte der Galeristen-Familie Waldmann, die in Berlin einst eine angesehene Galerie am Potsdamer Platz betrieben hatten. Im Zentrum steht die junge Kunststudentin Alice Waldmann, die Anfang der 1930er Jahre nach Berlin reist, um endlich Kontakt zu ihrer Familie zu suchen, die sich aufgrund eines schweren Familienzerwürfnisses nie kennen lernen durfte. Doch der Start in die neue Familie beginnt mehr als holprig. Mit viel Kampfgeist, Beharrlichkeit und einer großen Portion Sturheit erkämpft sich Alice einen Platz in ihrer Familie und erkennt bald ihr Talent als Fotografin. Gemeinsam mit ihren beiden Onkeln Ludwig und Johann plant sie bald die renommierte Kunstgalerie der Waldmanns wiederzueröffnen. Doch die großen politischen Umwälzungen und der Aufstieg des Nationalsozialismus bedrohen sehr bald diese hoffnungsvollen Träume … und auch Alice’s persönliches Glück.
Cedrino’s Roman ist der Auftakt einer Trilogie und auch ihr Debütroman. Nach dem Lesen der Leseprobe und auch vom Klappentext war ich sehr gespannt auf die Handlung und die Entwicklung der Familiengeschichte, die sich für mich auf den ersten Blick vor dem Hintergrund der politischen Umwälzungen, der sich angedeuteten familiären Spannungen und natürlich vor dem Hintergrund der damals kunstsinnigen und pulsierenden Großstadtmetropole Berlins angedeutet hatte. Doch leider konnte der Roman nicht das halten, was ich mir persönlich von ihm versprochen hatte. Im Grunde würde es ausreichen, den Klappentext auf der Rückseite zu lesen, um die komplette Handlung auf dem berühmten „Silbertablett“ zu erhalten. Was ich sehr schade finde, denn die Handlung hat durchaus Potenzial.
Die Handlung spielt im, Zeitraum 1930 bis 1933. Eigentlich eine total spannende Zeit, doch leider werden weder die politischen Umwälzungen (bis auf eine Großdemo) noch das Flair der Metropole Berlins richtig greifbar, beiden rücken weitgehend in den Hintergrund der Geschichte bzw. sind „nur“ Nebenschauplätze. So geht für mich persönlich viel Flair verloren. Positiv auf der anderen Seite sind die spannenden Einblicke in die Kunstszene, die gute Akzente setzen können und die auch das starke Kunstverständnis der Autorin unterstreichen.
Insgesamt bleibt aber die Handlung streckenweise langatmig und konnte mich nicht richtig fesseln – ich habe sogar das Buch für ein paar Tage zur Seite gelegt, bevor ich weitergelesen habe. Ich hatte ehrlich gesagt das Gefühl, dass der Geschichte der rote Faden fehlte. Alles wirkte auf mich irgendwie konstruiert. Erst ab Mitte des Buches nimmt für mich die Spannung wieder etwas mehr Fahrt auf, als sich die Beziehung zwischen Alice und John entwickelt und der Kontakt zum aufstrebenden Kunstkenner und Nationalsozialist Erik entsteht – eine gefährliche Kombination, wie sich für Alice herausstellen sollte. Auch der Konflikt zwischen Alice und ihrer Großmutter Helena, dessen Ursache lange ungeklärt für den Leser bleibt, erhält ab dann endlich seinen Akzent. Jedoch war mein Eindruck, dass einiges Potenzial hier verschenkt wurde. Denn die Annäherung der beiden gab der Geschichte doch einige spannende und berührende Momente.
Irgendwie enttäuscht war ich von der Hauptfigur Alice. Sie blieb für mich die ganze Geschichte hindurch ein Charakter mit mehr Ecken und Kanten, als ihr gut getan hat. Ich verstehe die Absicht sehr wohl, auch mal einen Frauencharakter zu zeichnen, der nicht zu sympathisch erscheint. Aber mit Alice bin ich nie richtig warm geworden. Sie wirkte auf mich auf weite Strecken geradezu kratzbürstig, eigensinnig bzw. nicht einsichtig genug, ja manchmal auch zu stolz und teilweise auch kalkulierend. Das ist nicht unbedingt das Bild einer starken, unabhängigen Romanheldin. Aber vielleicht entwickelt sich die Figur ja auch in einem der nächsten beiden Bücher positiv weiter.
Vom Schreibstil her ist die Geschichte durchaus flüssig und angenehm zu lesen, hatte für meinen Geschmack aber zu viele Allgemeinplätze und wirkte auch etwas konstruiert. Wenn man sich daran nicht stört, und auch keine großen literarischen Ansprüche stellt, ist der Roman ein unterhaltsamer, historischer Auftakt – der aber aus meiner Sicht deutlich Potenzial verschenkt hat.
Mein Fazit: Nicht der mitreißende historische Roman, den ich mir versprochen hatte. Hier wurde einiges Potenzial bei Handlung, historischem Hintergrund und Figurenentwicklung verschenkt.

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