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Veröffentlicht am 09.02.2023

Kluge Gedanken zu einem wichtigen Thema

Die Singuläre Frau
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Glücklich ohne Beziehung? Und wie! sagt Autorin Katja Kullmann. Die Singuläre Frau hat einen schlechten Ruf. Von Außen scheint jede beurteilen sie können, wie es ihr geht und was ihr im Leben fehlt.. Die ...

Glücklich ohne Beziehung? Und wie! sagt Autorin Katja Kullmann. Die Singuläre Frau hat einen schlechten Ruf. Von Außen scheint jede beurteilen sie können, wie es ihr geht und was ihr im Leben fehlt.. Die Sehnsucht nach der großen Liebe und die Gewohnheit einer Beziehung sind für unsere Gesellschaft immer noch das Ideal. Das lässt sich so einfach aber natürlich nicht über alle stülpen, trotzdem wird die Singuläre Frau noch immer häufig bemitleidet und muss sich übergriffigen Fragen stellen. Dabei sind Frauen, die nie geheiratet und Kinder bekommen haben sogar die gesündeste und glücklichste Bevölkerungsgruppe.

Katja Kullmann hat kurz vor ihrem 50 Geburtstag überrascht festgestellt, das sie genau das geworden ist, was sie sich lange nicht vorstellen konnte: Ein ‚Langzeit-Single‘. Das erste Unbehagen verfliegt aber schnell, denn sie fühlt sich wohl mit ihrem Leben. Besonders schlechte Erfahrungen hat sie in ihren früheren Beziehungen nicht gemacht, aber doch immer wieder gemerkt, dass sie ohne diese Männer glücklicher war. Sie erzählt davon, viel Zeit für sich zu brauchen und ungern aus ihren eigenen Strukturen auszubrechen und schwärmt von ‚temporärer Unerreichbarkeit‘. Sie selbst kann mit dem Begriff Single für sich nichts anfangen, zu suchend klingt er ihr. Auch wenn sie sagt ‚Sag niemals nie‘, kann sie sich eine Beziehung eher nicht vorstellen.

Trotzdem lässt sie das Thema nicht los. In Die Singuläre Frau geht sie auf eine aufregende Reise, reflektiert sich selbst und ihre Vergangenheit, aber auch unsere Gesellschaft. Neben ihrer eigenen Geschichte erzählt sie die vieler anderer Singulärer Frauen. Dabei geht es ihr nicht darum, einen Lebensentwurf als besser oder schlechter darzustellen, sondern darum, dass das Leben ohne romantische Beziehung nicht weniger wert ist.

Zwischen persönlichen Anekdoten finden sich immer wieder historische Einordnungen. Sie arbeitet auf, wie Singuläre Frauen früher gelebt hat und vergleicht die Umstände mit der heutigen Zeit. Auch popkulturelle Themen fließen häufig ein, so spricht sie auch über das Lied ‚Single Ladies‘ von Beyoncé und erklärt, warum es nicht die Single Hymne ist, für das es gefeiert wird.

Ich habe durch Die singuläre Frau einiges gelernt und in dankbar für diese Perspektive. Ich habe das Buch übrigens gehört, Anna Maria Mühe hat ihr einen wirklich guten Job gemacht. Ich fand es sehr angenehm, ihr zuzuhören.
Ich muss sagen, dass ich nicht allen Ansichten von Katja Kullmann zustimmen würde, fand es aber sehr interessant, ihren Ausführungen zu lauschen. Viele der Themen habe ich direkt mit Freundinnen ausführlich ausdiskutieren müssen.. :D

Leider fand ich ihren Ton manchmal etwas von oben herab und einseitig. Zu lange am Stück konnte ich das Hörbuch nicht hören, dennoch bin ich sehr froh, es gehört zu haben und dankbar, für diese klugen, witzig formulierten Gedanken.


Das Buch wird nicht jede
n überzeugen, aber das will es auch gar nicht. Wenn ihr offen für andere Perspektiven seid, oder euch hier sehr gesehen fühlt, kann es euch einige Erkenntnisse geben. Katja Kullmann spricht davon, wie wichtig es für (junge) Frauen ist, gute Vorbilder zu haben, um den eigenen Selbstwert nicht von einem Mann abhängig zu machen und ich glaube, dass sie genau so ein Vorbild sein kann. Für mich ein sehr interessantes Buch, über das man lange sprechen und nachdenken kann.

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Veröffentlicht am 23.01.2023

Sehr interessante Einblicke

Gesundheitsrisiko: weiblich
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“Medizin ist nicht neutral. Sie wird von Menschen gemacht, und Menschen haben Vorurteile, Vorannahmen und sind geprägt durch Vorbilder und Traditionen - im Guten wie im Schlechten. “
So beginnt Dr. med. ...

“Medizin ist nicht neutral. Sie wird von Menschen gemacht, und Menschen haben Vorurteile, Vorannahmen und sind geprägt durch Vorbilder und Traditionen - im Guten wie im Schlechten. “
So beginnt Dr. med. Werner Bartens sein neustes Buch Gesundheitsrisiko weiblich und wenn er mich nicht schon direkt beim Titel gehabt hätte, wäre ich wohl spätestens nach dem ersten Satz ganz Ohr gewesen.

Der Autor hat in seinem Leben viele Erfahrungen gesammelt. So arbeitete er in verschiedenen Krankenhäusern auf der ganzen Welt und ein Problem wird überall sehr deutlich: Die obersten Positionen werden in der Regel mit Männern besetzt. Der Aufstieg für Frauen ist unheimlich schwierig.

Aber natürlich ist das Unsichtbar machen von Frauen nicht nur für Ärzt*innen ein großes Problem. Auch sonst wird zu selten auf Frauen geachtet. In Studien finden wir immer noch zu wenig Platz und eine getrennte Auswertung der Ergebnisse gibt es zu selten. Was für Auswirkungen das hat, wird in Gesundheitsrisiko weiblich aufgearbeitet und damn, it’s scary!

Tatsächlich haben Männer eine niedrigere Lebenserwartung, als Frauen. Während das bei Männern aber eher durch das eigene Verhalten geprägt ist, passieren bei Frauen ganz andere Fehler, auf die wir keinen Einfluss haben. Besonders männliche Ärzte neigen dazu, Frauen nicht ernst zunehmen. Wir gelten als wehleidiger und zu emotional, würden uns zu sehr in Dinge hineinsteigern und so bleiben Krankheiten unentdeckt. Besonders im Alter wird das noch auffälliger. Alte Frauen gehen noch mehr unter, obwohl Frauen zum Beispiel häufiger und früher von Alzheimer betroffen sind.

Dr. med. Werner Bartens bietet in seinem Werk einige Beispiele von Frauen, die trotz deutlicher Worte nicht ernst genommen wurden. Noch immer denken Ärzte und auch Ärztinnen, dass sie unsere Körper besser kennen als wir und verweigern teilweise dringend notwendige Behandlungen, weil sie uns einfach nicht glauben. Ich wusste viele dieser Dinge schon, aber war trotzdem oft erschüttert und ohne meine Frustschokolade wäre das Buch wohl einige Male gegen die Wand geflogen, auch wenn das Buch natürlich gar nichts für die Umstände kann.

Obwohl das Buch gar nicht so lang ist, wird hier einiges behandelt. Viele Erkrankungen werden erwähnt, auch psychische. Hier wird auch immer wieder auf die unterschiedlichen Symptome eingegangen, wodurch Krankheiten bei Frauen häufig zu spät erkannt werden. Stellenweise hätte ich mir mehr Tiefe gewünscht, aber für den Einstieg in das Thema, ist das Buch wirklich perfekt. 

Außerdem wird darauf eingegangen, wie unterschiedlich Männer und Frauen über die eigenen Beschwerden sprechen und wie unterschiedlich Ärzte und Ärztinnen darauf reagieren. Ich glaube, hiervon können einige Menschen profitieren, denn leider braucht es manchmal das richtige Auftreten, um ernst genommen zu werden. (Machmal können wir uns aber auch auf den Kopf stellen, zugehört wird trotzdem nicht immer.)

Zu Beginn geht der Autor noch mal auf das Thema Geschlecht ein. Hier differenziert er zwischen Gender und Sex und erkennt an, dass einige Dinge biologische und andere soziale Ursachen haben. Leider bewegt er sich hier komplett im binären Geschlechtersystem und erwähnt andere Geschlechter mit keinem Wort.

Natürlich kann ich hier nicht auf alles eingehen, auch wenn ich wahrscheinlich noch Stunden über das Thema quatschen könnte. Insgesamt hat mir das Buch gut gefallen und ich habe einiges gelernt, was mir wirklich weiterhilft. Gerade, wenn ihr euch mit dem Thema noch nicht auseinandergesetzt habt, kann ich es euch nur empfehlen.

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Veröffentlicht am 13.01.2023

Besonderes Leseerlebnis

Ein simpler Eingriff
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Ein simpler Eingriff. Ein Buch, das hier schon oft ausführlich besprochen wurde. Nein, ich habe nichts Neues beizutragen. Und trotzdem möchte ich es euch unbedingt empfehlen.

Meret ist Krankenschwester ...

Ein simpler Eingriff. Ein Buch, das hier schon oft ausführlich besprochen wurde. Nein, ich habe nichts Neues beizutragen. Und trotzdem möchte ich es euch unbedingt empfehlen.

Meret ist Krankenschwester und dann ganz lange nichts. Ihr Leben spielt sich im Krankenhaus ab, sie existiert nur in ihrer kleinen Blase. Die Ordnung beruhigt sie, ihre Uniform schützt sie. Besonders im Umgang mit Patienten ist sie gut. Versteht sie, weiß, was sie brauchen.
Als dann ein neuer Eingriff entwickelt, der in erster Linie Frauen mit psychischen Problemen helfen soll, ist ihre Expertise gefragt. Sie begleitet die Frauen, geht auf sie ein Sie glaubt, an diesen Eingriff und dass ihre Arbeit den Menschen hilft.

Aber solche Eingriffe können schnell schief gehen und noch stärkeres Leid hervorrufen. Sie verändern einen Menschen, der vielleicht doch gar nichts falsch gemacht hat, und nicht alle Frauen wachen wieder auf.

Während sie immer unsicherer wird, den Glauben an die Behandlungsmethode immer mehr verliert, werden auch ihre eigenen Gefühle für sie immer komplizierter. In einer schwierigen Zeit verliebt sie sich in eine andere Krankenschwester.

Ein Auszug aus der Beschreibung, der mir besonders gut gefällt:
“„Ein simpler Eingriff“ ist nicht nur die Geschichte einer jungen Frau, die in einer Welt starrer Hierarchien und entmenschlichter Patientinnen ihren Glauben an die Macht der Medizin verliert. Es ist auch die intensive Heraufbeschwörung einer Liebe mit ganz eigenen Gesetzen.”
Es gibt Bücher, die nehmen die Lesenden fest an die Hand. Sie haben eine klare Mission und legen diese ziemlich offen. Gefühle werden vorgeben und schnell ist klar, worauf alles hinausläuft. Dazu würde ich Ein simpler Eingriff nicht zählen. Viel steht zwischen den Zeilen, vieles bleibt ungesagt. Viel Raum, für eigene Gedanken.

Meret ist eine dunkle Protagonistin, die schwer zu greifen ist. Wie ein Schatten wandert sie durch die Geschichte und ich wanderte mit. Nein, mittendrin war ich nicht, eher eine stille Beobachterin, die gern zwischendurch genauer hingeschaut hätte.

Die Vergangenheit von Meret wurde beleuchtet und gibt wichtige Einblicke, die große Aufklärung blieb aber aus. Es bleibt bei uns, Dinge einzuordnen und zu verstehen. Die Geschichte, die so unheimlich groß und bewegend ist, wird ziemlich nüchtern erzählt und das muss man halt mögen.

Für mich war Ein simpler Eingriff eine besondere Erfahrung. Thematisch ja eh super wertvoll und interessant, aber vor allem durch die ruhige, unaufgeregte Art zu erzählen, ein Highlight. Das Buch bietet unheimlich viel zum Nachdenken und Diskutieren, wenn man es so annehmen kann, wie es ist.

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Veröffentlicht am 11.01.2023

Tiefgründiger und düsterer als erwartet

Unsere Freundschaft ist wie ein Traum
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Unsere Freundschaft ist wie ein Traum war wirklich eine besondere Begegnung für mich. Ich las es als Jahresabschluss 2022 und habe bekommen, was ich wollte: Eine schöne, eher ruhige Geschichte. Gleichzeitig ...

Unsere Freundschaft ist wie ein Traum war wirklich eine besondere Begegnung für mich. Ich las es als Jahresabschluss 2022 und habe bekommen, was ich wollte: Eine schöne, eher ruhige Geschichte. Gleichzeitig ging sie aber auch viel mehr in die Tiefe, als ich gedacht hatte und bot noch mal einiges zum Nachdenken. Ein wundervolles Leseerlebnis, das mich so schnell nicht loslassen wird.

Nunu wächst in Istanbul auf. Ihr Vater scheint nie ganz da zu sein, irgendwann ist er es auch physisch nicht mehr. Ihre Mutter ist emotional abwesend und frustriert. Früh beginnt Nuna Spiele in ihrem Kopf zu spielen und Punkte zu sammeln, für sich allein.

Später zieht sie nach Paris. Sie erfindet einen neuen Menschen und verschmilzt immer mehr mit diesem. So auch in ihrer Freundschaft mit M. Die Romane des bekannten Schriftstellers spielen in Istanbul, schnell sind die ersten Themen da. Auf ihren gemeinsamen Spaziergängen und in den vielen Emails finden sich schnell weitere und ihre besondere Freundschaft nimmt ihren Lauf.

So eigen wie die beiden sind, sind auch die Regeln ihrer Freundschaft. M., der immer an ihrer linken Seite geht, bleibt irgendwie distanziert. Die beiden haben einander nie bewusst in die Augen geschaut, aber teilen einige Erinnerungen und Gedanken.

Nunu ist als Protagonistin sehr gelungen. Sie hat sehr sympathische Züge, aber wirft auch immer wider Fragezeichen auf. Sie stellt Bedingungen und Erwartungen an andere Menschen, ohne diese zu kommunizieren und sucht nach Geschichten, die sie extra weiter ausschmückt, so dringend will sie etwas besonderes sein.

M. bleibt im Geschehen etwas blass und dadurch war die Geschichte ganz anders, als ich erwartet hatte. Viel düsterer, aber dafür auch umso packender und realistischer.

Unsere Freundschaft ist wie ein Traum ist ein kleines Buch voller kluger Gedanken und Beobachtungen. Ein Buch, das sich toll lesen lässt und bewegt.

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Veröffentlicht am 08.01.2023

Interessante Einblicke

Miss Kim weiß Bescheid
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Ich hatte leider bisher noch nichts von Cho Nam-Joo gelesen, Kim Jiyoung, geboren 1982 ging irgendwie voll an mir vorbei, umso glücklicher bin ich jetzt, dass ich Miss Kim weiß Bescheid lesen konnte.

In ...

Ich hatte leider bisher noch nichts von Cho Nam-Joo gelesen, Kim Jiyoung, geboren 1982 ging irgendwie voll an mir vorbei, umso glücklicher bin ich jetzt, dass ich Miss Kim weiß Bescheid lesen konnte.

In 8 Kurzgeschichten bringt die Autorin uns die koreanische Kultur näher und arbeitet gesellschaftliche Konflikte unterschiedlich auf. Die Frauen, um die es in diesen Geschichten geht, könnten unterschiedlicher kaum sein. Einige stehen am Beginn ihres Lebens, einige am Ende. Ihre Umstände sind unterschiedlich und so erleben wir einige unterschiedliche Perspektiven.

Mir haben tatsächlich alle Kurzgeschichten gut gefallen, sie haben mir etwas Neues beigebracht und mir etwas zum Nachdenken mitgegeben. Hier lasse ich einfach mal den Klappentext sprechen, die Themen sind vielfältig. “das heimliche Filmen von Frauen in der Öffentlichkeit, Hatespeech und Cybermobbing auf Social-Media-Plattformen, häusliche Gewalt, Gaslighting, weibliche Identität im Alter und die Ungleichbehandlung am Arbeitsplatz. Auch sich selbst, die plötzlich weltbekannte Autorin, nimmt sie ins Visier.”

Mir haben die ausführlichen Beobachtungen und die klare Benennung großer Themen sehr gut gefallen, Cho Nam-Joo hat einfach was zu erzählen. Obwohl wir hier Kurzgeschichten haben, geht sie dabei ziemlich in die Tiefe. Schnell wurde ich mit den einzelnen Charakteren warm und ihre Gefühle und Gedanken waren immer nachvollziehbar, ohne das große Erklärungen benötigt werden.

Durch den unaufgeregten Schreibstil wird sich hier aufs Wesentliche konzentriert, die Geschichten lassen sich flüssig lesen und lassen durch offenen Enden oft viel Raum zum Nachdenken. Die Geschichten sind also nicht super fesselnd, wirken aber noch lange nach.

Wenn ihr da bock drauf habt und euch vielleicht eh für die koreanische Kultur interessiert, werden euch die Kurzgeschichten wahrscheinlich auch viel Freude bereiten.

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