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Veröffentlicht am 20.02.2024

Ein verhängnisvolles Wochenende

Verloren im Feuer
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"Falls du es nicht bemerkt hast, ich bin komisch. Ich bin ein Spinner. Ich passe mich nicht an und ich möchte nicht dazu passen." (Jughead Jonas)
Sarah zieht nach einem privaten, schweren Unglück von der ...

"Falls du es nicht bemerkt hast, ich bin komisch. Ich bin ein Spinner. Ich passe mich nicht an und ich möchte nicht dazu passen." (Jughead Jonas)
Sarah zieht nach einem privaten, schweren Unglück von der Kleinstadt Asheville in die Großstadt Charlotte. Hier will sie alles vergessen und neue anfangen. Seltsamerweise fühlt sie sich hier immer wieder verfolgt, unwohl und wird von Albträumen heimgesucht. Als ihre beiden neugewonnenen Nachbarn Jack und Tom für ein Wochenende in Toms abgelegene Hütte fahren, fragt Sarah, ob sie mitkommen kann. Nicht nur, dass es im See fast zu einem Badeunfall kommt, werden sie kurz darauf von einem Unbekannten überrascht. Warum dieser sie verfolgt hat, verheimlicht er ihnen vorerst. Doch die Lage wird angespannt und zusehends bedrohlich, bis es eskaliert und für jeden einzelnen zur tödlichen Gefahr wird. Wer wird diesen erbitterten Überlebenskampf wohl gewinnen und wem kann Sarah überhaupt noch vertrauen?

Meine Meinung:
Das geheimnisvolle Cover und der Klappentext haben mich auf Anhieb fasziniert. Dass man für dieses Buch starke Nerven braucht, stört mich dabei nicht im geringsten. Im Gegenteil, so ist wenigstens für Spannung gesorgt. Der Schreibstil ist unterhaltsam und der Spannungsbogen nimmt kontinuierlich zu. Leider bleiben die Charaktere ein wenig hinter meinen Erwartungen. Mir fehlt auf jeden Fall bei allen ein wenig der Tiefgang und bei Stalker Devin die richtige Motivation, warum er Sarah schaden möchte. Selbst die beiden Nachbarn bleiben recht oberflächlich und blass. Von allen hätte ich gerne noch mehr am Schluss mehr erfahren. Tom ist zurückhaltend und schüchtern, während der gut aussehend Jack doch eher offensiv und unverfroren ist und ich ihm nicht so ganz über den Weg traue. Die Gewaltbereitschaft dieses Thrillers ist vor allem ab der Hälfte extrem hoch, sodass ich verstehe, warum dieses Buch nicht sämtliche Leser begeistert. Vor allem gegen Ende zu empfinde ich einige Szenen dann schon etwas gewagt und übertrieben dargestellt. Die eine oder andere Aktion hätte ich jetzt nicht unbedingt gebraucht. Hier finde ich einen Abschnitt, den Sarah sehr persönlich trifft besonders heftig und unnötig. Die Charaktere sind wohlüberlegt, doch oftmals zu oberflächlich. Jedoch in Sarah kann ich mich gut hineinversetzen. Selbst wenn sie etwas zu sprunghaft, unberechenbar, leichtgläubig und mitunter exzentrisch auf mich wirkt. Bei Störenfried und Soziopath Devin gewährt der Autor uns zwar ein wenig Einblick, doch das war mir dennoch zu wenig. Das Setting mit der abgeschiedenen Hütte in den Bergen und dem See hingegen gefällt mir gut. Ich finde es nur ein wenig seltsam und vielleicht nicht ganz authentisch, dass ausgerechnet in dieser Wildnis die Handys funktionieren. Die Atmosphäre ist besonders im letzten Drittel höchst angespannt und temporeich. Die detaillierten Geschehnisse sind mitunter schon echt heftig zu lesen. Speziell das Entsorgen der Toten lässt selbst mich nicht kalt. Wie man das so herzlos machen kann, ist für mich unbegreiflich. Viele von den Ideen finde ich gut konstruiert, wobei es mir besonders die unerwarteten Wendungen in der Geschichte angetan haben. Folglich bleibt der Plot bis zum Ende unvorhersehbar und fesselnd, weshalb die Geschichte von mir 4 von 5 Sterne bekommt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 10.02.2024

Schuld und kann ich mir selber vergeben?

Die Schuld
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"Schicksalsschläge lassen sich ertragen, sie kommen von außen, sind zufällig. Aber durch eigene Schuld leiden, darin liegt der Schmerz des Lebens." (Oscar Wilde)
Während die Eltern ihren Hochzeitstag feiern, ...

"Schicksalsschläge lassen sich ertragen, sie kommen von außen, sind zufällig. Aber durch eigene Schuld leiden, darin liegt der Schmerz des Lebens." (Oscar Wilde)
Während die Eltern ihren Hochzeitstag feiern, soll die 15-jährige Alice O’Farrell auf ihren 4-jährigen Bruder Jason aufpassen. Doch dann beschmiert Jason Alice Zimmer mit Nagellack und sie ist stocksauer auf ihn. Während Alice versucht, ihr Zimmer wieder sauber zu bekommen, hört sie ungewöhnliche Laute aus dem Keller. Als sie nachschaut, findet sie ihren Bruder tot im angeschalteten Trockner. Ihre Eltern machen ihr zwar selbst keine Vorwürfe, doch das Familienleben verändert sich dennoch. Alice hält die Stille nicht mehr aus und haut von zu Hause ab. Sechs Jahre sind seit dieser Zeit vergangen. Eines Morgens wacht Alice betrunken neben ihrem toten Chef Terry Otis auf. Nachdem sie die Polizei verständigt hat, klopfen zwei Typen, die mit Terry Geschäfte machen, an die Tür seines Trailers. Als kurz danach die Cops eintreffen, kommt es zu einem tödlichen Showdown zwischen Polizei und Verbrecher. Alice schnappt sich das Geld und flieht, ohne zu ahnen, welcher Gefahr sie sich damit aussetzt.

Meine Meinung:
Das recht unscheinbare Cover kann mich nicht gerade überzeugen, doch ich halte mich sowieso lieber an Klappentext und Leseprobe. In Samuel W. Gailey Buch haben wir es mit einem ganz speziellen Krimi zu tun. Dabei geht es weniger um Ermittlungen und Ermittler, sondern eher um Verbrechen und dessen Auswirkungen. Der Schreibstil ist recht angenehm, unterhaltsam und das, obwohl er mitunter eine derbe, vulgäre Sprache an den Tag legt. Doch ich finde das nicht weiter schlimm und irgendwie gehört es zu so einer Gangstergeschichte. Der Plot selbst wird in zwei Handlungssträngen erzählt, was alles noch interessanter macht. Während wir im einen Strang mehr über Alice Vergangenheit erfahren, spielt die andere Handlung in der Gegenwart. Der Krimi selbst beginnt schon recht heftig mit dem Tod von Jason und dem Aufeinandertreffen von Gut und Böse. Der Autor geht hier teilweise extrem ins Detail, doch das stört mich selbst eher weniger. Mitunter habe ich beim Lesen sogar den Eindruck, in einem alten Gangsterfilm zu stecken. Was mich dagegen mehr stört, ist Jasons Unfall. Weil ich nicht glauben kann, wie ein 4-jähriges Kind einen Trockner schließen und einschalten kann, während er selbst drinsteckt. Allerdings als ich im Netz recherchiere, finde ich dann doch ein paar Einträge mit Trocknerunfällen von Kindern ähnlich wie hier beschrieben. Bei unserem Gerät jedoch würde das niemals funktionieren. Etwas übertrieben fand ich außerdem das Buchende. Hier gibt es einige Ungereimtheiten, die ich mir einfach von Alice schmächtiger Statur her nicht vorstellen kann. Doch ansonsten hat mir dieser Krimi sehr gut gefallen. Ich finde dafür, dass es sein erster Krimi gewesen ist, hat es der Autor hervorragend geschrieben. Sehr gut durchdacht sind im Übrigen seine Charaktere. In erster Linie faszinierend finde ich Alice mit ihrer belasteten, misstrauischen Art und dem Drang nach Alkohol tut sie mir schon extrem leid. Das Schicksal um ihren Bruder hat sie nie wirklich losgelassen, weshalb sie versucht, ihre Albträume in Alkohol zu ertränken. Ein weiterer imposanter Charakter ist der Drogenboss Sinclair, der schon alleine mit seiner kleinen Statur und der arroganten, klugscheißerisch Art extrem auffällt. Seine Hände selbst macht er sich nie schmutzig, dafür hat er ja Phillip, seinen kräftigen Fahrer und Handlanger. Doch noch beeindruckende finde ich Alice älterer Freund Elton, der für sie mehr wie ein Vater ist. Seine Liebe zu Alice und seine weisen Ratschläge finde ich wirklich signifikant. Zwar bleiben am Ende noch ein paar Fragen offen, die ich gerne gewusst hätte, doch ansonsten gebe ich dem Buch gute 4 von 5 Sterne.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 15.01.2024

Kinder die im Krieg evakuiert werden

Weil du meine Tochter bist
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"Wenn sie ihre Tochter nicht sehen konnte, würde sie diesen Krieg nicht überleben." (Buchauszug)
Liverpool 1935:
Beim Tanzen lernt die junge Viv Byrne, den Musiker Joshua Levinson kennen. Schnell kommen ...

"Wenn sie ihre Tochter nicht sehen konnte, würde sie diesen Krieg nicht überleben." (Buchauszug)
Liverpool 1935:
Beim Tanzen lernt die junge Viv Byrne, den Musiker Joshua Levinson kennen. Schnell kommen sich die beiden näher und als Viv bemerkt, dass sie schwanger ist, heiraten sie. Doch Vivs streng katholischem Elternhaus ist die Beziehung ein Dorn im Auge. Besonders ihre kaltherzige Mutter sorgt dafür, dass Joshua nach der Hochzeit verschwindet. Allein zurückgeblieben muss Viv nach der Geburt ihrer Tochter Maggie noch immer bei den Eltern leben. Als 1940 erlassen wird, dass Eltern ihre Kinder aus der Stadt in die Dörfer evakuieren sollen, fällt dies Viv sehr schwer. Soll sie wirklich zustimmen, ihre geliebte kleine Maggie wildfremden Menschen anzuvertrauen? Mit der festen Überzeugung, dass der Krieg schnell vorbei ist, gibt sie ihre Tochter zu Familie Thompson in Obhut. Der Schock kommt, als sie erfährt, dass von Maggie nach einem Bombenangriff jede Spur fehlt. Doch kann das sein, dass ihre geliebte Maggie nicht mehr lebt?

Meine Meinung:
Unsere Geschichte beginnt mit der Hochzeit von Viv und Joshua und der Feststellung, das er sie zwar heiraten wird, ihm jedoch seine Karriere als Musiker wichtiger ist als Familie und Kind. Wer dabei jedoch nicht unschuldig ist, das ist Vivs kaltherzige Mutter. Denn der passt eine Ehe mit einem Juden ganz und gar nicht. Mit viel Geld bestechen sie Joshua, damit dieser seinen Traum in Amerika ausleben kann. Zum Entsetzen Vivs und seiner Eltern nimmt er das Geld und verschwindet. Für mich war dieses Erlebnis nichts Neues, besonders in strenggläubigen katholischen Familien sind zu dieser Zeit Mischehen eine Sünde. Doch das man deshalb sogar den Schwiegersohn besticht, fand ich dann wirklich dreist und schockierend. Ich hätte nicht gedacht, dass selbst die Juden in England solche Schwierigkeiten haben. Ebenso überrascht bin ich von der Evakuierung der Kinder aus den Städten, die man extra aufs Land geschickt hat. Dies ist für eine Mutter sicher eine extrem schwierige Entscheidung, sich von der 4-jährigen Tochter zu trennen. Besonders wenn man nicht weiß, wie lange sie dortbleiben muss und ob sie ihr Kind zwischenzeitlich sehen darf. Hier zeigt die Autorin sehr gut, in welchem Zwiespalt sich die damaligen Mütter befanden. Es wird ein Kampf zwischen Liebe und Vernunft, wobei die Vernunft dann doch siegt, weil sie Angst um ihr Kind hat. Ebenso gut zeigt sie uns die Probleme zwischen den einzelnen Religionen, die selbst vor England nicht haltmachen. Zwar ist es nicht so schlimm wie im Nazideutschland, doch Konflikte gibt es auch dort. Joshuas Eltern dagegen sind das krasse Gegenteil, sie nehmen Viv an wie eine Tochter und unterstützen sie, wo sie können. Besonders nachdem Maggie weg ist und Viv Hilfe benötigt, weil sie von zu Hause auszieht. In wechselnden Handlungssträngen bekomme ich Einblick in das Leben von Viv, Maggie, so wie von Joshua in Amerika und als britischer Soldat bei der Royal Air Force. Ich erlebe eine emotionale Achterbahn zwischen Liebe, Ängsten, Zwiespalt, Trauer und Hoffnung und dazu interessante Charaktere. Was so ausführlich, gut und emotional beginnt, flacht zusehends gegen Ende viel zu schnell und extrem ab. Mitunter kommt mir besonders die 4-jährige Maggie zu verständnisvoll und erwachsen vor. Doch gerade das letzte Drittel, welches der Autorin so wichtig scheint und ihr am Herzen liegt, wird hier viel zu kurz abgehandelt. Verschwunden sind die Emotionen, ich erlebe nichts vom Zwiespalt der Kinder. Kein Trennungsschmerz, wenn sie ihre Pflegeeltern wieder verlassen müssen. Zwar wird dies alles im Nachwort beschrieben, doch in der Geschichte selbst bekommt es kaum mehr einen Raum. Meiner Ansicht nach hätte die Autorin lieber bei anderen Szenen abkürzen sollen. So jedoch kann ich dem Buch nur 4 von 5 Sterne geben.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 30.09.2023

Sehnsucht nach einem anderen Leben

Sehr blaue Augen
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"Die ganze Welt war sich einig, dass eine Puppe mit blauen Augen, blonden Haaren und rosa Haut genau das war, was jedes kleine Mädchen sich erträume." (Buchauszug)
In der Kleinstadt Lorain in Ohio wachsen ...

"Die ganze Welt war sich einig, dass eine Puppe mit blauen Augen, blonden Haaren und rosa Haut genau das war, was jedes kleine Mädchen sich erträume." (Buchauszug)
In der Kleinstadt Lorain in Ohio wachsen die Freundinnen Pecola und Claudia auf. Während Claudia jegliche blonden Puppen hasst und zertrümmert, sehnt sich Pecola nach blonden Haaren und den schönsten blauen Augen, die es gibt. Für sie ist dies das Schönheitsideal, das hierzulande Kinderstar Shirley Temple vermittelt. Allerdings wird der Herbst 1941 für Pecola eine ganz andere traumatische Erfahrung mit sich bringen, welches ihre Zukunft verändern wird. Mit dem Romandebüt von Toni Morrison bekommen wir einen Einblick, welche Auswirkungen Rassismus und Sexismus schon damals hatte.

Meine Meinung:
Ein Cover eines Mädchens ohne Augen gibt mir beim Betrachten Rätsel auf. Allerdings als ich das Buch gelesen habe, wusste ich, weshalb dieses Bild gewählt wurde. Dieser Roman ist Toni Morrisons erstes Buch, das sie im Jahre 1970 geschrieben hat. Für die Autorin selbst steht schnell fest, dass sie schwarze Literatur schreiben will, welches für ihre Hautfarbe steht und von den Problemen dieser Bevölkerung handelt. Zudem geht es dieser Geschichte insbesondere um das schon damalige Schönheitsideal, das unverkennbar blondes Haar, blaue Augen und weiße Hautfarbe hat. Zu dieser Zeit kommt auch Kinderstar Shirley Temple groß heraus, für welche die 12-jährige Pecola schwärmt. Morrisons lässt uns in zerrüttete und toxische Familien blicken, die im Gegensatz zu perfekten Familien mit liebevollen Eltern und einem schönen großen Hause stehen, das nicht alle haben werden. Besonders Pecolas Familie werden es wegen ihrer Hautfarbe nie so weit bringen, sondern müssen in ärmlichen Behausungen leben. Demzufolge sind diese Familien oft zerrüttet und wissen nicht, wie sie sich über Wasser halten können mit ihrem spärlichen Einkommen. Zusätzlich leiden sie an Unterdrückung, dessen Auswirkung auf ihr Selbstwertgefühl und natürlich auf die Familie hat. Selbsthass bis hin zu Missbrauch und Inzest wird in diesem Buch drastisch thematisiert und aufgezeigt. Deshalb leide ich mit Pecola mit, die nach einem traumatischen Ereignis einer schwierigen Zukunft entgegengeht. Die Autorin hat hier einige Passagen, die wirklich vor Poesie und Schönheit nur so strotzen. Doch dann wiederum haben mich einige Szenen verwirrt und sogar erschüttert. Auch heute noch kann man sicher vereinzelt ihr damaliges Bild von Familie noch immer unter dieser Bevölkerung sehen. Trotz allem fehlt es mir an einigen Stellen an Tiefe und Empfindungen, und es wird wegen der Kürze des Buchs einiges viel zu oberflächlich abgehandelt. Ich wünschte, sie hätte noch viel mehr über Pecolas Gedankenwelt geschrieben um, dem Buch noch mehr Stärke zu geben. Bedrückend finde ich, dass hässlich und schwarz zu sein, heute sicher noch immer viel zu viele Menschen so sehen. Das Buch zeigt nicht nur, was schwarze Kinder in jener Zeit alles erdulden müssen, sondern obendrein die Erwachsenen. Ob man allerdings alles so detailliert aufzeigen muss, weiß ich nicht. Trotzdem sollte man dieses Buch gelesen haben und von mir gibt es 4 von 5 Sterne dafür.

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  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 22.09.2023

Kann Liebe ein Herz kurieren?

Winterherz
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"Das schwere Herz wird nicht durch Worte leicht. Doch können Worte uns zu Taten führen." (Friedrich Schiller)
Es sind nur wenige Wochen bis Weihnachten, als der 14-jährige Wilhelm für 6 Wochen in ein Sanatorium ...

"Das schwere Herz wird nicht durch Worte leicht. Doch können Worte uns zu Taten führen." (Friedrich Schiller)
Es sind nur wenige Wochen bis Weihnachten, als der 14-jährige Wilhelm für 6 Wochen in ein Sanatorium weit weg von zu Hause muss. Keiner weiß, was mit seinem Herzen los ist und warum er immer wieder zusammenbricht. Niemals hätte er mit einem so großen Haus und Park gerechnet. Hier sollen lauter Kinder, wie er für 6 Wochen bleiben? Bei Liegebädern und einer Menge Disziplin lernt er schnell seine Mitbewohner kennen. Egon, der eine Verlobte hat und heimlich mit Hanteln trainiert, der warmherzige Milo und Leseratte Bruno, der Bücher über alles liebt. Doch am meisten fasziniert ihn die Schwesternschülerin Ilona, für die er sogar ein Buch liest und zum Rebellen wird. Erst Gefühle werden bei ihm entfacht, wären da nur nicht die Sorgen um Mutter.

Meine Meinung:
Das kindliche, warmherzige Cover stimmt einen sofort in die winterliche Atmosphäre dieser Geschichte ein. Allerdings täuscht dieses kindliche Cover, denn für mich ist diese Geschichte definitiv nichts für Kinder. Dadurch, dass zu viele Themen nur angeschnitten und leider etwas zu flach abgehandelt werden, finde ich es eher für Jugendliche und Erwachsene. Der Schreibstil ist unterhaltsam und ich kann mich sofort in Wilhelm hineinversetzen. Sein mulmiges Gefühl zu Beginn, die Ängste, die auf ihn zukommen, ob ihn die anderen Kinder wohl mögen werden? Erschütternd fand ich die Vorstellung schon, dass so viele schwerstkranke Kinder in einem Haus aufeinandertreffen und alle mit Herzproblemen. Dazu noch müssen sich die Kinder viel zu früh mit dem Sterben und Tod auseinandersetzen, ohne dass sie wirklichen seelischen Beistand durch die Schwestern und Ärzte bekommen. Im Gegenteil, viele von ihnen sind kühl und abweisend, nicht so dagegen die Schwesternschülerin Ilona. Was mag da in diesen jungen Kindern so vorgehen, die gerade erst so richtig ihr Leben genießen möchten, ihre erste Liebe kennenlernen und von der Zukunft träumen? Ein wenig vermittelt einem hier Wilhelms Geschichte von seinen Ängsten, Hoffnungen und Träumen. Leider spüre ich in Anbetracht der Schwere ihrer Erkrankung zu wenig Emotionen, zumindest haben sie mich nicht zu Tränen gerührt. Die bleiben hier ein bisschen auf der Strecke, was sicherlich an der Kürze des Buchs lag. Auch Themen wie häusliche Gewalt, Liebe, Autorität und Aufbegehren wurden zwar angeschnitten, doch meiner Ansicht nach nicht eindeutig genug. Dagegen fand ich das Setting mit dem unheimlich großen Haus und dem Park, der zu Luftbädern und Spaziergängen einlädt, beeindruckend. Auch die Gefahr, deren die jungen Patienten tagtäglich ausgesetzt sind, falls sie mal wieder über die Stränge schlagen, wird hier spürbar. Ebenso wie die Hierarchie und Strenge, die zur damaligen Zeit noch unter dem Pflegepersonal herrschen. Kein Wunder also, dass sogar so schwerkranke Kinder wie Wilhelm dagegen aufbegehren. So ein Sanatorium in der Form wäre heute sicherlich nicht mehr denkbar. Zwar gibt es noch immer Regeln in solchen Einrichtungen, aber weitaus kindgerechter als damals. Zwar gibt es noch immer Regeln in solchen Einrichtungen, aber weitaus kindgerechter als damals. Schön empfand ich das Ende, welches mit Überraschungen aufwartet. Von mir gibt es gute 4 von 5 Sterne dafür.

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