Profilbild von cellonessa

cellonessa

Lesejury Star
offline

cellonessa ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit cellonessa über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.05.2018

Nette Geschichte für alle, die Jane Austen und das England des 19. Jahrhunderts lieben

Jane Austen - Jagd auf das verschollene Manuskript
0

Rachel und Liam, zwei Menschen aus der Zukunft, haben eine Mission: sie sollen durch die Zeit reisen, zurück ins England des Jahres 1815, Jane Austens Vertrauen gewinnen und so das Manuskript zu "The Watsons" ...

Rachel und Liam, zwei Menschen aus der Zukunft, haben eine Mission: sie sollen durch die Zeit reisen, zurück ins England des Jahres 1815, Jane Austens Vertrauen gewinnen und so das Manuskript zu "The Watsons" an sich bringen und für die Nachwelt retten.
Die Zeitreise gelingt tatsächlich, Rachel und Liam kommen auf einem Feld in Südengland wieder zu sich. Sie besorgen sich eine Unterkunft, stellen Bedienstete ein, treffen tatsächlich Jane Austen und ihre Familie, freunden sich mit ihnen an, ziehen später gar in ein kleines Cottage in Jane Austens Nachbarschaft. Das Ziel scheint zum Greifen nahe ... doch gleichzeitig wächst mit jedem neuen Tag die Gefahr, doch noch aufzufliegen, denn die Menschen dieser Zeit sind wachsam und misstrauisch. Und je tiefer der Kontakt zu den Austens wird, desto mehr stellt sich vor allem Rachel die Frage, ob es wirklich richtig ist, diesen Auftrag skrupel- und gewissenlos durchzuziehen, ob sie das wirklich kann und will, oder ob sie nicht lieber den Auftrag vergessen, im England des 19. Jahrhunderts bleiben und ihren Traum leben möchte.
Und dann ist da noch die Schwierigkeit, einander auf Dauer lediglich als Kollegen zu betrachten, wenn der Kontakt so intensiv und die Anziehungskraft so groß sind ...

*****

"Jane Austen - Jagd auf das verschollene Manuskript" ist ein nettes Buch für alle, die Jane Austen, England und historische Romane lieben. Auch Fans von Zeitreise-Romanen könnten Gefallen daran finden.
Die Handlung beginnt und endet mit der Zeitreise. Diese Passagen konnten mich persönlich deutlich weniger fesseln und begeistern als der Rest. Vor allem das Ende war mir zu modern, übereilt und konstruiert und konnte mich daher nicht überzeugen.
Den größten Teil der Geschichte nimmt glücklicherweise die Zeit im England des 19. Jahrhunderts ein: die Landung auf dem Feld, die Ankunft und das Einleben in London und auf dem Lande, der Alltag, die Bekanntschaft mit den Austens, deren Intensivierung, Freundschaft und anderweitige Gefühle sowohl zwischen den beiden Protagonisten als auch zwischen ihnen und den Austens ... man erfährt Einiges über die Austens, vor allem natürlich über Jane, ihr Leben und ihre Werke, die Hintergründe. Das hat mir sehr gut gefallen.
Kathleen Flynns Stil erinnert etwas an Jane Austen, wobei sie ihr natürlich nicht das Wasser reichen kann, sodass doch noch ein deutlicher Unterschied erkennbar ist. Insgesamt liest sich Flynns Geschichte aber doch recht authentisch und nett, wenngleich sie leider immer wieder Längen aufweist, die den Lesegenuss und -fluss etwas trübten. An solchen Stellen musste ich mich zwingen, Wort für Wort und Satz für Satz genau zu lesen, da ich die Neigung hatte, die langweiligeren Stellen zu überfliegen.
Das wurde dadurch verstärkt, dass die meisten Figuren leider bis zum Schluss ziemlich blass und distanziert blieben.
In jedem Fall ist es eine ruhig und bedächtig erzählte Geschichte mit ebensolchem Grundton. Es passiert nicht viel, Action und Spannung darf man nicht erwarten.
Es geht eher darum, ob es ihnen gelingen wird, das Manuskript in Janes Schlafzimmer zu finden oder es gar aus Freundschaft von ihr gezeigt zu bekommen, bevor sie auffliegen. Das ist relativ lange offen.
Und unterschwellig ist da immer die Frage: Was tun, wenn sie auffliegen?
Ebenso lange offen und insofern spannend ist auch, ob Rachel und Liam in der Vergangenheit bleiben oder ob sie wieder zurück in die Zukunft reisen werden, was das mit ihnen ist, ob und wie es weitergehen wird.
Aber das geschieht ohne sonderlich viel Tempo. Eigentlich ist da überhaupt kein Tempo.
Ich hatte -und das spricht klar für den Roman und seine Atmosphäre!- oft das Gefühl, mit Rachel, Liam und den Austens im Haus zu sein, alles hautnah mitzuerleben, das Leben in der Stadt, die Idylle und die Tage auf dem Land. Die Menschen, die Lebensweise, die Medizin dieser Zeit etc. Das alles hatte etwas meditatives, die Zeit schien stillzustehen, zumindest fühlte es sich absolut entschleunigt an. Es hatte oft etwas von einem Stillleben für mich.
Das hat mir extrem gut gefallen! Und das macht eindeutig den Reiz dieses Werkes aus.
Daher ist es richtig schade, dass das Buch mich aus den oben genannten Gründen dann doch nicht hundertprozentig fesseln, begeistern und überzeugen konnte.
3,5 Sterne, weil die Zeit im England des Jahres 1815 schön beschrieben und zu lesen war.
Ohne Längen, mit noch besser gezeichneten Figuren und einem besseren Ende wären es sicher volle 5 Sterne geworden!

*****

Fazit: Netter Zeitreise-Roman für alle, die Jane Austen und das England des 19. Jahrhundert lieben. Eine Geschichte, die viel Potenzial besaß, mich aber leider nicht komplett begeistern und überzeugen konnte.