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Veröffentlicht am 21.04.2024

Entscheidungen

Sieben Sommer
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Liv ist Künstlerin und arbeitet nebenher noch in der urigen Bar in ihrem Heimatdorf in Cornwall, wo sie eines Sommers den ehemaligen Schulkollegen Finn wieder trifft. Er ist inzwischen Sänger in einer ...

Liv ist Künstlerin und arbeitet nebenher noch in der urigen Bar in ihrem Heimatdorf in Cornwall, wo sie eines Sommers den ehemaligen Schulkollegen Finn wieder trifft. Er ist inzwischen Sänger in einer Band und lebt in Los Angeles. Für kurze Zeit kommen sie einander näher, ein Unglück prägt jedoch diese Liebe. Ob sie hält oder vergänglich ist, wird sich zeigen, wenn Finn abermals in seiner Heimat urlaubt. Im siebenten Sommer tritt Tom in Livs Leben, aber auch er hält Geheimnisse bereit und so muss Liv eine schwierige, wenn nicht gar unmögliche Entscheidung treffen.

Warmherzig und voller Poesie lädt Paige Toon in eine Welt voller Künstler ein: Liv ist Bildhauerin, Finn Sänger und Tom gestaltet Flächen aus Sand und Stein. Dazu kommt die schroffe Küstenlandschaft Cornwalls, welche Livs Zerrissenheit perfekt widerspiegelt. Sie liebt Finn und sie liebt Tom, ein qualvolles Auf und Ab beginnt, einen Ausweg aus ihrem Dilemma scheint es nicht zu geben. Liebenswerte Charaktere hat Paige Toon mit diesem wunderbaren Roman erschaffen, am liebsten möchte man sich selbst mit den fröhlichen Mittzwanzigern anfreunden, mit ihnen tanzen und die Zeit genießen. Geschickt springt die Autorin zwischen den Sommern der Vergangenheit und dem aktuellen Sommer hin und her, beleuchtet nach und nach das Geschehen, in das der Leser erst schrittweise eintauchen kann. Ein Wechselbad der Gefühle erwartet einen mit diesem Buch, die Unsicherheit, ob Liv das Richtige tut, ist groß, noch größer aber die Unfähigkeit, zu entscheiden, wie man selbst an ihrer Stelle handeln würde. Berührende Szenen, großartige Einblicke in Familien- und Freundeskreise lassen einen kaum innehalten, stets fiebert man beim Lesen mit, wie es im aktuellen Jahr weitergeht und was in der Zwischenzeit schon geschehen ist. Die Annäherung an Livs Zwickmühle ist ausgezeichnet gelungen, ohne schwülstig oder kitschig zu werden. Auch wenn man denkt, die Geschichte sei unrealistisch, so kann ich mir sie doch sehr gut so vorstellen und spüre noch immer die Emotionen, welche sich durch Toons recht glaubwürdige Beschreibungen deutlich entwickelt haben. Freude und Trauer, Jubel und Niedergeschlagenheit liegen so nah beisammen, das zeigt sich hier ganz klar, ob die Liebe einen Weg findet, das muss man unbedingt mitverfolgen.

Sieben Sommer ist ein wunderschönes Buch, das durch Toons Sprachmelodie punktet und den Leser auf eine Achterbahn der Gefühle mitnimmt mit einem überraschenden und durchaus stimmigen Ende. Ich empfehle es sehr gerne weiter!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 20.04.2024

DDR - Flair

Das Schweigen des Wassers
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Mecklenburg, 1991: Hauptkommissar Grothe wird aus Hamburg zurückbeordert in seine Heimat und versieht als Aufbauhelfer Ost nun seinen Dienst in der Polizeiwache Wechtershagen. Der Bootsverleiher Siegmar ...

Mecklenburg, 1991: Hauptkommissar Grothe wird aus Hamburg zurückbeordert in seine Heimat und versieht als Aufbauhelfer Ost nun seinen Dienst in der Polizeiwache Wechtershagen. Der Bootsverleiher Siegmar Eck beklagt sich, verfolgt zu werden, zwei Tage später wird er tot am örtlichen See gefunden. Ertrunken, lautet die rasche Lösung des Falles, aber die Tatsache, dass Eck ein hervorragender Schwimmer war, lässt Grothes Bauchgefühl anderes vermelden. Rasch ist der Kommissar verstrickt in ein Netz aus Schweigen und Intrigen.

Hervorragend fängt Susanne Tägder das Flair der ehemaligen DDR ein, mit Frau Schulte, einer Tüte Schrippen, Plastebeutel und Nierentisch findet man sich als Leser sofort im Osten der beginnenden 1990er-Jahre wieder, in der Zeit kurz nach der Wiedervereinigung, welche geprägt ist von Entwurzelung, Misstrauen und Verunsicherung. Durch kluge Charakterisierung zeigen sich diese Merkmale in den handelnden Figuren, wodurch eine gewisse Düsternis und Fremdheit in der eigenen Heimat entsteht. Wie nebenbei fließt der Kriminalfall ins Geschehen ein, basierend auf einer wahren Begebenheit im Jahre 1979 in einem mecklenburgischen Dorf. Die Ermittlungen sind höchst interessant, fast noch faszinierender sind jedoch die Informationen zu Politik und persönlichen Schicksalen, welche nicht nur Hauptkommissar Grothe prägen. Ohne große Ausschweifungen konzentriert sich Tägder auf Wesentliches, beschreibt Gefühle und Stimmungen kurz und prägnant, ja beschränkt sich teilweise überhaupt nur auf Andeutungen, die die Hintergründe knapp ausleuchten. Die exakte Recherche zu Örtlichkeit und Zeit spürt man in jeder Zeile der Autorin, dass ihre Familie aus der Gegend des fiktiven Krimis stammt, trägt nicht unwesentlich zur Authentizität bei. Diesbezüglich gefällt mir das Interview mit Susanne Tägder zu Beginn des Buches sehr gut, es passt perfekt als Einstimmung.

Als Erzählzeit wird das Präsens gewählt, wodurch eine ganz besondere Atmosphäre entsteht, der Leser spürt die Enge des Ostens, eine gewisse Bedrücktheit und Distanziertheit, die sich auch auf die Ermittlungstätigkeit erstreckt. Ohne Grothes Hartnäckigkeit wäre der Tod des Bootsverleihers längst als Unfall zu den Akten gewandert, so jedoch entwickeln sich interessante, wenn auch eher träge dahin dümpelde Nachforschungen, die schlussendlich auch zu einem logischen Ergebnis führen.

Fazit: ein Kriminalroman, der vor allem durch den Schreibstil und durch die atmosphärischen Szenen punkten kann.

Veröffentlicht am 18.04.2024

Flower

Der Traum der Lady Flower
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Im Schottischen Hochland, 1485: Lady Flower ist die älteste Tochter von Clanführer Gregor MacKay und soll demnächst verheiratet werden. Durch ungünstige Umstände fällt es Cailan Sinclair zu, auf einer ...

Im Schottischen Hochland, 1485: Lady Flower ist die älteste Tochter von Clanführer Gregor MacKay und soll demnächst verheiratet werden. Durch ungünstige Umstände fällt es Cailan Sinclair zu, auf einer bevorstehenden Hochzeit einen passenden Kandidaten auszuwählen. Dabei ist gerade er selbst die heimliche Jugendliebe von Flower. Bald steckt die junge Dame in einem Dilemma, denn während sie im Sinne ihres Clans Freundschaften und Ländereien erweitern soll, möchte sie selbst nichts lieber als eine Ausbildung zur Heilerin absolvieren.

Bildreich und detailgetreu zeichnet Kristin MacIver die anschaulichen Szenen in diesem Buch. Anfangs dauert es vielleicht ein wenig, bis man sich mit den vielen keltischen Namen zurechtfindet, dann aber kann man perfekt eintauchen in die damalige Zeit, mitfeiern bei ausgelassenen Festen und Ruhe finden im Pferdestall. Recht eindrücklich sind die Figuren charakterisiert, allen voran natürlich Lady Flower mit ihrer Willensstärke und ihrer Liebe zu allen Tieren sowie Lord Sinclair, der als ordentlicher Schürzenjäger bekannt ist, aber auch eine schwere Last mit sich trägt. Etliche Wendungen und Überraschungen erwarten den Leser und sorgen für beste Unterhaltung mit der Atmosphäre einer längst zurückliegenden Zeit, welche sehr gut eingefangen worden ist.

Fazit: hinter dem wunderschönen Titelbild verbirgt sich eine lesenswerte Geschichte, welche nun neugierig werden lässt auf die Fortsetzung, in der es um Flowers jüngere Schwester River gehen wird. Ich freue mich schon darauf!

Veröffentlicht am 16.04.2024

Die Schwester

Schneeweißchen stirbt
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Weiterhin forscht Nora Rothmann nach Informationen zu den Grimm-Akten und dem Mörder ihrer Familie. Vertrauen kann sie niemandem mehr, jeder in ihrem Umfeld scheint verdächtig. Kann Fiona helfen, ihre ...

Weiterhin forscht Nora Rothmann nach Informationen zu den Grimm-Akten und dem Mörder ihrer Familie. Vertrauen kann sie niemandem mehr, jeder in ihrem Umfeld scheint verdächtig. Kann Fiona helfen, ihre Freundin aus Kindertagen, welche ihr wie eine Schwester war?

Spannend geht es weiter in Band Drei der Grimm-Trilogie, wieder gibt es Leichen und raffinierte Zusammenhänge zwischen den grausamen Original-Märchen der Gebrüder Grimm-Sammlung und den Morden rund um die Kriminalhauptkommissarin. Nicht nur ist sie eine Einzelkämpferin, auch die wenigen Personen, welche ihr zumindest ein wenig zur Seite gestanden haben, sind mittlerweile ausgetauscht, neue leitende Ermittler müssen sich erst einarbeiten oder wollen möglicherweise ebenfalls irgendetwas vertuschen. Hallers überaus einnehmender Schreibstil und seine eingehende Beschäftigung mit den Kinder- und Hausmärchen der Gebrüder Grimm lassen alles sehr lebendig werden und den Leser mitunter den Atem anhalten, wenn Nora zum wiederholten Male allein ausrückt. Lügen werden entlarvt, Geheimnisse aufgedeckt, das Tempo steigt bis zum grandiosen Finale, das so überraschend wie genial daherkommt.

Packende Lesestunden mit einem großartigen Thema, das verspricht die Grimm-Trilogie nicht nur, sondern hält es auch von Anfang bis zum Ende. Kann das Böse bekämpft werden, siegt das Gute? Am besten, man vertraut niemandem, sondern liest selbst!

Von mir gibt es jedenfalls eine Leseempfehlung für diesen Dreiteiler, den ich in kürzester Zeit einen Band nach dem anderen verschlungen habe.

Veröffentlicht am 15.04.2024

Der Vogel

Vöglein schweigt
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Weiterhin ist Nora Rothmann auf der Suche nach einem Mörder, welcher sich im Darknet als „Grimm“ ausgibt. Weder in ihrer Abteilung 34 beim LKA noch in der Mordkommission, Dezernat 11, nimmt man die fast ...

Weiterhin ist Nora Rothmann auf der Suche nach einem Mörder, welcher sich im Darknet als „Grimm“ ausgibt. Weder in ihrer Abteilung 34 beim LKA noch in der Mordkommission, Dezernat 11, nimmt man die fast fanatische Einzelkämpferin ernst, und so wühlt sie eben alleine weiter in alten Unterlagen und begibt sich damit bald selbst in Gefahr.

Diesen Mittelteil der Grimm-Trilogie sollte man keinesfalls für sich allein lesen, einiges wird zwar von Band Eins kurz wiederholt, aber das wahre Lesevergnügen erschließt sich wohl nur im gesamten Kontext. So spürt man auch hier wieder die Bedrohung, welche auf Nora wartet, die Überraschung, wer sich diesmal hinter der Maske des Bösen verbirgt, ist groß. Mit vielen kurzen Kapiteln und Szenenwechseln geht es gewohnt turbulent zu, das Märchen Fitchers Vogel aus der Grimm-Sammlung ist hier zentrales Thema und wird von Elias Haller passend adaptiert. Ob ein Vogel singen wird oder – wie im Original – den Täter überlisten kann? Man darf sich jedenfalls auf spannende Details freuen, wenn man dieses Buch aufschlägt.

Auch diesmal spreche ich gerne eine Leseempfehlung aus! Und schon geht es weiter mit Schneeweißchen …