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Veröffentlicht am 20.05.2022

Interessante Perspektive

My Body
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Emily Ratajkowski ist Model und Schauspielerin. Sie weiß also ihr Aussehen und ihren Körper einzusetzen. Unter anderem war sie 2013 nackt im Video Blurred lines zu sehen. Lange bezeichnet sie ihr Auftreten ...

Emily Ratajkowski ist Model und Schauspielerin. Sie weiß also ihr Aussehen und ihren Körper einzusetzen. Unter anderem war sie 2013 nackt im Video Blurred lines zu sehen. Lange bezeichnet sie ihr Auftreten als Selbstbestimmt. Betrachtet ihre Nacktheit als feministischen Akt, mit dem sie die Kontrolle über ihren sowieso sexualisierten Körper zurück bekommt. Dass die ganze Situation nicht so leicht ist, arbeitet sie in My body interessant auf.

“Ich wollte mein Ding auf Instagram durchziehen, Bikinis und andere Produkte verkaufen und gleichzeitig für meine Gedanken und mein Handeln respektiert werden”

Emily Ratajkowski lernt früh, dass sie schön ist und vor allem, dass das wichtig ist. Die Anerkennung von Männern wiegt mehr, als das eigene Wohlbefinden. Von ihrem Körper kapselt sie sich regelmäßig ab, immerhin kommt sie ja beruflich voran. Dass es hauptsächlich Männer sind, die Geld mit ihrem Körper verdienen, merkt sie erst später.

Auf ihrem Weg erlebt sie sexuellen Missbrauch, den sie in den Momenten gar nicht als diesen betrachtet. Sie erzählt von Beziehungen, auch Freundschaften, die sich nur um Körper drehen und dem Verlust der Rechte an ihren eigenen Bildern. Was sie erlebt ist schmerzhaft und deckt so vieles auf.

“Niemand mag wütende Frauen. Sie sind die Allerschlimmsten: widerwärtige Hexen voller Gehässigkeit und Bitterkeit. Sie sind schrill. Ich tue alles, um dieses Gefühl zu vermeiden, um nicht eine dieser Frauen zu sein.”

Ganz ehrlich, ich habe mich bisher kaum mit dieser Perspektive beschäftigt. Und ich habe nicht nur einmal eigene Vorurteile erkannt. ‚Die nackte aus blurred lines‘ hat wirklich einiges zu erzählen und ich bin froh, das Buch gelesen zu haben.

“Mächtige Männer hatten schon immer eine gewisse Wirkung auf mich: Ich will, dass sie mich bemerken, und gleichzeitig will ich verschwinden.”

Oft merkt man, wie sie selbst noch mit ihrem Standpunkt zu kämpfen hat. Den einen richtigen Weg für Frauen gibt es in unserer Gesellschaft wohl nicht, aber es war sehr interessant, diese Entwicklung zu erleben und mich selbst dabei weiter zu entwickeln.

Leider trifft sie viele verallgemeinernde Aussagen über Frauen, die ich meistens so nicht unterschreiben würde, aus ihrer Perspektive aber nachvollziehen kann. Ich denke, dass sie da auf einem guten Weg ist, aber noch sehr in ihren eigenen Empfindungen gefangen ist. Das hat das Lesen für mich aber nur umso intensiver gemacht.

Ich kann euch das Buch nur ans Herz legen, ich denke, dass so eine Perspektive im feministischen Diskurs total wichtig ist. My Body Es ist flüssig und klar erzählt und das kurzweilige Leseerlebnis bietet viel Raum zum Hinterfragen eigener Vorurteile.

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Veröffentlicht am 18.05.2022

Realistische Darstellung einer Familie, die unter dem Vater leidet

Liebe ist gewaltig
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Das Debut von Claudia Schumacher hat mir direkt auf jeder Seite das Herz gebrochen und ich habs geliebt. Liebe ist gewaltig ist so eine echte, tragische Geschichte, die sich genau so überall um uns rum ...

Das Debut von Claudia Schumacher hat mir direkt auf jeder Seite das Herz gebrochen und ich habs geliebt. Liebe ist gewaltig ist so eine echte, tragische Geschichte, die sich genau so überall um uns rum abspielt.

Juli und ihre Geschwister wachsen unter der Tyrannei ihres Vater auf. Sie selbst bezeichnet ihn als ‚sadistischen Narzissten‘, was gar nicht so abwegig scheint. Leistung ist für den angesehenen Rechtsanwalt alles was zählt, sie wird auch regelmäßig mit Gewalt eingefordert. Julis Mutter, ebenfalls Rechtsanwältin, übt sich im Aushalten und im Verschleiern. Die Flecken auf dem Wohnzimmerteppich? Nicht das Blut ihres Bruders Bruno, sondern Julis eigene Kotze. Eigene Erinnerungen werden in Frage gestellt, bis Juli selbst irgendwann nicht mehr sicher ist, was passiert ist. Dennoch scheint sie die einzige zu sein, die wirklich aus dieser Familie fliehen will. Aufmerksamkeit erzeugt das Treiben Zuhause natürlich nicht. Erfolgreiche Eltern, erfolgreiche Kinder, da muss doch alles gut sein.
Juli schafft es dem Haus zu entfliehen, doch die Erinnerungen trägt sie in sich. Es folgen toxische Beziehungen und eine innere Unruhe, die sie über Jahrzehnte begleitet. Sich von ihren Eltern zu lösen ist auch noch keine richtige Option und so begleiten wir sie etwas weiter auf dem Weg nach unten. Bis sie Heilung irgendwann doch in Betracht zieht und sich von ihren Mustern löst.

„Aber was sind das für Fragen? Haben wir dir nicht immer alles gegeben? Ja, bravo: Dresche und Streuselkuchen.“

Ich war selten so sprachlos nach dem Lesen eines Buches. Was Claudia Schumacher hier geschrieben hat, ist einfach beeindruckend. Sie hat eine besondere Beobachtungsgabe und schafft es, vermeintliche Kleinigkeiten einzufangen, die die ganze Geschichte realistisch machen. Der Vater ist so gut ausgearbeitet. Ich hatte noch nie so einen Hass auf eine fiktive Figur. Dafür ist mir Juli umso sympathischer. Ihre Handlungen sind nicht immer klug, oft reitet sie sich noch mehr in die Scheiße, aber hat sie es denn je anders gelernt? Ihr Schmerz ist auf jeder Seite greifbar und dafür muss sie nicht mal weinen. Je sturer sie wurde, desto mehr wollte ich sie beschützen.

„Eine wie ich müsste vom vielen Einstecken längst Elefantenhaut haben. Aber es ist gerade andersherum: Puste mich an und ich plärre los oder spucke Feuer.“

Ich habe zum Lesen verhältnismäßig lange gebraucht, was an dem wundervollen Schreibstil der Autorin lag. So viele Sätze hab ich mehrfach gelesen, weil sie mit wenigen Worten so viel ausgesagt haben. Claudia Schumacher schafft es, Dinge an den richtigen Stellen wunderbar poetisch auszuführen, und im nächsten Moment knallhart und brutal die Realität zu benennen.

„Doch auf meine Gefühle ist kein Verlass. Sie sind mir fremd, befallen mich. Sie flackern.“

Das Buch wird nicht nur von seiner Traurigkeit getragen. Auch, wenn es immer wieder erdrückend und schmerzhaft ist, hat es viele lustige Momente, die aufatmen lassen, ohne die Ernsthaftigkeit zu nehmen. Ein wunderbar intensives Buch, das sich kaum aus der Hand legen lässt. Von mir gibts auf jeden Fall eine große Empfehlung, aber nicht ohne Triggerwarnung.

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Veröffentlicht am 17.05.2022

Großartige Idee mit einigen Schwächen

Von hier betrachtet sieht das scheiße aus
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Let’s be honest: Der Titel hat mich direkt angesprochen, ich musste das Buch lesen, scheiß egal, worums geht. Tatsächlich hat mich dann auch der Inhalt angesprochen. Das Lesen war dann ein ziemliches Auf ...

Let’s be honest: Der Titel hat mich direkt angesprochen, ich musste das Buch lesen, scheiß egal, worums geht. Tatsächlich hat mich dann auch der Inhalt angesprochen. Das Lesen war dann ein ziemliches Auf und Ab. Um ehrlich zu sein, weiß ich immer noch nicht so ganz, was ich von dem Buch halte.

Der 29-jährige Ben Schneider hat genug. Die Arbeit, die sein Leben bestimmt, nervt ihn. Für Freizeit hat er kaum Zeit und auch das Schlafen ist kaum noch erholsam. In seiner Verzweiflung lässt er einen Auftragsmörder engagieren - Direkten Selbstmord möchte er nicht begehen und so bleiben ihm noch 50 Tage, bis sein Leben ein Ende finden soll.
Er kündigt seinen Job, nicht ohne sich bei seinem ätzenden Chef zu rächen, und lernt dann spontan Emma kennen. Eine junge Frau, die ihm eine andere Seite des Lebens zeigt.

Die Idee ist so genial und am Anfang war ich auch total begeistert. Max Osswald hat ein großes Talent dafür, Emotionen einzufangen. Er selbst kommt aus dem Comedy Bereich und das zeigt sich hier immer wieder. Obwohl er sich hier einem krassen Thema widmet, hat er mich immer wieder zum Schmunzeln gebracht. Er liefert hier eine wundervolle Mischung aus Tiefgründigkeit und Humor. Die besten Vorraussetzungen also.

„Schlafen, essen, trinken, ficken – egal, was, letztendlich lenken wir uns nur ab, bis das alles hier vorbei ist. Man macht und tut, man rät und versucht, doch im Vergleich zu Tetris kann man die Scheiße, die man gebaut hat, nicht mit ein paar Klicks aus dem Weg räumen, das Leben lässt sich nicht einfach neu starten, wenn man es verkackt hat.“

Leider hab ich schnell gemerkt, dass ich mit Ben einfach nicht warm werde. So sehr ich auch versucht habe, mein Mitgefühl zu halten, ich war irgendwann doch zu genervt. Er bezeichnet sich selbst als Mittelmaß, definiert sich über Leistung und verbrennt sich selbst, wenn er mit seinen Gefühlen nicht umgehen kann. Eine eigentlich interessante Perspektive, und er macht auch eine interessante Entwicklung durch. Trotzdem war er mir total egal.

Vielleicht, weil er mir einfach unsympathisch war. Seine Selbstgefälligkeit hat mich zwischendurch nur angekotzt und in seiner Position ist es ja total verständlich, dass er so miesepetrig ist, trotzdem konnte ich mich nicht drauf einlassen. Das kann auch daran liegen, dass das Buch allgemein sehr krass und klischeebeladen ist. Drogen wandern hier durch die Gegend als wären sie nichts, und natürlich muss noch mal ein Seitenhieb gegen das Bouldern sein, ist jetzt ja gerade cool. Mir war das alles einfach zu gewollt, zu negativ. Außerdem war das Ende so wahnsinnig vorhersehbar.. Ich hab das Gefühl, dass das auch noch mal sehr viel für mich kaputt gemacht hat.

„wenn man sich auf der Überholspur befindet, stellt man dummerweise oft die Richtung nicht mehr infrage.“

Emma war mir dafür fast sympathisch. Sie ist eine intelligente Frau und hat einiges zu sagen - Leider war ihre Rolle hier sehr klar. Sie dient Ben zur Charakterentwicklung, hilft ihm auf und erklärt ihm das Leben. Viel mehr tut sie nicht, viel mehr ist sie nicht.

Trotz allem fand ich das Buch nicht schlecht! Es bietet eine andere Perspektive und ich liebe den Schreibstil von Max Osswald. So viele tolle Formulierungen und kluge Beobachtungen. Ich kam wirklich gut durch das Buch und bin, wie ihr merkt, total hin und hergerissen.

Ich würde das Buch gern empfehlen und ich bin mir sicher, dass es sehr vielen Leuten gefallen wird. Es war leider einfach nicht mein Buch, aber macht euch gern euer eigenes Bild! Ich hoffe auf jeden Fall auf ein weiteres Buch des Autors, dieses hatte ja einige gute Elemente.

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Veröffentlicht am 16.05.2022

Realistische und einfache Tipps für ein nachhaltiges Leben

Das Weltretter-ABC
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Nachhaltigkeit ist (zum Glück) ein immer größer werdendes Thema. Aber wie sieht Nachhaltigkeit aus? Was kann eine Privatperson tun? Und geht das auch günstig? Anne Weiss und Bettina Schuler widmen sich ...

Nachhaltigkeit ist (zum Glück) ein immer größer werdendes Thema. Aber wie sieht Nachhaltigkeit aus? Was kann eine Privatperson tun? Und geht das auch günstig? Anne Weiss und Bettina Schuler widmen sich diesen Themen ausführlich in Das Weltretter ABC und liefern ein umfangreiches Nachschlagewerk.

Das Buch ist nicht nur total hilfreich, es ist auch wunderschön aufgemacht. Die bunten Texte und tollen Illustrationen machen einfach gute Laune. Auf einigen Seiten gibt es kleine Dos & Don’ts, die noch mal einen guten Überblick geben. Da macht das nachschlagen gleich umso mehr Spaß.

Aber auch inhaltlich haben die beiden Autorinnen hier total meinen Geschmack getroffen. Gut sortiert widmen sie sich unterschiedlichen Themen, wie zum Beispiel Energie, Lebensmittel, Mode, Reisen, Tiere.. Aber auch Dinge, die einige vielleicht weniger auf dem Schirm haben, kommen durch Kapitel wie Computer, Politik und Sport nicht zu kurz.

Dabei erzählen sie nicht oberlehrerhaft, was alles zu tun ist. Sie erklären, wo genau die Probleme zum Beispiel bei Fleisch, Zahnbürsten und Fast-Fashion liegen und bieten praktische Tipps. Für Menschen, die sich schon länger mit Nachhaltigkeit beschäftigen, wird es wahrscheinlich weniger Aha Momente geben, trotzdem war ich sehr dankbar für einige Reminder und glaube, dass jede*r durch dieses Buch profitieren kann.

Zwischendurch gab es einige spirituellere Kapitel und oft auch die Aufforderung, sich selbst gut zu behandeln - Total sinnvoll, und es ist eine interessante Diskussion, ob Selbstfürsorge jetzt zur Nachhaltigkeit gehört. Ich persönlich finde das total wichtig, lese dann aber lieber direkt Bücher in diese Richtung, als das zwischendurch woanders ‚reingeklatscht‘ zu bekommen. Diese Themen finde ich dazu etwas oberflächlich gehalten. Mich hat das nicht total gestört, ich habe da aber doch eher quergelesen und hätte es nicht gebraucht.

Ich finde das Buch trotz der kleinen Kritik total toll und werde wohl noch öfter dazu greifen, um ein paar Dinge nachzulesen. Wenn wir alle einen Teil beitragen, können wir so viel erreichen, deshalb möchte ich euch das Weltretter ABC ans Herz legen. Vor allem denen, die vielleicht noch wenig Bezug zu dem Thema haben.

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Veröffentlicht am 12.05.2022

Bewegende Worte, die Hoffnung geben und Verständnis schaffen

Die Grenzen meiner Sprache
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Eva Meijer ist freie Philosophin und Autorin. Außerdem hat sie mit wiederkehrenden Depressionen zu kämpfen. Diesen widmet sie sich in Die Genzen meiner Sprache und findet Worte, die sehr Nahe gehen und ...

Eva Meijer ist freie Philosophin und Autorin. Außerdem hat sie mit wiederkehrenden Depressionen zu kämpfen. Diesen widmet sie sich in Die Genzen meiner Sprache und findet Worte, die sehr Nahe gehen und das Ausmaß dieser Krankheit verdeutlichen, aber auch Worte die heilsam sind.

Es fällt mir schwer, Worte für dieses besondere Buch zu finden. Es umfasst nur etwa 140 Seiten und bietet doch so viel. Eva Meijer erzählt nicht nur eindrücklich, von erdrückenden Gefühlen, für die sie starke und nachvollziehbare Worte findet, sie selbst lebt schon seit Jahrzehnten mit diesen wiederkehrenden Gefühlen und genau das ist es, was mich so bewegt hat. Dass es nicht ‚nur‘ eine kurze Episode ist (Was schlimm genug ist), sondern dieses konstante. Diese Krankheit, die das ganze Leben bestimmt und jeden Moment wieder um die Ecke kommen kann und den Blick auf das Leben total beeinflusst.

“Ich war fest entschlossen, in Gang zu bleiben, und agierte wie eine Maschine, mit Maske bei sozialen Interaktionen, in Müdigkeit schwimmend - es ist Schwerstarbeit, rege zu bleiben, wenn die Erde viel stärker an dir zieht, als normal.”

Aber sie findet auch immer positive Worte. Nicht diese fake scheiße, bei der ich nur die Augen verdrehen kann. Kraft zieht sie aus ihrem kreatives Schaffen, Tieren und Bewegung. Sie gibt den Kampf nie auf, auch wenn er an einigen Tagen besonders sinnlos erscheint, und gibt interessante Impulse.

Ihre eigenen Gedanken bringt sie dabei wundervoll klar zu Papier und lässt immer wieder Philosophen und andere Schriftsteller zu Wort kommen, wenn sie zum Beispiel über Themen wie Suizid, Wahnsinn und das Existieren schreibt.

“Wenn du irre bist, kannst du dir selbst nicht mehr trauen. Nur du selbst kannst aber der Kompass für dich sein, und wenn sich dessen Naldel immerzu im Kreis dreht, kommst du stets weiter von deinem Ziel ab, wohin du auch gehst.”

Ein wunderbares Buch, dass das Thema Depressionen näher bringt und Betroffenen Kraft geben kann.

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