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Veröffentlicht am 24.05.2023

Emotionale Frauen-Geschichten aus felsigen Höhen

Bergfreundinnen
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Oft sind bergige Erlebnisberichte von oder über Männer geschrieben, als ob Frau nie einen Fuß in die Berge setzen würde. Doch das ist nicht so. Und das beweisen Kaddi, Toni und Katharina, sowie ihre zahlreichen ...

Oft sind bergige Erlebnisberichte von oder über Männer geschrieben, als ob Frau nie einen Fuß in die Berge setzen würde. Doch das ist nicht so. Und das beweisen Kaddi, Toni und Katharina, sowie ihre zahlreichen Interview-Partnerinnen im Buch "Bergfreundinnen".
Ausgehend vom erfolgreichen Podcast mit gleichem Namen, produziert vom bayrischen Rundfunk, schrieben die drei Autorinnen die Geschichten nun auf zum Nachlesen. Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass sie wirklich mit ganzem Herzen Bergfrauen sind. Teilweise dort aufgewachsen oder hineingewachsen. Jede hat ihre eigenen Lieblingshobbies am Berg, sei es Mountainbiken, Klettern, Skifahren oder Wandern. Diese Vielfalt kann man dann auch in den jeweiligen Kapiteln wiederfinden. Doch man oder frau braucht keine langweiligen Berichte über die verschiedenen Sportarten oder Berggegenden erwarten, sondern es werden nach Frauen-Themen sortierte Erlebnisse anschaulich und authentisch erzählt. So kann man zum Beispiel mit der in Not geratenen Katja mitfiebern, sich mit Katharina der Höhenangst stellen oder sich mit Kaddi über fiese Regelschmerzen während der Alpenüberquerung ärgern.
Es gibt ruhigere und auch sehr aufwühlende Episoden, die niemals langweilig zu lesen sind, sondern genau die Interessen, Zweifel und Hindernisse ganz speziell von Frauen, Müttern, Freundinnen, Neuanfängerinnen und Profi-Alpinistinnen ansprechen. Auch Frauen, die bisher wenige Kontakte oder Ambitionen zum bzw. für Bergsport hatten, werden gut unterhalten, denn es gibt keine unverständlichen Passagen mit Fachvokabular, sondern es wurde anschaulich und eben weiblich geschrieben. Sehr sympathisch und zum Weiterempfehlen.

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Veröffentlicht am 17.04.2023

Zum Hin- und Wegträumen

Kathmandu & ich
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Sven Jähnels Debüt-Roman ist ein wunderbarer Roman zum Wegträumen und ist toll für Leser, die Genre-Mischungen lieben. Wir erleben viel Reise-Abenteuer, eine gute Prise Romantik und vor allem eine tolle ...

Sven Jähnels Debüt-Roman ist ein wunderbarer Roman zum Wegträumen und ist toll für Leser, die Genre-Mischungen lieben. Wir erleben viel Reise-Abenteuer, eine gute Prise Romantik und vor allem eine tolle Freundschaftsgeschichte.

Erik ist zu Beginn der Geschichte ein ziemlich durchschnittlicher Typ und himmelt seit längerem heimlich seine gute Freundin Jule an. Diese steckt jedoch noch in einer wenig glücklichen Beziehung. Aus einer Schnapsidee heraus verabreden sie sich, gemeinsam mit vier weiteren Freunden zu einer Reise nach Nepal. Nepal sehen sie, vor allem Jule, als Reiseziel mit einem gewissen Charme, Charakter und vor allem etwas Nervenkitzel an. Nicht einfach das gut alte Allgäu, wo man weiß, was man bekommt.

Doch beschlossen ist beschlossen und los geht die Reise. Die Geschichte entwickelt sich chronologisch entlang der Reiseroute mit einigen Rückblicken in die persönlichen Erlebnisse der Charaktere. Diese sind allesamt sehr individuell gestaltet und man spürt, dass sie zu großen Teilen echten Freunden des Autors nachempfunden sind. Dies trifft sehr wahrscheinlich auch auf viele der, teils witzigen, teil gefährlichen Begebenheiten während der Reise zu. Wie oft blieb mir die Luft beim Lesen weg oder ich habe mich schmunzelnd mitgefreut.

Im ersten Teil reist man mit den Freunden durch einen Nationalpark samt Ausflug in den Dschungel mit gefährlichen Tieren. Danach folgt, der für mich markanteste Teil der Geschichte, nämlich die Wanderung rund um die Annapurna. Herausforderungen jeglicher Art, ziemlich viele Höhen und Tiefen, man ist gerne dabei und fiebert mit. Die Beschreibungen des Ausblicks auf die Berge, die lokale Bevölkerung und die zwischenmenschlichen Interaktionen haben den Roman für mich zu etwas besonderem gemacht.

Lediglich die Liebesgeschichte hätte in meinen Augen noch etwas stärker ausgeschmückt werden können. Ein bisschen mehr Prickeln und Herzklopfen hier und da hätte die Geschichte perfektioniert. Aber nichtsdestotrotz eine gelungene Erzählung, die man in einem Rutsch durchlesen möchte.

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Veröffentlicht am 06.03.2023

Eine Welt ist nicht genug

Morgen, morgen und wieder morgen
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Leider ist das reale Leben kein Spiel, das man, immer wenn man es braucht, von vorne starten kann. Diese harte Lektion lernen Sadie und Sam, die Hauptprotagonisten aus "Morgen, morgen und wieder morgen" ...

Leider ist das reale Leben kein Spiel, das man, immer wenn man es braucht, von vorne starten kann. Diese harte Lektion lernen Sadie und Sam, die Hauptprotagonisten aus "Morgen, morgen und wieder morgen" am eigenen Leib. Beide sind sie brillante Köpfe, kreativ und hoch-intelligent. Und doch sehr verschieden. Manchmal wirken sie wie eine Einheit, ein anderes Mal wie zwei entgegengesetzte Pole.
Sadie und Sam lernen sich zufällig im Spielzimmer eines Krankenhauses kennen. Der junge Sam, der jahrelang traumatisiert mit keiner Menschenseele gesprochen hat, findet durch Sadie und ihre gemeinsame Leidenschaft zu Games zurück ins soziale Miteinander. Und trotzdem verlieren sie sich bald darauf durch ein blödes Missverständnis oder Nicht-Gesagtes aus den Augen. Dieses nicht Aussprechen begleitet beide leider ihr ganzes Leben.

Genau diese nicht vorhandene Perfektion der Beziehung macht das Gespann für mich so real, dass ich das Buch kaum aus den Händen legen konnte. Die Sehnsucht und das Bedauern spiegelt sich in so vielen Leben wider, die eben in der Wirklichkeit oft kein Happy End finden. Sam ist ein total Nerd, der sich auch Gefühle am liebsten rational erklärt. "Die Zeit war mathematisch erklärbar; es war das Herz - also jener Teil des Gehirns, für den das Herz steht - , das Rätsel aufgab." Das macht ihn zwar sympathisch, aber oft denkt man sich einfach: oh Mann, jetzt gib dir einen Ruck.
Doch nicht nur die Hauptfiguren berühren. Gabrielle Zevin hat auch die Nebenfiguren so toll dargestellt, dass man sie spüren und mit ihnen mitfühlen kann.

Zevin beweist ihre große Kreativität und Gaming-Liebe in der Kapitel-Gestaltung. Und natürlich in den Entwürfen der Spiele, die Sadie und Sam im Laufe der Geschichte entwickeln. Total vertrackte, liebevolle, unangepasste Spiele. Man muss selbst kein Spieler sein, um der Geschichte folgen zu können. Aber es schadet definitiv nicht, von den ein oder anderen Spielen oder Spiel-Gestaltungen bereits etwas gehört zu haben.

Der große Sog, den die Story mit der Zeit entwickelt, eingebettet in die Game-Rahmen, schreit förmlich danach verfilmt zu werden. Obwohl sich Motivation und Hintergründe der Protagonisten erst mit der Zeit offenbaren, ist man von Anfang an dabei. Die Informationshäppchen sind gut dosiert, ebenfalls ausgewogen wechseln sich angenehme mit aufregenden Szenen ab. Einziges Manko in meinen Augen: eine Trigger-Warnung bezüglich Amok-Läufen wäre mehr als angebracht.

Für mich ist dieses Buch ein absolutes Highlight, gerade weil es die Grenzen der typischen Genres sprengt. Es ist sprachlich hervorragend, gar nicht platt, wie manche vielleicht bei dem Thema erwarten würden und vielseitig.
Absolute Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 07.12.2022

Geheimnisvolle Figuren in aufregendem Land voller Intrigen

Die Stadt aus Messing
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"Die Stadt aus Messing" ist ein anspruchsvolles Fantasy-Werk in einer eher seltenen und daher umso spannenderen Welt, die sich am Orient anlehnt und doch sehr individuell ist. Das magische Land Daevastana ...

"Die Stadt aus Messing" ist ein anspruchsvolles Fantasy-Werk in einer eher seltenen und daher umso spannenderen Welt, die sich am Orient anlehnt und doch sehr individuell ist. Das magische Land Daevastana ist der Welt der Menschen nicht ganz fremd und doch eine Art Parallelwelt. Nahri, die Hauptfigur, ist im Kairo der Menschen aufgewachsen und lebt als Straßenheilerin und Gaunerin. Bis sie eines Tages unverhofft einen Dschinn beschwört. Daraufhin muss sie aus der Stadt fliehen, da zwielichtige Gestalten sie und ihren neuen Verbündeten verfolgen. Lange Zeit wird man als Leser im Unklaren über die Ziele und Hintergründe der Figuren gelassen, trotzdem ist die Handlung von Anfang an spannend und die Figuren interessant.

Die erste Hälfte des Buches gestaltet sich als eine Art Road-Movie mit einigen magischen Elementen. Insgesamt bleibt die Magie in diesem Fantasy-Buch jedoch im Hintergrund. Ja die Figuren haben besondere Fähigkeiten, aber der Stil lebt viel mehr davon, dass es ein spezielles Worldbuilding gibt. Verschiedene Völkerstämme, Familien und mystische Wesen, die um die Vorherrschaft in Daevabad ringen. Die besondere Wesen sind an den vier Elementen Feuer, Wasser, Luft und Erde angelehnt. Es wird politisch, historisch und ein bisschen romantisch.

In der zweiten Hälfte geht es dann ans Eingemachte. Man lernt mehr von den Hintergründen, den möglichen Absichten der Parteien, die teils im Verborgenen, teils offen miteinander kämpfen. Generell werden die Kapitel aus den Sichtweisen der zwei Hauptfiguren geschrieben. Einerseits Nahri, die ich bereits erwähnt hatte, und Ali, dem jüngsten Sohn des Königs von Daevabad. Dieser Wechsel unterstreicht die verworrenen Handlungen, führt aber zu einem guten Spannungsbogen. Die Autorin hat glücklicherweise ihrem Roman einiges an hilfreichem Zusatzmaterial beigefügt. So helfen die Personenliste, ein Glossar und Karten den Überblick über die vielen Orte und Personen nicht zu verlieren. Trotzdem mag es für manchen zu herausfordernd sein. Mir hat es Spaß gemacht in die Welt einzutauchen.

Es gefiel mir gut, dass bei den meisten Figuren sowohl positive als auch negative Wesenszüge zum Tragen kamen und keiner eindeutig gut oder böse war. Wobei dies wohl auch zum einzigen Manko für mich führte, ich hatte leider nicht das Gefühl, die Figuren wirklich kennenzulernen. Die Identifikation war etwas schwierig. Diese Vielschichtigkeit führt auch dazu, dass einige Fragen in Band 1 nicht beantwortet werden. Weshalb für mich die Lektüre der folgenden Bände nicht in Frage steht. Schon allein weil die Cover und Buchrücken alle zusammen wunderschön aussehen.

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Veröffentlicht am 26.11.2022

Pflichtlektüre für Eltern

Meine Grenze ist dein Halt
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Nora Imlau ist eine sehr erfahrene und anerkannte Familien-Expertin, die sich dem Thema bedürfnisorientierter Erziehung widmet. In ihrem neuen Buch "Meine Grenze ist dein Halt" beschreibt und diskutiert ...

Nora Imlau ist eine sehr erfahrene und anerkannte Familien-Expertin, die sich dem Thema bedürfnisorientierter Erziehung widmet. In ihrem neuen Buch "Meine Grenze ist dein Halt" beschreibt und diskutiert sie aus diesem Blickwinkel wie wir aus den schwierigen Situationen, in denen Kinder mit dem Kopf durch die Wand wollen, heraus kommen ohne uns selbst zu verausgaben.

Es geht um elterliche und kindliche Bedürfnisse, was brauchen wir alle: Liebe, Kommunikation, Anerkennung, usw. Das brauchen sowohl Kinder als auch Erwachsene. Wie schaffen es die Eltern auf Augenhöhe mit dem Kind zu sprechen? Der Text beschreibt viele Beispiele aus dem realen Leben und greift die Hauptthesen auf, gibt Leitlinien vor, wie das Familienleben harmonischer wird. In Übungen und mit Merksätzen kann man das Gelesene vertiefen und in den eigene Alltag übertragen. Trotzdem ist es sicher nicht einfach alles sofort erfolgreich umzusetzen.
Die Autorin geht jedoch auch nicht davon aus, dass jeder und jede mit einer idealen Ausgangsposition ausgestattet ist, also unendlich Zeit und Geduld für seine Kinder aufbringen kann, sondern es auch je nach Situation in Ordnung ist, einmal eine Grenzen aufzuweichen.
Optimalerweise wäre es ratsam, wenn beide Elternteile dieses Buch lesen, denn es wird auch darüber gesprochen, dass Grenzen verschiedener Personen unterschiedlich sein können. Und dies Kindern zu zeigen, nicht eine unüberwindbare Mauer darzustellen, ist vollkommen okay. Ebenso thematisiert Imlau das unterschiedliche Verhalten der Kinder zu den Eltern oder anderen Bezugspersonen. Oft wird die Mutter vorgezogen oder das Kind verhält sich der Mutter gegenüber weinerlicher oder "ungezogener" als gegenüber Erziehern in der Kita. Warum ist das so?
Insgesamt empfand ich das Buch als sehr hilfreich und möchte es so gerne vielen Bekannten und auch unbekannten Eltern empfehlen zu lesen. Das Familienleben wird mit diesem Wissen und den hilfreichen Tipps kinderfreundlicher und mit einer gewissen Anlaufphase auch entspannter für die Eltern, denn die Kinder werden darauf sensibilisiert, die elterlichen Gefühle und Bedürfnisse ebenfalls zu wahren. Nur bei manchen Themen hätte die Autorin noch konkretere Beispiele aufführen können. Besonders wenn es um die Kommunikation mit den Kindern geht.

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