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Veröffentlicht am 15.09.2016

"Die Schande der Lebenden" von Mark Billingham

Die Schande der Lebenden
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Inhalt:

Ein renommierter Chirurg, eine attraktive Grenzgängerin, ein unberechenbarer Stricher, eine junge Kassiererin und eine verbitterte reiche Dame: Fünf Menschen, die unterschiedlicher kaum sein könnten, ...

Inhalt:

Ein renommierter Chirurg, eine attraktive Grenzgängerin, ein unberechenbarer Stricher, eine junge Kassiererin und eine verbitterte reiche Dame: Fünf Menschen, die unterschiedlicher kaum sein könnten, bilden einen Kreis. Sie alle sind Süchtige, die sich auf der Suche nach Hilfe zufällig begegnet sind. Jeden Montag treffen sie sich im selben Haus, um in der Gruppe Halt zu finden. In ihrer Mitte sitzt der Therapeut Tony De Silva, der selbst eine Vergangenheit hat. Ihm vertrauen die fünf ihre dunkelsten Geheimnisse an. Dabei gibt es eine eherne Regel: Nichts von dem, was zwischen ihnen besprochen wird, darf jemals nach außen dringen. Selbst als ein Gruppemitglied ermordet wird, halten die Überlebenden an dieser Übereinkunft fest - während die Ahnung wächst, dass einer von ihnen ein Mörder ist.

Eindruck:

"Die Schande der Lebenden" ist eine sehr interessant aufgebaute Geschichte. Wahnsinnig gut gefallen haben mir die verschiedenen Zeitebenen, denn das Buch ist in "Hier und Jetzt" und "Damals und Dort" geteilt. Zusätzlich gibt es noch Phasen, in denen ein Dialog stattfindet, zwischen zwei Personen in einem Gefängnis. Hierbei ist nicht klar, um wen es sich handelt und was die beiden verbindet. Eigentlich ein Buch nach meinem Geschmack, weil man sehr lange überhaupt nicht weiß wohin die Reise gehen soll.

Die einzelnen Personen lernt man nur sehr sehr langsam und auch nur sehr wenig kennen. Die Charaktere bleiben weitestgehend fremd und sind teilweise sehr anstrengend sind. Durch die distanzierte Darstellung fand kein Aufbau von Sympathie oder Antipathie statt. Eigentlich fand man jeden von ihnen - sogar den Therapeuten - früher oder später ätzend, aber trotzdem auch interessant genug um die Therapie zu begleiten. Fasziniert hat mich, wie eine Gruppe total kaputter Typen, die durch ihre Sucht eigentlich zu Einzelgängern geworden sind, zusammenhalten und mauern wenn es darum geht, dass "Nest" in dem sie sitzen und Halt bekommen, nicht zu beschmutzen.

Es blieb viel Raum für Spekulationen und um sich zusammen zu reimen, wer was wie und warum getan haben könnte oder auch nicht. Und alles was man sich zurecht gelegt hatte, brach am Schluss zusammen wie ein Kartenhaus, denn das Ende war überhaupt nicht abzusehen und wahnsinnig überraschend.

Fazit:

Eine eigentlich sehr gut aufgebaute und überlegte Geschichte, die aber doch - trotz spannender Handlung - sehr zäh zu lesen war. Ein wenig wie: Man hat ein tolles Rezept, man hat alle hochwertigen Zutaten zusammen aber irgendwie will die Mischung nicht gelingen und der Teig nicht aufgehen.

Schade aber dennoch von mir 3,5 Sterne.

Veröffentlicht am 15.09.2016

"Und damit fing es an" von Rose Tremain

Und damit fing es an
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Inhalt:

Gustav Perle ist ein zurückhaltender Mann. Er wuchs in den 1940er-Jahren allein bei seiner Mutter Emilie in ärmlichen Verhältnissen im schweizerischen Matzlingen auf - und schon damals hat er ...

Inhalt:

Gustav Perle ist ein zurückhaltender Mann. Er wuchs in den 1940er-Jahren allein bei seiner Mutter Emilie in ärmlichen Verhältnissen im schweizerischen Matzlingen auf - und schon damals hat er gelernt, nicht zu viel vom Leben zu wollen. Als Anton in seine Klasse kommt, ein Junge aus einer kultivierten jüdischen Familie, hält mit ihm auch das Schöne in Gustavs Leben Einzug. Anton spielt Klavier, und seine Familie nimmt Gustav sonntags mit zum Eislaufen. Emilie sieht das nicht gerne, lebt sie doch in der Überzeugung, dass die Bereitschaft ihres verstorbenen Mannes, jüdischen Flüchtlingen zu helfen, letztlich ihr gemeinsames Leben ruiniert hat. Doch Anton ist alles, was Gustav braucht, um glücklich zu sein...

Eindruck:

"Und damit fing es an" - leider konnte mich das Buch so gar nicht mitnehmen. Eigentlich sollte es um die Freundschaft zwischen Gustav und Anton gehen. Jedoch ist mir hier das Wort Freundschaft viel zu hoch gegriffen, denn es handelt sich um eine einseitige Sache. Während Gustav an Anton hängt, verfolgt dieser ausschließlich seine egomanen Ziele. Anton nimmt, fordert und erwartet, sobald etwas dazwischen kommt, ersetzt er die "frei gewordene Stelle als Freund" einfach durch jemand Neues und er geht egosistisch seinen eigenen Weg.

Die Firguren in diesem Roman sind mir bis zum Schluss fremd geblieben - lediglich zu Gustav fand ich einen kleinen Bezug, bei dem ich auch irgendwie das Verhalten verstehen konnte. Sein Leben lang ungeliebt und von seinem Umfeld nur benutzt, konnte er sich nicht wirklich zu einer starken Persönlichkeit entwickeln.

Den Schreibstil empfand ich als distanziert, unbeteiligt und irgendwie fahrig, als wenn hier verschiedene Manuskriptentwürfe aneinandergereiht wurden. Die Autorin hat keine Möglichkeiten gelassen, die Figuren näher kennenzulernen und Sympathien aufzubauen. Und was der Auftritt des Colonel Ashley-Norton mir sagen sollten, blieb mir leider verborgen.

Richtig gestört hat mich das sehr reichlich behandelte Thema Sex. Was Ausdrücke wie Möse, ficken, vögeln und weiterhin die noch Sperma feuchten Laken an denen herumgeschnüffelt wurde, in einem solchen Buch zu suchen haben, frage ich mich immer noch.

Fazit:

Leider fehlte mir hier der rote Faden und die emotionale Tiefe, die ich mir für so ein Thema sehr gewünscht hätte. Die angepriesene Freundschaft zwischen zwei so unterschiedlichen Jungen und später Männern ist mir total abhanden gekommen. Interessant fand ich hier nur die bis heute andauernde Neutralität der Schweiz und wie dieses Land es bis heute schafft sich aus allem herauszuhalten.

Veröffentlicht am 15.09.2016

"Drachenreiter" von Cornelia Funke

Drachenreiter 1
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Fantasie - DAS ist es, was auf dieser Welt mehr zählen sollten !

Inhalt:

Für den Silberdrachen Lung und seine Artgenossen scheint es in der Menschenwelt keinen sicheren Platz mehr zu geben. So begibt ...

Fantasie - DAS ist es, was auf dieser Welt mehr zählen sollten !

Inhalt:

Für den Silberdrachen Lung und seine Artgenossen scheint es in der Menschenwelt keinen sicheren Platz mehr zu geben. So begibt er sich gemeinsam mit dem Koboldmädchen Schwefelfell und dem
Waisenjungen Ben auf die abenteuerliche Reise zum Saum des Himmels. Dort, verborgen zwischen den Gipfeln des Himalajas, soll die ursprüngliche Heimat und der letzte Zufluchtsort der Drachen liegen. Doch ihr gefährlichster Feind, das Ungeheuer Nesselbrand der Goldene, ist ihnen bereits auf der Spur.

Eindruck:

"Drachenreiter" hat mich schon auf der ersten Seite abgeholt und mitgenommen auf eine bezaubernde und verzaubernde Reise ins Land der Fantasie.

Der Kampf zwischen Gut und Böse, das Ringen um Macht, die Gier nach immer mehr und das Streben nach territorialem Besitz - das alles dargestellt in einem schönen Schreibstil, aufgemacht mit wunderschönen Zeichnungen und so lebendig erschaffenen Figuren, dass mir beim Lesen das Herz aufging. Cornelia Funke hat Fabelwesen und Menschen, reale Orte und Fantasiewelten liebevoll zusammen gebracht. Und mehr als einmal habe ich mich gefragt, ob ich einfach mehr die Augen öffnen muss und ob ich wohl meiner Fantasie wieder mehr freien Lauf lassen muss, um vielleicht einige dieser Fabelwesen zu entdecken.

Denn wer kann schon sagen, ob es nicht tatsächlich Elfen sind, die uns manchmal lenken und auf ihre Art versuchen Gefahren von uns abzuwenden. Wer weiß schon so genau, ob nicht ein Kobold dahinter steckt, wenn wieder Socken im Paralleluniversum der Waschmaschine verschwunden sind. Und hat wirklich schon einmal jemand versucht, den Saum des Himmels zu finden um herauszufinden, ob es doch noch Drachen gibt.

Lung, Ben, Schwefelfell und ihre Freund haben es jedenfalls geschafft, einen Teil des Bösen zu besiegen. Das ist vielleicht ein Tropfen auf dem heißen Stein, aber möglicherweise der Anfang einer viel größeren Sache, denn es zeigt:

Egal was wir sind, egal wie wir sind, egal an was wir glauben - wenn wir fest zusammenstehen, einander Vertrauen schenken und Vertrauen erhalten, dann kann ein Teil des Schlechten von dieser Welt verschwinden. Wenn der Mensch nicht ALLES für SICH beansprucht, wenn der Einzelne nicht nach ALLER Macht strebt und den Erwachsenen nicht im Laufe der Zeit die Fantasie verloren geht, dann ist für uns alle genug Platz, Raum uns zu entfalten und die Möglichkeit für einen spannenden und bereichernden Austausch.

Fazit:

"Drachenreiter" war mein erstes Buch von Cornelia Funke, ABER mit Sicherheit nicht mein Letztes. Kindern, Jugendlichen und jung Gebliebenen kann ich dieses wunderschöne Buch empfehlen, um sich mitnehmen zu lassen in eine Welt die so gewesen sein könnte, so ist oder so werden könnte.
Vielleicht sind die Fabelwesen ja wirklich um uns, wir müssen sie eben nur wieder entdecken.

Ich kann nur 5 Sterne vergeben, die dafür aber ganz klar !

Veröffentlicht am 15.09.2016

"La Vita Seconda" von Charlotte Zeiler

La Vita Seconda
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Zwei Schicksale - Zwei Zeiten - Eine Verbindung

Inhalt:

GEGENWART
Notarzt Mark rettet in letzter Minute eine junge Frau, die bei einem Autounfall schwer verletzt wurde. Täglich besucht er die im Koma ...

Zwei Schicksale - Zwei Zeiten - Eine Verbindung

Inhalt:

GEGENWART
Notarzt Mark rettet in letzter Minute eine junge Frau, die bei einem Autounfall schwer verletzt wurde. Täglich besucht er die im Koma liegende Frau, die in ihm verloren geglaubte Gefühle auslöst. Wird sie seine Zuneigung erwidern, wenn sie wieder aufwacht?

ANFANG DES 17.TEN JAHRHUNDERTS
Eine junge Frau findet sich auf einer staubigen Straße wieder. Ein fremder Mann nimmt sich ihrer an und führt sie in seine Familie ein, die sich rührend um siie kümmert. Aber kann sie den Leuten trauen? Schließlich kann sie sich nicht mehr an ihr früheres Leben erinnern...

Welche Rolle spielen die französische Königin Maria de Medici und der flämische Maler Peter Paul Rubens in dieser Geschichte? Gibt es einen Zusammenhang zwischen einem goldenen Ring, der Botticelli-Venus und dem Großherzog der Toskana?

Jede neue Antwort wirft neue Fragen auf...

Eindruck:

Charlotte Zeiler nimmt den Leser mit auf eine sehr geniale Reise durch Gegenwart und Vergangenheit. Die jeweiligen Zeiten sind durch schöne Kapitelüberschriften gekennzeichnet. So ist die
Gegenwart klar und gerade, erzählt wird die Geschichte aus einer neutralen Perspektive.
Die Vergangenheit ist verschnörkelt überschrieben und wir erfahren die Geschichte in der Ich-Form aus der Sicht von Franziska.
Wie ich finde richtig pfiffig umgesetzt und das habe ich so auch noch nie gelesen.

Sehr raffiniert und extravagant eingeflochten die "Intermezzi", die für mich als Klebstoff dienten, auf dem ich die Puzzleteile der Gegenwart und Vergangenheit zusammensetzen und halten konnte.
Auch das eine Idee, die mir noch in keinem Buch über den Weg gelaufen ist und die ich persönlich grandios finde.

Die Personen sind liebevoll und lebendig beschrieben, SO, dass ich nicht sagen kann, welcher von den Hauptakteuren mein Liebling geworden ist. Ich habe mit den Frauen gelitten und gehoff. Mit den Männern um ihre Liebe gekämpft.

Die historischen Hintergründe und Orte sehr toll recherchiert und beschrieben, dass man sich teilweise gleichzeitig zu Hause, geborgen und abgestoßen fühlte.

Fazit:

"La Vita Seconda" - eine Zeitreise der besonderen Art, ohne überzogen, kitschig oder aufgesetzt zu sein und mit der Bestätigung, dass es mehr zwischen Himmel und Erde gibt, als wir uns erklären können. Und zum Glück auch nicht erklären müssen, wenn wir in der Lage sind, uns auf magisches und mystisches einzulassen, denn dann finden wir am Ende zu uns selbst.

Veröffentlicht am 15.09.2016

"Der nie abgeschickte Liebesbrief an Harold Fry" von Rachel Joyce

Der nie abgeschickte Liebesbrief an Harold Fry
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Inhalt:

Als Queenie Hennessy erfährt, dass ihr früherer Kollege Harold Fry auf ihren Abschiedsbrief hin durch ganz England zu ihr ins Hospiz läuft, reagiert sie schockiert: Er bittet sie, auf ihn zu warten.
Aber ...

Inhalt:

Als Queenie Hennessy erfährt, dass ihr früherer Kollege Harold Fry auf ihren Abschiedsbrief hin durch ganz England zu ihr ins Hospiz läuft, reagiert sie schockiert: Er bittet sie, auf ihn zu warten.
Aber wie soll sie denn warten? Sie ist schließlich todkrank. Doch dann beginnt Queenie, einen weiteren Brief an Harold Fry zu schreiben. Während er auf seiner Wanderung ist, wird sie ihm ihre Geschichte erzählen. Und die Wahrheit, die er nicht kennt.

Eindruck:

Es ist die Erleichterung des Gewissen einer todkranken Frau auf dem Sterbebett. Die Geschichte einer jahrzehntelangen in sich selbst verborgen gehaltenen Liebe und das Geheimnis über die Beziehung und den letzten Tag im Leben von David, Harolds Sohn, über das sie bisher geschwiegen hat. Und die Offenbarung eines einsamen Lebens heraus aus Schuldgefühlen, Aufopferung und Selbstzweifeln.

Queenies Geschichte über ihr Leben, ihre Liebe und ihr Sterben ist berührend, bedrückend und traurig, doch die Lebendigkeit und Warmherzigkeit mit der die Patienten, die Schwestern und der
Alltag in einem Hospiz beschrieben sind, verleiht diesem Buch auch eine humorvolle Seite und nimmt ein wenig den Schrecken der letzten Reise.

Seite 199 - Schwester Mary Inconnue zu Queenie:
"Der Himmel und die Sonne sind immer da. Was kommt und geht sind die Wolken."

Dieser zweite Teil um Harold Fry und Queenie Hennessy ist für mich einmal mehr, Anstoß über die Einrichtung Hospiz und die wahnsinnig belastende aber wohl auch schöne Arbeit der Schwestern dort nachzudenken. All jenen die mit Fröhlichkeit, Einfühlungsvermögen und Liebe die Patienten bis zum Ende begleiten, gehört mein größter Respekt.

Fazit:

Eine berührende, belastende aber schöne Geschichte die für meinen Geschmack aber teilweise ein wenig langatmig geschrieben wurde, mir aber eigentlich sehr viel gegeben und gefallen hat.
Das Ende ist so unerwartet, hat mich aber dennoch überzeugt.