Typisch Julie Klassen - aber auch überraschend anders!
Das Geheimnis von Belle IslandSüdengland im Jahre 1819: Der junge Anwalt Benjamin Booker soll einen Mord in London aufklären. Die Spur führt nach Belle Island, einer Themse-Insel. Die junge Isabelle Wilder soll die Täterin sein - was ...
Südengland im Jahre 1819: Der junge Anwalt Benjamin Booker soll einen Mord in London aufklären. Die Spur führt nach Belle Island, einer Themse-Insel. Die junge Isabelle Wilder soll die Täterin sein - was aber eigentlich gar nicht möglich ist, da sie unter einer Angststörung leidet und die Insel deswegen seit einem Jahrzehnt nicht mehr verlassen hat ... Dies ist nicht das einzige Mysterium in diesem Fall. Schon bald wird er immer undurchdringlicher, kann man nur noch schwer zwischen Realität und Traum unterscheiden, muss man sich fragen, wem man wirklich vertrauen kann - und wer einen die ganze Zeit lang belogen, in wem man sich grundlegend getäuscht hat. Und es wird nicht einfacher dadurch, dass auch noch Gefühle aufkeimen, die immer stärker werden ...
Der neue Roman aus der Feder von Julie Klassen ist einerseits gewohnt gut - andererseits aber auch sehr überraschend.
Ihr Stil ist gewohnt wundervoll. Die Atmosphäre ist durch den hier gewählten Einstieg in den Roman zu Beginn eher dezent, baut sich etwas langsamer als gewohnt auf, nimmt aber bald die bekannten und geschätzten Ausmaße an. Auch die Figuren sind wie immer absolut gelungen, detailliert und komplex gezeichnet.
Auch bezüglich der christlichen und religiösen Aspekte unterscheidet sich dieser Roman von seinen Vorgängern; diese Passagen werden in "Das Geheimnis von Belle Island" deutlich geringer dosiert, bleiben lange sehr im Hintergrund, nehmen erst gegen Ende mehr Raum ein. Das fand ich überraschend - aber dennoch war das Gesamtbild stimmig und ist es nicht so, dass man sagen könnte, dass diese Komponente einen deutlich zu geringen Anteil hat.
Diese Gewichtung liegt sicher auch an der Art von Roman, die Julie Klassen hier vorgelegt hat: Es ist nicht wie gewohnt die klassische Liebesgeschichte, der klassische historisch-christliche Roman, sondern es geht sehr stark in Richtung Kriminalroman. Die Liebesgeschichte zwischen Isabelle und Benjamin spielt lange eine eher untergeordnete Rolle, gewinnt erst am Ende mehr Raum, wird dann auch eher kompakt erzählt und abgeschlossen. Im Mittelpunkt steht klar dieser Fall und seine Aufklärung. Das muss man vielleicht mögen - aber es war definitiv etwas Neues, und da dieser Fall in gewohnte Strukturen eingebettet ist, dürfte kein Leser enttäuscht sein.
Kein bisheriger Roman von Julie Klassen weist einen solch hohen, kontinuierlich vorhandenen und sich kontinuierlich steigernden Grad von Spannung und auch Gefahr auf. Mir hat das sehr gut gefallen; es erhöht die Sorgwirkung dieses Romans sehr. Es gibt bis zuletzt viele Ungereimtheiten und offene Fragen sowie unvorhergesehene Wendungen und Auflösungen. Der Leser ist dadurch tief in dieser Geschichte drin, es kommt niemals auch nur Ansatzweise eine Länge auf.
Fazit also: Ein Werk, das einerseits typisch Julie Klassen, andererseits aber auch überraschend anders ist. "Das Geheimnis von Belle Island" schenkt dem Leser ebenso schöne wie spannende Lesestunden. Es ist ein Roman, der die Vorfreude auf Julie Klassen´s nächsten Roman, der in Cornwall spielt, weckt - und neugierig darauf macht, wie die kommenden Werke dieser Autorin aussehen werden; ob es sich nur um einen Ausflug in ein anderes Genre handelte oder ob hier eine neue Entwicklung beginnt ...