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Veröffentlicht am 01.08.2024

Zwischen zwei Familien

Und dahinter das Meer
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Als es im Zweiten Weltkrieg auch in London vermehrt zu Luftangriffen und Bombenalarm kommt, entschließen sich Millie und Reginald Thompson dazu, ihre elfjährige Tochter Beatrix zu einer Gastfamilie nach ...

Als es im Zweiten Weltkrieg auch in London vermehrt zu Luftangriffen und Bombenalarm kommt, entschließen sich Millie und Reginald Thompson dazu, ihre elfjährige Tochter Beatrix zu einer Gastfamilie nach Amerika zu schicken, wo sie eine Kindheit in Sicherheit erleben kann. Erst mit dem Gefühl, wie ein Paket abgeschoben zu werden, später mit einer gewissen Leichtigkeit und Selbstverständlichkeit im Schoße der neuen Familie aufgenommen zu sein, wächst Beatrix mit ihren neuen Brüdern William und Gerald auf. Fünf Jahre von Verdrängen und Vergessen lassen den Abschied Richtung Heimat am Ende des Kriegs nicht einfach werden.

Mit einem Rückblick Beas auf ihre Zeit bei der Gastfamilie, auf die unvergleichlichen Sommer auf einer privaten Insel, wo man den Krieg tatsächlich hat hinter sich lassen können, beginnt dieser wunderbare Roman und zieht ob seiner bildhaften Beschreibungen den Leser sofort in seinen Bann. Eher sachlich im Schreibstil, aber doch sehr liebevoll und mit viel Gefühl zwischen den Zeilen erzählt Laura Spence-Ash diese Geschichte rund um ein Mädchen, das in und gleichzeitig zwischen zwei Familien aufwächst. Die Blickwinkel unterschiedlichster Figuren geben einen umfassenden Eindruck über das Geschehen während des Kriegs und der vielen Jahre danach. Die Zeitsprünge sind gut gewählt und lassen nichts vermissen. Sämtliche Personen sind sorgfältig charakterisiert, nicht nur US-Mama Nancy mit ihren Backwerken und London-Mutter Millie, die ihre Tochter mehr liebt, als sie zu zeigen vermag, hat man sofort recht lebendig vor Augen, auch die Augenblicke unbeschwerter Kindheit schildert Spence-Ash sehr eindrücklich.

Das Leben besteht nicht nur aus Glück – „Die Gegenwart war unter dem Gewicht der Vergangenheit verschwunden.“ (kindle, Pos. 2476), aber auch nicht nur aus Bitterkeit. Ich kann dieses Buch über die unterschiedlichsten Wege der Protagonisten, insbesondere Beas Pfad dies- und jenseits des Meeres, nur wärmstens weiterempfehlen und verdiente fünf Sterne vergeben!

Veröffentlicht am 01.08.2024

Familientragödie

Glutmoor (Janosch Janssen ermittelt 2)
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Als Carina frühmorgens von ihrer Schicht im Krankenhaus zurückkommt, ist das Elternhaus auffällig still – Mutter, Vater, Bruder und Neffe sind mit Kopfschüssen hingerichtet worden. Kriminalhauptkommissar ...

Als Carina frühmorgens von ihrer Schicht im Krankenhaus zurückkommt, ist das Elternhaus auffällig still – Mutter, Vater, Bruder und Neffe sind mit Kopfschüssen hingerichtet worden. Kriminalhauptkommissar Janosch Janssen und Kriminaloberrätin Diana Quester bietet sich ein schrecklicher Anblick. Hat diese Familientragödie etwas zu tun mit der nahegelegenen Gedenkstätte für Grenztote, welche letzte Nacht besudelt worden ist? Grimmbach mit seinem Moor ist zum zweiten Male Schauplatz aufregender Ermittlungen.

Spannend und abwechslungsreich gestaltet sich dieser zweite Band rund um Janosch und Diana. Alte Vorfälle aus der DDR und eine Gruppe Rechtsradikaler könnten mit dem Familienmassaker zu tun haben, kaum jedoch folgen die Polizisten einer Spur, nimmt der Fall wieder völlig neue Abbiegungen. Auch diesmal wieder gelingt es Lars Engels, fesselnde Ermittlungen mit allerlei Privatem zu verquicken und den Leser bestens zu unterhalten. Ein schöner Schreibstil mit allerlei Bildhaftem zur Kulisse der typischen Rhöner Landschaft, einem Mosaik aus Streuobstwiesen, Äckern, Wäldern, Wiesen und Sümpfen, rundet die kriminalistische Handlung wunderbar ab, sodass es eine Freude ist, an den schwierigen Nachforschungen teilzuhaben.

Auch Band Zwei der Janosch Janssen – Reihe hat mir sehr gut gefallen, das Ende lässt uns nun warten auf weitere Episoden mit dem beiden charismatischen Hauptfiguren.

Veröffentlicht am 30.07.2024

Der Lehrer

Schatten über Salzburg
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Wir schreiben das Jahr 1993, Neonazis siedeln sich in einem leerstehenden Gutshof nahe Salzburg an. Nun beherrschen Glatzköpfe in Militärkleidung das Gelände, suchen willige Schüler vom nahen Gymnasium, ...

Wir schreiben das Jahr 1993, Neonazis siedeln sich in einem leerstehenden Gutshof nahe Salzburg an. Nun beherrschen Glatzköpfe in Militärkleidung das Gelände, suchen willige Schüler vom nahen Gymnasium, um die radikale Gruppe zu vergrößern. Einer der beunruhigten Anrainer ist der Lehrer Harald Schauer, sooft er aber intervenieren möchte gegen das nationalsozialistische Treiben, wird er von Polizei und Politik zurückgepfiffen mit den Worten: „Mischen Sie sich da nicht ein!“ Eine spannende Geschichte aufgrund wahrer Begebenheiten nimmt ihren Lauf …

Im Mittelpunkt dieses aufwühlenden und erschütternden Romans steht Lehrer Harald Schauer, Ende Dreißig, verheiratet, eine Tochter, die die erste Klasse im Gymnasium besucht. Sein Leben bietet keine besonderen Höhen und Tiefen, plätschert so dahin, geprägt von Deutschaufsätzen, Deutschaufsätzen, Deutschaufsätzen. Dies ändert sich drastisch mit den neuen „Bewohnern“ des Petersbrunnhofs, nicht nur Schauer sind die aggressiven jungen Menschen, vorwiegend Burschen, ein Dorn im Auge, aber niemand unternimmt etwas. Die Situation erinnert frappant an das Stück „Biedermann und die Brandstifter“, was natürlich insbesondere dem Lehrer für Deutsch und Geschichte auffällt.

Der Blick des Lehrers auf seine Umgebung, seine Schüler, Kollegen, Freunde und Nachbarn ist großartig. Humorvoll und gespickt mit Wortwitz sieht der Leser das Geschehen durch seine Augen, bildreiche Beschreibungen und gekonnte Vergleiche lassen jede einzelne Szene extrem realistisch werden. Etliche Lebenswege werden rückblickend betrachtet und fügen sich im Laufe der Zeit zu einem logischen Ganzen, das von vernachlässigten Kindern ebenso erzählt wie vom Jugoslawienkrieg 1992, von korrupten politischen Systemen, welche sich bis in den Schulalltag hineinziehen ebenso wie von realen Neonazigruppierungen. Blaikners Schreibstil passt hervorragend zur Handlung, zeigt auf sachliche Art und Weise große Problemfelder auf und steckt gleichzeitig voller Ironie, sodass das Lesen zum wahren Vergnügen wird.

Ein großartiges Buch mit historisch belegten Hintergründen – bestens zu einem überaus lesenswerten Roman verarbeitet. Ich empfehle „Schatten über Salzburg“ auf jeden Fall gerne weiter!

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Veröffentlicht am 28.07.2024

Wer zuletzt lacht

Wer zuerst lügt
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Evie Porter lernt Ryan Sumner kennen und zieht schon wenige Tage später bei ihm ein. Ein liebevoller, aufmerksamer Freund, eine phantastische Südstaatenvilla – ein Traum wird wahr. Aber halt! Evie ist ...

Evie Porter lernt Ryan Sumner kennen und zieht schon wenige Tage später bei ihm ein. Ein liebevoller, aufmerksamer Freund, eine phantastische Südstaatenvilla – ein Traum wird wahr. Aber halt! Evie ist eigentlich Lucca Marino und eine Trickbetrügerin, die sich nur aufgrund eines Auftrages von Mr. Smith, dem Boss, an Ryan herangemacht hat. Tragisch wird das Ganze, als bei einer Party plötzlich eine Frau auftaucht, die sich allen Ernstes Lucca Marino nennt und aus demselben Kaff kommt wie Evie. Täuschen und tarnen, lügen und lachen – wer lügt zuerst, wer lacht zuletzt?

Alles beginnt mit Evie, recht ruhig steigt man in die Geschichte ein, das Zusammensein mit Ryan wird interessant und gut vorstellbar beschrieben, bevor Spannung ins Geschehen kommt. Dazwischen gibt es immer wieder Rückblenden, welche bereits in den Kapitelüberschriften gekennzeichnet sind und Evies Weg als Trickbetrügerin nachzeichnen. Unterschiedlichste Alias-Namen und Aufträge muss sie annehmen, die detaillierte Ausführung wirkt allerdings alsbald langatmig und nimmt einiges von der Dramatik der Handlung weg.

Elstons Schreibstil liest sich angenehm, ihre Figuren charakterisiert sie prägnant und plastisch, insbesondere die Hauptfigur Evie / Lucca zeichnet sich durch eine gelungene Entwicklung aus, während ihr Freund und Helfer eher klischeebehaftet ist. Die Handlung selbst ist wendungsreicht und überrascht bis zum Schluss.

Ein eher unblutiger Thriller mit Überraschungen, der durch die gut gezeichnete Hauptfigur punkten kann.

Veröffentlicht am 28.07.2024

Wahnsinnige Wachau

Deine Wahrheit ist der Tod
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Nach dem Unfalltod ihrer Eltern erbt Klara das bekannte Weingut „Adam“ in der schönen Wachau. Ein Jahr lang lebt die 37jährige sehr zurückgezogen, bis sie zufällig bei einer Kunstausstellung Jonas trifft ...

Nach dem Unfalltod ihrer Eltern erbt Klara das bekannte Weingut „Adam“ in der schönen Wachau. Ein Jahr lang lebt die 37jährige sehr zurückgezogen, bis sie zufällig bei einer Kunstausstellung Jonas trifft und sich auf den ersten Blick in den feschen jungen Mann verliebt. Kurz darauf kommt Klaras Halbschwester aus London zu Besuch. Aber ihr Leben nimmt keine glückliche Wendung, nach der überraschend schnellen Hochzeit hört sie Stimmen auf ihrem Anwesen, sieht Bilder ihrer Mutter und riecht sonderbare Düfte, die es hier gar nicht (mehr) geben dürfte. Phantasiert sie, wird sie wahnsinnig oder spielt ihr einfach jemand einen Streich?

Zwischen Meer und Donau bewegt sich diese wunderbare, spannende Geschichte und hält nicht nur Klara, sondern auch den Leser auf Trab. Nach dem Prolog vor den Kanarischen Inseln geht es in die beschauliche Wachau, einem malerischen Fleckchen an der österreichischen Donau. Klara steht – wie auch im Rest der Handlung – im Vordergrund, bewältigt den schweren Verlust ihrer Eltern und heiratet Jonas. Ab diesem Moment steigt die Spannung, sonderbare Vorkommnisse überschatten den Alltag der jungen Weingutbesitzerin, alsbald fragt sie sich, ob die eigenartigen Briefe, die sie schon länger bekommt, mit der dunklen Gestalt am abendlichen Grundstück und der toten Katze im Pool zusammenhängen. Ist das alles real oder fällt sie auf das Trugbild ihrer Phantasie herein? Hinzu kommt, dass es Klara von Tag zu Tag schlechter geht, ohne dass ein medizinischer Grund ersichtlich wäre.

In bunten Bildern beschreibt Andrea A. Walter die Kulisse der Wachau und nimmt den Leser mit auf ein einladendes Weingut. Die Anzahl der Figuren ist wohl bewusst klein gehalten, dennoch hält man etliche, wenn nicht sogar alle von ihnen, irgendwann für verdächtig. Oder ist es doch Klara selbst, die an einer psychischen Erkrankung leidet? Spannend fliegen die Kapitel dahin, Walters Schreibstil ist flüssig und kommt ohne unnötige Schnörkel und Ausschweifungen aus. Gut platzierte kurze Informationen, die nicht zu viel verraten, sorgen schließlich für ein logisch aufgebautes und plausibles Ende des Ganzen. Bei mir kommt zwar kein Gänsehautgefühl auf, fesselnde Unterhaltung birgt die interessante Handlung an der Donau aber auf jeden Fall.

Schöne Landschaftsbilder, ein skurriler Fall und allerlei Rätsel, wer oder was Klara in den Wahnsinn treibt. Mir hat dieses Buch sehr gut gefallen, ich empfehle es gerne weiter.

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