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Veröffentlicht am 26.02.2024

Schein statt Sein

Küstenwahn
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Eine einsame Insel, Widow Peak, darauf eine verrufene Psychiatrie, verschwundene Patienten, zuletzt sogar vermisste Mitarbeiter – Klinikchef Bedingfield ruft Privatdetektiv Liam Hopkins zu Hilfe, um die ...

Eine einsame Insel, Widow Peak, darauf eine verrufene Psychiatrie, verschwundene Patienten, zuletzt sogar vermisste Mitarbeiter – Klinikchef Bedingfield ruft Privatdetektiv Liam Hopkins zu Hilfe, um die mysteriösen Vorfälle aufzuklären. Da dieser jedoch hoch verschuldet ist, wird er von einer Geldeintreiberin begleitet.

Ein Titelbild, das Aufmerksamkeit erregt, ein Klappentext, der Spannung verspricht, ein Ort, der Gänsehaut hervorruft. Das alles darf man erwarten bei diesem Buch, allerdings kommt nicht alles, wie erhofft. Ebenso, wie die Figuren im Psychothriller nicht jene sind, welche sie vorgeben zu sein, verhält es sich auch mit der Handlung selbst. Erst dauert es ziemlich viele Seiten, bis Liam tatsächlich auf Widow Peak ankommt, dies ist durchaus in Ordnung, lernt man hier doch den Hauptcharakter kennen und die Umstände, welche ihn zu diesem Auftrag geführt haben. Dann aber wird es wirklich chaotisch. Während einzelne Szenen durchaus glaubwürdig sind und Spannung aufkommen lassen, gibt es zahlreiche andere, welche nur drastisch überzeichnet sind und völlig unrealistisch daherkommen. Auch der Schreibstil mag nicht wirklich fesseln und Gänsehaut aufkommen lassen, mehrfach erwähnter bestialischer Gestank reicht dafür nicht aus. So gibt es ein stetes Auf und Ab von spannenden und eher lähmenden Kapiteln. Das Ende wiederum kann durch Logik punkten und deutet eine Fortsetzung an.

Fazit: einerseits hebt sich dieser Thriller angenehm ab von der breiten Masse, andererseits kommen recht viele eher groteske Episoden vor, die vieles schon ins Reich der Fantasie abdriften lassen. Wer das mag, wird hiermit ein passendes Buch finden.

Veröffentlicht am 25.02.2024

1963

Zitronensorbet-Stunden
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Edith Waltz führt seit fast zehn Jahren ihre Koch- und Hauswirtschaftsschule auf sehr konservative Art und Weise, sehr zum Missfallen ihrer Tochter Inge, die das Institut einmal übernehmen soll. Ein neuer ...

Edith Waltz führt seit fast zehn Jahren ihre Koch- und Hauswirtschaftsschule auf sehr konservative Art und Weise, sehr zum Missfallen ihrer Tochter Inge, die das Institut einmal übernehmen soll. Ein neuer Jahrgang von acht Schülerinnen wird aufgenommen, darunter die eher desinteressiert wirkende Margarethe. Als die junge Dame einen Studenten im nahen Köln kennenlernt, wird ein dunkles Kapitel aus Ediths Vergangenheit aufgeworfen.

Teil Zwei der Kochschulreihe spielt knapp zehn Jahre nach Band Eins. Neben der Schulleiterin Edith Waltz begegnet der Leser ebenfalls ihrer Tochter Inge und deren Freund aus Kindertagen wieder, sowie einigen Lehrern und ehemaligen Schülerinnen. Ansonsten ist die Handlung abgekoppelt von früheren Episoden und somit gut auch allein für sich zu lesen.

Ganz unterschiedliche junge Damen starten hier ins neue Schuljahr, Ursula nimmt freudig am Unterricht teil und wird schnell als Streberin nach Fleißkärtchen kritisiert, Margarethe hätte ohne elterlichen Zwang niemals den Weg ins Institut gewählt, auch Karin wirkt unzufrieden, während andere eher Rollen von durchschnittlichen Schülerinnen am Rande spielen. Anders als im Vorgängerband kommt diesmal aber nicht so rege Lebendigkeit auf, obwohl unerwartete Überraschungen in der Stadt und Missgeschicke in der Küche den Leser unterhalten. Auch die Zeit des Nationalsozialismus wird aufgearbeitet und Vorurteile über Studenten oder andere „Nichtsnutze“ diskutiert. Dass Inga die Rolle der Frau anders sieht als ihre Mutter, führt zu großen Differenzen, wie sie die Schule der Zukunft sieht, darf man gespannt in der Fortsetzung Pfirsichbowlen-Tage lesen.

Veröffentlicht am 24.02.2024

Doppelgängerin

Mörderfinder – Stimme der Angst
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Max Bischoffs Freund, Professor Bormann, wird beerdigt, als dem begnadeten Fallanalytiker eine Frau am Rande der Trauergesellschaft auffällt - sie sieht seiner großen Liebe Jennifer verblüffend ähnlich, ...

Max Bischoffs Freund, Professor Bormann, wird beerdigt, als dem begnadeten Fallanalytiker eine Frau am Rande der Trauergesellschaft auffällt - sie sieht seiner großen Liebe Jennifer verblüffend ähnlich, die ist allerdings seit fünf Jahren tot. Verdrängte Schuldgefühle kommen wieder an die Oberfläche, werden noch stärker, als zwei Menschen aus Max‘ unmittelbarem Umfeld verschwinden.

Schon zum vierten Mal ist Max Bischoff also in seiner Rolle als Privatermittler gefragt, wobei ihm – wie gewohnt – Ex-Kollege Horst Böhmer tatkräftig unter die Arme greift, während KK11-Leiterin Keskin ihm möglichst viele Prügel vor die Füße wirft. Wer die Reihe kennt, wird mit einem Schmunzeln auch den Psychoanalytiker Marvin Wagner wieder willkommen heißen. Von den Figuren her sind also einige bereits bekannt, weshalb sich auch das Einhalten der Reihenfolge beim Lesen empfiehlt, obwohl der Fall in sich abgeschlossen ist.

Flott lässt sich Strobels Text lesen, die Handlung ist durchaus interessant und die Auflösung am Ende kommt schlüssig daher. Was ich aber zunehmend vermisse beim „Möderfinder“, sind Spannung und echte Gänsehautmomente. Irgendwie beschleicht einen als Leser das Gefühl, dass sich alles nur noch wiederholt, nichts wirklich Neues geschieht. Dennoch hat mir das Wiedersehen mit Max und allen anderen einige nette Lesestunden geschenkt, nicht jeder Band einer Reihe kann der beste sein.

In diesem Sinne bin ich neugierig, wie es weitergeht mit dem Privatermittler und dem KK11 unter baldiger neuer Leitung.

Veröffentlicht am 22.02.2024

Statisten

Mord im Filmstudio
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Für Statistenrollen hat Ernestine sich selbst und ihren Lebensgefährten Anton angemeldet, denn den Rosenkavalier im Schönbrunner Schlosstheater mit Musik von Richard Strauss und einem Libretto von Hugo ...

Für Statistenrollen hat Ernestine sich selbst und ihren Lebensgefährten Anton angemeldet, denn den Rosenkavalier im Schönbrunner Schlosstheater mit Musik von Richard Strauss und einem Libretto von Hugo von Hofmannsthal möchte sie sich keinesfalls entgehen lassen. Und wer weiß, ob es jemals sonst möglich ist, den Stars und Sternchen so nah zu sein wie bei den aufregenden Aufnahmen? Während das Filmgeschäft aber in Wahrheit recht langeilig und eintönig ist, taucht am zweiten Drehtag die Kriminalpolizei auf. Stimmen etwa die Gerüchte, dass die Hauptdarstellerin erdrosselt in ihrer Garderobe aufgefunden worden ist? Natürlich kann Ernestine nicht stillhalten, sondern stellt ihre eigenen Nachforschungen an.

Flüssig im Schreibstil, exakt in der Recherche, präsentiert Beate Maly diesen bereits achten Fall für Ernestine Kirsch und Anton Böck. Immer wieder schaffen es die ehemalige Lehrerin für Latein und der pensionierte Apotheker, in ein aufregendes Abenteuer hineinzuschlittern. Bereits seit ihrem Tangotanzkurs am Semmering begleite ich diese beiden liebenswerten Menschen und fiebere mit bei ihren oft nicht ganz ungefährlichen Ermittlungen. Neben ihrem Spürsinn für mörderische Zusammenhänge und Hintergründe ist Ernestine auch eine liebevolle Oma für Antons Enkelin Rosa, die langsame Annäherung der beiden Hauptfiguren bildet einen wunderbaren Rahmen für diverse Hobbydetektivgeschichten. Auch wenn jeder Band für sich abgeschlossen ist und unabhängig von den anderen gelesen werden kann, so bereitet mir doch auch die persönliche Entwicklung der Figuren großen Spaß, eine optimale Abstimmung zwischen Privatem, Krimi und politischem Hintergrund gelingt Beate Maly stets aufs Neue.

Diesmal geht es also ums Filmgeschäft, viele Darsteller und Teammitglieder sorgen für ein wenig Verwirrung, insbesondere deshalb, weil mitunter auch Künstlernamen gewählt worden sind und dadurch eine Vielzahl an Namen durch die Seiten schwirrt. Auch Verdächtige mit Motiv und Möglichkeiten zum Mord gibt es genug, sodass das Rätselraten bis zuletzt spannend bleibt, ja sogar höchst gefährliche Szenen bietet. Wie kann es anders sein – Beate Maly bietet nicht nur beste Unterhaltung mit Humor und Augenzwinkern, nein auch genauestens recherchierte gesellschaftspolitische Details lassen das Jahr 1925 mehr als lebendig werden. Eine wunderbare Krimireihe, die ich sehr gerne weiterempfehle.

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Veröffentlicht am 22.02.2024

Vater

Yoga Town
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Lucy ist Yogalehrerin und hält gerade einen Kurs ab, als ihr Vater Lou ins Studio platzt und vermeldet, dass Corinna, ihre Mutter und gleichzeitig seine Ex-Frau, verschwunden ist. Kurzerhand beschließen ...

Lucy ist Yogalehrerin und hält gerade einen Kurs ab, als ihr Vater Lou ins Studio platzt und vermeldet, dass Corinna, ihre Mutter und gleichzeitig seine Ex-Frau, verschwunden ist. Kurzerhand beschließen Lucy und Lou, gemeinsam nach Indien aufzubrechen, auf den Spuren einer Reise, welche der Vater bereits im Jahre 1968 mit seinem Bruder und zwei jungen Frauen unternommen hat. Daniel Speck erzählt zwei Geschichten, welche immer mehr zu einer verschmelzen, Hippiezeit, Beatles, Yoga und Selbstfindung sind die abenteuerlichen Zutaten dafür.

Detailreich und lebendig sind die Szenen, realistisch die teils übergriffigen Dialoge insbesondere während der Phasen, in welchen Gras geraucht und LSD konsumiert wird, rasch wechseln die Zeitebenen zwischen Lou in der alten und Lou in der neuen Indienerzählung, wodurch sich manche Verwirrung ergibt. Ein verbeulter VW-Bully, Lieder von den Beatles, Jimy Hendrix oder Cat Stevens (am Ende des Buches gibt es eine übersichtliche Playlist), spiegeln das Streben nach Liebe, Frieden und Freiheit perfekt wider. Allerdings schleicht sich manche Langatmigkeit ins Geschehen, so, als ob man selbst benebelt ist vom Drogenrausch und die zunehmend englischsprachigen Textsplitter stören den ansonsten angenehmen Lesefluss. Die Figuren sind zwar plastisch, aber dennoch kaum greifbar, es ist, als wäre der Leser ein ferner Beobachter der Szenen, Nähe oder gar Mitgefühl kommen kaum auf. Zum Ende hin nimmt die Geschichte aber eine überraschende Wendung, und hier entstehen tatsächlich auch berührende Bilder, welche dieses Buch letztendlich wieder zu einem lesenswerten Erlebnis werden lassen.

Viel Hippie-Rausch, mitreißende Popsongs und energetisierende Shantigesänge umrahmen diese Familiengeschichte, welche trotz einiger Kritikpunkte einen interessanten Blick in den indischen Ashram gewährt.