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caro_phie

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.12.2023

So viel mehr, als der Klappentext suggeriert

Die Verletzlichen
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Ein Papagei, ein junger Mann, der sich mit seinen Eltern überworfen hat, und die Erzählerin – drei Figuren, die während des Corona Lockdowns in New York in einer Wohnung stranden. Eine amüsante Geschichte ...

Ein Papagei, ein junger Mann, der sich mit seinen Eltern überworfen hat, und die Erzählerin – drei Figuren, die während des Corona Lockdowns in New York in einer Wohnung stranden. Eine amüsante Geschichte über die anfänglichen Schwierigkeiten Altersunterschiede und Vorurteile zu überwinden hin zu einer vertrauensvollen Freundschaft. Das verspricht der Klappentext und das hält er auch, aber es geht um viel mehr als um diese liebevoll erzählte Geschichte über fallende Mauern zwischen Fremden in Zeiten allgemeiner sozialer Isolation.

Gekonnt verwebt Sigrid Nunez den Erzählstrang mit essayistischen Elementen. Realität und Fiktion verschwimmen und es entsteht das Gesamtbild einer Autorin (die namenlose Erzählerin oder doch Sigrid Nunez selbst?), die während der Coronapandemie versucht eine Schreibblockade zu lösen, die rastlos umherschweift, sowohl durch New York als auch in ihren Gedanken, auf der Suche nach Inspiration, nach einem Anfang für einen gelungenen Roman. Dabei streift sie größere Themen des Mutter- und Frauseins, des Alterns und Krisen vergangener und jetziger Zeiten fast im „Vorbeigehen“.

Sigrid Nunez scheint die Leser dazu herauszufordern sich auf ihre Erzählweise einzulassen, ihren Gedankengängen ohne Zweifel zu folgen. Mehr als einmal habe ich mich ertappt gefühlt, wenn Fragen in mir aufkamen, und Nunez diese zu erraten schien und gerade rechtzeitig auf subtile Weise beantwortete. Ich bin immer wieder gerne zu dem Buch zurückgekommen und oft hat die Autorin mir - mit ihrem feinsinnigen Humor und ihrer scharfen Beobachtungsgabe für die Widersprüchlichkeiten unserer Gesellschaft - ein Schmunzeln entlockt.

Dennoch würde ich das Buch nicht uneingeschränkt empfehlen. Gerade jene, denen eine handlungsgetriebene, geradlinige Erzählweise wichtig ist, sollten eventuell eher zu einem anderen Buch greifen. Auch mir fiel es teilweise schwer jedem von Nunez Gedankengängen zu folgen, gerade durch die vielen Verweise in die Literatur, die mir nicht alle bekannt waren. Trotzdem habe ich mich sehr gerne auf Nunez Erzählweise eingelassen und war insbesondere von ihrer Sprache und ihrem subtilen Humor begeistert.

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Veröffentlicht am 09.01.2024

Thematisch wie sprachlich für mich leider zu platt

Endling
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Artensterben, Pandemien, eine faschistische Regierung, verstärkte Grenzen innerhalb der EU und die neuerliche Unterdrückung von Frauen - es ist eine Dystopie, die Jasmin Schreiber zeichnet für das Jahr ...

Artensterben, Pandemien, eine faschistische Regierung, verstärkte Grenzen innerhalb der EU und die neuerliche Unterdrückung von Frauen - es ist eine Dystopie, die Jasmin Schreiber zeichnet für das Jahr 2041, in dem ihr neuer Roman spielt. Insektenforscherin Zoé kehrt das erste Mal seit dem pandemiebedingten Tod ihres Vaters in ihren Heimatort zurück, wo ihre Mutter, ihre Schwester Hannah und ihre Tante Auguste seit diesem Schicksalsschlag mit ihren ganz eigenen Problemen kämpfen: die Mutter Alkoholprobleme, Hannah augenscheinlich immer noch innerlich von Trauer zerfressen und die Tante, die seit Jahren das Haus nicht mehr verlässt, aus Angst vor Krankheitserregern. Das Verschwinden einer Freundin Augustes führt dazu, dass Hannah, Zoé und Auguste sich als ungewöhnliches Trio auf einen Road Trip begeben zu einem Dorf in Italiens Bergen, wo nur Frauen leben.

Liebevoll und mit viel Humor zeichnet Jasmin Schreiber ihre teils schrulligen Figuren in ihrem neuen Roman und büßt dabei dennoch nichts der Ernsthaftigkeit der vielen Themen ein, die sie in ‘Endling’ diskutiert. Insektensterben, die Erziehung von Mädchen und Trauerbewältigung sind nur einige der (heute bereits) relevanten Themen, für die sie wirklich starke Statements in ihrem Roman findet. Und dennoch finde ich, dass diese Statements fast im Strudel der Handlung untergehen. Zu viel will Jasmin Schreiber meiner Meinung auf zu wenigen Seiten. Es gab für meinen Geschmack zu viele Sidekicks die mich ablenkten und für mich den Lesefluss störten.

Wenn Jasmin Schreiber sich auf diese Themen konzentriert hätte, in denen sie teils ihre Stärke bereits in vorherigen Romanen bewiesen hat, wie beispielsweise Tod und Trauer in Marianengraben, hätte mir das Buch glaube ich deutlich besser gefallen, als in dieser sehr handlungsgetriebenen Geschichte, in der diese Themen und die zwischenmenschlichen Beziehungen zwischen den Charakteren eher oberflächlich angerissen bleiben.

Auch dann hätte ich mich aber wahrscheinlich noch an der Sprache gestört, die mir oft zu konstruiert und in Teilen platt vorkam. Die Ausdrucksweise, die für mich in ‘Marianengraben’ funktionierte, weil die Erzählerin in kindgerechter Sprache an ihren kleinen, verstorbenen Bruder wendet, wirkte für mich hier fehl am Platz.

Daher war ‘Endling’ für mich leider eher eine Enttäuschung. Wer allerdings Jasmin Schreibers Sprache generell schätzt und spannungsgeladene Geschichten gerne liest, wird hier sicher auf seine/ihre Kosten kommen.

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Veröffentlicht am 20.08.2024

Vielversprechendes Setting - und doch enttäuscht

Mitternachtsschwimmer
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Es ist der Frühling 2020, in dem es Evan in den kleinen Ort Ballbrady an der irischen Küste verschlägt - eine Auszeit von dem geschäftigen Leben in Belfast, aber vor allen Dingen von der Ehe mit seiner ...

Es ist der Frühling 2020, in dem es Evan in den kleinen Ort Ballbrady an der irischen Küste verschlägt - eine Auszeit von dem geschäftigen Leben in Belfast, aber vor allen Dingen von der Ehe mit seiner Frau, die seit dem plötzlichen Tod seiner Tochter nur noch aus gegenseitigem Schweigen und stillen Vorwürfen zu bestehen scheint.

Es soll eine kurze Auszeit sein - nur wenige Wochen. Doch durch den plötzlichen Einbruch der Corona-Pandemie werden aus Wochen Monate, in denen sich zwischen Evan und den Bewohnern von Ballbrady ein zartes Band der Freundschaft entspinnt - insbesondere zu Grace, der verschrobenen Vermieterin des Cottages. Grace, die sonst die Nähe zu anderen Menschen meidet und ihre ganz eigenen Wunden mit sich herumträgt.

Es ist ein Buch, das für mich auf den ersten Blick eine vielversprechende Sommerlektüre zu sein schien - vor der malerischen Kulisse der irischen Küste, die Roisin Maguire so bildhaft einzufangen vermag.

Aber die anfängliche Vorfreude hielt leider nicht lange an, denn mit jeder Seite wirkten die Charaktere für mich klischeehafter, Beziehungen zwischen und die Entwicklungen der einzelnen Charaktere zu zwanghaft auf zu wenigen Seiten umgesetzt, sodass mir die Handlung und die Konversationen an vielen Stellen unrealistisch vorkamen.

Mit Mühe habe ich das Buch beendet, aber gefesselt hat es mich leider nicht. Und so lege ich es ratlos beiseite und weiß nicht wohin mit dem Gefühl der Enttäuschung über ein Buch, das eine besondere Sommerlektüre hätte werden sollen.

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