Gänsehaut garantiert - es ist klirrend kalt und gefährlich noch dazu
Eisflut 1784Hartung und Hornung 1784 (Jänner und Februar 1784): im tiefverschneiten Mühlheim am Rhein und im benachbarten Cöln ist Henrik Freiherr van Venray, Amtmann für policeyliche Wohlfahrterei im Dienste des ...
Hartung und Hornung 1784 (Jänner und Februar 1784): im tiefverschneiten Mühlheim am Rhein und im benachbarten Cöln ist Henrik Freiherr van Venray, Amtmann für policeyliche Wohlfahrterei im Dienste des bergischen Herzogs unterwegs, um einen Mörder zu stellen. Ein treuer Trupp an Männern trotzt der Eiseskälte, die nicht weichen will, die sich durch Felle und Decken, durch Redingote und Wollunterwäsche bis in Mark und Knochen durchfrisst. So heißt es also, nicht nur gegen Unrecht, sondern auch gegen Kälte und Hunger anzukämpfen. Zu allem Übel droht noch eine Schmelzwasserflut ungeahnten Ausmaßes über Cöln und Mühlheim hereinzubrechen, denn insbesondere die Katholiken in Cöln sind zu Gebet und Buße aufgerufen, anstatt einen schützenden Deich aufzuschütten.
Nach einem etwas gewöhnungsbedürftigen Brief als Einstieg schwenkt die Handlung kurz nach Island im Jahre 1783, um das schreckliche Wetterphänomen zu erklären, das nur wenige Monate später über das Land am Rhein hereinbrechen soll. Und schon ist man in einer düsteren und beklemmenden Zeit angekommen, die Kälte hat alles und jeden fest im Griff, Hunger herrscht in fast allen Bevölkerungsschichten, nur die Reichsten und Vornehmsten haben noch zähes Pferdefleisch am Teller. Das einfache Volk findet nur noch schrumpelige und faulige Äpfel in den klammen Vorratskammern. Mit jedem Wintertag verschiebt sich zudem der Beginn des Frühlings und die Zeit der Aussaat, womit auch wieder die Hoffnung auf eine reiche Ernte von Tag zu Tag geringer wird. Ein Teufelskreis, den die Natur vorgibt.
Vor der hervorragend beschriebenen Kulisse dieses historischen Ereignisses ist also Venray auf Mörderjagd. Der Zufall will es, dass ihm die willensstarke und durchsetzungsfähige Apothekerwitwe Anna-Maria Scheidt dabei zu Hilfe kommt. Durch die realen Vorbilder (siehe Nachwort) bekommen die Figuren größtmögliche Authentizität und Glaubwürdigkeit, die detaillierte Recherche von Autor Marco Hasenkopf ergibt eine optimale Verquickung von Historie und Romangeschehen. Aufgrund der bildhaften Beschreibungen vieler Kleinigkeiten - Kleidung, Behausung, Speisen und Handwerksberufe - setzen sich ganz viele Einzelheiten zu einem phantastischen Zeitbericht zusammen. Man spürt in jedem Satz die Kälte, den Hunger, die Not nicht nur der Bettler in ihren Lumpen und gleichzeitig die Entschlossenheit Venrays und Scheidts, wie sie gegen Unrecht und dessen Vertuschung mutig und unbeirrbar vorgehen. Der vorherrschende Zeitgeist, die religiösen und politischen Konflikte vereinfachen dies aber nicht gerade.
Interessante geschichtliche Begebenheiten und eine frei erfundene Handlung ergeben eine überaus lesenswerte Fact-Fiction, wie Hasenkopf sehr treffend formuliert, umrahmt von einem sehr ansprechenden Titelbild als Blickfang zu Beginn und einem informativen Nachwort am Schluss. Wer akribische Recherche, historische Feinheiten und dazu eine spannende Geschichte schätzt, der ist hier genau richtig. Fünf Sterne und eine Leseempfehlung gebe ich für eine zutiefst beeindruckende Eisflut 1784.
Titel Eisflut 1784
Autor Marco Hasenkopf
ISBN 978-3-7408-1169-3
Sprache Deutsch
Ausgabe Flexibler Einband, 368 Seiten
ebenfalls erhältlich als ebook
Erscheinungsdatum 18. November 2021
Verlag emons