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Veröffentlicht am 13.06.2024

Unfreiwillig

Dunkles Lavandou (Ein-Leon-Ritter-Krimi 6)
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Der Lenker eines Schweinetransporters ist erschüttert, als ihm eine vermeintliche Selbstmörderin von einer Brücke vor die Räder springt. Allerdings kommt dem Rechtsmediziner Leon Ritter die Sache spanisch ...

Der Lenker eines Schweinetransporters ist erschüttert, als ihm eine vermeintliche Selbstmörderin von einer Brücke vor die Räder springt. Allerdings kommt dem Rechtsmediziner Leon Ritter die Sache spanisch vor. Nicht alle Verletzungen können dem Unfall zugeordnet werden, vieles deutet auf Folter an den Tagen zuvor hin, der Sprung war womöglich gar nicht freiwillig.

Ein neuer, spannender Fall erreicht den Leser, zuweilen grausame Behandlungen junger, gefangener Mädchen, verquickt mit dem prachtvollen Lavandou mit seinen duftenden Pinien und alten Korkeichen, dem Rosé und dem weiten Meer. So nimmt der Autor dem Geschehen die ärgsten Spitzen der Brutalität und lenkt die Aufmerksamkeit auch immer wieder auf die schönen Dinge des Lebens und die Einzigartigkeit dieses wunderbaren Fleckens von Frankreich. Egal, ob man schon etwas aus der Reihe Leon Ritter gelesen hat oder nicht, rasch ist man gefangen von Remy Eyssens Zeilen, seine Art zu schreiben gefällt mir jedes Mal aufs Neue und lässt mich den Alltag rundum vergessen. Mit äußerst lebhaften Figuren, insbesondere dem charakterstarken, gelassenen Médecin Légiste (Rechtsmediziner), schafft der Autor eine glaubwürdige Atmosphäre. Der aufwühlende Fall bringt alle Ermittler an ihre Grenzen, besonders, weil bald auch die Tochter des Kultusministers verschwunden ist. Aber es wäre nicht Ritter, wenn er nicht auch diesmal die Polizei – und seine Lebensgefährtin Isabelle Morell, Capitaine der Gendarmerie nationale – tatkräftig unterstützen und auf die rechte Fährte lenken würde.

Wer gut durchdachte Krimis sucht und dazu eine tolle (Urlaubs)Stimmung, der liegt mit der Leon-Ritter-Reihe stets richtig. Alle Teile sind unabhängig voneinander lesbar, in sich abgeschlossen und gut verständlich. Mir liefern sie immer wieder beste Unterhaltung!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 10.06.2024

Morgen scheint die Sonne

Die Fischerhütte im Irgendwo
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Toms Leben ist freudlos geworden, er teilt eine Seite in seinem Notizbuch in zwei Hälften und schreibt Negatives und Positives auf, allein zu „positiv“ hat er kaum Ideen. Da ihm Campen immer Spaß bereitet ...

Toms Leben ist freudlos geworden, er teilt eine Seite in seinem Notizbuch in zwei Hälften und schreibt Negatives und Positives auf, allein zu „positiv“ hat er kaum Ideen. Da ihm Campen immer Spaß bereitet hat, bucht er kurzentschlossen einen vermeintlichen Glampingurlaub – und landet in einer einfachen Fischerhütte ohne Strom und Fließwasser.

Diese nette kurze Geschichte bringt wieder Farbe in Toms Dasein. Der sanft rauschende Wald, die tschilpenden Vögel, das klare Wasser des Sees rufen den jungen Mann zur Besinnung auf sich selbst, weitab von Trubel, Schnelligkeit und Internet. Der grüne Briefkasten vor der Holzhütte enthält an manchen Tagen hübsche Post aus Büttenpapier und grundlegende Fragen von G:. Ob dies ein Hinweis auf Glaube und Gott ist, oder ein Anstoß, seinen Gefühlen, seinem Herzen Raum zu geben, sei dahingestellt. Allerdings bieten diese Fragen auch dem Leser Gelegenheit, im Jetzt innezuhalten und darüber nachzudenken, wie zufrieden man gerade selbst ist. Ob man da und dort nicht vielleicht aus der Routine ausbrechen sollte, um andere Wege zu beschreiten. Heute fällt Regen, aber morgen, morgen scheint wieder die Sonne …

Ein liebevolles Märchen für Erwachsene, ein nettes Präsent, ein hübsches Büchlein für eine Reise zu sich selbst. Wenn alles nur noch neblig und grau erscheint, spenden oft die kleinsten Dinge wieder Farbe, wenn man nur genau hinsieht. Leider ist das gar nicht immer so einfach.

Veröffentlicht am 10.06.2024

Vom Erwachsenwerden

Das lügenhafte Leben der Erwachsenen
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Giovanna ist dreizehn, als sie zufällig hört, wie ihr Vater sie mit Tante Vittoria vergleicht. Diese ist boshaft und hässlich, weshalb kein Kontakt mehr zu ihr besteht. Neugierig geworden aufgrund der ...

Giovanna ist dreizehn, als sie zufällig hört, wie ihr Vater sie mit Tante Vittoria vergleicht. Diese ist boshaft und hässlich, weshalb kein Kontakt mehr zu ihr besteht. Neugierig geworden aufgrund der Kränkung, lernt Giovanna die ihr fremde Verwandte kennen und stürzt mitten in ein pubertäres Wechselbad der Gefühle.

Elena Ferrante nimmt kein Blatt vor den Mund, spricht unverblümt an, was sie meint. Der Gegensatz zwischen dem angesehenen Viertel Neapels, in dem Giovanna aufwächst und dem billigen, heruntergekommenen Flecken, welches Vittoria Heimat nennt, könnte größer nicht sein. Aber neben diesen Äußerlichkeiten gerät das junge Mädchen auch aufgrund etlicher anderer Erkenntnisse in ein gewaltiges Dilemma. Zwistigkeiten innerhalb der Familie, die derben Erzählungen der Tante, Gedanken, Gespräche und erste Versuche zum Thema Sex lassen Giovannas heile Welt zerbrechen. Das Drama des Erwachsenwerdens zeigt Ferrante schonungslos auf, erzählt die Geschichte des jungen Mädchens bis kurz nach dem 16. Geburtstag und endet nach endlosen Wiederholungen und vulgären, derben Redewendungen mit einem höchst abstoßenden, traurigen Bild.

Ein langatmiges Epos über die Wirren der Pubertät, mich spricht es neben der interessanten Grundidee allerdings nur bedingt an.

Veröffentlicht am 09.06.2024

Doña Dorothea

Das Land zwischen den Meeren
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Köln, 1848: Dorothea, 22, Tochter aus angesehenem Arzthause, verlobt sich heimlich mit dem nicht standesgemäßen Journalisten Alexander. Gemeinsam wollen sie nach Costa Rica reisen, aber das Schicksal hat ...

Köln, 1848: Dorothea, 22, Tochter aus angesehenem Arzthause, verlobt sich heimlich mit dem nicht standesgemäßen Journalisten Alexander. Gemeinsam wollen sie nach Costa Rica reisen, aber das Schicksal hat anderes vor, so begibt sich Dorothea schließlich allein in die Fremde. Was wird sie dort erwarten, in einem Land mit aufregender Flora und Fauna, in einem Land mit anderen Sitten und Bräuchen?

Chronologisch aufgebaut, mit genauen Zeitangaben versehen, so darf der Leser der jungen Hauslehrerin Dorothea in ihrer Geschichte folgen. Erst lernt man das sympathische Fräulein kennen und ihren Bekannten, den Charmeur Alexander; nach einem tragischen Vorfall ändert sich alles für Dorothea. Wir verlassen Köln und begeben uns auf eine kräfteraubende Reise nach Mittelamerika, wo unterschiedlichste Herausforderungen auf die Deutsche warten. Spannende und emotionale Szenen beherrschen das Feld, manches ist vorhersehbar, aber das Ende dieses imposanten Einstiegs in die Costa-Rica-Saga kommt völlig überraschend und schürt entsprechend die Neugierde auf den folgenden Band.

Paredes‘ schön dahinfließender Schreibstil, die schillernden Vögel, die farbenprächtigen Blüten fesseln den Leser und steigern die Wissbegierde zu diesem fernen und exotischen Land Costa Rica. Dorothea, inzwischen Doña Dorothea, hat es nicht immer leicht als Fremde, meistert die ihr begegnenden Schwierigkeiten aber immer wieder souverän.

Ein wunderschönes Buch mit exotischem Flair und einer starken, mutigen Frau, die ich sehr gerne auch auf ihren weiteren Wegen begleiten möchte. Eine Leseempfehlung für den Start dieser Saga!

Veröffentlicht am 07.06.2024

Mut durch Glauben

Die Vikarin
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Elly Haller aus dem deutschen Schwenningen wird 1938 nach Wien entsendet, um ihrer kranken Tante Julie zu helfen. Dort gewinnt sie in der Jüdin Lea Grünfeld eine liebe Freundin und lernt die „Schwedische ...

Elly Haller aus dem deutschen Schwenningen wird 1938 nach Wien entsendet, um ihrer kranken Tante Julie zu helfen. Dort gewinnt sie in der Jüdin Lea Grünfeld eine liebe Freundin und lernt die „Schwedische Mission“ in der Seegasse kennen, wo Theologin Margarete Hoffer regelmäßig Bibelstunden abhält. Als die Schikanen gegenüber der jüdischen Bevölkerung immer größer werden und schließlich auch Ellys Onkel treffen, kehrt das junge Mädchen wieder in seine Heimat zurück. Dort trifft Elly drei Jahre später abermals auf Margarete Hoffer, welche als „Vikarin auf Kriegsdauer“ in Schwenningen eingesetzt wird und sich der Fluchthilfe verschreibt.

Elly und ihre Familie liefern eine gelungene fiktive Rahmenhandlung für das Wirken von Margarete Hoffer, welche durch ihren Glauben und ihr Tun auch andere Menschen dazu inspiriert, nicht wegzusehen. Und das, obwohl ihre beiden Brüder für den Nationalsozialismus brennen. Umfassende Recherchen lassen etliche historische Figuren wieder lebendig, das Leid im Krieg spürbar werden. Und doch sind Menschlichkeit, Nächstenliebe und Hilfestellung selbst in solch herausfordernden Zeiten nicht überall ein Fremdwort. Hoffer und ihre Unterstützer in der Württembergischen Pfarrhauskette sehen sich allerdings nicht als Helden, sondern leben „nur“ das, was ihren Werten entspricht, auch wenn sie stets mit einem Bein im KZ stehen.

Kann man sich als Leser in diese Zeit hineinversetzen? Kann man ein Gefühl dafür entwickeln, ob man genug Mut aufbringen würde, um sich „auf die Seite der Verlierer“ zu stellen? Nun, das muss auch nicht sein. Es ist durchaus verständlich, wie Angst prägt und Menschen dazu veranlasst, sich anzupassen, nicht auffallen zu wollen. Aber vergessen, vergessen sollte man nie! Und genau das ist auch einer der Gründe, warum Brigitte Liebelt sich mit dieser Thematik beschäftigt, reale Schicksale aus Archiven gesucht hat, mit Nachfahren von Betroffenen gesprochen hat, um all das zu einer faszinierenden Geschichte rund um Vikarin Margarete Hoffer zusammenzustellen. Für meinen Geschmack fließt ein bisschen zu viel Politisches und Kirchengeschichtliches in die Handlung ein, dennoch sind die genannten Details nicht völlig uninteressant. Auch der Vikarin selbst hätte man ein wenig mehr Raum zugestehen können, zuweilen hat man das Gefühl, dass Elly allein die Hauptrolle im Geschehen einnimmt. Andererseits ist dadurch natürlich Hoffers positiver Einfluss sehr deutlich zu erkennen.

Stilistisch angenehm zu lesen, Kapitelanfänge sorgfältig mit zeitgenössischen religiösen Zitaten versehen und ein Geschehen, welches durch Personenverzeichnis und Nachwort bestens abgerundet wird – so kann dem Vergessen auf breiter Basis entgegengewirkt werden. Ich empfehle „Die Vikarin“ gerne weiter.