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Veröffentlicht am 10.02.2020

Ein Kleid das Hoffnung und Kraft zum Überleben gibt

Rückkehr nach Birkenau
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"Ihr seid nicht verantwortlich für das, was geschah. Aber dass es nicht wieder geschieht, dafür schon." (Max Mannheimer)
März 1944 die 19-jährige Ginette Kolinka wird zusammen mit Teilen ihrer Familie ...

"Ihr seid nicht verantwortlich für das, was geschah. Aber dass es nicht wieder geschieht, dafür schon." (Max Mannheimer)
März 1944 die 19-jährige Ginette Kolinka wird zusammen mit Teilen ihrer Familie nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Eine schreckliche Zugfahrt unter viel Hunger, Entbehrungen und Tod muss sie überstehen. Was sie nicht ahnt, ist das sie getrennt werden und nach der Trennung sich nie wiedersehen werden. Unter viel Hunger, Folter und Entbehrungen durchlebt sie die letzten Monate bis Kriegsende in Birkenau, ehe es zum Todesmarsch geht. Hunger, Kälte und die Angst vor dem Tod retten ihr durch viel Zufall das Leben. Unter anderem hat auch ein Kleid von Simone Veil ihr maßgeblich Hoffnung geschenkt. Lange konnte Ginette nichts von ihren Erlebnissen schildern, erst als man Zeitzeugen für Steven Spielbergs Film "Schindlers Liste" suchte, konnte sie sich öffnen. Heute begleitet sie Schulklassen an den Ort des Grauen und erzählt ihnen wie dieser Ort wirklich aussah und was dort geschah.

Meine Meinung:
Das eindrucksvolle Cover mit dem Kleid und dem Haupttor von Birkenau ist sehr bewegend. Ich wollte dieses Buch deshalb unbedingt kennenlernen, war jedoch etwas enttäuscht wegen der Kürze dieses Lebensberichts. Der Schreibstil zwar bewegend, doch eher etwas nüchterner gehalten wie ich es sonst von anderen Lebensberichte von Überlebenden kenne. Natürlich war Ginette Kolinka nicht so lange in Birkenau wie mancher andere Zeitzeuge. Trotzdem kann sie von wirklich vielen schrecklichen und brutalen Vorfällen berichten, die sie in dieser Zeit am eigenen Körper erleben musste. Das die inzwischen fast 95-Jährige aber auch ein paar Gedächtnislücken hat, kann ich sehr gut nachvollziehen und sie macht da auch keinen Hehl daraus. Trotz allem hätte ich mir ab und an ein bisschen mehr Tiefgang gewünscht. Irgendwie hat mich dieses Buch nicht so emotional bewegt, wie andere Lebensberichte, die ich zuvor gelesen habe. Am schlimmsten fand ich den Todesmarsch, den sie gegen Ende schildert und dessen Vorstellung mich alleine schon sehr erschüttert. Dass die Wiederkehr nach Birkenau ihr am Anfang Angst gemacht hat, kann ich sehr gut verstehen. Dass man als Besucher nicht mehr alles spüren und nachvollziehen kann, was dort passiert ist, kann ich eher nicht sagen. Bei meinem Besuch habe ich sehr wohl das Elend gespürt, was von diesem Ort ausgeht. Ich denke, wenn man mit offenen Ohren und Augen dort hingeht, dann spürt man sehr wohl, was von diesem Ort ausgeht. Zumal, wenn man so viel über den Holocaust gelesen hat wie ich zum Beispiel. Ich jedenfalls finde es gut, dass sie heute noch Schulklassen nach Birkenau begleitet. Auch wenn sie hier in diesem Buch eindrucksvoll von ihren Erlebnissen berichtet, hätte ich doch ein bisschen mehr als nicht mal 100 Seiten eines E-Books erwartet. Trotzdem berichtet sie hier, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, von einigem, was sie mitmachen musste. Ein bisschen mehr Emotionen und weniger Nüchternheit hätte dem Buch aber noch gutgetan. Deshalb von mir leider nur 4 von 5 Sterne.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 31.01.2020

Anschlag auf den Thronfolger und dessen Gemahlin

Der Attentäter
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"Dabei wird es ein schwerer Gang werden, ein Selbstmordkommando. Gewaltige Überwindung wird es kosten, darüber ist er sich im Klaren! Wer will schon sterben, auch wenn er ohnehin todgeweiht ist?" (Buchauszug)
Sarajevo ...

"Dabei wird es ein schwerer Gang werden, ein Selbstmordkommando. Gewaltige Überwindung wird es kosten, darüber ist er sich im Klaren! Wer will schon sterben, auch wenn er ohnehin todgeweiht ist?" (Buchauszug)
Sarajevo Juni 1914:
Thronfolger Franz Ferdinand und seine Gemahlin Sophie besuchen die Stadt. Es gibt das Gerücht, das Attentäter einen Anschlag auf den Thronfolger planen. Major Rudi Markovic vom Geheimdienst versucht alles, um Näheres zu erfahren, um notfalls das Attentat zu verhindern, damit es zu keiner diplomatischen Katastrophe kommt. Nach dem gelungenen Militärmanöver, möchte der Thronfolger und seine Gattin, mit einem Korso kurz vor der Abreise, noch dem Volk zujubeln. Dabei kommt es zu einem Attentat das Gavrilo Princip und weitere Gefährten angezettelt haben.


Meine Meinung:
Das düstere Cover mit der blutbesudelten Uniformjacke passt sehr gut zu der historisch belegten Geschichte. Der Schreibstil ist informativ, bestens recherchiert, unterhaltsam und mitunter ein wenig langatmig. Die Ermordung des Thronfolgers Franz Ferdinand war mir vom Geschichtsunterricht schon ein wenig bekannt. Das bei diesem Attentat jedoch auch seine Gattin Sophie, Mutter dreier Kinder ums Leben kam, war mir nicht mehr bewusst. Ulf Schiewe, Autor mehrerer historischer Bücher hat hier durch seine gute Recherche und dem vielen Hintergrundwissen, die letzte Woche vor dem Attentat in einen realistisch, fiktionalen Roman ausgearbeitet. Die fiktive Figur von Major Rudi Markovic mit seinem extravaganten Privatleben wird hier sehr gut hinzugefügt. Ich konnte mir dabei gut vorstellen, dass es genauso geschehen sein könnte. Natürlich wissen die meisten, dass dieses Attentat nicht gut ausgegangen ist und es schlussendlich durch die Ermordung zum 1. Weltkrieg gekommen ist. Trotzdem fiebert man besonders mit der sympathischen, warmherzigen Herzogin Sophie mit. Insbesondere der Verlust der Eltern für ihre Kinder ging mir besonders nahe. Interessant jedoch waren besonders die drei Handlungsstränge zwischen Täter, Opfer und Ermittler, die hier abwechselnd in Erscheinung treten. Dadurch bekam ich zu spüren, warum und mit welcher Wut die Täter dieses Todeskommando überhaupt gemacht haben. Ebenfalls die Opfer die mir sehr viel näher gekommen, als ich es in jeglichem Geschichtsunterricht bisher erfahren hatte. Die cleveren Ermittler die unter Rudi Markovic zwar einen sehr gewieften, cleveren Mann hatten der jedoch leider, nicht gehört wurde. Ob es wohl daran lag, weil er Jude war? Man spürt zudem, wie naiv das Ganze damals ablief, das es zu solch verheerenden Fehlern kam. Heute würde sicher keiner mehr einen solchen Thronfolger unter diesen Bedingungen in einem Korso fahren lassen. Selbst wenn Herzog Franz Ferdinand vom eigenen Volk nicht gerade hochgeschätzt wurde, wirkte er auf mich recht menschlich und nicht unsympathisch. Besonders da er durch seine große Liebe zu Sophie und seinen Kindern hier auf mich viel sympathischer auftritt. Selbst die Täter der Mlada Bosna, die die Geheimorganisation Schwarze Hand angeworben hat und die gerade wegen ihrer Jugend hier ab und an ins Zweifeln kommen, lassen mich milde für sie stimmen. Sie konnten sich sicher nicht vorstellen, was das Ganze für Konsequenzen hatte. Der Epilog am Ende hat mich sehr gefreut, dazu die genaueren Anmerkungen des Autors, die noch sehr informativ waren. Trotz allem hat das Buch mitunter ein paar Längen, die man sicher hätte kürzen können, darum von mir 4 1/2 von 5 Sternen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 31.01.2020

Dänischer Täter führt zu einem alten Cold Case Fall

Cold Case - Das verschwundene Mädchen
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"Es ist schwer, Menschen loszulassen, die ohne Abschied aus dem Leben verschwunden sind." (Visual Statements)
In Schweden wird eine Frau vergewaltigt und brutal getötet. Diese Tat gibt den schwedischen ...

"Es ist schwer, Menschen loszulassen, die ohne Abschied aus dem Leben verschwunden sind." (Visual Statements)
In Schweden wird eine Frau vergewaltigt und brutal getötet. Diese Tat gibt den schwedischen Beamten zunächst Rätsel auf. Die ersten Spuren am Tatort bringen eine Übereinstimmung zu einem Serienvergewaltiger aus Dänemark, dem sogenannten Valby Mann. Ein dänischer Profiler hilft Tess Hjalmarsson der schwedischen Expertin für Cold Case Fälle und ihrem Team, er setzt sie in Kenntnis, was sie von dem Täter bisher wissen. Eigenartig ist nur, dass eine der Spuren auch zu einem alten Cold Case Fall von Tess Team führt. Die 19-jährige Annika ist vor 16 Jahren nach einer Party spurlos verschwunden. Leider wurden in diesem Fall bisher keine nennenswerten Ergebnisse erzielt. Doch Tess möchte Annika Mutter endlich mitteilen, was mit ihrer Tochter damals wirklich geschah. Wird die Suche nach dem Valby Mann, ihnen neue Erkenntnisse zu Annikas Verschwinden bringen? Und hängen die beiden Fälle wirklich zusammen?


Meine Meinung:
Ein düsteres Cover mit einem einsam gelegenen See und die spannende Leseprobe machen mich neugierig auf dieses Buch. Der erste Fall der neuen Cold Case Reihe aus Schweden hat nach der Leseprobe eine gewisse Neugier in mir geweckt und ich erhoffte mir ein spannendes Buch. Leider wurde ich jedoch ganz und gar enttäuscht. Der Schreibstil war oft sehr eintönig, belanglos und meistens ohne jegliche Spannung. Wer also erhofft, dass es nach dem starken Anfang, spannend und interessant weitergeht, der wird sicher größtenteils enttäuscht werden. Die Autorin driftet viel zu oft in belanglose Nichtigkeiten, wie das teils chaotische Privatleben ihrer Charaktere ab. Ich finde es ja schön, wenn man etwas von den Protagonisten erfährt, die in so einem Team sind, jedoch hier war es meiner Ansicht nach des Guten zu viel. Ständig erfuhr ich über die Beziehungsprobleme der homosexuellen Tess, die Schwangerschaftsprobleme ihrer Kollegin Maria und vieles mehr. Dazu wurden einige Szene begonnen, jedoch nicht mehr weiter ausgearbeitet oder gar viel zu verwirrend wiedergegeben, wie z. B. der Maulwurf im Team, von dem man nachher nichts mehr erfährt, ein dänischer Profiler den man sich hätte eigentlich sparen können, da er so gut wie gar nicht in der Geschichte vorkommt. So bekam ich im Laufe des Buches immer mehr Fragen, von denen am Ende einiges offenblieb. Die Charaktere selbst, waren zum Teil entweder total nichtssagend, sodass man sie hätte gut weglassen können oder sie wurden so ausschweifend beschrieben, sodass es für mich schon fast zu viel war. Mich interessierten zum Beispiel nicht ständig, welche Probleme Tess mit ihrer Ex-Freundin hatte oder mit ihrer jetzigen Partnerin, schließlich möchte ich ja einen Thriller lesen und keine Liebesgeschichte. Auch das Aufgreifen des Serientäters aus Dänemark war für mich total unrealistisch dargestellt. Wie kann es sein, dass ein Täter in Dänemark, jahrelang Frauen vergewaltigen kann und kaum ist er in Schweden aktiv, tappt er der Polizei ganz simpel in eine Falle? Da könnte man ja fast annehmen, die dänische Polizei wäre zu dumm gewesen. So waren die Szenen öfters verwirrend, ebenso war der Zusammenhang der beiden Fälle nicht völlig klar dargestellt worden, zudem hätte für mich der Cold Case Fall noch viel deutlicher im Vordergrund stehen sollen. So hat mich dann am Ende die Auflösung nicht gerade zufriedengestellt und zudem noch einige meiner Fragen nicht beantwortet. Ich kann ehrlich gesagt nicht verstehen, das Schwedens renommierteste Kriminalreporterin, so ein schwaches Debüt abliefert. Ich jedenfalls werde keine Fortsetzung dieser Reihe mehr lesen, da ich wenig Neues von ihrem Schreibstil erwarten würde. Hätte ich das Buch nicht in einer Leserunde gelesen, ich hätte es sicher nicht beendet, sondern vorzeitig abgebrochen, darum kann ich leider nur 2 von 5 Sterne geben.

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  • Spannung
  • Cover
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  • Handlung
  • Erzählstil
Veröffentlicht am 20.01.2020

Man sollte lernen, rechtzeitig loszulassen

Meistens kommt es anders, wenn man denkt
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"Sein Leben in den Griff bekommen kann nur der, der es loslässt" (Anke Maggauer-Kirsche)
Nele Wilkens hat genug von Männern, nachdem sie von ihrem Freund Tobias enttäuscht wurde und deshalb ihren Job wechseln ...

"Sein Leben in den Griff bekommen kann nur der, der es loslässt" (Anke Maggauer-Kirsche)
Nele Wilkens hat genug von Männern, nachdem sie von ihrem Freund Tobias enttäuscht wurde und deshalb ihren Job wechseln musste. Jetzt möchte sie sich erst einmal ganz in ihren neuen Job bei einer PR-Agentur hineinknien. Dort soll Nele eine Kampagne für Politiker Hofmann-Klasing betreuen, dessen Werteskala für die anstehende Wahl nicht gerade positiv ausfällt. Kein Wunder, den der Politiker ist kein einfacher Mensch, wie Nele schnell feststellt. Zum Erstaunen Neles, haben ihre Eltern beschlossen die langen Jahre der wilden Ehe hinter sich zu lassen und zu heiraten. Und dann ist da noch Neles Bruder, der an Trisomie 21 geborene Lenny, der frisch verliebt ist in Mia. Er möchte gerne eine eigene Wohnung und als Tierpfleger arbeiten. Nun soll ausgerechnet Nele hinter dem Rücken ihrer Eltern ihn dabei unterstützen. Bei all diesem Chaos verliebt sich dann Nele ausgerechnet in ihren neuen Chef Claas Maurien. Dabei hatte sie sich doch vorgenommen nie mehr etwas mit jemand von der Arbeit anzufangen.


Meine Meinung:
Das schöne bunte Cover passt sehr gut zu der lebenslustigen Fortsetzungsgeschichte. Der Schreibstil ist flüssig, locker und einfach, sodass ich recht schnell ins Buch eingetaucht bin. Dadurch das dieser Roman die Fortsetzung von "Wenn's einfach wär, würd's jeder machen" ist, kannte ich ja Nele schon ein wenig. Es ist schön, dass ich nun etwas mehr über Nele, Annikas Freundin und Mitbewohnerin aus der WG erfahre. Schade das die Freundschaft mit Tobias so abrupt geendet hat und Nele deshalb einen neuen Job suchen musste. Dass sie einen Bruder hat, mit Downsyndrom wusste ich ja durch den letzten Band noch nicht. Lenny hat es nicht gerade einfach durch seine Behinderung, besonders weil ihn seine Eltern und Nele nicht loslassen möchten. Lenny gehört zu den wenigen Trisomie 21 geborenen Menschen, die recht selbstständig und relativ gut im Leben zurechtkommen. Natürlich braucht er weiter Unterstützung, jedoch spürt man hier, dass er sich selbst vieles zutraut, wenn man ihn nur lässt. Leider sind nicht alle Betroffenen so wie Lenny, es gibt auch einige die gar nicht eigenständig leben können. Von daher darf man sich jetzt hier durch Lenny kein falsches Bild dieses Gendefekts machen. Trotzdem finde ich schön, dass die Autorin in diesem Roman die Themen Behinderung, Inklusion und Selbstständigkeit aufgreift. Zudem finde ich es toll, dass sie hier zeigt, dass diese Menschen ein Recht haben auf Eigenständigkeit und sie sich genauso verlieben dürfen. Dass Eltern dabei aufpassen müssen solche Kindern überzubehüten, ist sicher nicht gerade einfach. Von daher fand ich es bemerkenswert, dass Petra Hülsmann sich so ein Charakter ausgesucht hat. Manchmal habe ich sogar das Gefühl, das Lenny der Hauptcharaktere Nele den Schneid abkauft. Humorvoll und durchaus auch ernst geht es wieder in diesem Buch zur Sache. Ich habe mich besonders gefreut wieder etwas von Annika, Sebastian und Kai zu erfahren. Auch Knut der knuffige Taxifahrer der für jeden den passenden Spruch auf Lager hatte, durfte diesmal nicht fehlen. Zudem hat mir die Hündin Sally gefallen, die dem ganzen noch einen besonderen Flair gibt. Das schließlich alles auf die Liebe hinausläuft und sich nicht auf das Thema Behinderung war natürlich klar. Nele und Claas fand ich sehr sympathisch dargestellt, genauso wie Lenny. Unsympathisch dagegen war mir sofort Neles Kollege Julius, der sie total ausnützt. Und der Politiker Hofmann-Klasing der gegen Ende bei mir noch Sympathiepunkte sammelte, als er Lenny half. Alles in allem ein netter unbekümmerter Roman, zum Nachdenken, bei dem ich lachen konnte und dem ich 5 von 5 Sterne gebe.

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Veröffentlicht am 17.01.2020

Ich lächle weil ich glücklich bin, weil ich das Leben liebe

Auschwitz # 34207
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"Sie töteten sie, die Kinder ... Hunderte und Hunderte von ihnen. Sie brachte sie einfach um, weil sie keine Verwendung für sie hatten. Sie schlugen sie. Sie töteten sie. So wie Tiere ... das habe ich ...

"Sie töteten sie, die Kinder ... Hunderte und Hunderte von ihnen. Sie brachte sie einfach um, weil sie keine Verwendung für sie hatten. Sie schlugen sie. Sie töteten sie. So wie Tiere ... das habe ich mit eigenen Augen gesehen, was sie da getan haben." (Aussage Joe Rubinstein)
In der Nacht vom 30. April 1942 klopfte es an die Tür der Familie Rubinstein. Als der 21-jährige Joe öffnet, wird er mit hundert anderen Juden nach Auschwitz deportiert. Joe hatte bis dahin niemand etwas getan, er war ein junger Mann wie viele anderen und trotzdem ereilte ihn ein fürchterliches Schicksal. Abtransportiert in einem Viehwaggon muss er Fürchterliches mitmachen, eher er in Auschwitz ankommt und dort die Nummer 34207 verpasst bekommt. Dass er diese damalige Nacht in der Kälte, bekleidet nur mit Unterhemd, Pyjamahose und nackten Beinen überlebt hat, grenzt schon an ein Wunder. Nie verliert er die Hoffnung, auch wenn die Misshandlungen und Qualen noch so schlimm sind. Sein Glaube an Gott, die Zuflucht im Gebet, sein eiserner Lebenswillen und die Liebe zu den Menschen, die er zurücklassen musste, geben ihm in dieser Zeit die Kraft zum Überleben. Doch der Gedanke an seine Familie und was mit ihr geschehen ist, quält ihn noch heute.


Meine Meinung:
Ein nachdenkliches und vom Alter gezeichnetes Gesicht erblickt mich auf dem Cover dieses Lebensberichts. Als ich den Klappentext und die Überschrift las, war mir klar, dieses Buch muss ich unbedingt lesen. Der einfühlsame, emotionale und lebendige Schreibstil macht es mir einfach in die Geschichte von Icek Jakub Rubinsztejn, dem späteren Joe Rubinstein einzutauchen. Eine Lebensgeschichte wie ich sie schon einige gelesen habe, und trotzdem ist jedes Schicksal ein wenig anders und jedes bewegt mich wieder aufs Neue. Ich bin fassungslos, wie man Joe in dieser einen Nacht einfach so abholt, ohne das er sich von seiner Familie verabschieden, geschweige den sich was anziehen durfte. Dass er die Nacht auf dem Lastwagen in der Kälte überlebt hat, war schon für mich ein Eingreifen Gottes. Genauso wie die Zugfahrt, bei denen viele Menschen in seinem Waggon gestorben sind. Wie menschenunwürdig die SS damals war, erschüttert mich jedes Mal aufs Neue. Männer die wahrscheinlich selbst Familie und Kinder zu Hause haben erschlagen Kinder, so das Joe diesen Anblick noch heute vor Augen hat. Was Joe in Auschwitz und anderen Lagern erlebt, ist einfach unfassbar und er stand mehr als einmal kurz vor dem Tod. Doch Gottes Plan für Joe ist ein ganz anderer, sicher hat er ihm deshalb zum richtigen Zeitpunkt geholfen. Seine Gebete und der Gedanke an die Familie zu Hause hat ihm oft die Kraft gegeben weiterzuleben, wenn er eigentlich nicht mehr mochte. Schön ist es, dass er nach Kriegsende gute Freunde gefunden hat und die Familie Gusenda kennenlernt. In diesem Buch bekomme ich Einblick in das Leben von Joe Rubinstein, der durch den Holocaust nicht nur seine gesamte Familie verlor, sondern selbst Schlimmes erleben muss. Nancy Sprowell Geise interviewt Joe, recherchiert vieles zu den Zusammenhängen der Familie und sucht Nachweise. Joes Geschichte beweisen die vielen Nachweise am Ende des Buchs. Dort befinden sich zudem Endnoten, die Chronologie der Familie und eine detaillierte Aufführung von Konzentrationslagern und einigen Personen, die im Buch erwähnt werden. Außerdem ist Bildmaterial vom Museum Yad Vashem und dem Holocaust Memorial Museum im Buch enthalten. Bewegend für Joe war, dass man in diesem Zusammenhang drei Bilder seiner Familie gefunden hat. Der inzwischen hochbetagte Joe lebt mit seiner wunderbaren Familie in den USA, doch die Vergangenheit ist noch immer schmerzlich für ihn. So ist die Autorin bisher eine von wenigen, der Joe einen solchen detaillierten Bericht seiner Vergangenheit erzählt hat. Dass seine Familie wahrscheinlich alle in Treblinka ums Leben gekommen sind, kann man bis heute nicht hundertprozentig nachweisen. Lediglich dass die alle Juden aus den Ghetto in Radom im August 1942 abgeholt und in das Vernichtungslager nach Treblinka gebracht wurden, fand man. Trotz allem, was Joe erlebt hat, ist er ein Mann geblieben, der die Menschen und das Leben liebt. Dieses Buch kann ich nur jedem empfehlen, der sich mit dem Holocaust, KZs und einem starken Glauben an Gott auseinandersetzen möchte. Den nicht nur Joe gibt hier ein Zeugnis seines Glaubens, sondern ebenso die Autorin selbst. Für mich der bewegendsten Lebensberichte, den ich nur empfehlen kann und dem ich 5 von 5 Sterne gebe.

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